Die Reti-Eröffnung zeichnet sich im Unterschied zu den offenen
Abspielen nach 1.e4 e5 dadurch aus, das in der Anfangsphase der Partie
keine scharfen, forcierten Abspiele vorkommen. Solche Eröffnungssysteme
sind für Amateure, die neben ihrem Hauptberuf wenig Zeit für das
Theoriestudium aufbringen können, immer eine gute Wahl. Gerade bei der
Reti-Eröffnung ist das Verständnis für die typischen Strategien und
Spielpläne bei weitem wichtiger als konkretes Variantenwissen.
Das Grundprinzip der Reti-Eröffnung besteht vor allem darin, alle
Figuren zu entwickeln und erst dann nach Initiative zu streben. Die
Eröffnung erfreut sich einer langen Tradition und wurde, bzw. wird von
vielen Weltklassespielern wie Aljechin, Tartakower, Botwinnik,
Capablanca, Fischer, Euwe, Keres, Smyslow, Karpow, u.a. regelmäßig
angewandt. Kasparov setzte in einer seiner wichtigsten Partien auf die
Reti-Eröffnung, als er unbedingt die letzte Partie beim WM-Match 1987
gewinnen musste, um seinen Titel zu verteidigen!
Die Grundstellung der Reti-Eröffnung entsteht nach 1.Sf3 d5. Die
Fortsetzung 1...d5 ist die konsequenteste Entgegnung für Schwarz, da sie
direkt vom Zentrum Besitz ergreift. Nach 1...d5 stehen Weiß
grundsätzlich zwei Strategien zur Verfügung: die Besetzung des Zentrums
mit 2.c4 oder der Aufbau mit 2.g3, wobei der weißfeldrige Läufer von g2
die lange Diagonale h1-a8 unter Beschuss nimmt. Beide Verfahren basieren
auf einer soliden positionellen Grundlage, die statistische
Punktausbeute mit 56% für Weiß unterstreicht diese Einschätzung.
Bevor wir uns näher mit den Inhalten der CD-Rom beschäftigen, noch
einige Worte zum Schöpfer und Namensgeber dieser Eröffnung. Richard Reti
wurde 1889 geboren und gehörte insbesondere in den Zwanzigern des
letzten Jahrhunderts zur erweiterten Weltspitze. Nach dem Kriegsende
verbuchte er eine Reihe von brillanten Turniersiegen, z.B. in Kaschau
1918, Budapest 1918, Rotterdam 1919, Amsterdam 1920, Wien 1920 und
Gothenburg 1920. In den nächsten neun Jahren gehörte er zweifellos zu
dem halben Dutzend führender Spieler der Welt. Er teilte den ersten
Platz in Teplitz-Schönau 1922, den zweiten in Hastings 1923, erreichte
den alleinigen zweiten Platz in Mährisch-Ostrau 1923 und in Wien 1923.
Im Jahre 1924 beendete er das berühmte Turnier in New York als Fünfter
und als Erster in Buenos Aires mit 15 Siegen bei einer Niederlage und
zwei Remisen. 1925 gewann er in Preßburg mit 8 Siegen bei 2 Remisen. Das
nächste Jahr war ruhiger - zwei Turniere, zwei mäßige Ergebnisse. Aber
1927 meldete sich Reti kraftvoll zurück mit den zweiten Plätzen in Bad
Homburg und bei der starken Londoner Schacholympiade. 1928, ein Jahr vor
seinem Tod, feierte er einen Siegeslauf mit den ersten Plätzen in Wien,
Giessen, Brünn (hier geteilt) und Stockholm. Stockholm war sein letztes
Turnier. Als er vier Monate später im Alter von nur 40 Jahren starb,
war dies für die Schachwelt ein herber Verlust.
Noch bedeutender als sein praktisches Turnierschaffen war die Rolle
Retis als einer der Vordenker der sogenannten "hypermodernen"
Schachschule. Die klassische Schachschule unter Vordenker Tarrasch
propagierte eine relativ einseitige Form von Schachtheorie. Zuerst
"muss" Weiß mit e4 oder d4 eröffnen, das Zentrum besetzen und sich
möglichst schnell entwickeln. Die Hypermodernen um die Vordenker Reti,
Nimzowitsch, Breyer u.a. vertraten dagegen eloquent die Theorie, dass es
nachteilig sein kann, das Zentrum zu besetzen., weil es z.B. als
direktes Angriffsziel dient. Überspitzt formulierte es der ebenfalls
sehr früh verstorbene Breyer: "Nach 1.e4 befindet sich das weiße Spiel
bereits in den letzten Zügen ..."
Die Hypermodernen propagierten stattdessen die Kontrolle des Zentrums
und bevorzugten daher zurückhaltende, geschlossene Strukturen mit
fianchettierten Läufern. Auch der Faktor Entwicklung wurde von den
Hypermodernen völlig konträr zu den Theorien eines Tarrasch beurteilt.
These: die Entwicklung muss keineswegs forciert werden. Die Eröffnung
sollte einem fest umrissenen Plan folgen und die Bauernformationen
bereits mit Hinblick auf das Endspiel entwickelt werden. Reti war bei
der Präsentation seiner Theorien besonders konsequent und wandte ab
1923/1924 als Weißer ausschließlich die später nach ihm benannte
Zugfolge in seinen Partien an.
Im heutigen, erfolgsorientierten Zeitalter überwiegen im Schach Normen,
Elopunkte und auf Spitzenniveau die sportliche Komponente, während die
alten Meister sich eher als Künstler verstanden, die ihre Theorien ohne
Rücksicht auf eventuell ungünstige Resultate prinzipientreu
durchfochten. Sicher ist, dass diese Konsequenz Reti den ein oder
anderen Punkt gekostet haben dürfte. Ein ganz wichtiger Erfolg für Reti
war der Sieg im New Yorker Turnier von 1924 gegen den zu diesem
Zeitpunkt seit acht Jahren ungeschlagenen Weltmeister Capablanca.
Quelle:Don Maddox,CD-Rom Die Reti-Eröffnung
Hier eine klassische Partie aus dem Turnier New-York 1924,Reti - Em.Lasker:chessgames.com/perl/chessgame?gid=1102115
A.Aljechin hielt alle Partien und alles was sonst so geschah in seinem grossartigem Turnierbuch fest.
Und hier auch noch die schon oben angesprochene Partie Reti - Capablanca :chessgames.com/perl/chessgame?gid=1102101
Abspielen nach 1.e4 e5 dadurch aus, das in der Anfangsphase der Partie
keine scharfen, forcierten Abspiele vorkommen. Solche Eröffnungssysteme
sind für Amateure, die neben ihrem Hauptberuf wenig Zeit für das
Theoriestudium aufbringen können, immer eine gute Wahl. Gerade bei der
Reti-Eröffnung ist das Verständnis für die typischen Strategien und
Spielpläne bei weitem wichtiger als konkretes Variantenwissen.
Das Grundprinzip der Reti-Eröffnung besteht vor allem darin, alle
Figuren zu entwickeln und erst dann nach Initiative zu streben. Die
Eröffnung erfreut sich einer langen Tradition und wurde, bzw. wird von
vielen Weltklassespielern wie Aljechin, Tartakower, Botwinnik,
Capablanca, Fischer, Euwe, Keres, Smyslow, Karpow, u.a. regelmäßig
angewandt. Kasparov setzte in einer seiner wichtigsten Partien auf die
Reti-Eröffnung, als er unbedingt die letzte Partie beim WM-Match 1987
gewinnen musste, um seinen Titel zu verteidigen!
Die Grundstellung der Reti-Eröffnung entsteht nach 1.Sf3 d5. Die
Fortsetzung 1...d5 ist die konsequenteste Entgegnung für Schwarz, da sie
direkt vom Zentrum Besitz ergreift. Nach 1...d5 stehen Weiß
grundsätzlich zwei Strategien zur Verfügung: die Besetzung des Zentrums
mit 2.c4 oder der Aufbau mit 2.g3, wobei der weißfeldrige Läufer von g2
die lange Diagonale h1-a8 unter Beschuss nimmt. Beide Verfahren basieren
auf einer soliden positionellen Grundlage, die statistische
Punktausbeute mit 56% für Weiß unterstreicht diese Einschätzung.
Bevor wir uns näher mit den Inhalten der CD-Rom beschäftigen, noch
einige Worte zum Schöpfer und Namensgeber dieser Eröffnung. Richard Reti
wurde 1889 geboren und gehörte insbesondere in den Zwanzigern des
letzten Jahrhunderts zur erweiterten Weltspitze. Nach dem Kriegsende
verbuchte er eine Reihe von brillanten Turniersiegen, z.B. in Kaschau
1918, Budapest 1918, Rotterdam 1919, Amsterdam 1920, Wien 1920 und
Gothenburg 1920. In den nächsten neun Jahren gehörte er zweifellos zu
dem halben Dutzend führender Spieler der Welt. Er teilte den ersten
Platz in Teplitz-Schönau 1922, den zweiten in Hastings 1923, erreichte
den alleinigen zweiten Platz in Mährisch-Ostrau 1923 und in Wien 1923.
Im Jahre 1924 beendete er das berühmte Turnier in New York als Fünfter
und als Erster in Buenos Aires mit 15 Siegen bei einer Niederlage und
zwei Remisen. 1925 gewann er in Preßburg mit 8 Siegen bei 2 Remisen. Das
nächste Jahr war ruhiger - zwei Turniere, zwei mäßige Ergebnisse. Aber
1927 meldete sich Reti kraftvoll zurück mit den zweiten Plätzen in Bad
Homburg und bei der starken Londoner Schacholympiade. 1928, ein Jahr vor
seinem Tod, feierte er einen Siegeslauf mit den ersten Plätzen in Wien,
Giessen, Brünn (hier geteilt) und Stockholm. Stockholm war sein letztes
Turnier. Als er vier Monate später im Alter von nur 40 Jahren starb,
war dies für die Schachwelt ein herber Verlust.
Noch bedeutender als sein praktisches Turnierschaffen war die Rolle
Retis als einer der Vordenker der sogenannten "hypermodernen"
Schachschule. Die klassische Schachschule unter Vordenker Tarrasch
propagierte eine relativ einseitige Form von Schachtheorie. Zuerst
"muss" Weiß mit e4 oder d4 eröffnen, das Zentrum besetzen und sich
möglichst schnell entwickeln. Die Hypermodernen um die Vordenker Reti,
Nimzowitsch, Breyer u.a. vertraten dagegen eloquent die Theorie, dass es
nachteilig sein kann, das Zentrum zu besetzen., weil es z.B. als
direktes Angriffsziel dient. Überspitzt formulierte es der ebenfalls
sehr früh verstorbene Breyer: "Nach 1.e4 befindet sich das weiße Spiel
bereits in den letzten Zügen ..."
Die Hypermodernen propagierten stattdessen die Kontrolle des Zentrums
und bevorzugten daher zurückhaltende, geschlossene Strukturen mit
fianchettierten Läufern. Auch der Faktor Entwicklung wurde von den
Hypermodernen völlig konträr zu den Theorien eines Tarrasch beurteilt.
These: die Entwicklung muss keineswegs forciert werden. Die Eröffnung
sollte einem fest umrissenen Plan folgen und die Bauernformationen
bereits mit Hinblick auf das Endspiel entwickelt werden. Reti war bei
der Präsentation seiner Theorien besonders konsequent und wandte ab
1923/1924 als Weißer ausschließlich die später nach ihm benannte
Zugfolge in seinen Partien an.
Im heutigen, erfolgsorientierten Zeitalter überwiegen im Schach Normen,
Elopunkte und auf Spitzenniveau die sportliche Komponente, während die
alten Meister sich eher als Künstler verstanden, die ihre Theorien ohne
Rücksicht auf eventuell ungünstige Resultate prinzipientreu
durchfochten. Sicher ist, dass diese Konsequenz Reti den ein oder
anderen Punkt gekostet haben dürfte. Ein ganz wichtiger Erfolg für Reti
war der Sieg im New Yorker Turnier von 1924 gegen den zu diesem
Zeitpunkt seit acht Jahren ungeschlagenen Weltmeister Capablanca.
Quelle:Don Maddox,CD-Rom Die Reti-Eröffnung
Hier eine klassische Partie aus dem Turnier New-York 1924,Reti - Em.Lasker:chessgames.com/perl/chessgame?gid=1102115
A.Aljechin hielt alle Partien und alles was sonst so geschah in seinem grossartigem Turnierbuch fest.
Und hier auch noch die schon oben angesprochene Partie Reti - Capablanca :chessgames.com/perl/chessgame?gid=1102101
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