Schachspezifisches Denken

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    • Schachspezifisches Denken

      In meinem Schachlexikon steht dazu folgendes:Auf das Wesentliche einer jeweiligen Stellung gerichtetes selektives Prüfen von Zugentscheidungen,wobei reproduktive Faktoren wie Gedächtnis und Erfahrung eine bedeutsame Rolle spielen.Es werden Reduktionen von Varianten und Suchräumen vorgenommen.In der variantenmäßigen Reduktion erfolgt eine Einschränkung des angebotenen Zugpotentials,d.h.,es werden nicht alle,sondern nur durchschnittlich zwei bis vier Züge einer Position geprüft.Bei der gedanklichen Reduktion von Suchräumen (Teilgebiete des Schachbretts wie Zentrum,Damen-und Königsflügel u .a.)werden immer nur ausgewählte Brettzonen intensiver betrachtet;nach Botwinnik sind es jeweils acht bis achtzehn Felder.Das gleiche trifft auf das Figurenmaterial zu.Hier konzentriert sich bei einer vollen Mittelspielstellung das variantenmäßige Analysieren in der regel nur auf drei bis sechs Steine.Nach dem analytischen,problemorientierten Untersuchen erfolgt der Problemlösungsprozess.Die Varianten werden zunächst weniger "berechnet",sondern mehr "überschlagen.Dabei kristallisiert sich eine sog.Hauptvariante heraus,die im Sinne des Vorausberechnens in die Tiefe zu verstehen ist.Andere "Hauptfortsetzungen",Nebenvarianten mit ihren Verzweigungen und Verästelungen müssen vom Kurzzeitgedächtnis wertungsgemäß gespeichert werden.Die zugmäßige Entscheidungsfindung erfolgt dann nach nochmaligen Überprüfen und Vergleichen.Ein neuer Zug ist gefunden.Ein erfahrener Schachspieler kann dabei auf zahlreiche gespeicherte Stellungsbilder,Kombinations-(Opfer) und Positionsmotive zurückgreifen.

      Ich habs ja schon immer gewusst:Gute Spieler denken einfach anders;Manche scheinen 1000 Augen zu haben und ein Elefantengedächtnis.
    • HorstSchlaemmmer schrieb:


      Das ist doch Unsinn, denn schliesslich ist es sehr unwahrscheinlich. dass sich gleiche Stellungsbilder auf dem Brett wiederholen, allerhöchstens in der Eröffnungsphase ist dies möglich...

      Es geht doch nicht um exakt gleiche Stellungen, sondern um Motive (in einfachen Fällen Gabeln, Spieße etc, dafür muss man kein GM sein), bestimmte (Bauern-)Strukturen und letztendlich ähnliche, vergleichbare, aber eben nicht exakt gleiche Stellungen.
      Als Beispiel lässt sich vielleicht die Partie 7 aus der letzten WM anbringen, in der Anand nach einem Läuferopfer seine Stellung remis gehalten hat (zeit.de/sport/2014-11/schach-w…anand-remis-partie-sieben), trotz Bewertung von ca. -2 bis -3 Bauerneinheiten diverser Schachprogramme... Anand hatte die Stellung noch nie gespielt, gab aber nach der Partie an, dass er (natürlich) bereits "ähnliche" Stellungen auf dem Brett hatte (und kam so wohl während des Spiels zum Schluss, dass dieses Opfer wahrscheinlich zum Remis führt).
    • HorstSchlaemmmer schrieb:

      Das ist doch Unsinn, denn schliesslich ist es sehr unwahrscheinlich. dass sich gleiche Stellungsbilder auf dem Brett wiederholen, allerhöchstens in der Eröffnungsphase ist dies möglich...

      hajoja schrieb:

      Entscheidend ist der letzte von dir zitierte Satz:

      Ein erfahrener Schachspieler kann ... auf zahlreiche gespeicherte Stellungsbilder, Kombinations-(Opfer) und Positionsmotive zurückgreifen.


      :) HaJo :)


      Unsin ist das nicht! ;)



      youtube.com/watch?v=anIvEnkU6hE

      Dieser Beitrag wurde bereits 4 mal editiert, zuletzt von Gammigase. ()

    • Das Zitat von "hajoja" ist absolut kein Unsinn. Dieses Zitat trifft es Voll und Ganz.
      Es ist halt wie im richtigen Leben - kann ich als Spieler die Konzentration lange genug hoch halten und diese Stellungsbilder abrufen - ???

      Vielen fällt das aus den unterschiedlichsten Gründen eben auch recht schwer.
      ... und hier beginnt dann eine Phase des Trainings ...


      LG
      Matthias
    • Ich bin der totale Anfänger, der trotz 1000 Spiele auf der Arena über 1200 Elo noch nicht hinaus gekommen ist. Aber Irgendwie hab ich jetzt den Eindruck, ich sollte nicht nur das aktuelle Stellungsbild bei Mailpartien berücksichtigen, sondern mir genau anschauen wie der Gegner zu seiner Stellung gekommen ist. D.h. ich muss fortan vor jedem Zug bei solchen Spielen den "bisherigen Spielverlauf" nochmal genau anschauen. Damit wird vielleicht klarer, wo mein Gegner hin will, welche Absichten er verfolgt. Mein eigener Eindruck von meinen Spielen ist der, dass ich mich viel zu sehr auf die eigenen Absichten konzentriere und die des Gegners nicht genug berücksichtige.

      Das zu entdecken war evtl. nicht die Absicht dessen, der diesen Treat aufgemacht hat, aber ich bleibe sonst bei 1200 Elo stecken, mfg grumling
    • grumling schrieb:

      dass ich mich viel zu sehr auf die eigenen Absichten konzentriere und die des Gegners nicht genug berücksichtige.
      Das mit Spielverlauf erneut betrachten ist sicher sinnvoll, mach das ruhig mal. Kleiner, banaler Tipp: ab&zu auch mal "Brett drehen" verwenden! Von des Gegners Perspektive sieht das Ganze oft doch etwas anders aus. Nicht vergessen: vor dem Verlassen des Brettes das Brett wieder zurück drehen.
    • Habe auch mal gelesen, dass bei Schachspielern die Gehirnströme gemessen wurden und gute Spieler vor allem ihr Gedächnis nutzen. Mir ist aber auch schon auf Schacharena aufgefallen, dass selbst das Spielen mehrerer 1000 Partien nicht unbedingt die Spielstärke steigert. Vermutlich sollte man seine Partien hinterher analysieren, auch mit Schachdatenbank und Engine, am besten sicherlich mit einem guten Spieler. Um einfach nur durch Spielen besser zu werden, muss man vermutlich doch sehr intelligent sein.

      Aber so ganz klar ist mir immer noch nicht, wie sich das Erfahrungswissen bildet. Z.B. kann man ganz schwierige Taktikaufgaben lösen und fällt in Partien trotzdem auf die simpelsten Tricks rein. Gut, eventuell liegt es daran, dass es passives und aktives Wissen gibt.
    • Analysieren, super. Problem ist dass ich sowas wie "Schachdatenbank und Engine" nicht habe. Und ich bin was dieses komische Hobby betrifft allein auf weiter Flur. Ich war 2x in einem Schachclub zu Besuch und reinschnuppern, aber als Anfänger der 50 Jahre alt ist bin ich eine Kuriosität und komme einfach nicht an. Ich hab mir "Die große Schachschule" von Cannstedt gekauft. Macht alleine auch keinen Spass. Ich bin ein Looser. Aber ich werde nicht aufgeben, basta!!!
    • Ach was, beim Schach gibt es keine Looser. Dann wäre ich ja auch einer. ^^ Man muß das immer in der Relation sehen und alles richtig einordnen. Ich freue mich schon wenn ich im Spiel eine Kombi von 2-4 Zügen sehe.

      Mit dem Gedächtnis ist das bei mir so eine Sache. ;( Das muss bei mir richtig eingebrannt werden, sonst habe ich alles nach 7 Tagen wieder vergessen.
    • Ich hab mal den Trainingsplan von Jemandem gesehen, der von etwas über 2000 Elo auf das Niveau eines internationalen Meisters gekommen ist. Das waren 6h Training täglich über mehrere Jahre. Das ist eine enorme Menge Wissen, die man sich da aneignen muss. Spaß haben kann man auch mit 1000 Elo, vermutlich mehr als ein Profi, der bei jeder Niederlage um sein Einkommen fürchten muss.

      Und Looser sind wir alle nicht, aber vielleicht Loser. ;)
    • @grumling:Ich glaube,dein Problem liegt,trotz 1000 Spielen,darin,dass du auch die "schlechten"Züge und eingelernte Fehler mitschleppst.Da hilft dir nur,die Analyse der eigenen Verlusstpartien.Ist aber harte Arbeit,allein.Du solltest dir wegen deinem Alter keinen Kopf machen.Bei uns im Klub ist einer,der hat mit 60 Jahren das Schachspielen erlernt und ist jetzt,8Jahre später bei ca. Elo 1500.LG Hensman
    • Was schachspezifisches Denken genau ist und welche Unterschiede es dabei zwischen Weltklassespielern wie Aljechin und Keres, Meistern und Amateuren gibt, das hat der holländische Psychologe Adrian de Groot vor 70 Jahren in einer Studie untersucht. Die Ergebnisse hat er 1946 in seiner Dissertation veröffentlicht.

      Dabei gab er den Teilnehmern die folgende Stellung, über die sie "laut denken" sollten:



      Welches ist der beste Zug für Weiß, und warum?
    • Es lohnt sich, sich eingehend mit dieser Stellung zu beschäftigen. Denn es handelt sich um eine typische Isolanistellung, wie sie sich aus vielen verschiedenen Eröffnungen ergeben kann. Auch ist die Stellung bestens geeignet, um das systematische Variantenrechnen zu trainieren.

      Für alle, die das getan haben und jetzt die Auflösung sehen wollen: ==> 5. In search for the master’s understanding – back to De Groot

      Der Text ist ein Auszug aus dem lesenswerten Buch Willy Hendriks: Move First, Think Later.