Große/kleine Rochade

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    • Lange/kurze rochade kommt oft drauf an, auf welcher Seite du angreifen willst. Die rochade sollte immer dahin gehen, wo du NICHT angreifst

      Begründung: Damit verbindest du meist deine türme, die so viel stärker in den Angriff eingreifen können. Außerdem ist dein König vor einem eventuellen konterangriff sicher.

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    • die frage halte ich so für kaum sinnvoll zu beantworten - aber vielleicht wenigstens zwei praktische gründe, warum die lange (nicht große) rochade generell seltener auftritt:
      - um die lange rochade machen zu können, muss ich eine figur mehr "aus dem weg räumen" (nämlich die dame), also muss ich einen zug mehr investieren bis zur rochade
      - nach der langen rochade deckt der könig nicht den randbauern, ggfs. muss ich also für diesen schutz noch einen zug mehr investieren (Kc1-b1)

      da die kurze (nicht kleine) rochade häufiger vorkommt, muss man sich damit auseinandersetzen, dass wenn man selber die lange rochade plant, man mit hoher wahrscheinlichkeit eine stellung erhält mit unterschiedlichen (=heterogen) rochadestellungen. dann können beide seiten jeweils die bauern zum angriff gegen die königsstellung einsetzen, ohne daraus folgernd den schutz des eigenen königs zu schwächen. das beeinflusst den charakter des spiels natürlich auch nachhaltig.

      aber natürlich gibt es keine wertung, ob die eine oder andere rochade prinzipiell besser ist. aber generell ist es wenig empfehlenswert auf den flügel zu rochieren, auf den die gegnerischen angriffschancen am besten stehen ...
    • Die lange Rochade dauert wie bereits erwähnt, häufig länger als die kurze Rochade. Aus diesem Grund sollte man immer genau überlegen, ob man dies tun sollte. Grundsätzlich kann man nur sagen, dass, wenn man gute Angriffschancen am Königsflügel hat, auch schon einmal lang rochieren kann. Wenn man bspw. den h-Bauern vorprescht, um die h-Linie zu öffnen, um dem schwarzen/weißen König dort mit Schwerfiguren zu belästigen, macht die lange Rochade oft mehr Sinn als die kurze, da man nach der kurzen Rochade mit dem Vorpreschen des h-Bauerns nur die eigene Königstellung schwächt. Dazu kommt, dass man nach der langen Rochade bereits eine Schwerfigur (Turm) günstig auf der h-Linie postiert hat.

      Hier ein sehr bekanntes Beispiel, wo die große Rochade sich anbietet:

      Dies ist der jugoslawische Angriff, der weiße Plan ist hier simpel und effektiv. Zunächst wird die h-Linie mit h4; h5 aufgerissen, häufig unter Bauernnopfer, der schwarze Läufer auf g7 wird per Lh6 abgetauscht und die Dame dringt über h6 ein, um den schwarzen Monarchen matt zu setzen. Bobby Fischer fasste diesen Plan folgendermaßen zusammen: "H-Linie aufreißen, Opfer, Opfer, ... Matt!" Da dieser Plan nach der kurzen Rochade nicht durchführbar ist, ist es hier sinnvoll lang zu rochieren. Dazu kommt noch, dass die weißen Figuren am Damenflügel schnell nützlich plaziert worden sind, weshalb die lange Rochade leicht durchführbar ist.

      Hier noch ein Beispiel, wo die kurze Rochade sich anbietet.



      Hier wurden sehr konkrete Handlungen im Zentrum durchgeführt. Weiß hat viel daran gesetzt ein starkes Zentrum zu errichten, folglich sind seine Figuren noch nicht so gut entwickelt. Sein gesamter Damenflügel ist komplett unterentwickelt, bis die lange Rochade durchgeführt werden könnte, würde noch viel Zeit verstreichen, die schwarz nutzen könnte, um seine Figuren zu entwickeln und das weiße Zentrum anzugreifen und da der weiße König noch in der Mitte stünde, hätte das schwerwiegende Folgen. Nicht zuletzt wäre der König am Damenflügel, wenn er es je schafft dort hinzukommen, lange nicht so sicher wie am Königsflügel, da er dort weniger Schutz hat.
      Man kann nicht generell sagen, wann es sinnvoll ist lang bzw kurz zu rochieren, doch kann man es meist leicht am Brett erschließen und wer sich mit Eröffnungen auskennt, weiß auch meist, nach welchen Aufbauten des Gegners er lang bzw. kurz rochieren sollte.

      Gruß,
      APO :thumbup:
    • Ok, die Beispiele leuchten mir ein. Wie sieht es mit den Bauern aus. Ist da eine Bauernmehrheit auf der Königsseite wichtig, wenn man beide Rochademöglichkeiten hat? Meine Gegner im Nahschach haben in der italienischen Partie immer auf meine kurze Rochade gewartet und dann lang rochiert. War laut Engine auch genau richtig.
    • in der phase, in der weiß hier über die rochade entscheidet, hat schwarz ja seine königsstellung schon total aufgerissen. das hat weiß einen offizier gekostet, und hier gilt es für weiß natürlich, den schwarzen könig zu stellen und möglichst kalt zu machen, bevor der sich irgendwo in sicherheit bringen kann (denn dann würde der materialnachteil weiß nicht so gut gefallen langfristig). und da ist die lange rochade aus den gleichen gründen wie schon vorher erwähnt besser - die bauern können zusätzlich in den königsangriff eingreifen, es stehen ihnen ja nicht mal mehr ihre schwarzfarbigen kontrahenten gegenüber.
    • Nur so ein Tipp am Rande, hat nicht viel mit kurzer und langer Rochade zu tun, aber in deinem Beispiel ist es mir aufgefallen: dein 7.Zug also 7.-g5 ist ein sehr riskanter Zug, insbesondere, wenn dein Gegner noch nicht kurz rochiert hat ist das Opfer auf g5 häufig sehr gefährlich oder auch einfach 8.Lg3, was ich gespielt hätte nebst langer Rochade, um dann die Schwächung des Königflügels ausnutzen. Das ist auch eine Regel, die es sich möglicherweise lohnt zu merken, wenn der Gegner seinen König schwächt, kann man ihn leicht angreifen, folglich bietet sich die heterogene Rochade häufig an. Und worauf ich eigentlich hinaus will, bevor du einen Zug wie 7.-g5 spielst, denke über die Konsequenzen nach, ich denke, hier nach wären sie nach dem Wegziehen des Läufers nebst langer Rochade und z.B. h4 sehr gefährlich, auch das Opfer was in deinem Beispiel gespielt wurde, sieht gefährlich aus. Wenn du das mal mit meinem Beispiel in meinem vorigen Beitrag vergleichst, wo h4, h5, Läuferabtausch usw. nötig waren , um einen Angriff einzuleiten, dann siehst du, dass du hier nach h4 wegen der Schwäche auf g5 sofort reagieren musst und keine Zeit hast nach Gegenspiel zu suchen, folglich ist hier die lange Rochade deines Gegners sowohl nach dem Opfer als auch nach 8.Lg3 korrekt und sehr gefährlich. Die Engine sagt zwar zunächst, dass alles in Ordnung für schwarz ist, aber davon sollte man sich nicht täuschen lassen, nach z.B. 8.Lg3 d6 9.Dd2 Ld7 10.0-0-0 a6 11.h4 springt sie plötzlich von Ausgleich auf komplette Gewinnstellung für weiß um.

      Gruß,
      APO :thumbup:

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von APOKALYPSE ()

    • Ich hatte zuvor mal eine italienische Partie mit Engine analysiert, wo g5 als bester Zug angegeben wurde. Auch in diesem Fall war g5 der beste Zug der Engine. Allerdings ist es doch sehr schwierig, danach die richtigen Züge zu finden, von daher hast du natürlich recht. Das Risiko von g5 war mir nicht bewusst. Hab es als ungewöhnlichen Zug gesehen, um den Gegner aus dem Konzept zu bringen. Scheinbar schlechter Zug, nach Engine gut, aber letztlich für einen menschlichen Spieler doch eher ein Fehler.
    • Hab gerade oben nochmal editiert und reingeschrieben, wie die Engine solche Stellungen einschätzt, also wie gesagt bitte in Stellungen wie dieser nicht hundertprozentig der Engine vertrauen, 7.-g5 ist mit großem Risiko verbunden, egal, wie sehr die Engine beteuert, dass die Schwächung undramatisch ist. Wenn du die Fesselung vermeiden möchtest, die zugegebenermaßen unangenehm ist, dann spiele zwischendurch h6, zwar ist auch das eine Schwächung, aber noch keine so dramatische.
    • 9.Dd2 Kg7! 10.0-0-0 a6 11.h4 g4! geht aber. Der nahe liegende Zug 11. ... Sh7 führt aber schon zur Niederlage, genauso wie der Zug 10. ... a6 nach 9. Dd3 Ld7 10.0-0-0 a6 (Kg7!). Das zeigt, wie schmal der Pfad ist, den man als Schwarzer hier beschreitet. Natürliche Züge führen zur Niederlage. Von daher stimmt deine Aussage, dass man g5 nicht spielen sollte (außer man hat 3300 Elo :D ).

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    • Zum Thema Rochade hat der Autor Willi Kaspar in seinem Buch "Ohne Schnörkel - Schachschule "eine Untersuchung von 500 zufällig ausgewählten Partien von 1780 - 1990 vorgenommen.Darunter auch hochkarätig besetzte Turniere und WM's.

      Ergebnis:
      0-0 = in 76 % aller Partien
      0-0-0 = in 9 % aller Partien

      Weiss rochiert dabei etwas häufiger lang als Schwarz. (12 % / 6 %)

      Weiss rochiert in 88 % aller 500 Partien.
      Schwarz rochiert in 82% aller 500 Partien.