Wijk aan Zee 2016

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    • Wijk aan Zee 2016

      Das Neue Jahr 2016 ist gerade mal drei Tage in der Welt und hat die Augen noch nicht ganz geöffnet, da gerät bereits das erste Superturnier des neuen Schachjahres in Sicht. Vom 15. bis zum 31. Januar geht „Wijk“, wie es von den Habitués nur genannt wird, in die 78. Runde; das Turnier firmiert offiziell nach seinem Sponsor, einem indischen Stahlkonzern, unter Tata Steel Chess. Neben dem Hauptspielort Wijk aan Zee an der niederländischen Nordseeküste, wird es jeweils eine Runde in Amsterdam (21. Januar) und Utrecht (27. Januar) geben. Ruhetage sind der 25. und der 28. Januar.

      Das Feld der eingeladenen Profis verteilt sich auf die je 14-köpfigen Masters- und Challengers-Gruppen. Die Spieler haben dort 100 Minuten für die ersten 40 Züge, dann 50 weitere Minuten für die nächsten 20 Züge. Sollte die Partie dann noch nicht beendet sein, gibt es zusätzliche 15 Minuten für den kompletten Rest, des Weiteren 30 Sekunden Inkrement pro Zug. Beginn der Runden ist jeweils um 13:30 Uhr MEZ, lediglich die letzte Runde startet bereits um 12:00 Uhr. Für das parallele Offene Turnier der Amateure sind noch wenige Plätze online verfügbar.

      In der Masters-Gruppe führt der Vorjahressieger, Weltmeister und Weltranglistenerste Magnus Carlsen die Setzliste an. Hier dürfte von besonderem Interesse sein, wie (a) sich die Großmeister Anish Giri, Fabiano Caruana und Sergey Karjakin machen, die im März 2016 am Kandidatenturnier in Moskau zur Ermittlung des Herausforderers des Weltmeisters teilnehmen; wie (b) die Chinesin Hue Yifan, Nummer Eins der Frauenschachwelt, aufspielt, die ebenfalls im März dieses Jahres in Lviv ein WM-Match gegen die aktuelle Championesse Mariya Muzychuk spielt; schließlich wie (c) Wei Yi, das viel besungene chinesische Wunderkind und überlegener Sieger der Challengers-Gruppe in Wijk 2015, sich im Konzert der Großen aufführt, speziell bei seiner dann ersten Partie gegen Magnus Carlsen.

      Das Traditionsturnier, das von 1938 bis 1999 als „Hoogovenstoernooi“ (i. e. Hochofenturnier) stattfand, fiel lediglich 1945 kriegsbedingt aus. Von einem rein niederländischen Kräftemessen hat es sich im Verlauf der Jahre zu einem weltweit attraktiven Eliteturnier mit dem Charakter eines Familientreffens gemausert. Bis auf Bobby Fischer haben praktisch alle Schachspieler der Moderne teilgenommen. Den Rekord hält Viswanathan Anand mit insgesamt fünf Titeln; Garri Kasparow gelang das singuläre Kunststück, bei allen drei Teilnahmen auch den Sieg zu holen.

      Offizielle Turnierseite >>tatasteelchess.com
      Livekommentar >> chess24.com
    • Am heutigen Ruhetag bietet sich eine Zwischenbilanz des diesjährigen Turniers resp. der Mastersgruppe an. Nach acht Runden führt Weltmeister Magnus Carlsen allein mit 5,5 Punkten vor Fabiano Caruana mit 5 und Wesley So, Anish Giri und Ding Liren mit jeweils 5 Punkten. Den Spitzenplatz nimmt der Norweger vollkommen verdient ein, spielt er doch von allen 14 Teilnehmenden das attraktivste und dabei sicherste Schach. Wie so oft, sticht seine unberechenbare und tiefe Eröffnungsbehandlung hervor; in der Spanischen Partie wählte er mit Schwarz etwa den populären Marshall-Angriff und auch die fast vergessene Fianchetto-Variante. Wie er die Figuren auch anfasst, unter seinen Händen erwachen sie zum Leben. Das musste auch Pawel Eljanow in Runde 7 erleiden, als er mit Weiß Carlsen mutig ein zweischneidiges Figurenopfer offerierte, das dieser ungerührt annahm und aufgrund seiner phänomenalen Stellungseinschätzung die Partie spektakulär solide gewann.

      Hierzu die Analyse Daniel Kings >> youtube.com/watch?v=C7z9E6aIgs4

      Und sonst? Anish Giri kann tatsächlich mal verlieren; Hue Yifan verschafft sich sehr spielbare Positionen, die sie nicht immer in einen Sieg ummünzen kann; ihr Landsjugendlicher Wei Yi hält sich mit acht Remisen achtbar im Konzert der Großen; Sergey Karjakin spielt zu verhalten, um seinen Wijk-Sieg von 2009 zu wiederholen; Loek van Wely hat als Senior des Feldes weiterhin Spaß am Spiel. Fünf Tage noch gibt es Eliteschach an der niederländischen Nordseeküste.

      Turnierseite >> tatasteelchess.com
      Livekommentar >> chess24.com
    • Heute ist der letzte Ruhetag in Wjik an Zee, bevor es dann am Freitag, Samstag und Sonntag in die letzten drei Runden geht.

      Die 10. Runde führte dazu, dass das Spitzenfeld wieder etwas näher zusammenrückte. Carlsens fast schon komfortabler 1- Punktevorsprung schmolz auf einen halben Punkt zusammen, da er und Giri sich sehr schnell remis trennten (sie waren als erstes fertig) und gleichzeitig Caruana, der schärfste Verfolger Carlsens, gegen Wei gewann. Der Abstand zum nächsten, Giri, beträgt dann aus Sicht von Carlsen schon respektable 1.5 Punkte. Vermutlich wird der Gesamtsieg zwischen Carlsen und Caruana ausgetragen, wobei Caruana das etwas "leichtere" Restprogramm zu haben scheint.

      Eine etwas kuriose Partie lieferten sich Karjakin und Adams, mit dem besseren Ende für Adams. Die erste Figur wurde erst im 18. Zug geschlagen, dementsprechendes Gedränge herrschte auf dem Schachbrett!! Nachspielen lohnt sich.

      de.chessbase.com/post/wijk-adams-caruana-und-eljanov-siegen
      tatasteelchess.com/tournament/live-score/year/2016/group/1

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    • Gestern war ein sehr spannender Spieltag in Wjik an Zee, die Runde 11 stand auf dem Programm. Viele spannende Partien, u.a. ein Damenopfer von Loek van Wely gegen David Navara, der eindrucksvoll bewies, wie stark ein Läuferpaar werden kann. Magnus Carlsen zeigte wieder einmal eindrucksvoll (und weltmeisterlich), wie viel Potential in einer scheinbar ausgeglichenen Partie steckt:

      Chessbase schreibt dazu: "Wer schon immer gerne wissen wollte, wie man aus nichts etwas machen kann, dem sei die heutige Partie des Weltmeisters zum intensiven Studium empfohlen."

      Bin sehr gespannt, welche Partie von David King als "Match of the day" auserkoren wird.

      Im Gesamtklassement ist Magnus Carlsen wieder auf 1 vollen Punkt davongezogen.

      de.chessbase.com/post/wijk-vie…-runde-11-carlsen-gewinnt
      tatasteelchess.com/tournament/live-score/year/2016/group/1

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    • Ein unmaßgebliches und unvollständiges Resumée

      Das war wirklich ein interessantes Turnier, aus vielerlei Gründen. Ein paar meiner ganz persönlichen Gedanken dazu, ohne Anspruch auf Allgemeingültigkeit oder auch Vollständigkeit natürlich:
      - Yifan Hou endet zwar im Tabellenkeller, hat sich aber durchaus nicht als Kanonenfutter für die Männerwelt in einem derartigen Klassefeld erwiesen.
      - Carlsen kann Turniere planen und seine Kraft einteilen - nicht mehr volle Möhre in jeder Partie, sondern ergebnisorientiert, irgendwie risikooptimiert. Das ist zwar klug, aber nicht unbedingt immer im Sinne seiner Fans. (ich fand's super, aber nicht jeder...)
      - Navara hingegen spielte im Schnitt die unterhaltsamsten Partien - aber bei weitem nicht die erfolgreichsten. Hätte er aber in einer klasse Partie nicht Caruana den Punkt abgenommen, wäre der Turnierausgang deutlich spannender geworden.
      - Turnierform spielt eine große Rolle - wie z.B. Adams eher ein wenig enttäuschte (vermutlich vor allem sich selbst), und nicht nur in einzelnen Spielen.
      - Computerbewertungen können manchmal echt ein falsches Bild vermitteln. Wie bei Carlsens Abwicklung in ein gewonnenes Endspiel (vermutlich nicht wirklich erzwungen, dafür gab es zuviele Optionen - aber ich habe auch keine ausreichende Verteidigung finden können) in Runde 11
      - Ich konnte am lebenden Beispiel lernen, wie man das Endspiel K+L+T gg K+T verteidigt (und wie die Gewinnideen aussehen). Außerdem, wie bei K+T+L gg. K+T+B der Bauer gewonnen wird, ohne die Türme zu tauschen ...
      - Giri hat wenig überzeugt und dürfte unzufrieden sein - zum Glück spielt er noch in Zürich bevor der große Kandidatenwettkampf ins Haus steht.
      - Eljanow hingegen hat ein gutes Turnier hingelegt in Sachen Spielklasse. Die Balance seiner Aggressivität ist momentan etwas unausgewogen wie mir scheint, seine Gewinnrate gegen den unteren Teil der Tabelle war gut, aber gegen alle drei Topplatzierungen hat er verloren. Hier wären sicherere Partieanlagen vermutlich klug gewesen. Genau das hat Carlsen besser gemacht. Mit Remisen gegen die Top-3 wäre Eljanow mit 8.5/13 unter den Topscorern gewesen (mit Carlsen) - wie die SB-Wertung dann ausgesehen hätte, weiß ich nicht. ;)