Spanisch: Marshall-Angriff

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    • Spanisch: Marshall-Angriff

      Der Marshall-Angriff (gelegentlich auch Marshall-Gambit genannt)



      geht zurück auf den Amerikaner Frank Marshall, der sein Bauernopfer in seiner Partie gegen Jose Raul Capablanca (New York 1918 ) in die Turnierpraxis einführte. Schwarz erhält für seinen geopferten Bauern eine Initiative, die auch nach heutigem Stand den Minusbauern aufwiegt.

      In der 3. Runde der Schacholympiade in Istanbul kam es zu einem interessanten eröffnungstheoretischen Duell im Marshall-Angriff:

      Harikrishna, Penteala (2685) - Beliavsky, A. (2609)
      Schacholympiade Istanbul, 3. Runde, 30.8.2012 (Indien - Slowenien)



      1-0

      Die Partie wird von IM Andrew Martin als "Game of the Day, Round 3" in Harikrishna vs Beliavskykommentiert.


      Jan Gustafsson kommentiert im Video die Partie des chinesischen Jungstars Wei Yi gegen Weltmeister Magnus Carlsen, die gerade in Wijk aan Zee gespielt wurde. Tata Steel 2016, Runde 3: Caruana setzt sich ab

      Hier wurde die weiße Aufstellung mit 12.d3



      gespielt, die die alte Variante 12.d4 fast vollständig verdrängt hat.

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    • ich seh natürlich, warum in der 12.d4-variante 15...g5 nicht mit 16.Lxg5 beantwortet werden kann. Aber warum ist 15...g5 wirklich gut für schwarz? könnt ihr auf den plan und die unterlegenheit anderer möglichkeiten eingehen? ich war schon ganz erhellt zu verstehen, warum sich aus einer solchen möglichen erwiederung (hört sich bei euch fast wie eine widerlegung an!) eine andere variante als bevorzugt durchsetzt, hier also 12.d3. aber jetzt würd ich auch gern die feinheiten von 15...g5 und dessen stärke besser begreifen.
    • Mit 15.Te4 deutet Weiß die Absicht Th4 an, um die schwarze Dame aus ihrer aktiven Position zu vertreiben. Dagegen richtet sich 15.-g5. In der Folge will Schwarz mittels Lf5 den weißen Turm zur Rückkehr zwingen und erhält damit nach heutigem Erkenntnisstand vollwertiges Spiel.

      Der Zug 15.-g5 sieht jedoch "häßlich" aus und widerspricht allem, was wir in der Schule gelernt haben. Deshalb hat es seit 1947 (wo Averbach ihn zum erstenmal gegen Petrosjan anwandte) viele Jahrzehnte gedauert, bis der Zug sich wirklich durchgesetzt hat.

      Es ist absolut verständlich, daß in dieser Zeit viele Spieler nach Alternativen zu 15.-g5 Ausschau gehalten haben. Eine davon ist der gesunde - und von Beljavski gespielte - Entwicklungszug 15.-Ld7, der die Verbindung der Türme herstellt und Te8 vorbereitet. Beljavski hat damit in der oben zitierten Partie zwar keinen vollen Ausgleich erreicht, aber immmerhin eine spielbare Stellung erhalten und ist erst nach einigen Ungenauigkeiten nach dem 20. Zug auf die Verliererstraße geraten. Einen Zug wie 15.-Ld7 als "völliger Käse" zu bezeichnen, erscheint mir etwas vermessen.
    • g5 verhindert nicht nur Th4, was ziemlich lästig für Schwarz ist. Es bereitet in einigen Varianten auch f5-f4 vor. Lf5 kommt nur gegen Df3 in Frage. Nach De2/De1 kommt zum Beispiel f5 und z.b. nach Te6 spielt Schwarz Lxe6 gefolgt von f4 mit starken Angriff. Guck dir am besten mal eine Anand Partie dazu an.
      Df1 gilt als Hauptzug aber nach Dh5 17.Sd2 f5 (und nich Lf5 was unangenehm für Schwarz ist) 18. Ld1! Dh6 19.Te1 f4 20.Se4 Lc7 21.Ld2 Lf5 22.Sc5 Tf7 23.De2 (mit der Idee Dh5 und Schwarz bricht zusammen, falls das gelingt) kommt Gustafsson's Neuerung 23...Lg6!, wonach Schwarz Ausgleich hat.

      Ld7 sieht einfach zu langsam aus, daher "Käse", vorallem der Zug g5 wurde schon früher als 2012 entdeckt, vermutlich Beliavsky, A (ein Spieler der 80er) nicht damit vertraut. Wenn Weiß zu Th4 kommt, ist der Angriff verpufft und kann nur noch auf sein Läuferpaar hoffen. Als Marshall-Spieler möchte man aber eigentlich immer angreifen, daher passt g5 viel besser ins Konzept.

      Lass dir bloß nicht einreden, es sei eine vollwertige Alternative. Schau dir g5 an, dann wirst du schnell glücklich. Die Spieler der alten Garde (wie Beliavsky) spielen solche "krummen" Computerzüge nicht, das heißt aber nicht ihre Züge sind automatisch besser.
    • geht ja gar nicht darum, sich "etwas einreden zu lassen". ich bin überhaupt kein eröffnungstheoretiker und versuche lediglich die qualität der genannten züge in den wenigen varianten nachzuvollziehen, die hier beschrieben sind. das hier war echt interessant, und ich habe auch bestätigung dafür gefunden, solche eröffnungen nicht zu wählen - denn die guten züge sind feinheiten, auf die man durch überlegen am brett (also ohne viele (fehl-)versuche zuvor) vermutlich niemals finden würde. ich hätte immer irgendwie das gefühl, gegen ein buch zu verlieren. ;)

      ich liebe diese art von threads, mit erklärungen der gründe und motive. dadurch lern ich immer am ehesten was dazu. danke. ;)
    • Du wirst immer irgendwelche Feinheiten in der Eröffnung haben. Dem aus dem Wege zu gehen, halte ich nicht für sinnvoll. "Eröffnungen" sind ja nicht die ersten paar Züge, die Eröffnungstheorie behandelt auch Mittelspiele, also bestimmte Strukturen wo man wissen sollte, wie man sie behandelt.

      Daher lohnt es sich genauer "Eröffnungen" und ihre entstehenden Mittelspiele genauer anzuschauen, um dann am Brett das Wissen sinnvoll einsetzen zu können, sobald der erste neue Zug kommt.

      Wenn Weiß zum Beispiel statt 16.Df1 oder 16.De2, den Zug 16.Sd2 spielt, kann man sich aus den vorrangegangen Stellungen (die nach Df1 oder De2 entstehen) schon erschliessen, wieso Sd2 nicht gut ist und wie man weiter fortsetzt. So lernt man die "Feinheiten" der Eröffnung.

      In offenen Stellungen ist häufig genaue Variantenkenntnis von Nöten, aber es gibt auch Feinheiten in geschlossenen Strukturen, wo es eher daraufankommt mit genauen Zügen bestimmte Vorteile zuerzielen.
    • Hallo Willie_Tanner:

      Da du dich augenscheinlich sehr gut mit den "Feinheiten" des Marshall-Gambits auskennst,
      würde ich es begrüßen, wenn man das Für und Wieder dieser scharfen Eröffnung nicht nur
      hier im Forum mit dir theoretisch ausdiskutieren könnte, sondern wenn es auch möglich
      wäre, dies in einer oder mehreren Thema-Partien mit dir praktisch zu erproben.

      Leider konnte ich aber keinen Willie_Tanner unter den auf schacharena.de angemeldeten
      Usern finden. Schade eigentlich ... :(

      ?( HaJo ?(
    • Eine Glanzpartie mit dem Marshall-Angriff wurde von einem der weltweit führenden Eröffnungstheoretiker bei der Europameisterschaft 2007 gespielt:

      Naiditsch, Arkadij (2654) - Gustafsson, Jan (2588)
      8. Europameisterschaft, Dresden, Runde 8, 11.4.2007



      Diese Partie zeigt, welche phantastischen Angriffsmöglichkeiten Schwarz im Marshall-Angriff bekommt, wenn Weiß sich nicht 100%ig auf der Höhe zeigt. Sie wird von Nikolas Lubbe in Lubbes Lernstunde - Gefährliche Bauern IV vorgestellt.
    • Im zweiten Teil seines historischen Rückblicks Eine interessante Geschichte: der Marschall-Angriff im Spanier skizziert Stephan Oliver Platz die Entwicklung des Marschall-Angriffes seit den 1930er Jahren bis heute. Der Artikel enthält u.a. alle 5 Weißpartien von Bobby Fischer gegen den Marshall-Angriff.

      Außerdem kommentiert Platz den spektakulären Schwarzsieg von Peter Leko gegen Vladimir Kramnik aus dem WM-Kampf 2004, in der Leko die oben (Posting 1 - 9) diskutierte Variante mit 15.-g5! anwandte.

      Kramnik, Vladimir (2770) - Leko, Peter (2741)
      World Championship, Brissago, 8. Runde, 7.10.2004

    • Spanisch: Anti-Marshall-Variante 8.h3

      Zum Leidwesen der Marshall-Anhänger hat Weiß im 10. Zug mehrere Möglichkeiten, den eigentlichen Marshall-Angriff (der nach 10.c3 d5 entsteht) zu vermeiden: anstelle von 10.c3 kann er 10.a4 oder 10.h3 spielen. Letzterer Zug war die Wahl von Sam Shankland gegen Ding Liren beim Tata Steel Turnier in Wijk aan Zee. Der chinesische Weltklassespieler zeigte sich darauf bestens vorbereitet, und nach kleinen weißen Ungenauigkeiten übernahm er frühzeitig das Kommando. Wann man die Partie nachspielt, kann man kaum glauben, daß ein Weltklassemann wie Shankland ein paar völlig normal aussehende Züge macht und trotzdem im Handumdrehen in eine hoffnungslose Stellung gerät.

      Die Partie zeigt einerseits die herausragende Klasse von Ding und macht andererseits Appetit darauf, den Marshall-Angriff ins eigene Repertoire aufzunehmen.



      Shankland, Samuel (2725) - Ding, Liren (2813)
      Tata Steel Chess, 5. Runde, 16.1.2019



      In dem Rundenbericht Tata Steel Chess: Analysen zur 5. Runde kommentiert GM David Howell die Partie.

      Und hier die Analyse von Peter Svidler:

    • Spanisch: Anti-Marshall-Variante 8.a4

      Bei der Europamannschaftsmeisterschaft traf der 15-jährige Jonas Buhl Bjerre - seit dem vor wenigen Tagen zu Ende gegangenen Grand Swiss auf der Isle of Man der jüngste Großmeister Dänemarks (offiziell hat er den Titel aber noch nicht) - heute auf den kreativen Geist Daniil Dubov. Dieser packte eine großartige Neuerung für Schwarz in der Anti-Marshall-Variante 8.a4 aus:

      IM Bjerre, Jonas Buhl (2506) - GM Dubov, Daniil (2699)
      22. Europa-Mannschaftsmeisterschaft, Batumi, 1. Runde, 24.10.2019
      Dänemark - Rußland, Brett 4



      Eine Partie mit immenser theoretischer Bedeutung! In den Anti-Marshall-Varianten ist jetzt nicht nur nach 8.h3 (siehe dazu Shankland - Ding), sondern auch nach 8.a4 aus schwarzer Sicht richtig Musik in der Stellung drin.

      Dubov mit leichtem Understatemant bei der Kommentierung der Partie: "Not the worst day in the office." Trotz dieser frühen Niederlage schafften die Dänen die Sensation und nahmen den hoch favorisierten Russen mit einem 2:2 einen Mannschaftspunkt ab.

    • Nachdem Ding Liren die erste Finalpartie des World Cup glanzvoll gewonnen hatte, glaubte kaum noch jemand (auch ich nicht), daß Teimour Radjabov noch einmal zurückkommen könnte. Aber da hatten wir uns alle gründlich getäuscht. Radjabov war noch lange nicht am Boden! In der zweiten Partie brachte er im 21. Zug (!) in einer Hauptvariante des Marshall-Angriffes eine unscheinbar aussehende Neuerung, die aber dem Gegner große praktische Probleme stellt. Der nahezu unbezwingbare Ding konnte diese Probleme am Brett nicht lösen.

      Radjabov, Teimour (2758) - Ding, Liren (2811)
      FIDE World Cup Khanty-Mansiysk, 2. Finalpartie, 2.10.2019



      Bericht von Colin McGourty mit Analysen, Interviews und Videos: FIDE World Cup Finale 3: Radjabov sollte man nicht abschreiben

      Die Partie wird auch in der aktellen Ausgabe von Chessbase TV von GM Vlastimil Hort und Andre Schulz ausführlich analysiert.
    • Spanisch: Marshall-Angriff mit 11.-Sf6

      In der Stammpartie startete Frank Marshall seinen Angriff mit 11.-Sf6 (anstelle von 11.-c6, was heute fast ausnahmslos gespielt wird). Marshall soll diese Variante schon in 1910 analysiert, sie aber 8 Jahre lang für eben diese Partie mit Jose Raul Capablanca aufgespart haben.

      Der Springerzug hat ein sehr klares Ziel: er soll über g4 in den Angriff geführt werden und im Duo mit der auf h4 auftauchenden schwarzen Dame dem weißen König die Hölle heiß machen.

      Heute weiß man, wie Weiß darauf reagieren muß, aber was passiert, wenn man völlig unvorbereitet mit diesem Angriff konfrontiert wird? Es zeugt von der überragenden Klasse von Capablanca, daß er in den folgenden Komplikationen am Brett immer die stärksten Fortsetzungen fand und die Partie souverän gewann:

      Capablanca, Jose Raul - Marshall, Frank James
      New York Manhattan Chess Club, 1918



      Die Partie wird sehr ausführlich auf 13 Seiten von GM Boris Alterman in dem Buch The Alterman Gambit Guide analysiert.

      Und hier ein Videokommentar von agadmator:

    • Spanisch: Anti-Marshall-Variante 8.h3

      MVL ist mit Weiß ein ausgewiesener Meister der "spanischen Tortur". Gestern legte er Ding Liren die Daumenschrauben in Form der Anti-Marshall-Variante 8.h3 an:

      Vachier-Lagrave, Maxime (2767) - Ding, Liren (2805)
      Kandidatenturnier, 2. Runde, 18.3.2020



      Daniel King erläutert uns die Partie: