Die schönsten Partien der Schachgeschichte

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    • Einer meiner Topfavoriten ist die Partie Rotlewi - Rubinstein, Lodz 1907.



      Diese Partie wird von D. Monokroussos neben anderen kommentiert in dem Video The Power of Horwitz Bishops

      Ein weiterer Geniestreich ist die Partie Gufeld, Eduard - Kavalek, Lubomir. Sie erhielt den Schönheitspreis bei der Studenten-Olympiade in Marianske Lazne 1962 und gehört sicher zu den besten Partien des 20. Jahrhunderts.

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    • Moskau, 15. März 1960. Auf der Bühne des Puschkin-Theaters beginnt das Match um die Weltmeisterschaft zwischen dem Titelverteidiger Mikhail Botvinnik, 48, und dem Herausforderer Mikhail Tal, 23. Dem jungen Letten gelingt gleich in der Auftaktpartie des Wettkampfes ein glanzvoller Sieg mit Weiß gegen den Patriarchen der Sowjetischen Schachschule. Die fulminante Partie steht stellvertretend für das mutige, Komplikationen herauf beschwörende Schach M. Tals, für das der Zauberer von Riga bis heute geliebt wird. Nach 21 Partien wird er der achte Schachweltmeister.


      Mit einer Minusqualität und einem weiterhin vulnerablen König kann Schwarz nicht auch noch den mächtigen Freibauern stoppen, 1-0. Mikhail Tal kommentiert diese Partie zwischen Turbulenz und Poesie in seinem vorzüglichen Buch Tal-Botvinnik 1960, englischsprachige Erstausgabe Milford1970, sechste Auflage 2003.
    • Moskau, 7. April 1960. Vor dieser elften Partie des Matches um die Weltmeisterschaft führt der Herausforderer Mikhail Tal mit 3:2 gegen den Titelträger Mikhail Botvinnik. Tals erklärtes wie auch erreichtes Ziel ist es, mit Weiß einen ruhigen Aufbau zu wählen, die Spannung so lange wie möglich hochzuhalten und seinen Widerpart mit dessen ureigenen Fähigkeiten peu à peu zu überspielen. Ein Beleg für den Umstand, dass die wirklich guten Spieler in allen Färbungen und Passagen einer Partie sich sicher zurechtfinden. Mikhail Tal demonstriert hier geschickte Psychologie in der Eröffnungswahl, geduldiges Lavieren und eine präzise Endspielführung. Wäre er mit robusterer Gesundheit gesegnet gewesen, hätte er den WM-Titel wohl sehr viel länger als nur für ein Jahr behalten.



      Die Rettungsschachs gehen zur Neige, Weiß droht schlicht Matt, 1-0. Mikhail Tals Kommentare in seinem Buch Tal-Botvinnik 1960, englischsprachige Erstausgabe Milford 1970, sechste Auflage 2003, sind Schachliteratur im doppelten Sinn: Wo ellenlange Computervarianten mit einem trockenen 3.45 enden und Symbole à la +- vorherrschen, erläutert Tal die Ideen hinter den Zügen und Manövern, lyrisch und lehrreich.
    • Reykjavik 1972. Auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges sitzen sich der Titelverteidiger Boris Spasski aus der UdSSR und der Herausforderer Bobby Fischer aus den USA im so genannten Match des Jahrhunderts gegenüber. Lange sah es im Vorfeld so aus, als ließe Fischer auch diesen Kampf platzen. Als er schließlich doch mit Verspätung auf Island eintraf und am Schachbrett Platz nahm, lag er gleich mit 0:2 zurück. Doch dann spielte er ganz groß auf und holte sechseinhalb Punkte aus acht Partien. Nach Spasskis Sieg in der elften Partie schien eine zähe Auseinandersetzung in der zweiten Matchhälfte bevor zu stehen. In der hier präsentierten dreizehnten Partie weicht Fischer von seiner geliebten Sizilianerin ab und zwingt Spasski in turbulente Stellungsmuster. Am Ende gewinnt Fischer das sagenhafte Duell bravourös, vergrößert seinen Vorsprung auf drei Punkte und bringt diesen schließlich ins Ziel.



      Angesichts der Folge 75. Tf4 Txd4 76. Txd4 Ke2 und der den Turm kostenden Drohung f1D gab Weiß hier auf. Nach acht weiteren Partien wurde Bobby Fischer der elfte Weltmeister. Garri Kasparow kommentiert diese schwarze Perle hingerissen in seinem Buch Meine großen Vorkämpfer. Band 6, Zürich 2007, Edition Olms
    • Es gilt mittlerweile als gesichert, daß diese Partie so nie wirklich gespielt worden ist, sondern daß es sich um eine Analysevariante handelt, die sich in einer Partie von Torre gegen einen unbekannten Amateur hätte ergeben können. Carlos Torre Repetto (damals ein 15-jähriges mexikanisches Schachwunderkind) schrieb die Gewinnführung später seinem Trainer und Mentor Edwin Ziegler Adams zu. Näheres dazu: de.wikipedia.org/wiki/Adams_%E…3_Torre,_New_Orleans_1920

      All dies tut der Schönheit der Kombination natürlich keinen Abbruch. Ich verwende diese Partie öfters in Trainingsgruppen zur Demonstration der Ausnutzung einer Grundreihenschwäche.

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    • Moskau 1985. Im März wird Mikhail Gorbatschow neuer Generalsekretär des ZK der KPdSU, im September sitzen sich Anatoli Karpow und Garri Kasparow zum zweiten Mal im Kampf um den WM-Titel am Brett gegenüber. Das erste Match 1984/85 war nach 48 (!) Partien beim Stand von 5:3 für Karpow abgebrochen worden, offiziell aus Sorge um die Gesundheit der Spieler. Im zweiten Versuch machte der favorisierte Kasparow es besser; in der hier zitierten 16. Partie servierte er dem Weltmeister ein Bauernopfer, auf das dieser mit zu ruhigen Entwicklungszügen reagierte, den Ernst der Lage verkannte und sich ausgangs der Eröffnung mit dem Rücken zur Wand wieder fand. Mit diesem beeindruckenden Schwarzsieg ging der Herausforderer erstmals im Match in Führung und sollte seinen Vorsprung bis zum Ende der auf 24 Partien angesetzten Auseinandersetzung halten.



      Ein so pittoreskes wie elementares Matt kündigt sich hinter den letzten Zügen an, Weiß gibt auf. Im November 1985 wurde Garri Kasparow der jüngste Weltmeister der Schachgeschichte. Igor Stohl kommentiert dieses strategische Juwel in seinem Buch Garri Kasparows beste Schachpartien. Band 1, London 2006, Gambit Publications.
    • Marshall-Angriff gegen Capablanca

      Magnus Carlsen wird ja dieser Tage gern als „Mozart des Schachs“ bezeichnet, um der Frühvollendung, Harmonie und Makellosigkeit seines Spiels bildhaft Ausdruck zu verleihen. Dabei ist die Metapher entlehnt: Vor bereits 100 Jahren wurde José Raoul Capablanca (1888 - 1942) mit diesem Titel geehrt. Der Kubaner erlernte das Schachspiel im Alter von vier Jahren durch bloßes Zusehen und spielte in festlichem C-Dur mit einer bis dahin unbekannten Leichtigkeit und Intuition; er erntete die kostbarsten Früchte, ohne nennenswert gesäht zu haben, alles schien ihm zuzufliegen. Wäre er nicht so notorisch trainingsfaul gewesen (und hätte er Alexander Aljechin beim Match 1927 in Buenos Aires nicht so dreist unterschätzt), wäre er sicher noch länger unbezwingbar gewesen als ohnehin schon. Mit Carlsen teilt er die meist anspruchslose Eröffnungsbehandlung, die Geduld beim Lavieren im Mittelspiel, die Konsequenz beim Umsetzen eines gefassten Planes und die maschinengleiche Präzision im Endspiel. Beim Turnier in New York 1918 kredenzt ihm sein Gegner Frank Marshall eine Eröffnungsbombe, die er sich der Legende nach über Jahre für Capablanca aufgespart hat. Wie dieser auf die Neuerung am Brett reagiert und den später so gefürchteten Marshall-Angriff entschärft, ist schlicht souverän.



      Wie Schwarz auch reagiert, Matt ist unvermeidlich: (a) 36... Txf7 37. b8D+ Kh7 38. Txh6+ Kxh6 39. Dh8+ Kg5 40. Dh5#; (b) 36... Kh8 37. Txh6#; (c) 36... Kh7 37. Df5+ Kh8 38. Txh6#. Cyrus Lakdawala kommentiert diese Sternstunde in seinem Buch Capablanca move by move, London 2012, Everyman Chess
    • Die Fischer-Fortsetzung

      Im vierten Anlauf auf den Thron sollte es endlich klappen, der WM-Zyklus 1970-72 wurde zum Triumphzug Bobby Fischers. Nachdem der US-Amerikaner das Interzonenturnier 1970 in Palma de Mallorca mit dreieinhalb Punkten Vorsprung gewonnen hatte, fertigte er im Viertel- resp. Halbfinale der Kandidatenmatches Mark Taimanow resp. Bent Larsen mit einem je historischen 6:0 ab. Auf der letzten Stufe vor dem Titelmatch wartete 1971 in Buenos Aires Tigran Petrosian. Die erste Hälfte der Auseinandersetzung konnte der ehemalige Champion offen gestalten, ehe er dann vier Partien en suite verlor und Bobby Fischer somit das Recht erwarb, mit Boris Spasski um die Krone zu spielen. Gleich in der ersten Partie im Kandidatenfinale lockte Petrosian den siegessicheren Favoriten mit einer giftigen Neuerung in der Sizilianischen Partie in eine extrem kritische Stellung; gleichwohl behielt Fischer Nerven, Energie und Übersicht, konnte sich, auch dank Petrosians Zaudern, befreien und eine Partie für das Lehrbuch spielen. Der Rest ist Schachgeschichte.



      Mit seiner splendiden Endspieltechnik finalisiert Fischer diese aufregende Begegnung, sein h-Bauer ist nicht länger zu stoppen, 1-0. Mit diesem Erfolg stellte Fischer einen bis heute geltenden Rekord von 19 aufeinander folgenden Siegen gegen Großmeisterkollegen auf. Garri Kasparow kommentiert diese Partie gewohnt kritisch wie begeistert in seinem Buch Meine großen Vorkämpfer. Band 6, Zürich 2007, Edition Olms.
    • Politisch unkorrekt

      Schach ist beileibe kein Spiel nur für Kavaliere und Gentlewomen, zu verführerisch ist das sublimierte Ausleben von Aggressionen und Neurosen im Regelrahmen des Brettes. Dubiose Figuren finden sich bis hinauf in die Spitzenränge. So besaß der vierte Weltmeister Alexander Aljechin (1892 - 1946) einen Charakter, der mit Adjektiven wie pragmatisch, opportunistisch oder, nach heutigem Sprachgebrauch, politisch unkorrekt noch maßvoll beschrieben ist. Siehe hierzu auch die Debatte im Forum unter Alexander Aljechin zum Gedenken. Die menschlichen Unzulänglichkeiten des Franko-Russen sollten aber den Blick auf sein magisches Schach nicht verstellen; seine Kombinationen haben seine Großmeisterkollegen eingeschüchtert und nachfolgende Generationen begeistert. Beim Turnier in Hastings 1922 hatte er in der Schlussrunde gegen seinen Landsmann Efim Bogoljubow anzutreten; um seine Chancen auf den Turniersieg zu wahren, musste er mit Schwarz auf Gewinn spielen. Aljechin gelang eine Partie, die selbst die Götter zum Weinen brachte ob ihrer entgrenzten Schönheit.



      Das Feuerwerk strahlt aus in ein elementar gewonnenes Bauernendspiel. Leider bekam Aljechin für diesen Sieg nicht mindestens drei Punkte, sondern musste sich mit dem regelkonformen einen begnügen. Garri Kasparow kommentiert dieses Kunstwerk seines großen Vorbildes in seinem Buch Meine großen Vorkämpfer. Band 2, Zürich 2004, Edition Olms.
    • Rubinsteins unsterbliche Partie

      gegen Georg Rotlewi, 1907 in Polen. Rubinstein hat schwarz. ^^

      Ich kann mich leider so schön ausdrücken wie Läuferin.. aber ich finde einfach fabelhaft wie RUbinstein seine Dame hergegeben und die 3 Züge (oder mehr) vorausgeschaut hatte. :D

      Dieser Beitrag wurde bereits 6 mal editiert, zuletzt von Asai ()

    • Immer wieder Spanisch

      In der zweiten Hälfte der 1980er Jahre war es nicht leicht, den Überblick über die WM-Kämpfe zwischen Garri Kasparow und Anatoli Karpow zu behalten, gleich fünf Mal trafen die beiden Antipoden aufeinander und lieferten sich stets aufregende Partien bei insgesamt knappem Ausgang. Die Begegnung im Jahr 1990 sollte die letzte der beiden Spieler um die Krone sein, sie fand zu gleichen Teilen in New York und Lyon statt (wohl auf Betreiben Kasparows, der mit sicherem Instinkt das Schach nach dem Fall der Berliner Mauer und dem sich anbahnenden Kollaps der Sowjetunion in der kapitalistischen westlichen Welt verankern wollte). War Karpow noch 1987 für das Kandidatenfinale gesetzt, musste er einen Zyklus später sich gleich dreier Kontrahenten erwehren, um seinen Nachfolger erneut zu fordern. Mit der Titelverteidigung beendete Kasparow endgültig die Ära Karpow, der allerdings in den 1990er Jahren dank des Schismas der Schachwelt unverhofft den dubiosen Titel eines FIDE-Weltmeisters führen durfte. Garri Kasparow war als die klare Nummer Eins der Weltrangliste auch unumschränkter Herrscher auf dem Thron, bis zur überraschenden Niederlage 2000 gegen Wladimir Kramnik. Aber das ist eine andere Geschichte.

      Titelkämpfe sind in aller Regel auch Diskurse über eröffnungstheoretische Fragen. Garri Kasparow hat gegen Anatoli Karpow gern die unerschöpfliche Spanische Partie angestrebt, die dieser bereitwillig zuließ, nicht zuletzt, weil sie dem Nachziehenden Gelegenheit zu eigener Initiative einräumt. Vor der hier zitierten 20. Partie lag Karpow mit einem Punkt zurück und konnte es sich nicht leisten, lediglich auf Ausgleich zu spielen. Weiß legt sein Spiel sehr langfristig an, schaltet im richtigen Moment vom positionellen Lavieren auf konkreten Angriff um, profitiert von des Schwarzen Ungenauigkeit in der Verteidigung und lanciert eine unwiderstehliche Opferattacke. Botwinnik plus Aljechin gleich Kasparow.



      Der b2 bleibt ein Bauer, Schwarz verbleibt mit zwei Minusqualitäten, 1-0. Gerd Treppner kommentiert diese wunderschöne Spanische Partie in der Neuauflage des Klassikers Der Rochade-Angriff von Vladimir Vucovic, Ludwigshafen 2006, Schachzentrale Rattmann.