ist der Mensch (noch) kreativer als ein Schachprogramm?

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    • xursusx schrieb:

      p.s.: Dass ein Computer/Schachprogramm schneller im kompinieren ist und schneller tiefer rechnen kann als der Mensch ist für mich keine Kreativität
      Toller Beitrag Ursel :thumbup:


      Endspiele sind ein schönes Beispiel dafür, wie unkreativ die Programme sind.
      Früher haben es die Bits & Bytes nicht gepackt, weil die Lösung für Endspielstellungen hinter ihren "Rechenhorizonten" lagen.So kommt es, bei ganz alten Brettcomputern oder alten Programmen dazu, dass Bauern nicht umgewandelt werden oder die Dame im Endspiel gegen den alleinstehenden König am Brettrand lang wandert.

      Heute schaffen sie es natürlich, in dem sie in Datenbanken nachsehen und weil die Rechentiefe höher ist.
      Kreativität ist aber anders....


      Vielleicht wäre die mit dem Schachprogramm "Pionier" von Botwinnik erstmals gelungen,nur hat er das Programm leider nicht mehr fertig stellen können.
      de.wikipedia.org/wiki/Michail_Moissejewitsch_Botwinnik


      Gruss
      dangerzone
    • xursusx schrieb:

      ...
      Bestimmte Ureigenschaften sollte sich der Mensch auch erhalten. Ein Vorschlag: für technische Kombinationen sollte ein eigener Begriff entstehen

      Einen sonntäglichen Gruss
      xursusx

      p.s.: Dass ein Computer/Schachprogramm schneller im kompinieren ist und schneller tiefer rechnen kann als der Mensch ist für mich keine Kreativität
      So sehe ich das auch. Künstliche Intelligenz ist nicht gleichzusetzen mit menschlicher Kreativität, die sich der "Berechenbarkeit" ab einem bestimmten Punkt entzieht. Neuerdings können Computerprogramme Bilder wie die alten Meister "malen" (Projekt "The next Rembrandt"). Allenfalls erfüllen die Resultate die Attribute der Originale. Kreativität ist jedoch viel mehr als das bloße Anhäufen von Quantität oder das Zurückgreifen auf eine Bibliothek, mag sie auch noch so umfangreich sein. Kreativität und die dazu notwendige Inspiration gehören nicht in den Kontext mathematischer Algorithmen. Die menschliche Kreativität wird, so hoffe ich auch in Zukunft der künstlichen Intelligenz immer mindestens einen Schritt voraus sein.
    • Zunächstmal sind wir aktuell bei 7-Steiner Endspielen. Nur ist die Datenmenge hier bereits so groß, dass dies online nicht mehr in vertretbarer Zeit und mit vertretbarem Traffic bewältigt werden kann. Darum sind die freien Datenbanken noch auf 6-Steiner.

      Dann glaube ich, dass wir uns so schwer uns das fällt von dem abstrakten Begriff der Kreativität, die ein Rechner nie erlernen kann, verabschieden müssen.

      Meiner Meinung nach ist der einzig Grund, warum der Computer noch nicht "kreativ" ist der, dass alle Menschen etwas anderes darunter verstehen.

      Nach meiner Ansicht ist jede Entscheidung, jedes Handeln Ergebnis eines mehr oder weniger rationalen Prozess. Das was wir als kreativ ansehen ist eine meist (leider nichtmal immer) funktionierende Lösung, die nicht auf der Hand liegt. Dementsprechend überrascht, fasziniert oder je nach Thema schockiert sie.
      Jedoch sind diese Handlungen und Entscheidungen immer Folge eines Entscheidungsprozess. Was den Kreativen vom weniger Kreativen unterscheidet ist einzig die Tatsache, dass der Kreative eine größere Menge an möglichen Lösungen in seine Entscheidung mit einbezieht als der nicht Kreative.

      Da der Rechner "dumm" ist, könnte er (in der Zwischenzeit verhindert das seine Programmierung) alle legalen Züge in seine Berechnung einfließen lassen. Daher ist der Computer vom Ansatz her sogar bereits kreativer als wir Menschen. Alleine wir mit unserer Programmierung und die Hardware mit ihrer beschränkten Rechenkapazität verhindern, dass der Rechner kreativ Schach spielt.

      In dem Moment, in dem wir uns einfach nur die Mühe machen Kreativität sauber zu definieren wird uns der Rechner in diesem Bereich ebenfalls angreifen können.

      Grüße Daniel
    • Liebe Schacharenafreunde,

      die Ausgangsfrage finde ich ungemein spannend.

      Ich glaube, die besten Schachprogramme sind "kreativer" als Menschen --
      wenn Kreativität etwas ist, was Qualität hat und selbst Experten überrascht.
      Die Programme sind stärker als die besten Großmeister.
      Sie gewinnen Wettkämpfe selbst bei Materialvorgabe oder als Schwarzer mit Vorgabe von
      3 Zügen e4, d4, c4 (siehe kürzlicher Wettkampf von Hikaru Nakamura).
      Dies zeigt zunächst nur, dass Programme weniger Fehler machen.
      Aber bei derartigen Spielen mit Vorgabe passierte es, dass das Programm noch
      ein völlig unerwartetes Bauernopfer machte, das selbst die Experten erstaunte.
      (Im Endeffekt können das nur Großmeister beurteilen und uns dann erklären.)
      Ich glaube, etwas Ähnliches passierte letztens bei Go.
      Das sollte unter Kreativität fallen.

      Ein paar Typen von Positionsstellungen, auch ein paar Endspiele, kann der Mensch
      noch besser beurteilen.
    • Manni5 schrieb:

      Liebe Schacharenafreunde,

      die Ausgangsfrage finde ich ungemein spannend.

      Ich glaube, die besten Schachprogramme sind "kreativer" als Menschen --
      wenn Kreativität etwas ist, was Qualität hat und selbst Experten überrascht.
      Die Programme sind stärker als die besten Großmeister.
      Sie gewinnen Wettkämpfe selbst bei Materialvorgabe oder als Schwarzer mit Vorgabe von
      3 Zügen e4, d4, c4 (siehe kürzlicher Wettkampf von Hikaru Nakamura).
      Dies zeigt zunächst nur, dass Programme weniger Fehler machen.
      Aber bei derartigen Spielen mit Vorgabe passierte es, dass das Programm noch
      ein völlig unerwartetes Bauernopfer machte, das selbst die Experten erstaunte.
      (Im Endeffekt können das nur Großmeister beurteilen und uns dann erklären.)
      Ich glaube, etwas Ähnliches passierte letztens bei Go.
      Das sollte unter Kreativität fallen.

      Ein paar Typen von Positionsstellungen, auch ein paar Endspiele, kann der Mensch
      noch besser beurteilen.
      Programme werden zuerst mal von Menschen, also auch Schachspielern entworfen,
      die sich hierzu der Unterstützung namhafter Meister versichern.

      Erst so ist überhaupt die Erstellung starker Schachengines möglich, aber diese spielen auch nur so stark,
      wie es die jeweilge Hardware zulässt....

      Bei speziellen Vorführungen neuer Engines, wird also mit Sicherheit nur die beste Hardware Verwendung finden,
      die derzeit verfügbar ist.

      Gern testen Hardwarehersteller neueste Technologie werbewirksam, indem man sich solcher Events bedient.

      Man sollte also nicht die Kreativität eines Programms so unkritisch hervorheben,
      denn hinter manch vermeintlich überraschenden Bauernopfer, steht immer die Vorgabe als Idee als Hinweis eines - oder mererer Schachmeister an den oder die Programierer der jeweiligen Engine.

      Also wenn ewtas kreativ war, dann das Entwicklerteam rund um die Engine,
      das Programm führt diese Idee lediglich bei Bedarf aus,
      muss sich aber immer auch der möglichst besten Hardware versichern/bedienen, denn selbst kann die Engine gar nix.

      Würde die neueste Engine mit der Performance eines C64 laufen, dann sähe es mit der Spielstärke komplett anders aus.
    • Natürlich ist das Entwicklerteam viel kreativer, aber auf einem anderen Gebiet.
      Um objektiv zu sein, sollten wir Schachpartien beurteilen, von denen wir nicht
      wissen, ob ein Mensch oder ein Computer sie gespielt hat (also "blind refereeing"),
      darauf ob die Züge gut sind und ob sie originell oder kreativ sind.
      Wenn evtl. sogar mehrere Experten (Großmeister) den Zug "gut" und
      "überraschend" finden, meine ich, fällt er in die Kategorie "originell, kreativ".
      Letztendlich ist das ein Vorschlag der Definition von "kreativ".

      Übrigens würde derselbe oder ähnliche Zug im Wiederholungsfall von den
      Experten nur noch als Trick, dann als Methode für die Spielentwicklung,
      dann als Standard eingestuft werden ... :)
    • Eine Engine zieht ein bestimmtes Bauernofer z.B. nur in Erwägung, wenn dieses als Idee der Entwickler der Engine auch in der Programmierung mitgeteilt wird.
      Als unkalkulierbares Risiko, wie ein nicht hundetprozentiges Figurenopfer, würde eine solche Spielweise ohne das Zutun der Programierer schlichtweg nicht stattfinden.
      Spielt eine Engine also eine solch spezielle Variante, dann ist das ausschließlich erst mal der Ideenfindung der Programierer zuzuschreiben, dem Programm wird mitgeteilt, wie es auch in bestimmten Stellungsbilder verfahren kann.
    • mortensen schrieb:

      Spielt eine Engine also eine solch spezielle Variante, dann ist das ausschließlich erst mal der Ideenfindung der Programierer zuzuschreiben, dem Programm wird mitgeteilt, wie es auch in bestimmten Stellungsbilder verfahren kann.
      Das Stimmt so nicht. Wenn ein Schachprogramm etwas opfert, dann sind die nachfolgenden Züge schon exakt durchgerechnet. Es prüft eben immer viele alternative Züge. Der Mensch macht das nicht. Beim Schachprogramm wird diese Stellung mit Opfer in diesen 20 berechneten Halbzügen halt besser bewertet.
      Wie eine Stellung bewertet wird, bleibt hier unbeantwortet. Das Material allein wird nicht verglichen.
    • Es ist durchaus möglich ein Schachprogramm zu entwickeln, welches wesentlich stärker spielt als der Programmierer selber. (Ohne Beteiligung starker Spieler)
      Ich habe mein erstes Schachprogramm in den frühen 80ern begonnen zu schreiben, damals noch in Basic,welches dann kompiliert wurde. Die Entwicklung hat mehrere Jahre gedauert und fand ohne Beratung starker Spieler statt.Genauer gesagt,hat mich niemand beraten. Das Programm hieß Patzer und hat mich und andere Schachfreunde dann häufig geschlagen.

      Man muss nicht allzuviel vom Schach verstehen, um spielstarke Programme schreiben zu können.Hier sind andere Fähigkeiten wichtiger.
      Es gelang mir dann, Kontakt zu bedeutenden Schachprogrammierern aufzunehmen. Das war fruchtbar und es war eine sehr schöne Zeit.

      Ich habe das Programm später,mit neuen Erkenntnissen, auf den Amiga umgesetzt, fast vollständig in Assembler (welch Horror) und der normale Hobbyspieler hatte kaum noch Gewinnchancen.

      Wie dfuchs schon andeutete, ist das Wort "Kreativität", nicht so leicht allgemeinverständlich zu definieren.

      Wenn Sie sich Partien ansehen, und Sie wissen nicht wer die gespielt hat, also ob Mensch oder Maschine, werden Sie Kreativität häufig vermuten, oder zu erkennen glauben, gerade im Maschinenschach. Möglich wurde das, im wesentlichen durch kunstfertige Programmierung, und vorher beinahe endloses , heuristisches "Try (trial) and Error".

      Natürlich ist eine schnelle Hardware absolut hilfreich, aber ohne die Anpassung, Weiterentwicklung des Programms, war eine erhebliche Spielstärkesteigerung seltenst zu erzielen. Das mussten damals die Entwickler des sensationell selektiven "Mephisto III", Thomas Nitsche und Elmar Henne, auch erkennen. Das Programm spielte auf stärkerer Hardware, den "Mist" jetzt schneller :)
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      Ein kleiner Nachtrag noch. Dass der Threadersteller ein Programmspieler ist, wusste ich sehr schnell. Das war völlig offensichtlich.

      Dieser Beitrag wurde bereits 2 mal editiert, zuletzt von Nautilus ()

    • Risikoopfer im menschlichen Sinne, also dass mit dem Opfer der Gegner zu Fehlern verleitet werden soll, werden Engines nicht spielen. Man kann natürlich einige Parameter verändern, damit die Engine generell eher einen Angriff auf den König startet oder lieber Material für Aktivität opfert.
      Aber absichtlich ein nicht korrektes Opfer/allgemein einen schlechteren Zug spielen, nur weil die Widerlegung für den Gegner schwer zu sehen ist, das macht kein Programm.
      Ich bin mir nicht sicher, ob es möglich wäre ... und wenn glaube ich nicht, dass es gut umgesetzt werden könnte, sodass kein lächerliches Zugverhalten dabei rauskommt.
    • @mortensen

      Risikoopfer wurden damals von dem legendären Novag Superconstellation gespielt, auch liebevoll Superconny genannt. Das waren die berühmten PSH-Einschläge. Scherzvoll, "Passt sicher halbwegs" genannt.
      Die heutigen Spitzenprogramme spielen keine Risikoopfer.

      Auch die Aussage, "Das Programm kann nur etwas spielen, was einprogrammiert wurde." ist sehr unpräzise.
      Auf Basis hochkomplexer, dynamischer Bewertungsstrukturen werden die Züge ausgespielt. Man könnte das beinahe Kreativ nennen ;)
    • Ich habe da auch noch eine kleine Info:
      Selber verstehe ich von Programmierungen nichts, kann also nur wiedergeben was ich selber erfahren habe.
      Die früheren Schachcomputer von Novag waren dafür bekannt 'menschliches' Schach zu spielen. Da wurde schonmal auf 'Verdacht' geopfert, allerdings zu 90% korrekt! Da gab es einen Kürzel, nach dem Novag programmiert wurde, psh = paßt sicher halbwegs. Das ist ja auch eine Art Intuition einer künstlichen Intelligenz.
      Dann möchte ich noch an 2 Aussagen ergänzend anknüpfen:
      Es stimmt, der Programmierer ist irgendwann schwächer als sein eigenes Programm! Glaube Stefan Meyer Kahlen, der den Shredder gebastelt hat, sagte sowas inetwa ebenfalls & DER muß ja sowas definitiv auch wissen.
      Dann die Sache mit der Prozessorgeschwindigkeit. Natürlich ist es von Vorteil große Rechenleistung abrufen zu können, das steht außer Frage. Allerdings wiederum Novag stellt eine sehr interessante Frage dabei: Wie kann eine so lahme Krücke mit glaube 20MHz eine Leistung von 2107 menschliche ELO erreichen & soweit ich weiß auf Turnierstufe auch FM's & IM's bereits geschlagen haben? Da wäre es meiner Meinung nach von den Herstellern Pflicht gewesen, ein so gutes Programm dann irgendwann in einen heutigen Prozessor einzubauen um nachzusehen wie hoch es dann käme, zumahl ja auch eine Lernfunktion eingebaut war, also das Gerät nie 2x den gleichen Fehler machte & allmählich ganz alleine sogar stärker wurde? Diese hervorragende Technik siecht nun vor sich hin & andere Programme ziehen vorbei auf Grund 1000facher Rechenleistung.
      Was dazu Programmierexperten meinen würde Mich Laie brennend interessieren.
    • Anduin schrieb:

      Risikoopfer im menschlichen Sinne, also dass mit dem Opfer der Gegner zu Fehlern verleitet werden soll, werden Engines nicht spielen. Man kann natürlich einige Parameter verändern, damit die Engine generell eher einen Angriff auf den König startet oder lieber Material für Aktivität opfert.
      Aber absichtlich ein nicht korrektes Opfer/allgemein einen schlechteren Zug spielen, nur weil die Widerlegung für den Gegner schwer zu sehen ist, das macht kein Programm.
      Ich bin mir nicht sicher, ob es möglich wäre ... und wenn glaube ich nicht, dass es gut umgesetzt werden könnte, sodass kein lächerliches Zugverhalten dabei rauskommt.
      Hallo Anduin,
      kann mir nicht vorstellen, dass ein solches Programm sich gut vermarkten läßt - schließlich wollen ja alle Spieler nur die "besten, schnellsten oder natürlichsten zum sicheren Erfolg/Sieg führende Züge" erlernen - einschließlich Tricks/bzw. allen Raffinessen und Möglichkeiten diesen tollen Spieles......

      p.s.: Unsere Fehler machen wir alle selbst :)
    • @Poffi

      Poffi, gehen Sie auf die Seite "Schachcomputer Info" , dann in den Thread "Mess Emulator für diverse Schachcomputer ist fertig!". Dort haben Sie die phantastische Möglichkeit,sich den Mess Emulator herunterzuladen. Der unterstützt,enthält, zahlreiche der guten alten Schachprogramme, mit der Möglichkeit,eben diese mit großer Geschwindigkeit auszuführen.
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