Schacholympiade Baku 2016

    Diese Seite verwendet Cookies. Durch die Nutzung unserer Seite erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Cookies setzen. Weitere Informationen

    • Schacholympiade Baku 2016

      Die zweite Jahreshälfte 2016 hält neben dem WM-Match der Männer im November in New York (und gegebenenfalls einer Knock-out-WM der Frauen an einem noch unbestimmten Ort) ein absolutes Spitzenereignis bereit: Am 1. September beginnt in der aserbaidschanischen Hauptstadt Baku die Schacholympiade, der wichtigste Teamwettbewerb im Schach. Dieses Familientreffen der Schachwelt findet im Zweijahresrhythmus statt; das königliche Spiel, gleichwohl als Sport anerkannt, wird abseits des Internationalen Olympischen Komitees vom Weltschachverband FIDE organisiert, was ja angesichts der laufenden Dopingdiskussion im Vorfeld der Sommerolympiade 2016 in Rio kein Nachteil sein muss.

      Bei den möglichen Favoriten wird jedes Mal Russland genannt, bei den Männern wie bei den Frauen. Kein Wunder, sind doch sowohl im sogenannten Openbereich als auch im Frauenbereich die Topaktiven zu erwarten. Bei den Frauen hat Russland die letzten drei Wettkämpfe bravourös für sich entschieden. So gehen die Russinnen auch diesmal mit hohen Hoffnungen auf Gold an den Start, hartnäckigste Konkurrentinnen sollten die Chinesinnen, die Ukrainerinnen und die Georgierinnen sein, eventuell die Inderinnen, wenn Humpy Koneru mitspielt.


      Der letzte russische Erfolg bei den Männern liegt allerdings auch schon 14 Jahre zurück, Gold gab es zuletzt 2002 im slowenischen Bled. Die letzten drei Olympiatitel gingen an China (in Tromsø 2014), Armenien (in Istanbul 2012) und an die Ukraine (in Khanty-Mansijsk 2010). Diese drei Länder sind neben den Russen sicher die ersten Medaillenanwärter im Openbereich, hoch einzuschätzen sind zusätzlich die USA nach den jüngsten Einbürgerungen Wesley Sos und Fabiano Caruanas.


      Da sowohl Weltmeister Magnus Carlsen als auch sein Herausforderer Sergej Karjakin in Baku am Brett sitzen werden, ist ein Duell der beiden zumindest theoretisch möglich, je nach Turnierverlauf und Setzliste innerhalb der Mannschaften. Es wäre die letzte Partie der beiden vor ihrem Match im November. Des weiteren darf man gespannt sein, ob Maxime Vachier-Lagrave seinen beachtlichen Höhenflug (der ihn auf den zweiten Platz der FIDE-Weltrangliste geführt hat) fortsetzen kann und für Frankreich das beste Ergebnis am 1. Brett erzielen wird. Prominentester Kiebitz in Baku sollte Garri Kasparow sein, der es sich kaum nehmen lassen wird, in seiner Geburtsstadt die Olympiade zu verfolgen und zu kommentieren.


      Das gastgebende Aserbaidschan, eine der zahlreichen ehemaligen Sowjetrepubliken, notierte vor zwei Jahren bei den Männern auf dem fünften Platz, die Spielerinnen der Kaukasusrepublik kamen nie auch nur in die Nähe der Medaillenränge. Zur Wahrung des brüchigen Friedens in der Region wäre es sicher besser, es käme zu keiner direkten Begegnung mit dem verfeindeten Nachbarn Armenien. Mögen darüber hinaus die Sicherheitsvorkehrungen vor Ort Terroranschläge aller Art verhindern.


      Die abschließenden Nominierungen sind noch nicht auf der offiziellen Turnierseite veröffentlicht. So ist noch nicht abzusehen, ob Visvanathan Anand und Hue Yifan für Indien resp. China spielen werden. Die deutschen Aussichten sind unabhängig von der mutmaßlichen Aufstellung der Teams als eher bescheiden einzuschätzen, hier wird dann weniger die olympische Vorgabe des „Schneller, Höher, Weiter“, sondern vielmehr das elegische Motto des „Dabei sein ist alles“ bemüht werden. Die Vorfreude mag bereits um sich greifen, auf Baku und auch auf Rio.

      Interview Sergej Karjakin >> chess24.com/de/lesen/news/karj…-nicht-sehr-wohl-gefuehlt

      Offizielle Turnierseite >> bakuchessolympiad.com/
    • Traditionell schlagen die Deutschen ja mindestens einen der Großen.
      Ein hier anwesender Regelfuchs hatte sich für einen der Schiedsrichterplätze beworben, scheiterte aber an der starken Konkurenz. Die deutschen Farben bei den Schiedsrichtern werden von IA Klaus Deventer, dem wohl erfahrensten aktiven Schiedsrichter Deutschlands und IA Jürgen Klüners vertreten.
      Beide Schiedsrichter sind mir gut bekannt und werden Deutschland würdig vertreten. Trotzdem wäre ich natürlich gerne in Baku dabei gewesen.

      Interessant dürfte werden wer für Deutschland aufläuft.
      Bei den Männern sieht es ja nach Folgenden aus:
      GM Georg Meier
      GM Liviu-Dieter Nisipeanu
      GM Rainer Buhmann
      und GM Daniel Fridman

      Jan Gustafsson, die nominelle deutsche Nummer 4 und ausgewiesener Theorieexperte ist ja schon länger nicht mehr wirklich aktiv. Vielleicht sehen wir ihn als Theorietrainer. Als Kommentator ist er sicher dabei, ob in Deutschland oder Baku.

      Die Nummer 5 ist interessant. Rein nach Elo GM Matthias Blübaum, aber ob der junge Bremer wirklich schon bereit für die große Bühne ist? Hat er doch bisher noch nie gegen die großen der Welt gespielt und bestanden. Eine wirkliche Alternative sehe ich aber nicht.

      Bei den Damen ist nur für
      IM Elisabeth Päthz der Platz klar.
      Zwischen ELO Platz 2 und Platz 8 liegen keine 50 ELO-Punkte.
      Hier dürften Alter und Spielpraxis die Nomminierungskriterien sein.
      Kein leichter Job für unseren Bundestrainer.

      Grüße Daniel
    • marriott schrieb:

      Ich finde, man sollte Herrn Blübaum unbedingt einsetzen !!
      Er hat das stark besetzte Grenke Open gewonnen, und kann sich evtl noch verbessern, er ist ja noch jung.
      War da 2 Tage zum Zuschaun, sehr interessant !

      Ich denke nicht, dass bei den anderen noch viel Luft nach oben ist !
      Also solange man nicht ganz oben ist ist immer Luft nach oben ;)

      Und ja, einen Einsatz von Blübaum würde ich auch begrüßen; momentan sollte man als Realist die Olympiade eher zum Testen als als Titelchance betrachten.
    • Jo, Teams stehen fest:
      schachbund.de/news/aufgebot-fu…acholympiade-in-baku.html

      Bei den Männern hatte ich recht.

      Bei den Frauen sind es:

      IM Elisabeth Päthz
      WGM Marta Michna
      WGM Melanie Lubbe
      WGM Elena Levushkina
      und WIM Judith Fuchs

      Somit haben wir zwei schlagkräftige Mannschaften.

      Das Ziel bei den Herren sollte Top 10 sein. Viel mehr ist nicht realistisch.
      Bei den Damen kann es für die Top 5 mit viel Glück auch für eine Medalie reichen.

      Grüße Daniel
    • Reiner2 schrieb:

      Schönes Rating: in der Breite mit 1300 Titelträgern absolut top (Platz 2 hinter Rußland), aber zur Spitze fehlt dann doch etwas.

      Wie sagt man so schön - hier muß mannschaftliche Geschlossenheit her.

      Seitdem Schach nur noch in einem erheblich reduzierten finanziellen Rahmen durch die deutsche Sportpolitik gefördert wird
      - man erinnere sich: im Mai 2014 sollte die Förderung wegen der fehlenden "eigenmotorischen Aktivität" beim Schachspiel
      sogar komplett gestrichen werden - seitdem kann man wohl vergessen, dass eine deutsche Mannschaft um die Spitzenplätze
      bei Schach-Olympiaden mitspielen wird.

      Einige deutsche Spitzenspieler haben bekanntlich inzwischen die Konsequenzen daraus gezogen und z.B. entweder wie Arkadij
      Naiditsch
      die Spielberechtigung für eine andere Schachförderation erworben oder wie Jan Gustafsson den Schwerpunkt ihrer
      schachlichen Aktivitäten auf die multimediale Internet-Präsenz bei anderen bekannten Schach-Webseiten gelegt.
      Und eins ist dabei natürlich klar: Nur allein für ein Dankeschön hat das sicher keiner von den beiden gemacht ...

      :( HaJo :(
    • Ja und nein,

      natürlich fehlt das Geld an allen Ecken und Enden, aber 1300 Titelträger sprechen eigentlich eine andere Sprache (wenn darunter auch
      viele Alt-Ostblockler als CMs und FMs sein sollten).

      Auffällig ist aber auch, daß Deutschland nach Hübner - und das ist 30 Jahre her - keinen Spieler der absoluten Weltspitze mehr
      gehabt hat. Hast du vier oder fünf solche Talente folgen die Medaillenränge dann automatisch.
    • Etwas möchte ich dann doch noch loswerden:

      den Zusammenhang, daß gerade die Entscheidung von Naiditsch wesentlich von dem 2014er-Beschluß beeinflußt war, möchte ich
      bezweifeln. Hier liegen die Zerwürfnisse zwisschen DSB und Spieler ja schon sehr viel weiter zurück, nämlich bei der Begründung
      für die Nichtteilnahme der zum damaligen Zeitpunkt vier stärksten deutschen Spieler an der 2010er Olympiade in
      Khanti-Mansiysk.
      Immer noch interessant ist der Link auf der Naiditsch-Wikipedia-Seite zu folgendem Artikel "Why the German A-team will not
      participate in the Olympiad" von chessvibes. Der Brandbrief von Naiditsch und die dreiseitige Diskussion beleuchten die
      Situation im deutschen Schach m.E. sehr gut. Und natürlich: auch 2010 gings nur ums Geld.
    • Nach der 5. Runde (heute ist Ruhetag) liegen die Niederlande, die Ukraine und Indien ohne Mannschaftspunktverlust auf 1.

      Die Russen haben durch eine Niederlage in Runde 4 gegen die Ukraine (Tomashevsky und Grischuk mussten etwas überraschend ärgerliche Niederlagen einstecken) wieder mal zu kämpfen, liegen momentan auf Platz 8. Auch Aserbaidschan (gegen die starken Inder) und China (ebenfalls gegen die überzeugenden Ukrainer) haben schon eine Schlappe einstecken müssen.
      Eine positive Überraschung ist das Abschneiden der Tschechen: Sie haben erst einen MP (gegen die USA!) abgegeben, in dieser Partie konnten sie trotz ELO-Nachteilen alles Remis spielen und belegen (auch mit einigem an Losglück) momentan Platz 4. Morgen gehts gegen die Georgier, die von ähnlichem Startplatz ähnlich stark spielten. Deutschland befindet sich als 13.-Gesetzter momentan auf einem akzeptablen 12. Platz, bisher steht nur eine Niederlage gegen die Ukrainer. Das nächste Duell geht allerdings gegen Russland die in voller Stärke aufspielen werden. Vielleicht kann man jedoch davon profitieren, dass die Russen unter Druck stehen (noch ein abgegebener Mannschaftspunkt und das wars höchstwahrscheinlich mit Gold)? Wer weiß.
      Was noch hervorzuheben ist: Deutschland hat erst eine Niederlage am Brett einstecken müssen (Daniel Fridman gegen Andrei Volokitin [UKR]), sonst viele Remise aber auch nicht wenige Siege. Stark bislang besonders Mathias Bluebaum (4,5/5) wenn auch bislang gegen eher schwächere Gegner, einzige Ausnahme: Das Remis gegen Yuriy Kryvoruchko (UKR; 2693).

      Morgen dürfen wir uns auf folgendes besonders freuen:

      Indien - Niederlande das Topduell an Tisch1. Wenn hier jemand 2 MP mitnimmt dann ist das schon ein gewaltiger Schritt.
      USA - Ukraine beides hochgehandelte Mannschaften, die USA von der Besetzung her die Ukraine noch mehr von der Performance.
      Tschechien - Georgien wird sich einer der beiden Überraschungsteams oben halten und 2 MP mitnehmen?
      Deutschland - Russland die Russen unter Druck, wenn kein Sieg kommt dann rückt Gold schon wieder in weite Ferne. Und der Verband entlastet seine Spieler auch nicht unbedingt. DIE Chance für uns?!

      Die Damen verfolge ich momentan weniger, einzige Überraschung die mir zu Ohren gekommen ist: Dana Reizniece-Ozola, Finanzministerin aus Lettland besiegte Weltmeisterin Hou Yifan, rund 400 ELOs mehr. Für den Ausgang des Mannschaftskampfes hatte dies keine Bedeutung, China gewann dennoch.
    • Zu Matthias ist noch zu sagen, dass er 1. Skeptiker wie mich überzeugt hat und 2. auch in der Partie gegen Kryvoruchko zwischenzeitlich eine klar bessere Stellung hatte, die er leider nicht gewinnen konnte. Eine starke Verteidigungsleistung des Ukrainers gepaart mit Zeitnot hat hier ein deutsches 2:2 leider verhindert.

      Grüße Daniel
    • Rank after Round 7 - Open
      Rk.SNo TeamTeamGames + = - TB1 TB2 TB3 TB4
      12
      United States of AmericaUSA761013174,021,560,00
      21
      RussiaRUS760112157,022,054,00
      320
      GeorgiaGEO752012154,520,057,00
      45
      UkraineUKR760112146,519,061,00
      59
      IndiaIND760112144,519,560,00
      66
      EnglandENG760112140,018,558,00
      721
      LatviaLAT760112138,518,555,00
      84
      Azerbaijan 1AZE751111161,520,561,00
      946
      IranIRI751111153,020,059,00
      1027
      GreeceGRE743011137,517,559,00
      1129
      SloveniaSLO751111127,019,551,00
      1212
      NorwayNOR751111126,517,053,00
      1334
      PeruPER751111118,018,549,00
      1436
      ItalyITA751111117,018,550,00
      1525
      CanadaCAN750210152,520,559,00
      1611
      NetherlandsNED750210151,519,063,00
      173
      ChinaCHN750210145,518,56
    • dfuchs schrieb:

      Ein hier anwesender Regelfuchs hatte sich für einen der Schiedsrichterplätze beworben, scheiterte aber an der starken Konkurenz. Die deutschen Farben bei den Schiedsrichtern werden von IA Klaus Deventer, dem wohl erfahrensten aktiven Schiedsrichter Deutschlands und IA Jürgen Klüners vertreten.
      Beide Schiedsrichter sind mir gut bekannt und werden Deutschland würdig vertreten. Trotzdem wäre ich natürlich gerne in Baku dabei gewesen.

      Es ist doch hinlänglich bekannt, dass die Herrschaften aus der Schiedsrichterkommission immer sich selber oder einen ihrer Spezies nominieren.
      Hast Du ernsthaft mit der Möglichkeit gerechnet, nach Baku fahren zu dürfen?

      Deventer ist ja nun zum gefühlt hundertsten Mal bei so einem Großereignis dabei, frischer Wind hätte stattdessen einmal gut getan.

      dfuchs schrieb:

      Jo, Teams stehen fest:
      schachbund.de/news/aufgebot-fu…acholympiade-in-baku.html

      Bei den Männern hatte ich recht.

      Bei den Frauen sind es:

      IM Elisabeth Päthz
      WGM Marta Michna
      WGM Melanie Lubbe
      WGM Elena Levushkina
      und WIM Judith Fuchs

      Somit haben wir zwei schlagkräftige Mannschaften.

      Das Ziel bei den Herren sollte Top 10 sein. Viel mehr ist nicht realistisch.
      Bei den Damen kann es für die Top 5 mit viel Glück auch für eine Medalie reichen.

      Grüße Daniel

      Und die tatsächlichen Platzierungen sind ernüchternd. Als Schiri bist Du hoffentlich besser als mit Deinen Prognosen.
    • Die Goldmedaille für die USA wurde in einem komplizierten (und m.E. äußerst fragwürdigen) Tiebreakverfahren ermittelt. Noch eine halbe Stunde nach dem Ende der Partien wußte niemand, wer denn nun oben auf dem Treppchen stehen würde.

      Ausschlaggebend war die letzte noch laufende Partie der deutschen Mannschaft gegen Estland. Hätte hier der estnische Gegner von Matthias Blübaum ein mögliches Remis durch Dauerschach forciert und damit ein 2:2 für Estland gerettet, wäre die Ukraine oben auf dem Treppchen gelandet.


      Blübaum gewinnt Gold ... für die USA




      Es ist höchste Zeit, diesen Buchholz-Unsinn bei der Olympiade wieder zu streichen und zu den für jedermann verständlichen Brettpunkten als Tiebreaker zurückzukehren.