Variantenrechnen

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    • Variantenrechnen

      Hallo,

      bei Internetpartien mit geringen Bedenkzeiten spielen viele Spieler nach ihrem Gefühl, ohne die Stellung bis zu einem klaren Punkt durchzurechnen. Die Variantenberechnung ist aber besonders im Endspiel sehr wichtig und kann oft über Gewinn und Niederlage entscheiden.

      Um den Teil "Variantenberechnung" etwas zu schulen und die Gefühlzugroutine ein wenig abzubauen, habe ich hier eine Aufgabe hinterlegt.
      Es ist wichtig, dass die Stellungen ohne Demobrett durchgerechnet werden, da sonst kein Effekt erreicht wird.
      Wenn ihr die Stellungen zum ersten Mal anseht, könnt ihr auch zuerst die 3 Kandidatenzüge notieren, die Ergebnisse abschätzen, die Varianten nach dem von euch gesetzten Zeitlimit berechnen, erneut abschätzen und die Zugfolgen kontrollieren.
      Da häufiges Wechseln zwischen den Varianten und Mehrfachberechnungen Zeit kosten und das Gehirn ermüden, sollte man das weitestgehend vermeiden.

      Wäre schön, wenn ihr eure vorher-nachher Ergebnisse vergleicht und postet.

      Viel Spaß, wnl
      Dateien
    • Mir fiel erst einmal auf, dass bei der ersten Stellung ein Randbauer vorkommt, wenn man die Stellung dann um eins nach rechts rückt, verschwindet der Randbauerncharakter. Dann sah ich, dass beide Könige in Fernopposition stehen, da sie ein Rechteck bilden mit weißen Feldern bei der ersten Stellung und schwarzen Feldern bei der zweiten Stellung. Beide Bauern haben die gleiche Anzahl von Schritten bis zur Umwandlung. Keiner der Könige steht auf seiner Ausgangsposition so, dass er nach der Bauerumwandlung in eine Dame im Schach stehen würde. Der weiße König steht zentral und braucht zwei Schritte um das Umwandlungsfeld seines Bauern zu überwachen. Der schwarze König kommt mit einem Schritt aus. Der weiße König steht näher am gegnerischen Bauern als der schwarze.
      Jetzt die drei Kandidatenzüge: Kd5 oder Kd4 oder a4
      Für welchen soll ich mich entscheiden? Bisher habe ich nichts "gerechnet", bestenfalls gezählt...
      Mich würde interessieren welche Gedanken denn anderen dazu gekommen sind.
      Mein Bauchgefühl sagt, ich sollte Kd5 ziehen, um mich nicht allzuweit vom Umwandlungsfeld meines Bauern zu entfernen. Mein zweites Bauchgefühl rät mir Kd4 zu ziehen, damit ich dem gegnerischen König die Felder e3 e4 und e5 blockiere und ihn sowohl oberhalb als auch unterhalb zu einem Umweg zu meinem Bauern zwinge.
      Ich weiß immer noch nicht, was ich rechnen soll?
    • ...ich weiß jetzt, dass eine der beiden Stellungen eine Gewinnstellung ist und die andere eine Remisposition. Ich wäre aber niemals in der Lage gewesen, dass ohne Brett und ohne Nalimov Tablebases herauszufinden. Wie, bitte schön lieber Will_Nurlernen, kann man diese Fähigkeit erwerben?
      Vor allem weil der Gewinnzug erst in 16 (sechzehn) Zügen zum Gewinn führt!

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von e4e5f4exf4 ()

    • Wenn man die Dame vor dem Gegner hat, dann weiß man halt, dass mit diversen Schachgeboten der gegn. Freibauer erobert werden kann (Chunk), ohne es durchzurechnen. Entweder steht nach diversen Schachgeboten der Bauer gefesselt da und der eigene König kann einen Schritt auf den gegn. Bauern zu machen oder der gegn. König kommt vor seinen Bauern zum stehen, dann kann wieder der eigene König vor. Dann wieder Schachgebote bis vorherge Konstellation gegn. König+Bauer eintritt usw. Das geht beliebig oft.
      War aber zu sehr auf Königszüge fixiert (Chunk: Im Endspiel sind Königszüge meistens gut), weswegen ich die erste Aufgabe auf die schnelle nicht lösen konnte. In einer E-Mail-Partie hätte ich es aber geschafft.
      Chunks sind Wissenshäppchen, mittels derer das rechnen vereinfacht wird. Da haben die meisten mehr von als sie glauben.

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von DrB ()

    • Besten Dank, Will_Nurlernen, für das lehrreiche Aufgaben-Duo! :thumbsup:

      Bei der ersten Aufgabe (linkes Diagramm im ersten Posting) ergibt sich nach beiderseits bestem Spiel
      (1.a4! e5 2.a5 e4 3.Kd4! Kf3 4.a6 e3 5.a7 e2 6.a8D+ Kf2) die folgende Stellung:



      Diese Position ist für Weiß gewonnen, weil - wie DrB richtig erklärt hat - sich die weiße Dame zusammen mit ihrem König rasch
      dem schwarzen Freibauern annähern kann, um ihn schließlich zu erobern, wonach das Mattsetzen nur noch ein Kinderspiel ist,
      z.B.: 7.Da2 Kf1 8.Dc4 Kf2 9.Dc2 Kf1 10.Dd3 Kf2 11.De3+ Kf1 12.Df3+ Ke1 13.Kd3 Kd1 14.Dxe2+ Kc1 15.Dc2 matt.

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      Bei der zweiten Aufgabe (rechtes Diagramm im ersten Posting) erhält man nach der analogen Zugfolge
      1.b4 f5 2.b5 f4 3.Ke4 Kg3 4.b6 f3 5.b7 f2 6.b8D+ Kg2 die nach rechts verschobene Stellung:




      In dieser Position lässt sich der Sieg für Weiß nicht erzwingen, weil der schwarze König notfalls seinen Freibauer aufgeben kann,
      um sich ins rechte Eckfeld in eine Pattstellung zu flüchten, z.B.: 7.Db2 Kh1! 8.Dxf2 patt.


      Merkregel:

      König und gedeckter eigener Läufer-Bauer auf der vorletzten Reihe der c- oder f-Linie können die Partie gegen König und Dame

      der gegnerischen Partei remis halten, sofern der König des Gegners genügend weit weg vom eigenen Bauer entfernt steht.



      -----------------------

      Keine Regel ohne Ausnahme, daher hier zum Schluß noch ein weiteres Diagramm:



      In dieser Stellung steht der weiße König auf g4 statt auf e4.


      Aufgabe: Kann Weiß jetzt den Sieg erzwingen, und wenn ja, wie am schnellsten?


      :) HaJo :)

    • @xursusx
      Kandidatenzüge sind Züge, von denen man denkt, dass sie sinnvoll sind und einen näher ans eigene Ziel bringen können. Es ist also eine Vorauswahl.
      Sie dient dazu, sich ein wenig Ordnung in die eigene Gedankenwelt zu bringen.
      Wieviele du findest, hängt von der Stellung und von dir ab.
      Glaubt man vorerst alle sinnvoll erscheinenden Zugmöglichkeiten gefunden zu haben, prüft man die Fortsetzungen der einzelnen Züge.
      Praktisch ist es, mit dem verheißungsvollsten Kandidaten die Berechnung zu beginnen und einen nach dem anderen abzuarbeiten. Hat man alle Kandidaten bis zum gewünschten Punkt geprüft, wählt man den Zug, von dem man sich am meisten verspricht.
      In einigen Fällen findet man während den Berechnungen einen Zug beachtenswert, der es vorher nicht in die Vorauswahl geschafft hat. Der ist natürlich auch zu prüfen.

      Im Fall der Aufgabe ist es leicht zu erkennen, dass nur 3 Kandidaten (a4, Kd5, Kd4) den Weißen weiterbringen können.

      @e4e5f4exf4
      Wie du schon erkannt hast, kämen ohne Beteiligung der Könige beide Bauern nacheinander ohne Schachgebot ins Ziel. Würde Weiß es schaffen, den schwarzen König auf die Diagonale a8-h1 zu bekommen, dann könnte er zur Dame einziehen und ein Tempo gewinnen. Mit dem Wissen, dass man einen vom König geschützten b/d/e/g-Bauern auf der vorletzten Reihe mit K und D stoppen kann, könnten wir an dieser Stelle die Berechnung beenden. @hajoja hat diese Regeln hier gut beschrieben.
      Nun ist noch offen, wir wir den K auf die lange Diagonale bekommen.
      Die 3 Kandidatenzüge hast du gefunden.






      @SnoopyDog War dein Ziel Patt zu setzen?

      Dieser Beitrag wurde bereits 2 mal editiert, zuletzt von Will_Nurlernen ()