Betrugsfälle im Schach

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    • Betrugsfälle im Schach

      Hallo,

      hier wird ja immer sehr lebhaft über gelöschte Programmspieler dikutiert. Da habe ich mich gefragt, ob es dafür wohl auch Beispiele auf Turnieren gibt. Wurde da schon mal jemand mit Knopf im Ohr oder Morsegerät am Bein erwischt. Und wie läuft das auf kleineren Turnieren mit Handy/Smartphone Kontrolle ab?
      Kennt jemand Beispiele oder Anekdoten?

      Grüße vom Limp
    • Sarah Hoolt und Igor Khenkin Deutsche Meister 03-06-2011

      Der letzte Tag bei den Deutschen Meisterschaften wurde heute von einem weiteren Vorfall überschattet. Nachdem GM Falko Bindrich in der 4. Runde zu spät zur Partie kam und diese Partie als verloren gewertet wurde (Bindrich trat wenig später vom Turnier zurück), wurde nun ein FM beim Nachspielen der laufenden Partie auf dem Handy erwischt. Sein Gegner GM Sebastian Siebrecht bekam den Punkt zugesprochen und der FM wurde vom Turnier ausgeschlossen. Das ist ganz aktuell.

      Gruß tommy527
    • Aus dem Thread "Deutsche Einzelmeisterschaften 2011":

      Schroeder schrieb:

      Interviews nach Turnierende mit Sarah Hoolt, Igor Khenkin, Jan Gustafsson, Niklas Huschenbeth und Sebastian Siebrecht:
      youtube.com/watch?v=73U-p_WkxZQ
      Siebrecht äußert sich dort auch recht ausführlich zu den beiden Skandalfällen des Turnieres.

      Auf Chessvibe werden alle Details des "Toiletgate" ausführlich dargestellt: Player caught cheating at German Championship. Der Bericht hat eine Fülle von Leserkommentaren hervorgerufen.

      Weiterer Bericht zu der Betrugsproblematik im Schach: Feller, N. und die Bedrohung des Turnierschachs


      Vor ca. 10 Jahren erschien außerdem ein umfangreicher Artikel von Frederic Friedel, in dem er die Betrugsfälle und -methoden seit Beginn des Schachspiels (ca. 600 AD) untersucht. Frederic Friedel: Cheating in Chess

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von Schroeder ()

    • Also es gibt da schon Geschichten. Auf einem Schachturnier passierte meinem Schachkollegen folgendes: mitten im Turnier klingelte sein Handy (Handys sind da verboten oder abzustellen). Die Partie war für ihn verloren. Ich selbst habe erlebt, wie ein Bekannter bei einem Turnier seinem Schachkollegen während einer Partie laut darauf hinwies, er hätte seine Uhr nicht gedrückt. Der Ärger war dementsprechend. Andererseits gibt es auch lustige Sachen; ein Spieler wollte aufgeben, sein Gegner: " Aufgeben? Nichts da, Sie spielen weiter!" Dazu ist zu sagen, "diesen" Gegner konnten wir alle nicht leiden. Das Gelächter war gross.
      Ich bin Rollifahrer, also behindert, verheiratet, Meine Interessen sind Schach, Politik und lesen.
    • Dazu noch eine Anekdote , die ich anlässlich meiner ersten SR-Prüfung 1986 hörte :

      Deutsche Einzelmeisterschaft / 50er Jahre : ein Spieler hatte seinen Gegner in Verdacht , heimlich auf der Toilette Varianten anzuschauen. In der Folge verlor er die Partie . Später - nach der Runde - klagte er dem anwesenden SR sein Leid "als der Gegner zum 6. Mal auf dem WC verschwand , folgte ich ihm , stellte mich in der Nachbarkabine auf den WC-Sitz und sah , wie er in einem Reklam-Heft die Variante nachlas" Der SR meinte erstaunt. " Warum haben Sie das nicht gemeldet ?!?!" , worauf der Spieler antwortete : "Es war mir so peinlich !"

      GG
    • jens schrieb:

      Also es gibt da schon Geschichten. Auf einem Schachturnier passierte meinem Schachkollegen folgendes: mitten im Turnier klingelte sein Handy (Handys sind da verboten oder abzustellen). Die Partie war für ihn verloren.

      Ich denke mal, dein Schachkollege war einfach nur schusselig und hat schlicht und ergreifend vergessen, sein Handy auszuschalten. Also, solange er den Turniersaal während der Partie nicht auffällig häufig verlassen hat, würde ich ihm keinen Betrugsversuch vorwerfen. Aber ich denke mal, das wolltest du auch gar nicht. ;)
      Ein Verstoß gegen die FIDE-Regeln ist es natürlich trotzdem.

      Betrugsversuche "im kleinen Stile" habe ich leider sogar schon bei vereinsinternen Blitzturnieren erlebt:
      Mal eben die Dame verstecken, bevor der Gegner einen Bauern umwandelt; vielleicht hält er ja die Uhr nicht an und verliert dann beim Suchen wertvolle Sekunden.
      Figuren umkegeln, die Uhr drücken und auf Gegnerzeit wieder aufbauen ist auch immer eine "gern" gewählte Taktik.
      Aber der Gipfel der Unverfrorenheit: einem 11-jährigen Vereinsanfänger wurde von einem Erwachsenen(!) unterstellt, er habe einen unerlaubten Zug ausgeführt und damit die Partie verloren. In der nachfolgenden Diskussion kann sich der eingeschüchterte Jugendliche nicht durchsetzen und verliert die Partie. Nach dem Turnier prahlt der Erwachsene dann noch damit, wie er den "Kleinen" reingelegt hat und gibt höhnisch lachend zu, dass der reklamierte Zug regelkonform war. :thumbdown: Glücklicherweise ist dieser Typ mittlerweile nicht mehr Vereinsmitglied bei uns.
      Wer gut gewinnt und fair verliert als Mensch und Spieler imponiert.
    • Thorbinho schrieb:

      Aber der Gipfel der Unverfrorenheit: einem 11-jährigen Vereinsanfänger wurde von einem Erwachsenen(!) unterstellt, er habe einen unerlaubten Zug ausgeführt und damit die Partie verloren. In der nachfolgenden Diskussion kann sich der eingeschüchterte Jugendliche nicht durchsetzen und verliert die Partie. Nach dem Turnier prahlt der Erwachsene dann noch damit, wie er den "Kleinen" reingelegt hat und gibt höhnisch lachend zu, dass der reklamierte Zug regelkonform war. :thumbdown: Glücklicherweise ist dieser Typ mittlerweile nicht mehr Vereinsmitglied bei uns.

      Das war dann aber auch schwach von den anderen Erwachsenen. Da hätte einer, z.B. der Schiedsrichter dem Buben sekundieren oder wenigstens moderieren müssen.

      Und nachdem der Armselige von seiner Heldentat berichtet hatte, wäre er mit der Frage: "Sag mal, wenn Du Dich nachher zu Hause wieder mit Dir selbst vergnügst, erzählst Du Dir dann auch, dass Du der beste Stecher unter der Sonne bist?", wohl sofort für immer in die Flucht geschlagen worden.
    • Schnakenhascher schrieb:

      Thorbinho schrieb:

      Aber der Gipfel der Unverfrorenheit: einem 11-jährigen Vereinsanfänger wurde von einem Erwachsenen(!) unterstellt, er habe einen unerlaubten Zug ausgeführt und damit die Partie verloren. In der nachfolgenden Diskussion kann sich der eingeschüchterte Jugendliche nicht durchsetzen und verliert die Partie. Nach dem Turnier prahlt der Erwachsene dann noch damit, wie er den "Kleinen" reingelegt hat und gibt höhnisch lachend zu, dass der reklamierte Zug regelkonform war. :thumbdown: Glücklicherweise ist dieser Typ mittlerweile nicht mehr Vereinsmitglied bei uns.

      Das war dann aber auch schwach von den anderen Erwachsenen. Da hätte einer, z.B. der Schiedsrichter dem Buben sekundieren oder wenigstens moderieren müssen.

      Und nachdem der Armselige von seiner Heldentat berichtet hatte, wäre er mit der Frage: "Sag mal, wenn Du Dich nachher zu Hause wieder mit Dir selbst vergnügst, erzählst Du Dir dann auch, dass Du der beste Stecher unter der Sonne bist?", wohl sofort für immer in die Flucht geschlagen worden.

      Keine Frage, dass wir anderen Erwachsenen da auch nicht besonders gut wegkommen, aber die Situation schien halt ziemlich eindeutig zu sein: Auf der einen Seite der langjährige Vereinsspieler mit über 20 Jahren Turnierschach-Erfahrung, auf der anderen der junge Anfänger, der seit gerade mal einem halben Jahr im Verein ist und etwa die Hälfte seiner Blitzpartien durch regelwidrige Züge verliert, da er (noch) keine Schachgebote bemerkt, wenn man sie nicht gerade ansagt (ging mir als Anfänger übrigens genau so). Und in der Diskussion selber wirkte der Junge zu unsicher und zu wenig von seiner eigenen Sichtweise überzeugt - trotzdem müssen wir uns da natürlich vorwerfen, zu voreingenommen gewesen zu sein und vorschnell gehandelt zu haben.

      Die Prahlerei am Ende habe ich nicht mitbekommen, sondern habe erst davon erfahren, als der "Schachfreund" bereits das Spiellokal verlassen hatte. Wahrscheinlich wurde ihm aber von denen, die es mitbekommen haben, bereits der Kopf gewaschen; auf jeden Fall hat er danach Turnierverbot bekommen und ist mittlerweile auch nicht mehr Vereinsmitglied!
      Wer gut gewinnt und fair verliert als Mensch und Spieler imponiert.
    • Sebastien Feller nimmt gerade an französischen Meisterschaft (14.-27.8.2011 in Caen) teil, nachdem ein Gericht die vom französischen Schachverband gegen ihn verhängte Sperre aus formalen Gründen aufgehoben hat. Die Internet-Übermittlung der Züge aus Caen erfolgt mit einer 15-minütigen Verzögerung, um einen Betrug, wie er mutmaßlich bei der Schacholympiade in Khanty-Mansisk unter Beteiligung von Feller vorkam, zu erschweren.

      Feller's interview, and a solution to the cheating scandal
    • Im Botwinnik Memorial Open in St. Petersburg ereignete sich jetzt ein weiterer kurioser Betrugsfall: Sergey Klimentiev (Elo 1698 nietete reihenweise Gegner um, die um 500-700 Elo stärker waren als er - und das mit perfektem Spiel. Allerdings konnte er schon direkt nach der Partie seine Züge nicht mehr wiedergeben und wußte nicht einmal zu sagen, was für eine Eröffnung er gespielt hatte. Auffällig war sein Füller, den er bis dahin in jeder Partie benutzte. Nachdem ihm die Benutzung des Füllers von der Turnierleitung nach der 6. Runde untersagt wurde, verlor er sang- und klanglos alle 3 weiteren Partien. Weitere Konsequenzen hatte der Vorfall für Schachfreund Klimentiev allerdings bisher nicht. Ich hoffe sehr, daß die FIDE hier noch nachträgliche Sanktionen verhängen wird.

      YACS at the Botvinnik Memorial Open

      Interessant ist auch ein Blick die zwei vorangegangenen Turniere von Klimentiev: Sergey Klimentiev, FIDE-Elo-Auswertung September 2011
      Eine Steigerung von 170 Elopunkten in 18 Partien, und da ist niemandem etwas aufgefallen?

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    • Ich weiß nicht, wer mit "Q" gemeint ist ("C" oder "M" hättte ich verstanden, als Initialen von Meister Cyril Marzolo). Im Fall Klimentiev vermute ich eher, daß es jetzt Pocket Fritz auch schon in Füllern gibt. Unverständlich allerdings, daß die Turnierleitung in Petersburg den verdächtigen Füller offenbar nicht näher untersucht hat, um Beweismaterial zu sichern.

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