Meinhard Pahlke
Sei gegruesst mein Freund, ich bin der TOd
Phillippo Conzales lehnte zufrieden an seinem Lieblingsbaum und genoss die letzten Strahlen der Abendsonne. Er liebte diese Stunde des Uebergangs vom Tag zur Nacht und vergass dabei oft die Zeit um bei klarem Himmel all die Sterne am Firmament zu beobachten. Phillippo war alt und ein einfacher Mann wenn gleich er aufgrund seiner Weisheit schon lange als Dorfaeltester gewaehlt worden war. Er wusste nichts von dem Verlauf der Galaxien und kannte nicht die Zusammenhaenge von Sonnen , Planetensysteme und deren Umlaufbahnen. Aber all das interessierte ihn ohnehin nicht. Fuer ihn glich der Sternenhimmel einem Wunder und die Sonne betrachtete er als den Lebensspender der Licht und Waerme gab und verehrt werden musste.
Glutrot versank in diesem Moment der Sonnenball hinter den nahen Huegeln und strahlte ein letztes mal hinter den Felsen bevor sie endgueltig versank um doch am naechsten Morgen wie immer am anderen Ende des Sees auf zu gehen.
Gluecklich schloss Phillippo seine Augen weil das gleissende Licht schmerzlich geblendet hatte. Dabei merkte er nicht, dass er nicht mehr alleine war und fuhr erst erschrocken auf als er eine Gestalt wahrnahm die ihn ansprach, jedoch nicht durch eine Stimme, sondern mit dem seltsamen Gefuehl, dass er die Worte in seinem Kopf vernahm. |" Sei gegruesst mein Freund " verstand er klar und deutlich, " erschrecke nicht, denn ich bin der Tod."
So ist es also wenn die letzte Stunde gekommen ist durchfuhr es ihm denn es war ja gaenzlich unmoeglich, dass ein Sterbender den Ueberlebenden nachtraeglich vom Sterben berichten konnte und Phillippo hatte in seiner Funktion als Stammesaeltester an vielen Sterbezeremonieen teilgenommen. Folglich musste es ein Waldgeist sein.
" Du also bist der Tod " krampfte er seine Hand um ein Wurzelstueck und stellte erstaunt fest, dass er scheinbar noch lebte und diese Erscheinung nur eine Lichttaeuschung war.
" ich bin Dein Freund " hoerte er erneut die sanfte Stimme in seinem Kopf," und bin hier um mit Dir zu sprechen denn deine Stunde ist noch nicht gekommen "
" Aber wie kannst Du mich Deinen Freund nennen wenn Du der Tod bist und mir das Leben nehmen willst " stammelte Phillippo.
" Du bist ein weiser und guter Mann, Du hast Deinen Stamm bei einem Vulkanausbruch rechtzeitig in Sicherheit gebracht und viele Leben gerettet weshalb Du zum Gleichgewicht von Leben und Tod beigetragen hast indem Deine Mitglieder auf natuerliche Weise sterben koennen und damit das ewige Gesetz vom Sein und Nichtsein im Universum erfuellen konnten." Auch Du wirst von mir die Gnade des Sterbens auf natuerliche Art erhalten und deshalb bin ich Dein Freund der Dir das Natuerlichste schenkt wozu die Natur imstande ist."
" Aber meine Kinder, meine Frau und meine Enkel und alle Menschen meines Stammes werden um mich trauern und Schmerz bei meinem Tod empfinden "
" das alles ist natuerlich und aendert aber nicht den Lauf aller Dinge" antwortete der Tod. " Sag mir stattdessen, was Du empfindest, wenn Du einen baum im Wald faellst
" Wir ehren den Wald und trauern um den Baum, aber wir brauchen ihn auch zum Bau unserer Kanus, als Brennholz und um unsere Speere herzustellen "
" Du faellst den Baum also zu Deinem persoenlichen Vorteil und schlaegst dabei eine Luecke in dem Wald, aber Du faellst ihn auch mit dem Wissen, dass an seiner Stelle ein neuer Baum nachwachsen wird."
" Das stimmt " nickte Phillippo.
" Und nun stelle Dir einmal vor, dass der Baum garnicht sterben koennte, denn Menschen, Tiere, Fische und Voegel, Blumen und Baeume gehoeren zusammen weil sie alle Lebewesen sind die geboren werden, wachsen, atmen und sterben. Wuerde der Baum also nicht sterben koennen, koennte auch kein neuer Baum nachwachsen und es gaebe deshalb kein neues Leben. Nur der Tod ermoeglicht neues Leben denn auch Sterne und ganze Galaxien sterben und neue Sterne entstehen und neue Universen."
' Aber es ist doch ein Unterschied ob eine Blume, ein Fisch oder ein Mensch stirbt"
meinte Phillippo.
" Auch ein Tier hat Angst vor dem Sterben. Aber nur der Mensch hat die Gabe sein Wissen weiterzugeben. Im Gegensatz zu allen Lebewesen kann nur der Mensch Dinge erfassen die jedem anderen Wesen verborgen bleiben. Waere die Erde nur von Pflanzen und Tieren bevoelkert koennte Niemand etwas von ihrer Existenz erfahren und Niemand das Wissen um Sonne, Mond und Sterne weitergeben. Selbst dann noch, wenn die Erde lange nicht mehr existiert weil alles Materie ist und aus Materie neues Leben entsteht welches die Bausteine des Lebens enthaelt und damit alle Erinnerungen die jemals von Menschen auf der Erde gemacht wurden."
" Du meinst also, dass irgendetwas von mir nach meinem Tod uebrig bleibt was Du Materie nennst und welches irgendwo da sein wird . "
" Du hast doch viele Kinder gezeugt mein Freund und dabei nie darueber nachgedacht, dass in einem einzigen Samenkorn von Dir ein Mensch heranwaechst der alle Erinnerungen, Anlagen und Eigenschaften, Aussehen Haare und Gefuehle in sich traeg. Von einem Samenkorn welches so winzig ist, dass man kaum glauben koennte, dass so etwas moeglich ist. Warum sollte es deshalb nicht moeglich sein, dass es noch kleinere Teile gibt die Leben transportieren, Teile , die so winzig sind, dass Du sie mit Deinen Augen nicht mehr wahrnehmen kannst, aber gerade deshalb als Materie das Weltall fuellen."
" Ich sehe oft hinauf zu den Sternen und habe manchmal fast eine Sehnsucht dort oben bei ihnen zu sein. Aber dennoch macht mir der Tod Angst"
" Du stirbst doch jeden Tag einmal "
" Jeden Tag ? "
" Du schlaefst doch jeden Tag neben Deiner Frau ein und wachst am Morgen wieder auf wenn Du Deine Augen aufschlaegst. Stelle Dir vor, dass Du einmal einschlaefst und am anderen Morgen nicht mehr wach wirst. Dann bist Du gestorben und hast es nicht gemerkt weil Du nicht mehr weißt ob Du je gelebt hast "Ich schenke Dir den Tod indem ich Dir Dein leben nehme ohne dass es Dich schmerzt und ohne dass Du weißt wann es sein wird weil Du jeden Tag einschlafen wirst bis auf einen Letzten."
Noch nie hatte Phillippo geweint , aber nun merkte er wie warme Traenen sein Gesicht herunterliefen waehrend er gleichzeitig eine angenehme Waerme in seinem Koerper verspuerte.
" Ich koennte an Dir vorbeigehen und Dir ein ewiges Leben geben" sagte der Tod. Aber denke dabei, dass Du dann alle deine Lieben sterben sehen wirst waehrend Du fuer immer lebst. Du wirst alles um Dich herum vergehen sehen, immer und immer wieder und kannst nicht sterben, so sehr Du Dich einmal danach sehnen wirst. Wuerde aber ab sofort kein Mensch, kein Tier und keine Pflanze mehr sterben koennen waere die Existens des Lebens vorbei weil alles erstarrt waere. "
" Ich bin zu einfach fuer deine Worte " schluchzte Phillippo. Ich erkenne aber , dass es richtig ist was Du sagst wenngleich ich weder weiss was Materie bedeutet und in welcher Form ein Weiterleben existiert."
" Nicht so wie Du es Dir als Mensch vorstellst. Behalte deshalb dieses Fortleben als letztes Geheimnis."
" darf ich Dir noch eine Frage stellen ? "
" Frage mein Freund "
" Wir glauben an boese Geister und fuerchten uns vor ihnen. Gibt es boese Geister ? "
" Nein, es gibt sie nicht und ihr braucht euch nicht zu fuerchten "
"ueberwaeltigt von dieser Nachricht faltete der alte Mann seine knorrigen Haende ineinander. Und blickte erstmals die Gestalt vor ihm voll an.
" Du hast mir und meinem Volk eine grosse Last genommen so dass ich nun beruhigt sterben kann in der Gewissheit, dass mein Volk von nun an ohne Furcht in den Wald gehen kann."
" einmal wirst Du mich herbeisehnen und mich rufen und dann sterbe in Frieden " sagte der Tod und loeste sich vor seinen Augen auf.
Phillippo aber blieb an diesem Abend noch lange an dem Stamm angelehnt sitzen denn es gab keine Waldgeister und die ersten Sterne, die nun sichtbar wurden erschienen ihm wie ein Gruss von Freunden am Himmel.
Sei gegruesst mein Freund, ich bin der TOd
Phillippo Conzales lehnte zufrieden an seinem Lieblingsbaum und genoss die letzten Strahlen der Abendsonne. Er liebte diese Stunde des Uebergangs vom Tag zur Nacht und vergass dabei oft die Zeit um bei klarem Himmel all die Sterne am Firmament zu beobachten. Phillippo war alt und ein einfacher Mann wenn gleich er aufgrund seiner Weisheit schon lange als Dorfaeltester gewaehlt worden war. Er wusste nichts von dem Verlauf der Galaxien und kannte nicht die Zusammenhaenge von Sonnen , Planetensysteme und deren Umlaufbahnen. Aber all das interessierte ihn ohnehin nicht. Fuer ihn glich der Sternenhimmel einem Wunder und die Sonne betrachtete er als den Lebensspender der Licht und Waerme gab und verehrt werden musste.
Glutrot versank in diesem Moment der Sonnenball hinter den nahen Huegeln und strahlte ein letztes mal hinter den Felsen bevor sie endgueltig versank um doch am naechsten Morgen wie immer am anderen Ende des Sees auf zu gehen.
Gluecklich schloss Phillippo seine Augen weil das gleissende Licht schmerzlich geblendet hatte. Dabei merkte er nicht, dass er nicht mehr alleine war und fuhr erst erschrocken auf als er eine Gestalt wahrnahm die ihn ansprach, jedoch nicht durch eine Stimme, sondern mit dem seltsamen Gefuehl, dass er die Worte in seinem Kopf vernahm. |" Sei gegruesst mein Freund " verstand er klar und deutlich, " erschrecke nicht, denn ich bin der Tod."
So ist es also wenn die letzte Stunde gekommen ist durchfuhr es ihm denn es war ja gaenzlich unmoeglich, dass ein Sterbender den Ueberlebenden nachtraeglich vom Sterben berichten konnte und Phillippo hatte in seiner Funktion als Stammesaeltester an vielen Sterbezeremonieen teilgenommen. Folglich musste es ein Waldgeist sein.
" Du also bist der Tod " krampfte er seine Hand um ein Wurzelstueck und stellte erstaunt fest, dass er scheinbar noch lebte und diese Erscheinung nur eine Lichttaeuschung war.
" ich bin Dein Freund " hoerte er erneut die sanfte Stimme in seinem Kopf," und bin hier um mit Dir zu sprechen denn deine Stunde ist noch nicht gekommen "
" Aber wie kannst Du mich Deinen Freund nennen wenn Du der Tod bist und mir das Leben nehmen willst " stammelte Phillippo.
" Du bist ein weiser und guter Mann, Du hast Deinen Stamm bei einem Vulkanausbruch rechtzeitig in Sicherheit gebracht und viele Leben gerettet weshalb Du zum Gleichgewicht von Leben und Tod beigetragen hast indem Deine Mitglieder auf natuerliche Weise sterben koennen und damit das ewige Gesetz vom Sein und Nichtsein im Universum erfuellen konnten." Auch Du wirst von mir die Gnade des Sterbens auf natuerliche Art erhalten und deshalb bin ich Dein Freund der Dir das Natuerlichste schenkt wozu die Natur imstande ist."
" Aber meine Kinder, meine Frau und meine Enkel und alle Menschen meines Stammes werden um mich trauern und Schmerz bei meinem Tod empfinden "
" das alles ist natuerlich und aendert aber nicht den Lauf aller Dinge" antwortete der Tod. " Sag mir stattdessen, was Du empfindest, wenn Du einen baum im Wald faellst
" Wir ehren den Wald und trauern um den Baum, aber wir brauchen ihn auch zum Bau unserer Kanus, als Brennholz und um unsere Speere herzustellen "
" Du faellst den Baum also zu Deinem persoenlichen Vorteil und schlaegst dabei eine Luecke in dem Wald, aber Du faellst ihn auch mit dem Wissen, dass an seiner Stelle ein neuer Baum nachwachsen wird."
" Das stimmt " nickte Phillippo.
" Und nun stelle Dir einmal vor, dass der Baum garnicht sterben koennte, denn Menschen, Tiere, Fische und Voegel, Blumen und Baeume gehoeren zusammen weil sie alle Lebewesen sind die geboren werden, wachsen, atmen und sterben. Wuerde der Baum also nicht sterben koennen, koennte auch kein neuer Baum nachwachsen und es gaebe deshalb kein neues Leben. Nur der Tod ermoeglicht neues Leben denn auch Sterne und ganze Galaxien sterben und neue Sterne entstehen und neue Universen."
' Aber es ist doch ein Unterschied ob eine Blume, ein Fisch oder ein Mensch stirbt"
meinte Phillippo.
" Auch ein Tier hat Angst vor dem Sterben. Aber nur der Mensch hat die Gabe sein Wissen weiterzugeben. Im Gegensatz zu allen Lebewesen kann nur der Mensch Dinge erfassen die jedem anderen Wesen verborgen bleiben. Waere die Erde nur von Pflanzen und Tieren bevoelkert koennte Niemand etwas von ihrer Existenz erfahren und Niemand das Wissen um Sonne, Mond und Sterne weitergeben. Selbst dann noch, wenn die Erde lange nicht mehr existiert weil alles Materie ist und aus Materie neues Leben entsteht welches die Bausteine des Lebens enthaelt und damit alle Erinnerungen die jemals von Menschen auf der Erde gemacht wurden."
" Du meinst also, dass irgendetwas von mir nach meinem Tod uebrig bleibt was Du Materie nennst und welches irgendwo da sein wird . "
" Du hast doch viele Kinder gezeugt mein Freund und dabei nie darueber nachgedacht, dass in einem einzigen Samenkorn von Dir ein Mensch heranwaechst der alle Erinnerungen, Anlagen und Eigenschaften, Aussehen Haare und Gefuehle in sich traeg. Von einem Samenkorn welches so winzig ist, dass man kaum glauben koennte, dass so etwas moeglich ist. Warum sollte es deshalb nicht moeglich sein, dass es noch kleinere Teile gibt die Leben transportieren, Teile , die so winzig sind, dass Du sie mit Deinen Augen nicht mehr wahrnehmen kannst, aber gerade deshalb als Materie das Weltall fuellen."
" Ich sehe oft hinauf zu den Sternen und habe manchmal fast eine Sehnsucht dort oben bei ihnen zu sein. Aber dennoch macht mir der Tod Angst"
" Du stirbst doch jeden Tag einmal "
" Jeden Tag ? "
" Du schlaefst doch jeden Tag neben Deiner Frau ein und wachst am Morgen wieder auf wenn Du Deine Augen aufschlaegst. Stelle Dir vor, dass Du einmal einschlaefst und am anderen Morgen nicht mehr wach wirst. Dann bist Du gestorben und hast es nicht gemerkt weil Du nicht mehr weißt ob Du je gelebt hast "Ich schenke Dir den Tod indem ich Dir Dein leben nehme ohne dass es Dich schmerzt und ohne dass Du weißt wann es sein wird weil Du jeden Tag einschlafen wirst bis auf einen Letzten."
Noch nie hatte Phillippo geweint , aber nun merkte er wie warme Traenen sein Gesicht herunterliefen waehrend er gleichzeitig eine angenehme Waerme in seinem Koerper verspuerte.
" Ich koennte an Dir vorbeigehen und Dir ein ewiges Leben geben" sagte der Tod. Aber denke dabei, dass Du dann alle deine Lieben sterben sehen wirst waehrend Du fuer immer lebst. Du wirst alles um Dich herum vergehen sehen, immer und immer wieder und kannst nicht sterben, so sehr Du Dich einmal danach sehnen wirst. Wuerde aber ab sofort kein Mensch, kein Tier und keine Pflanze mehr sterben koennen waere die Existens des Lebens vorbei weil alles erstarrt waere. "
" Ich bin zu einfach fuer deine Worte " schluchzte Phillippo. Ich erkenne aber , dass es richtig ist was Du sagst wenngleich ich weder weiss was Materie bedeutet und in welcher Form ein Weiterleben existiert."
" Nicht so wie Du es Dir als Mensch vorstellst. Behalte deshalb dieses Fortleben als letztes Geheimnis."
" darf ich Dir noch eine Frage stellen ? "
" Frage mein Freund "
" Wir glauben an boese Geister und fuerchten uns vor ihnen. Gibt es boese Geister ? "
" Nein, es gibt sie nicht und ihr braucht euch nicht zu fuerchten "
"ueberwaeltigt von dieser Nachricht faltete der alte Mann seine knorrigen Haende ineinander. Und blickte erstmals die Gestalt vor ihm voll an.
" Du hast mir und meinem Volk eine grosse Last genommen so dass ich nun beruhigt sterben kann in der Gewissheit, dass mein Volk von nun an ohne Furcht in den Wald gehen kann."
" einmal wirst Du mich herbeisehnen und mich rufen und dann sterbe in Frieden " sagte der Tod und loeste sich vor seinen Augen auf.
Phillippo aber blieb an diesem Abend noch lange an dem Stamm angelehnt sitzen denn es gab keine Waldgeister und die ersten Sterne, die nun sichtbar wurden erschienen ihm wie ein Gruss von Freunden am Himmel.
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