Blitz- und Schnellschach-WM 2017 in Riad, Saudi-Arabien

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    • Blitz- und Schnellschach-WM 2017 in Riad, Saudi-Arabien

      Vom 26.-30. Dez. 2017 findet in Riad, Saudi-Arabien, die diesjährige Blitz- und Schnellschach-Weltmeisterschaft der Männer und Frauen statt. Diese WM ist aus mehreren Gründen bemerkenswert:

      1. Noch im letzten Jahr 2016 hat der saudiarabische Großmufti Schach in einem Rechtsgutachten für ein Glückspiel und demzufolge gemäß Koran für verboten erklärt. Das Stattfinden der WM legt nahe, dass die ultrakonservativen Religiösen des Landes an Einfluss verlieren.

      2. Erstmalig für ein Sportereignis in Saudi-Arabien brauchen Frauen im Turniersaal keine Abaya und auch kein Kopftuch zu tragen. (Im Iran waren im letzten Jahr Kopftücher für Frauen vorgeschrieben.) Vorgeschrieben sind blaue oder schwarze Hosen und geschlossene Blusen. Bei Ankunft werden den Frauen am Flughafen Abayas ausgehändigt. Es gibt unterschiedliche Meldungen, ob Ausländerinnen diese außerhalb des Turniersaals tragen müssen.

      3. Spieler aus Katar und dem Iran haben Visa erhalten, Spieler aus Israel aber nicht. Der israelische Schachverband und viele weitere haben hiergegen scharf protestiert. Gemäß den Statuten der FIDE dürfen Turniere, Kongresse usw. nur in Ländern stattfinden, die allen FIDE-Mitgliedern die Teilnahme ermöglichen. FIDE hat in einem 3-Jahresvertrag auch die WMs von 2018 und 2019 an Saudi-Arabien vergeben. Die Frage entstand, ob dies mit den Statuten zu vereinbaren ist. (Die Frage ist auch, ob z.B. die USA allen Ländern die Teilnahme ermöglichen würde ...) Im Internet und auf anderen Schach-Webseiten sorgt dies für hitzige politische Diskussionen.

      4. Sehr viele der Super-GMs, wie Magnus Carlsen, Maxime Vachier-Lagrave, Sergey Karjakin, Vishy Anand u.v.a. nehmen an der WM teil. Explizit aus politischen Gründen abgesagt haben Hikaru Nakamura und Anna Muzychuk, die derzeitige noch-WM der Frauen im Schnell- und Blitzschach.

      5. Das Turnier gilt als sehr gut organisiert (mit technischen Fehlern bei der Internet-Übertragung von Partien).

      6. Das Preisgeld ist mit insgesamt 2 Millionen Dollar für Schach ein Rekord. Und zum Schluss: Auch die FIDE erhält von Saudi-Arabien außerordentlich viel Geld (gewöhnlich 20% des Preisgeldes). Saudi-Arabien war der einzige Bewerber.

      ... und zum Schach: das Turnier läuft noch!
    • Danke für die Info.

      Manni5 schrieb:

      Auch die FIDE erhält von Saudi-Arabien außerordentlich viel Geld
      Womit Punkt 3 doch eindeutig beantwortet ist: natürlich ist es (dann) mit den Statuten vereinbar. Es wird auch bei Bedarf einen Franz-Beckenbauer-des-Schach geben, den man zum Ausrichtungsort senden kann, um dann keine Mißstände zu finden. Wo es doch keine gibt. Komisch, wenn ein Verband mit "FI" anfängt, scheint er meist etwas korrumpiert.
    • Der neue Schnellschach-Weltmeister ist : Vishy Anand.

      Der Endstand:
      1. Viswanathan Anand 10,5 aus 15 Partien
      2. Vladimir Fedoseev 10,5
      3. Ian Nepomniachtchi 10,5.

      Auf Grund des Gleichstandes wurde zunächst der direkte Vergleich herangezogen. Damit war Nepo Dritter, und
      Anand und Fedoseev kamen ins Playoff. Dieser bestand aus zwei Blitzpartien 3 min + 2 sec Inkrement.
      Anand gewann 2 : 0.
      Übrigens wurde Magnus Carlsen Fünfter. Insgesamt 134 Teilnehmer.

      Preisgeld: Anand 250.000 $, Fedoseev 125.000 $.

      Bei den Frauen ist die neue Schnellschach-Weltmeisterin: Wenjun Ju.

      Der Endstand:
      1. Wenjun Ju 11,5 aus 15 Partien
      2. Tingjie Lei 11
      3. Elisabeth Paehtz 10,5 !

      Insgesamt 100 Teilnehmerinnen.

      Das gesamte Preisgeld beträgt 2 Millionen Dollar. Zum Vergleich: Das gesamte Preisgeld der europäischen Schnell- und Blitzschachmeisterschaft in Katowice, Polen betrug 32.000 Euro.
    • Die Blitzschach-WM begann heute. In der 1. Runde gab es in der Partie Magnus Carlsen - Ernesto Inarkiev ein ganz besonderes Vorkommnis: 2 irreguläre Züge! Dank an Horsewithnoname für's darauf-aufmerksam-Machen im Chat.

      Carlsen gab im 27. Zug mit Txb7+ Schach an den schwarzen König auf b6. Inarkiev ignorierte dies völlig und gab seinerseits mit Sd5-e3+ Schach dem weißen König auf c2. Carlsen zog Kc2-d3. Noch immer stand der schwarze König auf b6 im Schach! Erst jetzt kam der Schiedsrichter oder wurde geholt.

      Kann leider kein Diagramm einfügen; siehe
      chess24.com/en/watch/live-tour…z-championship-2017/1/1/1

      Offenbar erklärte der Schiri Inarkiev zum Gewinner, da Carlsen anstatt zu ziehen hätte reklamieren müssen. Im Video ist zu sehen, dass Carlsen dies akzeptierte, aber mit verständlichem Widerwillen. Der Kommentator sagte: man kann doch nicht durch einen irregulären Zug gewinnen; falls doch, sollten die Regeln geändert werden. Offenbar gab es danach eine Diskussion der Schiris. Im Chat schrieb Horsewithnoname, dass beiden Spielern angeboten wurde, die Partie fortzusetzen (vermutlich nach 28. Kd3 oder nach 27. Tb7+). Inarkiev akzeptierte dies nicht; es hätte nach 28. Kd3 und Lxe8 zu sofortigem Gewinn und nach 27. Tb7+ und Lxe8+ und Turmschlagen zu einem L-S-Endspiel mit 1 gesundem Mehrbauer für Carlsen geführt. Daraufhin wurde Carlsen zum Gewinner erklärt.

      Zwischenstand nach 11 Runden:

      1. Sergey Karjakin 9
      2. Maxime Vachier-Lagrave 8,5
      ...
      20. Magnus Carlsen 7

      138 Teilnehmer.

      Morgen kommen Runde 12 - 21 und die Entscheidung.
    • Der neue Blitz-Weltmeister ist: Magnus Carlsen.

      Nach dem nicht so glücklichen Tag gestern (s.o.) legte er heute einen echten Durchmarsch hin:
      8 Gewinne, 2 Remis -- ein schnelles Remis in der letzten Runde. Schon nach der vorletzten Runde stand er als WM fest. Im Interview war Magnus sichtlich glücklich über diesen Abschluss des Jahres.

      Der Endstand:
      1. Magnus Carlsen 16 aus 21 Partien
      2. Sergey Karjakin 14,5
      3. Viswanathan Anand 14,5.

      138 Teilnehmer.

      Preisgeld 1. Platz: 250.000 $

      Neue Blitz-Weltmeisterin ist: Nana Dzagnidze

      Der Endstand:
      1. Nana Dzagnidze 16,5 aus 21 Partien
      2. Valentina Gunina 16
      3. Wenjun Ju 14

      100 Teilnehmerinnen.

      Preisgeld 1. Platz: 80.000 $
    • Nachtrag zu gestern, Partie Carlsen - Inarkiev (s.o.):

      Der Schiri hatte Inarkiev zum Sieger erklärt. Carlsen ging schließlich zum Oberschiedsrichter. Die Diskussion zwischen ihm und Inarkiev wurde vom norwegischen Fernsehen NRK aufgenommen, siehe
      twitter.com/TarjeiJS/status/946813244416684032

      Inarkiev bestand darauf, Carlsens letzter Zug 28. Kd3 sei illegal gewesen. Der Oberschiri sagte, der Zug an sich sei legal gewesen, die entstandene Position sei illegal. Inarkiev könne nun entweder dem Schach ausweichen, damit die illegale Position beseitigen und weiterspielen, oder aber nicht ziehen; dann würden sie die Partie für Remis erklären. Er gab Inarkiev das Regelheft zu lesen. Inarkiev las nach, weigerte sich zu ziehen und kündigte Einspruch an. Die ziemlich bizarre Diskussion, was legal oder illegal ist, ging weiter. Inarkiev wiederholte, er setze das Spiel nicht fort, sondern lege Einspruch ein. Daraufhin wurde Carlsen zum Sieger erklärt. Der Berufungsausschuss lehnte Inarkievs Einspruch ab. In einem humorvollen Interview sagte ein Mitglied des Berufungsausschusses hinterher, es dürfe nicht sein, dass man nach einem Schachgebot durch einen derartigen illegalen Zug noch formal zum Gewinner erklärt werden könne. Die Regeln sollten aber diesbezüglich ein klein wenig verbessert werden.