Läufer plus falscher Randbauer gegen zwei Bauern

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    • Läufer plus falscher Randbauer gegen zwei Bauern

      Beim Rilton Cup in Stockholm kam es in der heutigen 6. Runde zur folgender Stellung:

      GM Kotronias, Vasilios (2525) - Henderson de la Fuente (2419)
      Stellung nach dem 53. Zug von Schwarz



      Weiß hat den falschen Randbauern, denn sein Läufer ist schwarzfeldrig, aber das Umwandlungsfeld des Bauern (a8) ist weiß. Kann er die Partie trotzdem gewinnen? Wenn ja, wie lautet der Gewinnplan?
    • Es gibt keinen Gewinnplan, die Partie ist Remis. Nur dann, wenn Weiß Schwarz zwingen könnte, den Bauern zu ziehen, könnte er gewinnen. Das aber ist nicht möglich! Der Schwarze kontrolliert in jedem Fall über das Feld c6 und b7 das entscheidende Feld a8. Der Weiße kann dies nach dem Schlagen der beiden schwarzen Bauern nicht verhindern.
    • Was soll das für ein Ansatz sein? Nochmal: Weiß kann nicht gewinnen, dann muss man auch nicht nach einem Ansatz suchen. Es gibt bessere Beispiele für solche Läuferendspiele. Der Negativpunkt gilt nicht Dir persönlich sondern dem Beispiel.
      Ich werde mich sofort für den Negativpunkt entschuldigen, wenn Du dieses Endspiel gegen mich gewinnst.
    • kann man nicht verhindern, dass der schwarze König das Umwandlungsfeld von dem Randbauern erreicht?

      sprich ich greife mit dem König den B-Bauern (1. Zug K e5)

      Wenn schwarz jetzt K e7 spielt sperre ich ihm den Weg mit L a5 ab und erobern in aller Ruhe seine Bauern.

      Bei 1. ... Kg4 sperre ich ihm den Weg mit L e3 oder Ld8 (tendiere zu Le3) ab und hole mir dann die Bauern
    • Naja, Weiß muss den schwarzen König mit König und Läufer in eine Ecke zwingen (aber: geht das??) oder auch an den Rand und dort "patt" setzen.
      Dann muss Schwarz den Bauern ziehen, Weiß schlägt, der Läufer kontrolliert a1, Weiß gewinnt.

      Also, ich glaube das Erstere geht, denn es wird immer gezeigt, dass K+L den König nicht in einer Ecke mattsetzen können.
      Daraus "folgt", dass sie ihn dorthin zwingen können. Dass GM Kotronius gewonnen hat, ist ein weiteres Indiz, dass es offenbar geht.
      Die Indizien sind noch kein Beweis.
    • Es gibt mehrere akzeptable Sichtweisen auf die Position.

      1. Die spieltheoretische Sichtweise
      Die Stellung ist objektiv (bei bestem Spiel beider Seiten) remis. Dies liefert auf Knopfdruck eine beliebige Endspieldatenbank.

      2. Die praxisrelevante Sichtweise
      Obwohl die Stellung objektiv remis ist, gibt es für Weiß noch zahlreiche Ansätze und für Schwarz jede Menge Fallstricke. In einer Partie kommt noch das Zeitnotproblem und der Erschöpfungsgrad hinzu. In der Praxis gewinnt Weiß wohl mehr als die Hälfte aller Spiele aus der gegebenen Stellung.

      In der vorliegenden Position geht meine Tendenz zur 2. Sichtweise. Ich persönlich würde die Stellung auf jeden Fall weiterspielen - mit beiden Farben. Ob die Partie objektiv für Weiß gewonnen oder remis ist, weiß ich während der Partie nicht. (Dazu ist die Stellung für mich [im Gegensatz zu Namilov] nicht trivial genug.) Es spielt meiner Meinung nach auch keine allzugroße Rolle. Als Optimist nehme ich als Weißer an, dass die Stellung bei bestem Spiel für mich gewonnen ist; als Schwarzer glaube ich an das Remis bei bestem Spiel. Diese Denkweise motiviert mich, einfallsreich weiterzuspielen bzw. mich bestmöglich zu verteidigen.

      Manche Naturen bevorzugen die apathische Sichtweise. Sie ähnelt der ersten. Es ist doch objektiv remis. Aber jetzt geht es weiter: Ergebnis steht fest, alles gesagt, der Rest ist langweilig. Bums aus, Nikolaus! Menschen mit diesem Charakterzug pflegen meist auch von "tot"remis zu sprechen und dass sie das problemlos gegen alle Computerprogramme und jeden Schacharena-User remis halten würden. Am echten Brett mit tickender Uhr würde ich persönlich nicht viel Geld darauf setzen.

      Zur Stellung: Weiß wird danach trachten, den schwarzen König mithilfe von König und Läufer pattzusetzen, den b-Bauern zum Ziehen zu zwingen und dadurch seinen eigenen a-Bauern zum b-Bauern aufzuwerten. Dann stoppt der Läufer den schwarzen a-Bauern und der weiße b-Bauer spaziert mit der Unterstützung des Könnigs zur Umwandlung.

      Zu Schröders Formulierung des Materialverhältnisses:
      Irgendein deutscher Großmeister sprach auch - ich meine aber scherzhaft - oft vom Läufer und dem falschen Randbauern. Eigentlich heißt es ja Randbauer und falscher Läufer. Theoretisch ist das natürlich kein Unterschied, aber in der Schachliteratur gibt es einen.
      Man prüfe dazu die Endspiellehrbücher, die das Materialverhältnis behandeln, und suche die Stellung:

      W: Kb5, Lb6, a5 - S: Ka8 -> remis

      Nun prüfe man, welche Stellung als nächstes folgt:

      A: W: Kb5, Lb3, a5 - S: Ka8 (richtiger Läufer)
      B: W: Kg5, Lb6, h5 - S: Kh8 (richtiger Randbauer)

      Ich wäre überrascht, wenn nur ein Buch aufzufinden wäre, das mit "B" fortsetzt.
    • Manni, genau das ist der Plan, mit dem Kotronias die Partie gewonnen hat. :thumbup:

      Wenn man diese Gewinnidee kennt oder am Brett gesehen hat, wird es in einer praktischen Partie kaum jemanden geben, der die Partie mit Schwarz remis halten kann - unabhängig davon, was die Tablebase sagt.

      Diesen Plan findet man natürlich nicht, wenn man - wie ein gewisser Schlaumeier hier im Thread - sofort die Tablebase befragt, ohne auch nur 10 Sekunden selber über die Stellung nachgedacht zu haben. Ein Lerneffekt ergibt sich damit sicher nicht.

      Hier der Partieverlauf:

      Kotronias - Henderson da la Fuente

      Dieser Beitrag wurde bereits 2 mal editiert, zuletzt von Schroeder ()

    • @Gambitspieler: Auch nach 61.-Kf3 62.Lf4 macht Weiß Fortschritte und drängt den schwarzen König an den Rand. Daß dies nicht zum Gewinn reicht - wohl aber nach 61.-Kh3, ist für einen Normalsterblichen am Brett nicht zu sehen.

      Die Anfangsstellung dieses Threads diente dazu, zum Nachdenken anzuregen und Gewinnideen zu entwickeln. Es freut mich, daß die meisten Diskutanten (bis auf einen) diese Anregung angenommen haben.