Adventskalender 2018

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    • Türchen 19
      Ein Schüleraufsatz zum Advent




      Der Advent ist die schönste Zeit im Winter. Die meisten Leute haben im Winter eine Grippe. Die ist mit Fieber. Wir haben auch eine, aber die ist mit Beleuchtung und man schreibt sie mit K.


      Drei Wochen bevor das Christkind kommt, stellt der Papa die Krippe im Wohnzimmer auf und meine kleine Schwester und ich dürfen mithelfen.

      Viele Krippen sind langweilig, aber die unsere nicht, weil wir haben mords tolle Figuren darin. Ich habe einmal den Josef und das Christkind auf den Ofen gestellt, damit sie es schön warm haben und es war ihnen heiß. Das Christkind ist schwarz geworden und den Josef hat es in lauter Trümmer zerrissen. Ein Fuß von ihm ist bis in den Plätzchenteig geflogen und es war kein schöner Anblick.



      Meine Mama hat mich geschimpft und gesagt, dass nicht einmal die Heiligen vor meiner Blödheit sicher sind.


      Wenn die Maria ohne Mann und ohne Kind rumsteht, schaut es nicht gut aus. Aber ich habe Gott sei dank viele Figuren in meiner Spielkiste und der Josef ist jetzt Donald Duck . Als Christkind wollte ich Asterix nehmen, weil der ist als einziger so klein, dass er in den Futtertrog gepasst hätte. Da hat meine Mama gesagt, man kann doch keinen Asterix als Christkind nehmen, da ist das verbrannte Christkind noch besser. Es ist zwar schwarz, aber immerhin ein Christkind.

      Hinter dem Christkind stehen zwei Ochsen, ein Esel, ein Nilpferd und ein Brontosaurier. Das Nilpferd und den Saurier habe ich hinein gestellt, weil die Ochsen und der Esel waren mir allein zu langweilig. Links neben dem Stall kommen gerade die heiligen drei Könige daher. Ein König ist dem Papa im letzten Advent beim Putzen herunter gefallen und er war total hin. Jetzt haben wir nur noch zwei heilige Könige und einen heiligen Batman als Ersatz.

      Normal haben die heiligen Könige einen Haufen Zeug für das Christkind dabei,nämlich Gold, Weihrauch und Pürree oder so ähnlich. Von den unseren hat einer anstatt Gold ein Kaugummipapier dabei, das glänzt auch schön. Der andere hat eine Malboro in der Hand, weil wir keinen Weihrauch haben. Aber die Malboro raucht auch schön, wenn man sie anzündet. Der heilige Batman hat eine Pistole in der Hand. Das ist zwar kein Geschenk für das Christkind, aber damit kann er es vor dem Saurier beschützen.


      Hinter den drei Heiligen sind ein paar rothäutige Indianer und ein Engel. Dem Engel ist ein Fuß abgebrochen, darum haben wir ihn auf ein Motorrad gesetzt, damit er sich leichter tut. Mit dem Motorrad kann er
      fahren, wenn er nicht gerade fliegt.


      Rechts neben dem Stall haben wir das Rotkäppchen hingestellt. Sie hat eine Pizza und drei Bier für die
      Oma dabei. Einen Wolf haben wir nicht, darum lauert hinter dem Baum ein Bär als Ersatzwolf hervor.


      Mehr steht nicht in unserer Krippe, aber das reicht voll. Am Abend schalten wir die Lampe an und dann ist unsere Krippe erst so richtig schön.


      Wir sitzen so herum und singen Lieder vom Advent. Manche gefallen mir, aber die meisten sind mir zu langweilig.


      Mein Opa hat mir ein Gedicht vom Advent gelernt und es geht so:


      "Advent, Advent, der Bärwurz brennt,

      Erst trinkst ein, dann zwei, drei, vier,

      dann haut es dich mit dem Hirn an die Tür!"


      Obwohl dieses Gedicht recht schön ist, hat Mama gesagt, dass ich es mir nicht merken darf.

      Ehe es man sich versieht ist der Advent vorbei und Weihnachten auch und mit dem Jahr geht es auch dahin.

      Die Geschenke sind ausgepackt und man kriegt vor Ostern nichts mehr, höchstens man hat vorher Geburtstag.

      Aber eins ist gewiss: Der Advent kommt immer wieder.


      Autor unbekannt
    • Törchen No. 20

      Zen Air

      Nein, nein, das hat nichts mit Zen-Buddhismus zu tun, ist auch keine neue Fluglinie, etwa zu den buddhistischen Klöstern in China oder Japan, wo neuerdings auch westliche Interessenten die Kunst der Kontemplation lernen wollen. Vielmehr ist ZEN AIR eine Weihnachtserfindung meiner damals sechsjährigen Schwester. Sie hatte nämlich die glorreiche Idee, dass wir eigentlich zusammen spielen könnten. Das war bei uns beiden eigentlich nicht üblich, denn bei fünf Jahren Altersunterschied (ich war elf) gehen die Interessen doch weit auseinander. Später, als ich an der Universität auch Vorlesungen über Kinder- und Jugendpsychologie hörte, erfuhr ich, dass gerade diese Zahl der Jahre die zwischenmenschliche Kommunikation am meisten blockiere.
      Aber nun hatte meine Schwester vorgeschlagen, ich könnte ihr doch für ihren Kaufladen die Ware mit meiner elektrischen Eisenbahn liefern. Ja, das war wirklich eine tolle Idee; ich wäre darauf nicht gekommen. Und mit der Spur Null, die es heute leider nicht mehr gibt, war das auch kein Problem. Da hatte es in den Waggons genügend Stauraum.
      «Gut», sagte ich, «aber was soll ich dir denn liefern?»
      «Das schreibe ich dir auf.»
      «Haha, du kannst doch noch gar nicht schreiben», erwiderte ich überheblich.
      «Doch, du wirst schon sehen.»
      Sie griff zu einem Blatt Papier und malte zu meinem großen Erstaunen in Großbuchstaben, die sie sich aus ihrem Bilderbuch, das ich ihr immer vorlesen musste, angeeignet hatte, einen «Bestellzettel». Der sah etwa so aus:
      ZEN AIR
      FINF FUND MEL
      AIN SAG EBFL
      TSWAI GUGEN TSUGR
      TREI KIHLO GARDOFL…
      «Was soll denn das heißen», fragte ich völlig verdutzt.
      «Ja, kannst du denn nicht lesen? Komm, ich lese es dir vor.»
      Und nun las sie laut Buchstabe für Buchstabe langsam, aber völlig richtig ihre «Bestellung», die ich dann auch perfekt verstand. Den Bestellzettel legte sie in einen meiner Güterwagen. Ich ließ die Bahn ein paar Runden drehen, am Bahnhof halten und entnahm die Bestellung. Sie war im Großen und Ganzen leicht auszuführen, denn Mehl, Zucker(hut) und Kartoffel hatte sie ja in ihrem Kaufladen vorrätig und mir vorher in einer Schachtel verschmitzt zugeschoben. Einen Apfel entnahm ich der Schale auf unserem Esstisch und legte ihn in den Langholz wagen, der damit ausgefüllt war, aber wo sollte ich zehn Eier herbringen? Was sah – in Miniformat – so ähnlich aus? Ah ja: Reiskörner! Schnell lief ich in die Küche und bat meine Mutter um zehn Reiskörner.
      «Wozu brauchst du denn Reiskörner?»
      «Zum Spielen!»
      «Mit Esswaren spielt man nicht! Außerdem habe ich jetzt keine Zeit; du siehst doch, dass ich alle Hände voll zu tun habe.»
      «Aber ich bringe sie nachher auch wieder zurück!»
      «Na, gut! Nimm dir die Körner aus dem Einweck-Glas.»
      Glücklich, die ganze «Bestellung» nun ausführen zu können, kehrte ich in unser Spielzimmer zurück.
      Meiner Schwester hatte das Feilschen um die ZEN AIR offensichtlich zu lange gedauert. Ein Kindertelefon besaßen wir nicht. Aber sie wusste sich zu helfen. Sie ließ ihre Ladenkasse klingeln, legte ihre Hand ans Ohr und sagte:
      «Herr Kaufmann, wann kommen denn endlich meine bestellten Sachen?»
      Eine Ladenkasse, die ich als Telefonersatz klingeln lassen konnte, besaß ich zwar nicht, aber ich hatte ja ein Läutwerk, mit dem ich sonst den herannahenden Zug ankündigte. Also drehte ich an der Kurbel:
      «Einen Moment, ich werde mal nachsehen, ob schon etwas im Bahnhof steht. Ich rufe Sie dann zurück.»
      «Hallo, hallo, Frau Schmied, Ihre Sachen sind angekommen. Sie können sie abholen.»
      In diesem Moment betrat meine Mutter, die bisher in der Küche das Weihnachtsmahl vorbereitet hatte, das Zimmer und konnte nicht genug staunen, wie friedlich wir miteinander spielten.
      «Ja, das ist ja was ganz Neues», meinte sie erfreut. «Was spielt ihr denn?»
      «Eisenbahn und Kaufladen», sagten wir wie aus einem Mund.
      «Und wie geht das?»
      Ich zeigte ihr den «Bestellzettel» meiner Schwester.
      «Wie, was? Das verstehe ich nicht.»
      «Du musst es laut lesen», half ich Mutter auf die Sprünge. Da brach sie in helles Gelächter aus.
      «Ja, das ist ja prima; ich wusste gar nicht, dass du schon schreiben kannst», lobte sie meine Schwester.
      «Ein bisschen halt», sagte sie etwas kleinlaut, denn das Lachen unserer Mutter hatte sie schon ein wenig aus der Fassung gebracht.
      «Das ist schon in Ordnung. Ostern kommst du ja in die Schule und dann lernst du es richtig. Aber weil ihr so schon miteinander spielt, habe ich auch eine Idee. Heute Nachmittag backen und kochen wir was aus den ZEN AIR und den anderen guten Sachen, die der «Kaufmann» dir geliefert hat, in der Puppenküche.»
      «Richtig backen und kochen?», fragten wir etwas ungläubig, denn bis jetzt hatte meine Schwester nur immer so getan, als würde sie in dieser Küche etwas backen oder kochen.
      «Ja, richtig backen und kochen, das geht nämlich mit dem kleinen Herd ganz gut.»
      Wir konnten den Nachmittag kaum erwarten. Und dann ging es los. Mutter schälte den von mir gelieferten «EBFL» und schnitt ihn in kleine Stücke. Aus dem MEL und einem der ZEN AIR bereitete sie einen Teig, und nun wurde der Herd, den unser Großvater, der von Beruf Schlosser war, einst selbst für unsere Mutter und deren Schwester hergestellt hatte, mit Esbit angefeuert. Der EBFL kam in einen kleinen Topf, in den noch aus der GUG (süddeutsch für «Tüte») etwas TSUGR hinzugefügt wurde, um den entstehenden Apfelbrei zu süßen. Auf einer anderen Herdplatte füllte meine Schwester vorsichtig etwas Teig in ein kleines Pfännchen, in dem zu unserem Erstaunen tatsächlich bald kleine Pfannkuchen brutzelten.
      Diese Köstlichkeiten wurden in die Puppenstube, die ebenfalls Großvater – wie auch die Puppenküche – einst selbst gebastelt hatte, gebracht, die kleinen Puppen in ihre Stühlchen gesetzt und dann aßen, ach was, schmausten wir selbst mit größtem Vergnügen und Hochgenuss. So gut hatten uns Pfannkuchen und Apfelbrei noch nie geschmeckt!
      Wenn wir uns in späteren Jahren nur gelegentlich an Weihnachten trafen, weil wir – beruflich bedingt – weit auseinander wohnten, und ich an Weihnachten als Pfarrer natürlich meist Dienst hatte, brauchte ich nur meiner Schwester das Code-Wort «ZEN AIR» zuzuflüstern, und schon schmeckten wir das einstige Puppenküchegericht auf der Zunge, und der ganze Weihnachtszauber von ZEN AIR war wieder da.
      Kurt Dittert


      Mit meinem Lieblingsweihnachtssong wünsche ich allen eine gute Zeit bis Weihnachten, Ruhe und Gelassenheit, um dann mit all denen, die Ihr mögt die Tage zu begehen. Ich glaube, dass der Zauber der Weihnachtstage nicht nur in Erinnerungen an Kinderjahre zu finden ist, sondern jedes Weihnachten seinen ganz eigenen Zauber mit all dem, was erlebt wird, inne hat. Das wünsch ich Euch!


      Herzlichst Lottelene

      Es war einmal ein Schiff,Befuhr die Meere alle Zeit,und unser Schiff, es hieß die Goldne Nichtigkeit.
    • türchen 21


      Knäckebrot und Diamanten
      „Du bist also schon wieder auf Diät?“ Ich sah meine Mutter zweifelnd an. Seit Jahren jagte sie einer Schlankheitskur nach der anderen nach. Mama nickte nur. „Diesmal halte ich es auch durch.“ Das sagte sie jedes Mal. Ich grinste und stand auf. Mit einem Lächeln erklärte ich meiner Mutter, dass ich mich mit Papa zum Shoppen verabredet hätte. „Was kauft ihr denn ein?“ Ich lachte und sagte beim Verlassen der Küche: „Weihnachtsgeschenke natürlich, was sonst?“
      Papa und ich saßen im Wohnzimmer, auf dem Tisch stand die Schmuckschatulle mit dem Ring, den er meiner Mutter gekauft hatte. Geschmack hatte mein Vater, das musste man ihm lassen. Allerdings auch einen Hang zu schwarzem Humor. Denn genau als ich aufstand, um Geschenkpapier zu holen, damit ich den Ring verpacken konnte, schüttelte er den Kopf. „Den brauchst Du nicht einpacken.“ Ich sah ihn fragend an. Papa grinste verschmitzt, was ihn glatt 20 Jahre jünger aussehen ließ. Er erklärte: „In der Küche steht eine Packung Knäckebrot, hol die mal.“ Ich war verwundert, folgte aber seinem Wunsch. Hatte er Hunger? Ich brachte im das Gewünschte und er nahm die noch geschlossene Packung, öffnete sie vorsichtig, nahm den Ring aus dem Schmuckkästchen und ließ in vorsichtig in die Packung gleiten. Dann schloss er die Packung und reichte sie mir. „Das kannst du jetzt einpacken.“
      Ich sah ihn für einen Moment zweifelnd an. „Findest du das wirklich eine gute Idee? Meinst du nicht, Mama ist beleidigt, wenn du ihr Knäckebrot schenkst?“ Er schüttelte den Kopf. „Deine Mutter wird den Ring finden, und den Spaß verstehen, Ela. Da sei dir mal sicher. Ich bin seit über 20 Jahren mit ihr verheiratet.“ Ich nickte, und langsam packte ich die Schachtel Knäckebrot ein, um sie dann zu den anderen, bereits verpackten Geschenken zu legen. Sicher hatte Papa recht. Eigentlich war meine Mutter immer für einen Spaß zu haben.
      Der Heilige Abend verlief wie immer in unserer Familie. Nach dem Essen saßen wir gemütlich im Wohnzimmer zusammen, sangen mit Oma und Opa ein paar Weihnachtslieder und lasen die Weihnachtsgeschichte vor. Dann ging es an die Bescherung. Die glitzernden Päckchen wurden verteilt, und Stück für Stück ausgepackt. Unter fröhlichen Geplapper und mit erfreuten Gesichtern unterhielten wir uns. Bis meine Mutter die Packung Knäckebrot auspackte. Es war deutlich zu sehen, dass sie sich um ein Lächeln bemühte, jedoch misslang dies gründlich. Sie sah erst mich an, dann wandte sie sich zu meinem Vater um. Ihre Stimme war schneidend, als sie nur ein einziges Wort sagte: „Knäckebrot?“ Mein Vater machte ein unschuldiges Gesicht, er war ein hervorragender Schauspieler. Seine Antwort ließ die Zornesröte im Gesicht meiner Mutter erscheinen, sie rang um Fassung als Papa sagte: „Nun, du sagst doch immer, dass wir uns nichts schenken sollten. Und ohne wenigstens eine Kleinigkeit für dich zu haben, hätte mir Weihnachten keinen Spaß gemacht, weißt du? Und da du im Moment auf Diät bist, dachte ich, eine Packung Knäckebrot wäre sinnvoll.“
      Die eingetretene Stille im Raum wurde von Opas Kichern unterbrochen, und dieses Geräusch schien den Gefühlsausbruch meiner Mutter herbeizuführen. Tränen liefen über ihre Wangen, erbost stand sie auf, verließ ohne ein weiteres Wort und mit der Packung Knäckebrot in der Hand den Raum. Das Letzte, was wir an diesem Weihnachtsabend von ihr hörten, was das Schmettern der Schlafzimmertür, danach herrschte erneut Stille. Ich sah meinen Vater an, der schüttelte den Kopf zunächst, dann nickte er. „Sie wird sich wieder beruhigen.“ Nur wenig später verließen Oma und Opa uns auch, und wir gingen alle zu Bett.
      Am Weihnachtstag kam ich schlaftrunken in die Küche. Meine Mutter saß am Küchentisch und trank eine Tasse Kaffee, ihr Blick kalt und abweisend. Ich setzte mich zu ihr. Statt eines „Guten Morgen“ gab sie lediglich ein gequältes „Knäckebrot“ von sich. Ich zuckte mit den Achseln. „Hast du die Schachtel denn geöffnet?“ Ich sah meine Mutter während meiner Frage prüfend an. Diese schüttelte den Kopf. „Ich habe sie weggeworfen. Sie liegt im Müll.“ Ich riss die Augen auf, erhob mich und rannte hinunter in den Keller des Mietshauses, in dem wir wohnten. Mit klopfendem Herzen öffnete ich den Deckel unserer Mülltonne. Beißender Geruch nach Abfall stieg in meine Nase. Ich sah keine Schachtel mit Knäckebrot. Beherzt begann ich mit den Händen im Müllbeutel zu wühlen. Die Packung war nicht da. Mit hängenden schultern stieg ich die Treppen wieder hinauf.
      Meine Mutter hatte ihre Position nicht verändert, sie blickte mich fragend an. „Du hast kein Knäckebrot von Papa bekommen, das war nur ein Witz. In der Packung war ein Ring!“ Ich sah das Blitzen in den Augen meiner Mutter, ihr Mund öffnete sich und sie erhob sie, um in Richtung Tür zu gehen. „Spar dir den Weg, die Schachtel liegt nicht im Müll.“ Als wären meine Worte sein Stichwort, öffnete sich die Küchentür, und Papa kam herein. „Was liegt nicht im Müll?“ Mit wenigen Worten erklärte ich, was vorgefallen war und bemerkte, wie meine Mutter auf ihrem Stuhl immer kleiner zu werden schien. Mein Vater grinste, goss sich eine Tasse Kaffee ein und betrachtete meine Mutter schweigend für einen Moment. Die sah zu Boden, offensichtlich unfähig, meinem Vater in die Augen zu sehen. Sie sagte kein Wort. Papa drehte sich zu mir um, und mit der gleichen Stimme wie gestern sagte er noch einmal den Satz: „Ich bin seit über 20 Jahren mit Deiner Mutter verheiratet, Ela. Ich kenne die Frau.“ Mit diesen Worten drehte er sich um, und öffnete ein Küchenschränkchen. Er entnahm eine geschlossene Packung Knäckebrot und hielt sie meiner Mutter hin. Mit einem Zwinkern fuhr er fort: „Es war mir klar, dass sie im Zorn die Packung wegwerfen würde. Also habe ich die Packungen ausgetauscht. Diese Schachtel hier ist das eigentliche Geschenk.“
      Das Lächeln meiner Mutter war kläglich, als sie mit zitternden Fingern die Schachtel öffnete, doch schon einen Augenblick später strahlte sie über das ganze Gesicht. Wortlos stand sie auf, umarmte meinen Vater und flüsterte: „Ich bin noch genauso dumm wir vor über 20 Jahren, aber ich würde dich jederzeit wieder heiraten.
    • Tür 23
      Weihnachten gleich bei uns nebenan.

      Eine fast erfundene Kurzgeschichte.
      Alle Personen gibt es wirklich.
      Die Namen wurden natürlich geändert, lediglich der Weihnachtsmann,
      durfte mit Erlaubnis, seinen echten Namen behalten. :)



      Es war irgendwann vor Weihnachten.
      Die kleine Ida saß verträumt in ihrem kleinen Kinderzimmer und malte mit ihren alten Buntstiften, den Wunschzettel für den Weihnachtsmann, so wie es die Mama ihr aufgetragen hatte.

      Kurz vor dem Abendessen kam die Mutter um zu sehen,
      ob das Kind damit fertig war.
      Glücklich und stolz zeigte Ida ihr, was sie da voller Hingabe gemalt hatte.

      Die Mutter konnte jedoch nicht recht erkennen, welche Geschenke das Mädchen in dem Bild zeigen wollte und fragte nach:
      “Ist das hier ein Smartphone, eine Puppe und vielleicht ein Fahrrad ?”

      Denn das und noch viele andere Sachen, hatten die Eltern alles schon
      für Ida schon gekauft.

      Das Mädchen fing ein wenig an zu weinen und sagte:
      “Nein, das ist ein neues Spiel, das ich mir selbst und ganz allein ausgedacht habe und das ich Weihnachten mit dir und Papa spielen will.
      Auch das ihr mich dann mal in den Arm nehmt und streichelt, denn das habt ihr so lange nicht mehr gemacht.”

      Die Mutter schaute verständnislos das Kind an und sagte:
      “Aber was glaubst du Kind, wir haben dich doch lieb, alles was du dir wünschst hast du doch...?!”

      Traurig blickte das Mädchen zur Mutter auf.
      “Aber niemand streichelt mich oder nimmt mich mal in den Arm."
      "Als die Oma noch lebte, war sie immer bei mir und ganz viele Geschichten von früher hat sie mir erzählt."

      “Wir müssen eben viel arbeiten um Geld zu verdienen",
      meinte die Mutter hilflos,
      "da haben wir für so was doch keine Zeit.”

      Am Heiligabend nach der Bescherung, saßen die Eltern mit den Nachbarn bei Glühwein und Gebäck, amüsierten sich über den neuen kleinen Hund, den die Nachbarn mitgebracht hatten, der natürlich von jedem der Erwachsenen mal auf den Schoß genommen und gestreichelt wurde.


      Verloren saß die kleine Ida inmitten ihrer vielen Geschenke, die sie nicht mal alle ausgepackt hatte.
      Nach einiger Zeit ging sie in ihr Zimmer, um dort ein wenig aus dem Fenster zu schauen.
      Draußen war es ruhig, es schneite leicht, man sah nur wenige Spuren im Schnee, es war so schön.

      Sie dachte an ihre liebe Oma, die sicher von irgendwo da oben auf sie herabschaute, öffnete das Fenster und streckte ihre kleine Hand aus,
      um näher bei ihrer Oma zu sein.

      Ihr war jetzt, als wenn die warme Hand der Oma sie jetzt streichelte.
      So setzte sie sich eingemummelt in eine weiche Kuscheldecke auf ihr Stühlchen, die Kälte spürte sie kaum und so schlief sie langsam ein.


      Der gleich nebenan wohnende Herr Arndt, ein ehemaliger Schauspieler aus der Stadt und schon weit über 80 Jahre alt, kam von seiner Bescherungstour zurück, die er jedes Jahr als Weihnachtsmann machte, um einigen Kindern in seiner Straße eine Freude zu bereiten.

      Das ganze Jahr über kaufte er Stück für Stück, für die Kinder all die Weihnachtsgeschenke ein, die er dann am Heilig Abend als Weihnachtsmann verkleidet feierlich verteilte.

      Die kleine Ida war als letzte an der Reihe und so ging er, jetzt schon etwas müde, zum Haus in dem das Mädchen mit ihren Eltern lebte.
      Er wunderte sich etwas über das offene Kinderzimmerfenster und läutete dann an der Haustür.

      “Das wird sicher wieder dieser Herr Arndt sein
      ein wenig nervt der schon mit seinen Geschenken”
      brummte der Vater von Ida etwas missmutig und ging zur Tür, um dem alten Mann zu öffnen.


      “Guten Abend Herr Karius, es ist leider etwas spät geworden”, sagte mit einer leichten Verbeugung, der als Weihnachtsmann verkleidete Nachbar und lächelte freundlich.

      “Ich will wirklich nicht stören, nur hier für ihre Kleine das Geschenk, sie können es ihr ja morgen geben, ich bin müde und möchte jetzt nach Hause”.
      Er drückte dem verdutzen Vater ein kleines Päckchen in die Hand,
      wünschte frohe Weihnachten und rief schon halb im weggehen.

      “Ach, eh´ ich es vergesse, das Kinderzimmerfenster ist bei ihnen noch offen, das sollten sie besser schließen, damit die Kleine nicht erfriert,
      es wird die Nacht sehr kalt”.
      Er winkte noch mal kurz und stiefelte durch den frischen Schnee nach Hause.


      (verfasst von Tatortreiniger)

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    • Tür 24



      Heiligabend in der Bahnhofsmission


      Heiligabend 1945. Ein Mann in einem langen Militärmantel und ein kleiner Junge, neun Jahre alt, stehen ratlos auf dem Hamburger Bahnhof. Sie wollen nach Bremen weiterfahren, haben jedoch am Auskunftsschalter erfahren, dass sie den letzten Zug nach Bremen verpasst haben. Der nächste Zug fährt erst am nächsten Morgen.
      Papa, mir ist kalt, sagt der Junge. Ja, Joachim, mir auch. Wir gehen gleich in die Bahnhofsgaststätte und trinken etwas Heißes. Ich habe Hunger, quengelt Joachim. Für Essen habe ich kein Geld. Außerdem brauchen wir dafür Lebensmittelmarken. Die sind zu Hause bei Mama. Da müssen wir den Gürtel halt enger schnallen, antwortet der Vater bedrückt. Er blickt ratlos in die Runde und entdeckt ein Schild: BAHNHOFSMISSION.

      Komm, Joachim. Wir versuchen es mal in der Bahnhofsmission. Er nimmt den frierenden und hungrigen Jungen an die Hand und betritt mit ihm die karitative Einrichtung.
      Was kann ich für Sie tun?, fragt eine ältere Frau freundlich lächelnd.
      Können wir hier über Nacht bleiben? Draußen ist es kalt und heute fährt kein Zug mehr nach Bremen, erst morgen früh wieder, sagt Joachims Vater. Die Frau nickt. Wir sind zwar voll belegt, aber hier wird keiner abgewiesen, schon gar nicht Heiligabend. Setzen Sie sich erst einmal. Sie zeigt auf einen langen Tisch, an dem mehrere Leute sitzen und die beiden Neuankömmlinge teils neugierig, teils gleichgültig betrachten.
      Haben Sie Hunger? Es ist noch Suppe da. Der Mann nickt erfreut und zustimmend.
      Aber keine Steckrüben . . ., protestiert der Junge laut und verzieht angeekelt sein Gesicht.
      Joachim!, sagt der Vater tadelnd und gibt ihm einen unwilligen Stoß in den Rücken. Die freundliche Frau zieht erstaunt und missbilligend ihre Augenbrauen bis zum Haaransatz hoch. Den anderen Anwesenden sieht man an, was sie denken, nämlich: Ganz schön verwöhnt, das Bürschchen. Keiner weiß, weshalb das Kind dieses Gericht verabscheut.
      Steckrüben erinnern Joachim an seine Flucht aus Pommern, die er Anfang des Jahres als Achtjähriger ohne seine Mutter und Brüder angetreten hatte. Unterwegs sah er viele schlimme Dinge, die ein Kind eigentlich nicht sehen sollte. Tote Menschen lagen am Straßenrand. Keiner konnte sie beerdigen, weil der Boden tief gefroren war. Sie waren entweder von Tieffliegern beschossen und getötet worden oder an Hunger sowie
      Entkräftung gestorben. Joachim hörte, wie ein kleines etwa fünf Jahre altes Mädchen seine Mutter fragte: Warum liegen die Leute da im Schnee? Frieren die nicht? Die Mutter antwortete: Nein, die frieren nicht. Sie wollen nur eine Weile ausruhen und schlafen ein bisschen. Die Kleine gab sich damit zufrieden, aber Joachim wusste, dass es Tote waren, die man am Straßenrand abgelegt hatte.
      Er musste mit ansehen, wie sich hungrige Menschen aus verletzten oder vor Erschöpfung zusammengebrochenen Pferden Fleischstücke herausschnitten, obwohl sie noch lebten. Dazu kam die erbarmungslose Kälte. Joachim ging die meiste Zeit zu Fuß, weil er auf dem Wagen beinahe erfroren wäre.
      Seine Tante war eines Tages im Januar 1945 zu ihrer Schwester, Joachims Mutter, gekommen, um Fleisch und Wurst abzuholen. Joachims Vater war im Krieg und fiel als Hauptesser aus. Joachim und seine vier Brüder, von denen drei jünger als er waren, konnte man noch nicht als vollwertige Fleischkonsumenten rechnen. Die Mutter arbeitete auf einem Gutshof in unmittelbarer Nähe und bekam dafür ein Fleischdeputat,
      das sie mit ihrer Mutter und ihren beiden Schwestern teilte, die nicht genug zu essen hatten und in einem etwa 20 Kilometer entfernten Ort wohnten.
      Die Mutter hatte der Schwester die Taschen so voll gepackt, dass Joachim ihr tragen helfen musste. Er begleitete seine Tante nach Hause, weil sie nach der Zugfahrt noch einen vier Kilometer langen Fußmarsch mit der schweren Last vor sich hatte. Er sollte über Nacht bleiben und am nächsten Tag mit dem Gegenzug zurückfahren. Am folgenden Tag hatte man jedoch die Bahnstrecke gesperrt. Ihnen wurde mitgeteilt, dass
      der Zugverkehr eingestellt worden war und sie sich unmittelbar für den Aufbruch in den Westen bereitmachen sollten. Die russische Armee war schon sehr nahe und konnte jeden Moment durchbrechen. So machten sich die beiden Tanten und Joachims Oma fertig für die Flucht und nahmen den Jungen mit.
      Joachim, der keine Kleidung von zu Hause mitgebracht hatte, bekam eine viel zu große Jacke seines Onkels verpasst, der irgendwo als Soldat kämpfte. So ausgestattet ging der Junge mit seiner Verwandtschaft in einem Planwagen auf die lange Flucht und hoffte, unterwegs seine Mutter und Brüder wieder zu finden.
      Während der Flucht erlebte Joachim u. a. die Sache mit den Steckrüben, die er nicht vergessen konnte.
      Eines Tages, als der lange Flüchtlingstreck mal wieder angehalten hatte, um während der Nacht auszuruhen, wurde Joachim von köstlichen Essensgerüchen magisch angezogen. Er ging immer der Nase nach und stieß auf einen Trupp Soldaten, der sich auf dem Rückzug befand. Von einem verlassenen Bauernhof hatten sich die Männer ein Schwein geholt und es in aller Eile geschlachtet. Es war keine Zeit, das Tier
      gründlich zu enthaaren. Außerdem fehlte den Soldaten das geeignete Werkzeug dazu. Zusammen mit ein paar Steckrüben und Kartoffeln wurde das Fleisch in einem großen Topf der Feldküche gekocht.
      Einer der Männer gab dem hungrig umherstreunenden Jungen einen Teller mit der heißen Steckrübensuppe., die scheußlich schmeckte, denn Salz hatten die Soldaten offenbar nicht gefunden.
      Joachim ekelte sich vor den vielen Borsten, die in der Suppe schwammen. Trotzdem aß er alles auf, denn er hatte schrecklichen Hunger. Aber seit der Zeit mochte er keine Steckrüben mehr essen. Diese Abneigung behielt er sein Leben lang.
      In Schleswig-Holstein kurz vor der dänischen Grenze fanden Joachim und seine Verwandten vorübergehend ein neues Zuhause. Die Tante wandte sich ans Rote Kreuz, das einen stark frequentierten Suchdienst eingerichtet hatte. Täglich wurden die Namen der zu Suchenden im Rundfunk bekanntgegeben. Man fand ihre Namen mit einer Suchnummer außerdem an Litfasssäulen sowie in Zeitungen. Das war erfolgreich, denn eines Tages im Herbst erschien der Vater bei der Verwandtschaft. Joachim war überglücklich und wollte sofort mitkommen, aber der Vater vertröstete den Jungen mit den Worten: Ich muss erst die Mama und deine Brüder finden. Aber Weihnachten sind wir bestimmt alle wieder zusammen, das verspreche ich dir.
      Der Vater hielt Wort und kam am 23. Dezember, um seinen Sohn abzuholen. Am nächsten Tag machten sich die beiden auf den Weg, kamen aber mit großer Verspätung in Hamburg an und verpassten den Anschlusszug nach Bremen.
      Vater und Sohn haben inzwischen am großen Tisch in der Bahnhofsmission Platz genommen. Die Frau bringt ihnen einen Teller heiße Suppe, die besser schmeckt, als sie aussieht. Dazu gibt es ein Stück Brot.
      Joachim ist erleichtert, dass keine Steckrüben drin sind und isst gierig alles auf. Nachdem sie noch einen Becher Kräutertee getrunken haben, sind sie satt und müde zugleich.
      In einem Nebenraum sind gerade zwei Feldbetten frei geworden und sie werden gefragt, ob sie sich hinlegen wollen. Der Raum ist eiskalt. Brennmaterial ist knapp und man heizt deshalb nur den Aufenthaltsraum.
      Leider gibt es keine Decken mehr und so ziehen Joachim und sein Vater ihre Mäntel aus, um sich damit zuzudecken. Der Vater macht in der Nacht kein Auge zu. Er verteidigt vehement seinen Militärmantel und den Mantel seines Sohnes, den ihm eine Dorfbewohnerin geschenkt hatte. Man will die wärmenden Kleidungsstücke klauen. Er schlägt mit dem Koppel um sich. Die Stiefel hat er lieber gleich anbehalten. Auch Joachim hat sein schäbiges Schuhwerk an den Füßen. Es ist sein einziges Paar Schuhe und außerdem ist der Mantel zu kurz, um seine Füße zu bedecken.
      Am nächsten Morgen fahren Vater und Sohn mit dem ersten Zug nach Bremen und von dort weiter in ihren neuen Heimatort, wo sie von der restlichen Familie sehnsüchtig und besorgt erwartet werden.
      Diesen Heiligabend hat Joachim nie vergessen.

      Elke Abt


      Wie ich finde, eine sehr schöne Geschichte!



      Wir wünschen allen ein friedvolles Weihnachtsfest im Kreise euer Lieben!

      Cappu und Cappulinchen