Damengambit: Wiener Variante

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    • Damengambit: Wiener Variante

      Die Wiener Variante des Damengambits



      wurde von Wiener Schachmeistern wie Albert Becker und Hans Kmoch analysiert und trägt daher ihren Namen. Sie führt in ihren Hauptvarianten zu einem scharfen taktischen Aufeinanderprall der beiden Armeen und ist heute in der Weltelite eine äußerst populäre Spielweise. Häufig geht sie unter Zugumstellung (5.e4 Lb4 6.Lg5 oder 5.Lg5 Lb4 5.e4) in die Ragozin-Variante (Damengambit Variante) über. Es gibt jedoch auch Varianten wie die Gambit-Fortsetzung 5.e4 Lb4 6.Lxc4 Sxe4, die eigenständige Bedeutung haben und nicht in Ragozin-Fahrwasser überleiten.

      Einige Weltklassespieler (z.B. Aronian) bevorzugen die Ragozin-Zugfolge, andere (z.B. Caruana) die Wiener Zugfolge.

      Der Schweizer GM Yannick Pelletier hat letztes Jahr eine DVD zur Wiener Variante herausgebracht. Hier eine Rezension von Phillip Hillebrand.


      Jan Gustafsson empfiehlt in seiner umfangreichen Videoserie auf chess24 die Wiener Variante als Teil seines Schwarzrepertoires gegen 1.d4. Beim diesjährigen Bangkok-Open (de.chessbase.com/post/gustafsson-gewinnt-bangkok-open) war er an Nr. 2 gesetzt. In der 7. Runde traf er mit Schwarz auf den Setzlistenersten Nigel Short. Dieser ist normalerweise kein 1.d4-Spieler. In dieser Partie beschloß er aber, Gustafsson in der Wiener Variante zu testen, und es entbrannte ein wilder Kampf, der schließlich in ein Remis durch Dauerschach mündete:




      Short, Nigel (2636) - Gustafsson, Jan (2633)
      19th Bangkok Chess Club Open, Runde 7, 12.4.2019



      Jan Gustafsson gewann schließlich das Bangkok Open mit 7,5 aus 9. Direkt nach seiner Rückkehr aus Thailand nahm er ein "Opening Clinic Special" auf, in der er die Eröffnungsphasen aller seiner Partien auf instruktive Art erläutert. Die Partie gegen Short wird komplett bis zum Ende analysiert.

    • Damengambit: Wiener Variante mit 5.e4 b5!?

      Nach 5.e4 war bis vor einigen Jahren 5.-Lb4 die automatische Antwort. Seit etwa 3 Jahren gibt es jedoch einen anderen verblüffenden Zug, der u.a. von Spielern wie Caruana, Grischuk und Gelfand gespielt wurde und der z.Zt. als besonders hip gilt: 5.-b5!?. Schwarz hält an seinem Bauern c4 fest und ist bereit, dafür seinen b-Bauern zu geben. Der Bauer c4 soll die weiße Entwicklung behindern, und es ergeben sich ungewöhnliche und extrem scharfe Stellungen.

      Georg Meier ist seit langem ein Anhänger der Wiener Variante. Auf 5.e4 hatte er bisher immer mit 5.-Lb4 geantwortet. Dazu finden sich mehrere Dutzend Partien von ihm in der Datenbank. Aber für die gestrige Partie gegen Vincent Keymer wollte er offenbar viel Schärfe ins Spiel bringen und griff auch zu dem Modezug 5.-b5. Keymer erwies sich auch in dieser Variante als bestens vorbereitet und erreichte schnell einen deutlichen Vorteil:

      Keymer, Vincent (2516) - Meier, Georg (2628)
      GRENKE Chess Classic, 5. Runde, 24.4.2019



      Eine interessante Analyse zu dieser Partie mit Live-Videos und Interviews gibt es auf
      chess24.com/de/lesen/news/gren…r-holt-seinen-ersten-sieg
    • Für die Partie gegen Levon Aronian hatte Magnus Carlsen eine neue Idee in der Wiener Variante vorbereitet. Der unscheinbar wirkende Zug 10.Ld2 (anstelle der weit analysierten Hauptzüge 10.Lb5+, 10.Sb5 und 10.Lxf6) macht auf den ersten Blick nicht den Eindruck, als könne er Schwarz in Schwierigkeiten bringen. Aber bei genauer Betrachtung enthalten die entstehenden Stellungen doch einiges Gift und sind für Schwarz schwierig zu spielen. Carlsen kam zu einem mühelos wirkenden Sieg.

      Carlsen, Magnus (2845) - Aronian, Levon (2763)
      GRENKE Chess Classic, Baden-Baden, 7. Runde, 27.4.2019



      Analyse dieser Partie mit Fotos, Videos und Interviews von Colin McGourty: chess24.com/de/lesen/news/gren…arlsen-ueberrennt-aronian

      Pepe Cuenca erläutert uns die Partie:

    • Anstelle des experimentellen Zuges 10.Ld2!? aus der oben gezeigten Partie gegen Aronian setzte Carlsen gestern wieder sein Vertrauen in den Hauptzug 10.Lb5+. Damit erreichte er gegen Vishy Anand ein Endspiel, das etwas angenehmer für Weiß zu spielen ist. Er verdichtete seinen Vorteil zu einer Gewinnstellung mit einem Mehrbauern, aber in einem Springerendspiel entwischte ihm der "Tiger von Madras" ins Remis.

      Carlsen, Magnus (2875) - Anand, Viswanathan (2767)
      Croatia Grand Chess Tour, Zagreb, 2. Runde, 27.6.2019



      Partiekommentar von Johannes Fischer: Zagreb Rd. 2: Überraschungen und verpasste Chancen

      ... und von Pepe Cuenca:

    • Damengambit: Wiener Variante mit 5.e4 Lb4 6.Lxc4

      Gestern spielte Shak Mamedyarov gegen Vishy Anand eine Gambitfortsetzung (6.Lc4), die mittlerweile zu einer der Hauptvarianten innerhalb der Wiener Variante geworden ist:

      Mamedyarov, Shakhriyar (2774) - Anand, Viswanathan (2767)
      Croatian Grand Chess Tour, Zagreb, 9. Runde, 5.7.2019



      Jan Gustafsson ("Es ist Freitagnacht 1 Uhr und ca. 45 Grad hier im Studio. Was könnte man da schlaueres machen, als sich eine Krawatte und ein Sakko anzuziehen und die Partie Mamedyarov - Anand zu kommentieren?") zeigt uns, wo der Frosch die Locken hat:

    • Damengambit: Wiener Variante mit 7.e5

      In der gleichen Runde war in einer weiteren Partie die Wiener Variante auf dem Brett. Der Weltmeister hatte gegen Levon Aronian, von dem diese Variante zu erwarten war, wieder etwas besonderes vorbereitet, nämlich den Zug 7.e5 (anstelle des Hauptzuges 7.Lxc4, den er in Baden-Baden gegen Aronian und in Zagreb gegen Anand gespielt hatte). In einer bekannten Stellung nach dem 14. Zug von Schwarz, in der die ganze Welt kurz rochiert, rochierte er lang - und das bei zerklüfteter Bauernstruktur am Damenflügel. Das war eine Kampfansage - und es entwickelte sich die vermutlich beste Partie des Turnieres in Zagreb:


      Carlsen, Magnus (2875) - Aronian, Levon (2752)
      Croatian Grand Chess Tour, Zagreb, 9. Runde, 5.7.2019



      Rundenbericht von Klaus Besenthal: GCT Zagreb Runde 9: Mamedyarov einziger Sieger in Runde 9

      In den beiden letzten Runden wurde die deutschsprachige Livekommentierung von GM Jan Gustafsson und GM Daniel Friedman (die deutsche Nummer 2 und Nummer 3) gemacht. Daniel Friedman hat bei seiner Premiere als Kommentator auch zwei Videos zu seiner "Partie des Tages" gemacht, eins auf Deutsch und eins auf Englisch. Hier die deutsche Version:

    • Damengambit: Wiener Variante mit 5.e4 b5!?

      In Posting 2 wurde die Modevariante 5.e4 b5!? vorgestellt, in der Schwarz seinen c-Bauern auf Kosten seines b-Bauern hält und einen komplizierten Kampf anstrebt. Diese Variante spielte heute auch Hikaru Nakamura gegen Magnus Carlsen in der zweiten Partie des "Gramd Final", der letzten Etappe der Magnus-Carlsen-Tour. Und er hatte mit seiner Strategie Erfolg.

      Carlsen, Magnus (2881) - Nakamura, Hikaru (2829)
      Magnus Carlsen Chess Tour Finale, 1. Satz, 2. Partie, 14.8.2020



      Die drei anderen Partien dieses Satzes endeten remis, so daß Nakamura den ersten Satz für sich verbuchen konnte. Carlsen ist jetzt voll gefordert, in diesem "best of 7"-Match zurückzukommen (morgen 16 Uhr 2. Satz).


    • Auch in der ersten Partie des zweiten Satzes kam dasselbe Abspiel der Wiener Variante aufs Brett. Beide Spieler waren natürlich bestens präpariert und blitzten die ersten 18 Züge heraus. Wieder entstand ein wildes Scharmützel, und wieder siegte Nakamura mit Schwarz.

      Carlsen, Magnus (2881) - Nakamura, Hikaru (2829)
      Magnus Carlsen Chess Tour Finale, 2. Satz, 1. Partie, 15.8.2020





      Trotz dieser Niederlage schaffte Carlsen es, diesen zweiten Satz noch zu drehen. Beim Stande von 1:1 Sätzen geht es heute um 16 Uhr weiter mit dem dritten Satz.
    • Die Partie Short - Gustafsson vom Bangkok Open 2019 (siehe Posting 1) zeigt eine der heutigen Hauptvarianten innerhalb der Wiener Variante. Zu der Stellung nach dem 11. Zug von Weiß finden sich über 300 Partien in der Datenbank, und die Stellung ist natürlich weit analysiert. Sie ist für Schwarz absolut in Ordnung und stellt das Rückgrat des von Gustafsson empfohlenen Schwarzrepertoires gegen 1.d4 dar.

      Als ich heute die Ausgabe 31 der Zeitschrift Kaissiber in die Hand nahm und mir den sehr schönen 16-seitigen Artikel Peter Anderberg: Klaus Junge in Dresden nach langer Zeit mal wieder durchlas, fiel mir die dort kommentierte Partie Eberl - Junge auf. Die war bisher völlig meiner Aufmerksamkeit entgangen. Hier kann man die Entstehungsgeschichte der heute hochaktuellen Variante nacherleben.

      Zitat von Peter Anderberg:

      "Seine Partie gegen Heinrich Eberl belegt, daß Junge sich intensiv mit Eröffnungstheorie beschäftigt hat. In der Wiener Variante des Damengambits folgen beide Spieler bis zum 11. Zug einer Partie, die der amtierende Weltmeister nur wenige Wochen vorher gespielt hat. Dann wartet Junge mit einer Neuerung auf, der an dieser Stelle auch die heutige Meisterpraxis den Vorzug gibt."


      Eberl, Heinrich - Junge, Klaus
      Dresden, 3. Runde, 4.1.1942

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    • Damengambit: Wiener Variante mit 5.e4 Lb4 6.Lxc4

      Der aus Rußland stammende, aber seit März 2023 für den serbischen Schachverband spielende Alexandr Predke spielte gestern beim Grand Swiss die "Angriffspartie des Tages". Dabei bediente er sich der Gambitvariante, die in Posting 5 vorgestellt wurde:

      Predke, Alexandr (2656) - Duda, Jan-Krzysztof (2726)
      FIDE Grand Swiss, Isle of Man, 2. Runde, 26.10.2023