Schachlehrkämpfe - 2.Partie - Schottische Eröffnung

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    • Jetzt ist mein Springer angegriffen, und der muß ziehen. Denn auf 24.Th1 (der einzige sonstige Zug, der in Frage kommt) könnte Schwarz wieder vorteilhaft 24.-Sxd3 (mit Angriff auf meine Dame) 25.cxd3 Dd2 spielen.

      Mein Springer hat 8 Felder, aber nach kurzer Betrachtung habe ich 6 davon als wenig sinnvoll aussortiert. In die engere Auswahl kamen nur die beiden Kandidatenzüge 24.Sf4 und 24.Se3, mit denen ich mich näher beschäftigt habe.

      Bei 24.Sf4 habe ich mehrere Möglichkeiten für Schwarz gefunden, die mir nicht zusagen. Eine davon ist 24.-Sxd3 25.cxd3 h5 26.Th1 Dd2, wonach ich keine gute Antwort für Weiß finden konnte.

      Bleibt 24.Se3, was
      - den Lg4 angreift (wenn der wegzieht, öffnet sich meinem Turm der Blick nach g7)
      - die Möglichkeit Tg2 eröffnet
      - die Marschroute über f5 offenhält

      Ich entscheide mich für 24.Se3.
    • Mit 24.-Lh3 hat der SC wieder einen überraschenden Zug gespielt, den ein Mensch vermutlich nicht gemacht hätte. Viel natürlicher erscheint mir der Rückzug 24.-Le6, womit Schwarz die Abhängigkeiten unter seinen Figuren reduziert hätte.

      Mit 24.-Lh3 hat der SC seinen Läufer von einem wackligen Feld (g4) auf ein anderes wackliges Feld gestellt. Wenn ich 25.Th1 antworte, dann hat Schwarz weiterhin mit dem Problem zu kämpfen, daß seine Dame an die Deckung des Lh3 gebunden ist. Es könnten sich jetzt interessante taktische Möglichkeiten für mich eröffnen.

      Ich sehe keine sinnvolle Alternative zu dem Angriff auf die schwarze Dame (ein Wegziehen der Turmes f1 von der aktiven Stellung in der f-Linie würde die Kapitulation bedeuten), und deshalb antworte ich mit

      25.Th1
    • Seit dem Zug 24.-Lh3 habe ich das Gefühl, daß der SC mich vom Haken gelasssen hat, und ich sehe konkrete Varianten, in denen ich zumindest nicht verliere - vielleicht sogar auf mehr hoffen kann.

      Mit 26.Tfg1 greife ich die schwarze Dame jetzt erneut an, und die kann nicht gleichzeitig die Deckung des Se5 und des Lh3 aufrechterhalten. Um kein Material zu verlieren, wird der SC jetzt vermutlich jetzt 26.-Sxd3 27.cxd3 Df3 folgen lassen. Darauf sieht mir das Qualitätsopfer 28.Txh3 Dxh3 29.Sf5 sehr verlockend aus, womit ich den "Kasparov-Springer" auf f5 installiere und starken Angriff bekomme.

      Erstmal sehen, ob der SC die nächsten beiden Züge wie vorausgesehen spielt, dann werde ich die Varianten nach dem Qualitätsopfer nochmal überprüfen und im Detail darauf eingehen.

      Ich ziehe 26.Tfg1
      Eventualzug: falls 26.-Sxd3 dann 28.cxd3
    • Der SC hat die letzten beiden (erzwungenen) Züge wie erwartet gespielt. Ich habe jetzt eine vielversprechende Angriffsstellung vor mir. Die Achillesferse der schwarzen Stellung ist der Punkt g7, und auf den muß sich mein Angriff konzentrieren. Der Punkt g7 ist schon von meinem Turm angegriffen, und weitere Angreifer (De5, Sf5) können sich dazugesellen. Die schwarzen Möglichkeiten, g7 zu decken, sind dagegen sehr begrenzt.

      Meine erste Idee war das sofortige Qualitätsopfer

      28.Txh3 Dxh3 29.Sf5

      Dann kann g7 nicht gedeckt werden, und das Vorziehen des Bauern (29.-g6 oder 29.-g5) kann stark mit 30.De5 beantwortet werden. Leider kann Schwarz jedoch in diesem Falle den Angriff gegen g7 ignorieren:

      29.-Dxd3+ 30.Ka1 Dxe4

      und jetzt habe ich keine überzeugende Fortsetzung gefunden, z.B.

      31.Sxh6+ Kh7 32.Sxf7 Td5 33.Sg5+ Txg5 34.Dxg5 g6

      und der Angriff ist zu Ende. Weiß kann wegen der offenen schwarzen Königsstellung vielleicht auf ein Remis hoffen, mehr jedoch nicht.

      Eine Verbesserungsmöglichkeit in dieser Variante stellt 29.De5 (anstelle von 29.Sf5) dar. Aber da dies offenbar der Schlüsselzug des weißen Angriffes ist, kann ich ihn auch sofort spielen. Und je nachdem wie Schwarz reagiert (29.-f6, 29.-g6, 29.-g5, 29.-Kf8) kann ich im nächsten Zug immer noch die Qualität opfern, muß das aber nicht. Nach 29.-g6 käme auch das sofortige 30.Sf5 stark in Betracht.

      Diese Überlegungen haben mich zu der Überzeugung gebracht, daß 29.De5 der flexiblere Zug ist (gegenüber dem sofortigen Qualitätsopfer auf h3) und ich damit meinen Angriff beginne.

      Mein Zug: 29.De5
    • Mein Zug: 29.De7

      Damit halte ich die Mattdrohung auf g7 aufrecht. 29.Dxf6 stattdessen wäre weniger gut, weil Schwarz sich mit 29.-Td7 behaupten kann.

      Schwarz muß die Mattdrohung jetzt mit 29.-g5 parieren. Dann will ich mit dem Qualitätsopfer 30.Txh3 Dxh3 31.Sf5 den Angriff fortsetzen, worauf ich keine ausreichende Verteidigung für Schwarz mehr sehe.
    • Nach 29. De7 g5 30. Txh3 Dxh3 31. Sf5 Dxd3 32. Ka1 spielt der SC mit Schwarz 32...Td7
      Er schätzt die Stellung nun mit + 4.1 ein.

      Ich gebe für das Gerät die hoffnungslose Partie auf und gratuliere Christoph herzlich. Sehr schön gedreht die Partie. :thumbup: :thumbup: :thumbup:
      Er hatte zwar De5 gesehen, aber nicht mit De7!! gerechnet.


      Christoph Schroeder - Mephisto Mythos 1:0



      Der Mythos ist ein Clone (in Software und Rechenhardware) des bekannten GK2000 (Bj. 1992).
    • Damit geht eine spannende Partie zu Ende!

      Nach 32.-Td7 wäre 33.Sxh6+ Kh8 34.Dxf6+ gefolgt und jetzt

      a) 34.-Tg7 35.Sf5 mit Gewinn
      b) 34.-Kh7 35.Sf5 und Weiß gewinnt im Mattangriff, z.B. 35.-Dxe4 36.Dh6+ Kg8 37.Txg5+ und Matt in wenigen Zügen.

      Der finale Mattangriff war so wie man sich das als Weißspieler erhofft, wenn man 5.Sb3 mit folgender langer Rochade gegen Schottisch spielt. Aber nach dem Partieverlauf (Bauernverlust nach grobem taktischen Fehler von mir im 15. Zug) und zwischenzeitlicher Verluststellung konnte ich mit einer solchen Entwicklung natürlich nicht rechnen.

      Zum Glück für mich waren Anfang der 90er die Schachcomputer taktisch doch noch nicht ganz so stark, wie ich das bei Partiebeginn befürchtet hatte. Und so habe ich durch die beiden Fehler 24.-Lh3? und 25.-Dg3? eine unverhoffte Chance bekommen, ins Spiel zurückzukommen.

      Also ein sehr schmeichelhafter Sieg für mich. Grund genug, in der letzten laufenden (Holländisch-)Partie Gas zu geben, um wenigstens eine überzeugende Partie im Mensch-Maschine-Duell abzuliefern.
    • Hier noch eine Anmerkung aus eröffnungstheoretischer Sicht:

      Nachdem Schwarz mit dem Damenschach auf g5 im 16. Zug einen Bauern gewonnen hatte, habe ich ja schon bereut, meinen König nicht rechtzeitig (mit 12.Kb1) aus der Schußlinie genommen zu haben. Und tatsächlich: ein Blick in die Datenbank und auf Stockfishs Meinung legen nahe, daß der Zug 12.Kb1! (anstelle von meinem etwas fragwürdigen 12.g4) die beste Fortsetzung für Weiß ist. Der Zug wurde 17 mal gespielt, und Weiß hat einen extrem guten Score von 67%.

      Die aktuellste Partie mit 12.Kb1 wurde kürzlich in der spanischen Fernschachmeisterschaft gespielt. Sie zeigt, daß Weiß in dieser Variante nicht nur aus menschlicher Sicht, sondern auch aus Computersicht wahrscheinlich am längeren Hebel sitzt.

      Cañamas Soler, José Vicente (2375) - Díaz Rubí, Felipe (2234)
      spanische Fernschachmeisterschaft 2019



      Eine interessante Erkenntnis für mich. Den Zug 12.Kb1! nehme ich als Lerneffekt mit und in mein Repertoire auf.