Schachlehrkämpfe - 3. Partie - Holländische Verteidigung

    Diese Seite verwendet Cookies. Durch die Nutzung unserer Seite erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Cookies setzen. Weitere Informationen

    • Schachlehrkämpfe - 3. Partie - Holländische Verteidigung

      Herzlich Willkommen allen interessierten Schachfreunden zur 3. Partie der Schachlehrkämpfe.

      Der Schachcomputer (unter 1900 ELO) beginnt hier mit 1. c4 und hat jeweils maximal 48 h Rechenzeit.
      Das Gerät hat eine programmierbare Eröffnungsbibliothek und so habe ich in den letzten Wochen, nach Absprache mit Christoph, die EÖ-Bibliothek in Teilen auf den Stand vor 10 Jahren (2009) ergänzt.

      Freuen wir uns auch hier auf lehrreiche Kommentare von Schroeder und einen spannenden Kampf.



      Mephisto Super Mondial gegen Schroeder 0:1







      Eine große Bitte an Alle.
      Dieser Thread ist den beiden beteiligten Seiten/Spielern vorbehalten und soll nicht zerstückelt werden.
      Für Kommentare, Fragen und sonstiges nutzen alle Nichtbeteiligten bitte das Format Partie X, Zug Nummer X im Thread:
      Schachlehrkämpfe - Kommentare, Fragen und sonstiges

      Dankeschön

      Dieser Beitrag wurde bereits 45 mal editiert, zuletzt von dangerzone ()

    • In dieser dritten Partie habe ich es mit einem Gerät aus dem Jahr 1986 zu tun. Um mir zu vergegenwärtigen, mit welcher Spielstärke und Spielweise ich da zu rechnen habe, habe ich mir nochmal den Artikel Kasparov und 30 Jahre Computerschach angesehen und die dort von Kasparov kommentierten Partien durchgespielt.

      In seinem Kommentar zu der einzig kritischen Partie des 1985er Wettkampfes (gegen Comp Turbostar 432) sagt er: "At the time, it was understood by any strong player with experience versus computers that their main weakness was... tactics! In particular, combinations more than a few moves deep or involving pawn promotion, as the case here."

      Zu dieser Zeit (Mitte der 80er Jahre) waren die Computer taktisch schon recht stark. Aber sie waren doch noch so anfällig, daß sie gelegentlich taktische Fehler machten, die auch von Menschen erkennbar und ausnutzbar waren. Deshalb wird meine Strategie in dieser Partie nicht dieselbe sein wie in der Damengambit-Partie (gegen das Gerät aus 1991 wäre ein Einlassen auf taktische Verwicklungen schon tödlich gewesen). Ich habe vor, hier einen scharfen Kampf zu suchen, und dafür eignet sich m.E. die Holländische Verteidigung sehr gut.


      Mein Zug: 1.-f5
    • Ich antworte mit 2.-Sf6

      Das hält mir alle Optionen offen. Je nachdem wie Weiß spielt, kann ich einen Leningrader Aufbau (3.-g6, 4.-Lg7) oder einen Stonewall (e6 nebst d5) anstreben. Daneben gibt es natürlich auch noch die Möglichkeit, daß Weiß ganz auf d2-d4 verzichtet. Dann könnte die Partie auch noch (nach schwarzem e7-e5) in einen geschlossenen Sizilianer mit vertauschten Farben übergehen.

      Es gibt also noch reichlich Auswahl für beide Spieler, auf welchem Kampfplatz sie ihre Chancen suchen wollen.
    • Der SC hält also seinen d-Bauern (vorläufig?) zurück. In diesem Fall will ich keinen Stonewall-Aufbau (3.-e6 nebst 4.-d5) spielen. Der wäre eine gute und solide Möglichkeit bei weißem Bauern auf d4, gilt aber als problematisch, solange Weiß die Möglichkeit hat, mit d3 nebst e4 das schwarze Zentrum anzuhebeln. Mir gefallen die daraus entstehenden Stellungen für Schwarz nicht besonders, obwohl Johnson / Bern / Agdestein in ihrem (sehr empfehlenswerten) Stonewall-Buch auch für diese Stellungen gangbare Wege für Schwarz aufgezeigt haben.

      Ich entscheide mich für 3.-d6. Weiß kann dann letztmalig mit 4.d4 in Holländisch einlenken, worauf ich mit der Leningrader Variante 4.-g6 antworten würde. Spielt er nicht 4.d4, dann kann ich mit 4.-e5 den mir angebotenen Raum im Zentrum in Beschlag nehmen. Die Partie nimmt dann den Charakter eines sizilianischen Grand-Prix-Angriffes mit vertauschten Farben an.

      Sowohl die Leningrader Variante als auch der Grand-Prix-Angriff kommen meiner Suche nach einem scharfen Kampf entgegen.

      Mein Zug: 3.-d6
    • Der SC wählt also mit dem nachgereichten 4.d4 die letzte Ausfahrt Richtung Holländisch. Etwas erstaunlich finde ich, daß er damit aus dem Eröffnungsbuch raus ist. Aber vielleicht erkennt er nach meiner Antwort 4.-g6 ja noch, daß wir uns jetzt mit Zugumstellung in der Leningrader Variante der Holländischen Verteidigung befinden, und hat dann doch noch ein paar Buchzüge parat.

      Ich habe jetzt die Wahl zwischen dem Klassischen Holländer (4.-e6 und 5.-Le7), den der englische GM Simon Williams als "The Killer Dutch" empfiehlt und der Leningrader Variante, bei der ich meinen Königsläufer fianchettiere. Einer der größten Kenner der Leningrader Variante ist der ukrainische GM Vladimir Malaniuk, dessen Buch "The Leningrad Dutch" ich besitze. Mit dieser Variante habe ich seit ca. 5 Jahren Erfahrung im Nah- und Fernschach sammeln können. Deshalb fällt mir hier die Wahl zwischen den zwei Holländern nicht schwer.

      Mein Zug: 4.-g6
    • Wir haben jetzt eine sehr oft erreichte "Tabiya" der Leningrader Variante vor uns. Dies ist sozusagen die Ausgangsstellung der ganzen Variante, in der es nach Ausführung der Standardzüge beider Seiten erst richtig losgeht, und in der zum erstenmal eine wichtige Weichenstellung ansteht.

      Schwarz hat an dieser Stelle einige verschiedene Züge (mit ganz unterschiedlichen Konzepten) zur Verfügung. Die vier wichtigsten sind

      a) 7.-De8 (Malaniuks Zug, der sich seit 1983 zur Hauptvariante gemausert hat)
      b) 7.-c6 (damit beschäftigt sich GM Stefan Kindermann auf seiner DVD "Der listige Leningrader").-
      c) 7.Sc6 (Schwarz ist bereit, einen Doppelbauern im Zentrum nach 8.d5 Se5 9.Sxe5 dxe5 zu akzeptieren)
      d) 7.-e6 (die Tannenbaumvariante)

      Zu all diesen Varianten gibt es Informationen / Videos in dem Leningrader-Thread im Eröffnungsforum.

      Seit ich in 2014 den Leningrader in mein Repertoire aufgenommen habe, hatte ich diese Stellung mehr als 30 mal auf dem Brett - etwa die Hälfte davon waren Fernschachpartien. In allen Partien habe ich 7.-De8 gespielt - den Zug, den Malaniuk in seinem Buch ausschließlich behandelt. Das werde ich deshalb auch in dieser Partie tun.

      Der Zug 7.-De8 wurde zuerst von dem argentinischen Meister Jiri Pelikan in 1959 gespielt. Eine große Anhängerschaft hat der Zug aber erst nach der Partie Beliavski - Malaniuk, UdSSR-Meisterschaft 1983 gefunden.

      Mit 7.-De8 bereitet Schwarz den Vorstoß e7-e5 vor. Außerdem kann die Dame gelegentlich auf f7 oder (nach vorhergehendem h6 und g5) auf g6 oder h5 im Angriff am Königsflügel eingesetzt werden. In manchen Fällen kann auch die Wirkung der Dame auf der Diagonale a4-e8 eine Rolle spielen - z.B. dann, wenn Weiß mit d5 im Zentrum vorgeht und Schwarz diesen Bauern mit c6 angreift.

      Die Beliebtheit der Leningrader Variante kommt m.E. daher, daß die schwarze Stellung sehr flexibel ist: Schwarz kann am Königsflügel, im Zentrum oder am Damenflügel spielen. Außerdem gibt es für Weiß (im Gegensatz zu vielen anderen Eröffnungen) keine einfache Möglichkeit, die Stellung im Remissinne zu veröden.

      Mein Zug: 7.-De8
    • Die meistgespielten weißen Züge sind

      8.d5
      8.b3
      8.Te1
      8.Sd5
      8.Db3

      Zu all diesen Zügen gibt es umfangreiche Theorie, und alle stellen einen harten Test der schwarzen Ressourcen dar. Der Leningrader muß sehr genau wissen, was in jedem einzelnen Fall zu tun ist. Das ist ein kleiner Wermutstropfen (im Schach gibt es leider nichts umsonst): Der Leningrader ist keine Eröffnung, die man mal eben so nach Gefühl spielen kann. Es muß intensive Arbeit hineingesteckt werden, ansonsten zahlt man viel Lehrgeld.

      Der Läuferzug nach f4 ist relativ selten und erscheint mir auch nicht besonders plausibel. Denn auf f4 kann der Läufer auf 3 Arten einen Tritt bekommen: mit Sh5, mit e7-e5 (nach entsprechender Vorbereitung) und mit h6 nebst g5.

      Mir ist 8.Lf4 immerhin schon zweimal begegnet. Beide Male habe ich mit 8.-h6 geantwortet. Wenn Weiß es zuläßt, will ich mit g5 am Königsflügel expandieren. Das werde ich auch hier versuchen:

      Ich ziehe 8.-h6
    • 9.Tc1 unternimmt nichts gegen meinen geplanten Vormarsch am Königsflügel. Meine beiden Gegner in den Vorgängerpartien haben hier

      9.h4 (verhindert g5)
      9.e4 (öffnet die Partie im Zentrum, was große Verwicklungen ergibt)

      gespielt.

      Nach 9.Tc1 ist die Stellung auch für mich Neuland. Ich denke, es spricht jetzt nichts gegen den geplanten Vormarsch.

      Mein Zug: 9.-g5
    • Meine Antwort: 10.-Dh5

      Die Dame schwenkt zum Königsflügel und will dort frühzeitig Unruhe stiften. Angiffsideen mit Sg4 und/oder f4 könnten in den nächsten Zügen ein Thema sein. Wegen solcher Manöver hat der Leningrader bei vielen Spielern den Ruf einer äußerst aggressiven Spezies.

      Angesichts der geschlossenen Stellung hat die Figurenentwicklung nicht die Priorität, die sie in offenen Stellungen hätte. Weiß kann ohne das Vorhandensein von offenen Linien kein Kapital aus dem noch unentwickelten schwarzen Damenflügel schlagen. Deshalb ist hier ein solches frühzeitiges Damenmanöver durchaus vertretbar (und typisch für Leningrader Stellungen).