Königsgambit: Schallopp-Verteidigung

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    • Königsgambit: Schallopp-Verteidigung

      Die Schallopp-Verteidigung

      1.e4 e5 2.f4 exf4 3.Sf3 Sf6

      ist benannt nach dem langjährigen Vorsitzenden der Berliner Schachgesellschaft Emil Schallopp (1843 - 1919). Noch heute ist in Berlin-Steglitz eine Straße nach ihm benannt.

      In der Datenbank findet sich nur eine Partie des Namensgebers mit "seiner" Variante:

      Thorold, Edmund - Schallopp, Emil
      Counties CA-Masters, Hereford 1885



      In den folgenden Jahren versuchten sich auch Steinitz und Tarrasch je einmal an Schallopps 3.-Sf6, aber der Zug erreichte 120 Jahre lang nie mehr als den Status einer seltenen Nebenvariante - mit weitem Abstand hinter den Hauptzügen 3.-g5 (klassische), 3.-d6 (Fischer- ), 3.-d5 (Moderne) und 3.-Le7 (Cunningham-Verteidigung). Das ist verständlich, wenn man sich die Stellung nach 4.e5 Sh5 ansieht: Schwarz hat von seinen ersten 4 Zügen zwei mit dem Springer ausgeführt, und den dabei nach h5 an den Rand gestellt - so etwas verursacht einem klassisch ausgebildeten Spieler körperliche Schmerzen. Bei genauerer Betrachtung zeigt sich aber, daß Weiß keine einfache Möglichkeit hat, aus dieser Springerstellung Kapital zu schlagen. Und heutige Engines mögen den Zug. Deshalb ist es kein Wunder, daß mittlerweile auch Weltklassespieler wie Ding Liren zur Schallopp-Verteidigung greifen:

      Carlsen, Magnus (2881) - Ding, Liren (2836)
      Magnus Carlsen Invitational, 30.4.2020



      Klaus Besenthal kommentiert die Partie in Magnus Carlsen Invitational: Carlsens Eröffnungsexperimente

      Und auch Daniel King, der kürzlich eine Königsgambit-DVD herausbrachte und dort eben den von Carlsen gespielten Zug 5.De2 empfiehlt, hat sich die Partie natürlich mit großem Interesse angesehen:

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    • Königsgambit: Schallopp-Verteidigung mit 5.Le2!

      Leela Chess Zero und Stockfish beschäftigten sich (man hatte sie in zwei Partien dazu gezwungen) in ihrem jüngsten Match auch mit der Schallopp-Verteidigung. Beide entschieden sich für den subtilen Zug 5.Le2!, der schon in dem 2013 erschienen Buch John Shaw: The King's Gambit empfohlen wurde:

      Lc0 - Stockfish
      13th Chess.com CCC Final, Partie 191, 14.4.2020



      Stockfish - Lc0
      13th Chess.com CCC Final, Partie 192, 14.4.2020




      Jan Gustafsson hat in sein neues Schwarzrepertoire die Schallopp-Verteidigung als Waffe gegen das Königsgambit aufgenommen. Da seine Analysen in der Schachwelt (auch bei Spitzen-GMs) große Beachtung finden, rechne ich in den nächsten Jahren mit einer zunehmenden Menge an Schallopp-Partien. Jeder Königsgambitspieler sollte sich rechtzeitig dafür wappnen.
    • Königsgambit: Schallopp-Verteidigung mit 5.d4 d6 6.De2!

      Beim derzeit stattfindenden Norway Chess in Stavanger gibt es eine besondere Punkteregelung: Ein Sieg in einer klassischen Partie gibt 3 Punkte. Bei Remis wird eine Armageddon-Partie gespielt, bei der Weiß 10 Minuten und Schwarz 7 Minuten hat. Der Sieger bekommt 1,5 Punkte, der Verlierer 1 Punkt.

      In der 2. Runde endete die Partie zwischen Nepomniachtchi und Firouzja Remis, und in der Armageddon-Partie packte Nepo das Königsgambit aus. Firouzja antwortete mit der Schallopp-Verteidigung und wurde in wenigen Zügen vom WM-Herausforderer demontiert.


      Nepomniachtchi, Ian (2792) - Firouzja, Alireza (2754)
      Norway Chess, 4. Runde (Armageddon-Partie), 8.9.2021



    • Königsgambit: Schallopp-Verteidigung mit 5.De2 (Danny King's teuflische Empfehlung)

      In Posting 1 war in der Partie Carlsen - Ding der raffinierte Zug 5.De2 zu sehen. Das ist auch die Empfehlung von Daniel King in seinem Königsgambit-Weißrepertoire.

      Vor zwei Wochen wurde in Bad Wiessee Arno Zude, seines Zeichens Großmeister und Exweltmeister (1994) im Problemschach, von dem Mathematiker Leon Mons mit diesem Zug konfrontiert. Und dann geschah etwas Unglaubliches: die Partie dauerte noch exakt zwei Züge bis zur schwarzen Aufgabe!

      GM Mons, Leon (2536) - IM Zude, Arno (2371)
      24. Offene Bayrische Meisterschaft, Tegernsee, 3. Runde, 1.11.2021





      Ich hatte die Schallopp-Verteidigung bisher 11mal auf dem Brett und habe sie immer mit 5.Le2 bekämpft (siehe Posting 2), was sicher ebenfalls ein guter Zug ist. Aber diese und andere Partien mit 5.De2 machen Appetit auf den Damenzug. Der wird bei mir sicherlich demnächst auch mal auf dem Brett stehen.
    • Königsgambit: Schallopp-Verteidigung mit 5.Le2 Tg8!?

      Der österreichische Schachmeister Karl Pitschel verteidigte sich schon 4 Jahre vor Schallopps "Stammpartie" (Thorold - Schallopp, siehe Posting 1) mit 3.-Sf6. Beim 2. DSB-Kongress in Berlin 1881 hatte er es in der 2. und 3. Runde mit zwei (schachlichen) Schwergewichten zu tun: Mikhail Chigorin und Szymon Winawer. In beiden Partien spielte er einen "mysteriösen" Turmzug (5.-Tg8!?) und erreichte gute bzw. sogar gewinnträchtige Stellungen, die er jedoch durch spätere Fehler verlor.


      Chigorin, Mikhail - Pitschel, Karl
      DSB-02.Kongress, Berlin, 2. Runde, 30.8.1881




      Winawer, Szymon - Pitschel, Karl
      DSB-02.Kongress, Berlin, 3. Runde, 31.8.1881




      Pitschel trat nach 3 Runden vom Turnier zurück, und seine Partien wurden für die offizielle Turniertabelle nicht gewertet. Vielleicht erklärt das, warum seine Eröffnungsidee (fast) ohne Beachtung blieb. Fast! Denn Emil Schallopp war einer der Organisatoren des Berliner DSB-Kongresses und Herausgeber des Turnierbuches Emil Schallopp: Der erste, zweite und dritte Kongress des Deutschen Schachbundes. Er wird sicherlich Inspiration aus Pitschels Partien bezogen haben, um 4 Jahre später im englischen Hereford selber den Zug 3.-Sf6 aufs Brett zu bringen.
    • Königsgambit: Schallopp-Verteidigung mit 5.De2

      Klaus Junge spielt sein letztes Turnier im Dezember 1942 in Prag. Dort wird er geteilter Erster, punktgleich mit Weltmeister Alexander Aljechin (beide 8,5 aus 11). Danach wird der 19-jährige Mathematikstudent Junge zur Wehrmacht eingezogen und dient als Leutnant der Artillerie an der Ostfront.

      Während Junge schon nicht mehr spielt, entbrennt Anfang 1943 in der deutschen Schachpresse eine Diskussion über seinen Stil, initiiert von Emil Joseph Diemer.
      In Klaus Junge 1924 - 1945 berichtet Conrad Schormann darüber wie folgt:



      Ungeachtet der beeindruckenden Erfolge Junges sieht Diemer das Ausnahmetalent in einer Krise. Ihm fehle Kampfgeist, er meide scharfe
      Eröffnungen wie das Königsgambit und ziehe die Verteidigung dem Gegenangriff vor. Seine Erfolge seien Pyrrhussiege gewesen.

      Diemer beschränkt seine Kritik nicht auf Junge. Anderen jungen Meistern wirft er vor, dem Beispiel Junges zu folgen, ein Ausdruck des verbliebenen „jüdischen Einflusses auf die deutsche Schachjugend“, der diese Jugend davon abhalte, „deutsches Kampfschach“ zu spielen. Diese Kritik geht sogar Ehrhardt Post, stramm deutschnationaler Präsident des Großdeutschen Schachbunds, zu weit. Post veröffentlicht im März 1943 eine kritische Replik.

      Klaus Junge gibt die Antwort auf dem Brett. Mit dem Eintritt in die Wehrmacht beginnt er, Fernschach zu spielen. Bei einem Fernturnier trifft er auf Diemer, spielt Königsgambit – und siegt in 24 Zügen.

      Hier ist die Fernpartie, in der sich Junge einer Variante (5.De2) bedient, die zu dem Zeitpunkt völlig neu war, die aber heute eine Renaissance erfährt und u.a. von Daniel King empfohlen wird:

      Klaus Junge - Emil Josef Diemer
      XVII. cr tournament, 1943/44