Geht das Hausrecht über die Meinungsfreiheit?

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  • Geht das Hausrecht über die Meinungsfreiheit?

    Werden die zwei Stichworte Meinungsfreiheit und Hausrecht gegooglet, kommen erstmal sehr viele Quellen, die so ziemlich das gleiche schreiben. Als Anstoß zu dieser Diskussion möchte ich nur mal aus einer einen Ausschnitt zitieren, in der Hoffnung, dass diese Quelle von der Mehrheit als seriös genug eingestuft wird:

    "Meinungsfreiheit und das "Hausrecht" im Zeitalter des Internets

    [...] Privatisierung von Kommunikationskanälen

    Die Bürger können sich zwar immer noch auf öffentlichen Plätzen treffen - und bei Kulturveranstaltungen oder Demonstrationen geschieht das ja auch. Doch ein großer Teil unserer Kommunikation findet inzwischen online statt und damit in einem privaten Kontext: Man muss sich erst bei einem allgemeinen Anbieter anmelden und dann auf dem Server von irgendjemandem "surfen". Man kann nicht einfach so ins Internet gehen, wie man auf den Marktplatz geht.

    Damit ist aber auch der rechtliche Rahmen ein anderer. Auf dem öffentlichen Platz regeln beispielsweise die genannten Grundrechte den Schutz vor staatlichen Eingriffen. Im privaten Zusammenhang gelten zwar auch Gesetze - gleichzeitig aber auch die ebenfalls aus den Grundrechten (Artikel 2, Absatz 1 GG) abgeleitete Vertragsfreiheit. Das heißt, dass die Bürger untereinander einen großen Spielraum dafür haben, wie sie ihr Miteinander regeln.

    Solche Vereinbarungen können stillschweigend sein: Dass man etwa beim Bäcker für seine Brötchen bezahlen muss, weiß jeder. Dass dabei ein Kaufvertrag im juristischen Sinne geschlossen wird, daran denkt im Alltag wohl nur eine Minderheit der Nichtjuristen.

    Die Vereinbarungen sind oft aber auch ausformuliert, beispielsweise in Form Allgemeiner Geschäftsbedingungen oder von Nutzungsbedingungen. Dass der Durchschnittsbürger und selbst Rechtsexperten diese seitenlangen Erklärungen in einem Sekundenbruchteil abnicken, ändert nichts an deren Geltung.


    Öffentlicher Meinungsaustausch im Privaten

    Wenn man nun eins und eins zusammenzählt, dann fällt einem auf, dass der öffentliche Meinungsaustausch heute zunehmend in einem privaten Kontext stattfindet: Gemerkt haben wir das vor nicht allzu langer Zeit, als führende Medien die Kommentarmöglichkeiten ihrer Besucher einschränkten oder gleich ganz abschafften.

    Aber auch ein Über-Netzwerk wie Facebook, auf dem wiederum Organisationen oder einzelne Personen Diskussionen ermöglichen, fällt in den privaten Bereich - eben des Unternehmens Facebook und seiner Partner.
    [...]

    Beispiel Frankfurter Flughafen

    Das wirft die Frage auf, wie es in diesen privaten Kontexten um die für die Demokratie so wichtigen Freiheiten bestellt ist: Muss sich der Staat irgendwann einmischen, wenn Kommunikation zunehmend über private Anbieter bereitgestellt wird? Ein Beispiel war der Versuch des Frankfurter Flughafens beziehungsweise der Fraport AG, unter Berufung auf sein Hausrecht Demonstrationen gegen die Abschiebung von Flüchtlingen zu verbieten.

    Dem schob das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 22. Februar 2011 einen prinzipiellen Riegel vor, nachdem das Amtsgericht Frankfurt, bestätigt vom dortigen Landgericht und dem Bundesgerichtshof, den Verweis auf das Hausrecht für rechtmäßig befunden hatte. Die Verfassungsrichter argumentierten im Gegensatz dazu, dass der Flughafen als von der öffentlichen Hand (mit-)betriebenes Unternehmen direkt durch die Grundrechte gebunden sei. Allerdings würde die Aufrechterhaltung des Flugbetriebs größere Einschränkungen etwa des Demonstrationsrechts als auf anderen öffentlichen Plätzen rechtfertigen.

    Nun gilt diese Voraussetzung bei Internet-Giganten wie Facebook und Google oder auch hiesigen Verlagshäusern, auf deren Seiten wir unsere Zeit verbringen und vielleicht auch diskutieren, nicht: Es sind schlicht Privatunternehmen. Und damit gilt erst einmal der privatrechtliche Zusammenhang. Einmal salopp gesagt: Sie können auch Ihren Nachbarn nicht vors Bundesverfassungsgericht bringen, falls Sie nicht zufällig neben dem Bundespräsidenten oder einer anderen Behörde wohnen.

    "Mein Haus, mein Hausrecht"

    Als Blogger seit über zehn Jahren auf dem Portal eines deutschen Verlags - der einem amerikanischen Verlag gehört, der wiederum zu einem deutschen Medienkonzern gehört - hatte ich schon so manche Diskussion über Zensurvorwürfe und Meinungsfreiheit im Internet. Ein beliebter Standpunkt war, dass ein Blogger in seinem Blog das Hausrecht habe, wie in seinem Wohnzimmer, und dort mehr oder weniger machen könne, was er wolle: Wenn Gäste die Diskussion stören oder sich nicht so verhalten, wie man sich das vorstellt, dann könne man eben ihre Beiträge löschen oder sie gleich ganz herausschmeißen.

    Der Wohnzimmervergleich leuchtete mir nie so ganz ein, denn in mein Wohnzimmer lade ich ja nicht die ganze Welt ein. Ich schicke auch keine gutbezahlten Suchmaschinenoptimierer auf den Weg, damit meine Sofagarnitur möglichst gut gefunden wird. Damit der Vergleich stimmt, müsste es eher ein Wohnzimmer sein, zu dem die Tür permanent offen ist und draußen auch noch jemand steht und ununterbrochen ruft: "Kommen Sie herein!" Und, falls es ein Diskussionsforum gibt: "Diskutieren Sie mit!"

    Wenn man sich so viel Mühe gibt, gesehen, besucht und gelesen zu werden, dann muss man auch damit umgehen können, wenn die Leute wirklich kommen und mitmachen. Leute, die mitunter andere Ansichten haben, als man selbst. Und diese auch äußern; vielleicht in einer anderen Form, als man es selbst täte. So ist der Mensch.
    [...]"

    --- heise.de/tp/features/Meinungsf…ts-4205709.html?seite=all


    Was in diesem Thread ausdrücklich nicht diskutiert werden soll, sind als Meinung titulierte, strafrechtlich relevante Äußerungen. Ich hoffe, es ist allen klar, dass nur das, was von der Meinungsfreiheit abgedeckt ist, als Argumentation in dieser Debatte herangezogen werden sollte.

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von din ()