Alireza Firouzja attackierte Nepo etwas zu vogelwild und wurde kühl ausgekontert. Bei nur noch drei ausstehenden Runden können keine ernsthaften Zweifel mehr daran bestehen, daß der Turniersieger von Madrid Ian Nepomniachtchi heißen wird.



Alleiniger Zweiter ist jetzt Ding Liren, der eine denkwürdige Partie gegen Caruana gewann. Mit drei Siegen in Folge hat Ding ein nicht für möglich gehaltenes Comeback geschafft. Und wenn Carlsen seine Ankündigung wahrmacht, daß er nicht gegen Nepo zum erneuten WM-Kampf antreten wird, dann kommt es zu einem WM-Kampf zwischen Nepo und dem Zweiten, der zur Zeit Ding Liren heißt.

Nepo kann es sich schon leisten, ausgekuppelt ins Ziel zu rollen - heute mit einem Kurzremis gegen Nakamura. Dabei hat er seinen Vorsprung sogar auf 2 Punkte vergrößert, da Verfolger Ding gegen Radjabov unter die Räder kam. Bei noch 2 ausstehenden Runden ist der Drops gelutscht.



Das Rennen um den zweiten Platz ist allerdings noch äußerst spannend. Ding und Nakamura haben 6,5 Punkte, Caruana und Radjabov 6 Punkte.

Bericht von Klaus Besenthal: Kandidatenturnier: Für Nepo ist der Sieg zum Greifen nahe
Interview mit Maxime Vachier-Lagrave: MVL über das Kandidatenturnier, Chennai und Carlsen

Magnus Carlsen ist derzeit in Madrid. Und wenn man im Retiro-Park sitzt, kann es passieren, daß Magnus vorbeischaut und eine Blitzpartie mit einem spielt - so geschah es gestern Anna Cramling. Dabei unterlief dem Weltmeister ein Fauxpas - er spielte die katalanische Eröffnung, und das in Madrid. Hoffentlich werden ihm die Madrilenen dieses politisch unkorrekte Verhalten verzeihen!



Magnus wird heute sicher auch im Turniersaal bei den Kandidaten auftauchen. Und wenn Nepo nach seinem zu erwartenden Kurzremis gegen Rapport (hoffentlich politisch korrekt mit Spanisch und nicht mit Katalanisch) ganz offiziell als Herausforderer feststeht - vielleicht gibt es dann ja eine Äußerung vom Weltmeister, ob er zum WM-Kampf antritt oder nicht.

Hikaru Nakamura sagte dazu gestern: "I'd be shocked if Magnus didn't play."

Magnus spielte auch eine Partie gegen Judit Polgar, die Hauptkommentatorin (neben Jan Gustafsson) des Kandidatenturnieres. Judit fegte den Weltmeister in 19 Zügen vom Brett:




Judit Polgar (2675) - Magnus Carlsen (2864)
Blitzpartie, Madrid, 2.7.2022

Richard Rapport zeigte sich nicht so kooperativ wie gestern Hikaru Nakamura. Er spielte auf Nepos 1.e4 nicht 1.-e5, sondern den klassischen Sizilianer, eine kämpferische Eröffnung, bei der Weiß keine forcierten Remisvarianten zur Verfügung hat, und die bei Topspielern in letzter Zeit mehr und mehr an Beliebtheit gewinnt. Dennoch behielt Nepo alles unter Kontrolle und konnte den benötigten halben Punkt unter Dach und Fach bringen. Damit ist es jetzt offiziell:

Der Turniersieger von Madrid und damit Herausforderer von Weltmeister Magnus Carlsen heißt Ian Nepomniachtchi.

Alleiniger Zweiter ist jetzt Hikaru Nakamura, der eine nahezu verlorene Stellung gegen Jan-Krzysztof Duda noch in einen vollen Punkt verwandeln konnte:



Nakamura hat einen halben Punkt Vorsprung auf Ding Liren. Morgen um 15 Uhr erwartet uns ein echtes Finale um den zweiten Platz:
Ding Liren - Hikaru Nakamura

Ding Liren gelang ein Sieg auf Bestellung, mit dem er sich den zweiten Platz sicherte. Hier Nakas Sicht auf die Partie:



Rundenbericht von Andre Schulz: Kandidatenturnier: Ding gewinnt Duell um Platz 2

Bei dem Rätselraten über Carlsens Antreten oder Nichtantreten gibt es anscheinend Fortschritte zu vermelden:

Das nächste WM-Match soll in der ersten Mitte 2023 stattfinden. Magnus Carlsen traf sich gestern mit Arkady Dvorkovich und Emil Sutovsky, um über die Bedingungen eines möglichen WM-Matches zu verhandeln. Worum es bei diesen Verhandlungen ging, kann man nur mutmaßen. Bisweilen hört man aus Norwegen, Carlsen wünsche sich eine Formatänderung, kürzere Bedenkzeiten zum Beispiel. Vielleicht geht es aber auch einfach nur um die Preisbörse oder um die Präsentation seiner Sponsoren. FIDE Generaldirektor Emil Sutovsky äußerte sich nach dem Gespräch mit Carlsen zuversichtlich, dass es eine Einigung geben werde.

ZEIT-Reporter Ulrich Stock wirft dem Weltmeister in seinem Abschlußartikel zum Kandidateturnier unfaires Spiel vor:
Im Schatten des Königs

...und laut Guardian muss er sich nun seitens FIDE bis zum 20.7. endlich mal ausgemärt haben.

amp.theguardian.com/sport/2022…iachtchi-ding-liren-await

Finde sein Verhalten schon etwas unangemessen. Zum Glück wurde wenigstens sein "Lieblingsgegner" Firouzja abgewatscht.