Schach-Weltmeister Magnus Carlsen dankt ab

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    • Das hätte ich nicht gedacht. Ich hatte gedacht, er kämpft noch mal gegen Nepo. Es ist aber natürlich sein gutes Recht und es wird wohl stimmen, was FIDE-Präsident Arkadi Dworkowitsch laut Artikel sagt:

      Viele andere große Champions in anderen Sportarten hätten Ähnliches erlebt: Im Laufe der Jahre werde es immer schwieriger, die Motivation zu finden, auf höchstem Niveau zu trainieren und an Wettkämpfen teilzunehmen, während sich die Belohnung für den Sieg nie so intensiv anfühle wie am ersten Tag.

      Carlsen wird es sich sehr gut überlegt haben. Wenn er die Motivation nicht mehr hat ... warum soll er nicht das machen, wozu er Lust hat?

      Allerdings: ich denke, sein Stern, die Aufmerksamkeit, die er bekommt, werden sinken. Wenn dann auch noch seine Elo-Zahl oder die Erfolge bei Turnieren nachlassen oder ein anderer ihn sogar überholt, noch mehr.
    • Fand, das war abzusehen. Er hat es ja früh genug bekundet. Alles andere wäre (für mich jedenfalls) eine Überraschung gewesen.

      Warum sollte sein Stern sinken. Er hat alles erreicht, was man, vor allen Dingen in so jungen Jahren, erreichen kann im Schach. Fünfmaliger Schachweltmeister, dreimaliger Weltmeister im Schnellschach, fünfmaliger Weltmeister im Blitzschach und und und...

      Somit werden ihm Respekt und Anerkennung sein Leben lang und darüberhinaus, wie auch allen anderen Großen des Schachs, erhalten bleiben.

      Finde es großartig, dass er einen Schnitt macht und sich anderen Dingen des Lebens widmen möchte, wobei ja, wie im Artikel betont wird, er sich nicht gänzlich aus dem schachlichen Geschehen herausziehen wird. Nur eben nicht mehr mit diesem Druck im Kampf um den nächsten Weltmeistertitel.
      Es war einmal ein Schiff,Befuhr die Meere alle Zeit,und unser Schiff, es hieß die Goldne Nichtigkeit.
    • In der Tat, überraschend kommt der Schritt des Titelverzichts nicht, nachdem Carlsen im letzten Dezember erstmals seine fehlende Motivation für ein weiteres Match andeutete. Ich finde es schade, dass er nicht mehr um die Krone spielen will, einfach, weil er nach wie vor der Beste ist und sein Schach in den letzten Jahren an Klarheit noch gewonnen hat.

      Anders als Fischer vor ihm, der als erster Weltmeister 1975 nicht zur Titelverteidigung antrat, hat Carlsen nicht vor, das Schach ganz dranzugeben. Er will weiter Turniere spielen, er hat das Projekt Elo 2900 noch nicht aus den Augen verloren, er macht mit seiner Play Magnus Group einträgliche Geschäfte. Es bleibt aber ein schaler Nachgeschmack, schließlich gehört ihm der Titel nicht als privates Eigentum, er trägt ihn stellvertretend für das Schach und sollte sich so lange in die Pflicht nehmen lassen, bis ein Besserer kommt und ihn am Brett besiegt.

      Eh bien, rein schachlich ist das anstehende Match zwischen Ding Liren und Ian Nepomniachtchi sicher attraktiv. Welche Stadt oder Region aber wird angesichts des weiter laufenden Krieges in der Ukraine einen Wettkampf mit einem Russen organisieren wollen? Sicher sind Russland und China dominante Schachnationen unserer Zeit, allein deswegen war Carlsen als Norweger ein schmucker Kontrapunkt, bar jeder Aussicht auf einen Erfolg bei der Schacholympiade. Der 17. Schachweltmeister wird zumindest anfangs mit dem Makel leben und spielen müssen, ein Champion von Carlsens Gnaden zu sein.
    • dangerzone schrieb:

      Vor 50 Jahren ist der alte WM Boris Spassky aufgestanden und hat dem neuen WM Bobby Fischer stehend Beifall gezollt. :thumbup: :thumbup: :thumbup:
      Das hatte noch Ehre im Leib.


      Heute tritt man einfach nicht wieder an, wenn man keine Lust mehr verspürt und genug Kohle hat....
      Peinlich :thumbdown: :thumbdown: :thumbdown:


      Was war denn mit Fischer, als er gegen Karpow gekniffen und seinen Titel einfach weggeschmissen hat...?!
      Das war ne linke Aktion! Aber Carlsen hat spürbar keinen Bock mehr
      und hat lange vorher angekündigt, nicht mehr antreten zu wollen.

      Man merkt es auch seinem Spiel an, wie er lustlos die absurdesten Eröffnungen spielt.
      Er hat nicht hinterhältig wie Fischer agiert, sondern alles offen kommuniziert.
      Es ist allein seine Sache!

      Wenn er der Meinung ist, dass die Luft raus ist, dann sollte man ihm zugestehen,
      dass er seine Sachen packt und sich zurückzieht.

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von HO2 ()

    • Ich denke auch, wir sollten respektvoll mit der Entscheidung umgehen.
      Auch wenn ich es bedauere, weil ich das Spiel von ihm faszinierend fand, verstehe ich den Schritt auch.
      Ich habe solche Wendepunkte im Leben auch erlebt und gelebt.
      Mir hat es gut getan, meine Familie konnte es mittragen und darauf kam es an.
      Die Hoffnung stirb nicht also schaun wir mal, was die Zukunft und Magnus noch für uns bringen.
      Er spielt ja weiter.
    • Was Carlsen m. M. nach am meisten angekreidet werden muß ist der Umstand, dass er ja angetreten wäre, wenn das schachliche "Wunderkind" Alireza Firouzja sein Gegner geworden wäre.

      Das kann man aber auch so interpretieren, dass alle anderen Spieler/Kandidaten seiner (M.C.) nicht würdig sind.

      Er spricht damit dem Spieler, der sich regelkonform das Recht erspielt hat, der nächste Herausforderer des Weltmeisters zu sein, ausreichendes Können ab.

      Ein "Wunderkind" sei nötig, um ihn zu schlagen.

      Erhöhte Arroganz läßt grüßen.




      "Nur gegen Wunderkind"
      sportschau.de/schach/schach-ru…t-magnus-carlsen-100.html


      "Die Arroganz des Weltmeisters"
      sueddeutsche.de/sport/carlsen-…epomnjaschtschi-1.5614737
    • Anfangs glaubte ich, das sei seitens Carlsens nur so ein Psychospiel. Nćmlich um den Kandidatenturniergewinner mčglichst lange zappeln zu lassen, weil der nicht wissen wšrde, ob er sich nun auf Carlsen oder auf den Turnierzweiten vorbereiten müßte. Habe mich anscheinend geirrt - jetzt kann Carlsen nicht mehr so einfach sagen: "Ui, ich habe es mir anders überlegt, ich werde nun doch spielen".

      Für mich hat die ganze Geschichte etwas von Launen eines verwöhnten Kindes, das sich entweder alles erbeten hat und nun gelangweilt dasitzt oder die Welt nicht mehr verstehen würde, wenn jemand es bei etwas überragen sollte.
      Gut, die Übersättigung könnte schlicht und einfach daran liegen, daß man heutzutage halt jedes Jahr bei einigen dutzend Turnieren dabei ist - noch vor 50 Jahren hätte man sich so etwas nicht einmal im Traum vorstellen können (Schnellschach gab es damals noch nicht und Blitzturniere waren eher selten). Allerdings bezöge sich das im Fall Carlsen dann wohl auf die ganze Schachkarriere - aber die will er ja nicht beenden. Also vermute ich doch, daß er als der dritte ungeschlagene Weltmeister in die Geschichte eingehen will. Und das finde ich ganz schön eitel.

      dangerzone schrieb:

      Vor 50 Jahren ist der alte WM Boris Spassky aufgestanden und hat dem neuen WM Bobby Fischer stehend Beifall gezollt. :thumbup: :thumbup: :thumbup:
      Das hatte noch Ehre im Leib.


      Heute tritt man einfach nicht wieder an, wenn man keine Lust mehr verspürt und genug Kohle hat....
      Peinlich :thumbdown: :thumbdown: :thumbdown:

      Ich sage noch mehr: Wilhelm Steinitz, der erste Weltmeister und der Vater der heutigen Schachstrategie, sah sich verpflichtet, eben weil er als Erster die strategisch-positionellen Grundsätze formuliert hatte, diese gegen die stärksten Spieler zu verteidigen (damals gab es noch überhaupt keine Qualifikationsregeln) - so ernannte er 1888 Michail Tschigorin zu seinem Herausforderer (und der Russe war für ihn wohl der schwierigste Gegner damals), ein paar Jahre später schlug er dem jungen Siegbert Tarrasch vor, gegen ihn anzutreten (leider konnte der seine Arztpraxis nicht für Monate stehen lassen und lehnte deshalb ab). Und als er 1894 den Titel an Lasker verlor, begrüßte er den neuen Weltmeister mit dem dreifachen Hurra.

      HO2 schrieb:

      Er hat nicht hinterhältig wie Fischer agiert, sondern alles offen kommuniziert.

      Fischer hat damals auch nicht "hinterhältig agiert". Die Sache lief so ab: Bald nach der Titeleroberung schlug er ein neues Regelwerk für Weltmeisterschaften vor. Es sollte gespielt werden, bis einer der Gegner 10 Gewinnpartien erzielt hatte; im Falle eines 9:9 sollte das Match beendet werden und der Titel sollte dem jeweiligen Weltmeister bleiben. Die FIDE nahm seinen Vorschlag unter die Lupe; der Punkt mit 10 Gewinnpartien störte nicht sonderlich, doch für das mit 9:9 konnten sich die meisten Stimmberechtigten nicht erwärmen - obwohl es ähnliche Regeln zuvor schon gegeben hatte; so ein Regelwerk hatte Fischer bei Steinitz abgeschaut.
      Als Fischer von den Abstimmungsergebnissen erfiuhr, sagte er, daß die Nichtannahme eines einzelnen Punktes für ihn gleichbedeutend mit Nichtannahme des ganzen Projektes sei und er unter ihm aufgezwungenen Bedingungen nicht zu spielen vorhabe und deshalb jetzt schon den "FIDE-Weltmeistertitel" ablege.
      Es war Juni 1974. Es stand noch nicht einmal sein Herausforderer fest - das Kandidatenfinale Karpow gegen Kortschnoi begann erst im September.
      Im März 1975 machte der FIDE-Vorsitzende Max Euwe (übrigens selbst ein ehemaliger Weltmeister) noch einen Versuch, Fischer zur WM-Teilnahme zu bewegen. Wieder wurde sein Vorschlag ausdiskutiert - und fiel wieder knapp durch. Fischer blieb still - er hatte schon alles gesagt. Euwe blieb halt nichts anderes übrig als ihn zu disqualifizieren.
      Außerdem hatte Fischer nach seinem WM-Kampf 1972 keine Wertungspartie mehr gespielt - auch deshalb finde ich das Wort "hinterhältig" in diesem Zusammenhang unpassend.

      micha6 schrieb:

      Wer gibt uns das Recht so eine Entscheidung anzugreifen? UNGLAUBLICH!!!!!!

      Jeder hat das Recht auf freie Meinungsäußerung.
      Zumal Carlsen eine Person des öffentlichen Lebens ist - das, was solche Leute tun und lassen, wird nun einmal aufmerksam beobachtet und oft auch besprochen.
    • Gut, Carlsen ist mehrfacher Schachweltmeister, sei's ihm gegönnt!
      Es gab etliche Spieler auf Weltniveau vor ihm und es wird weitere Spieler auf dem Level nach ihm geben.

      Nach meiner persönlichen, höchst subjektiven Meinung hat jemand wie beispielsweise Dr.Helmut Pfleger wesentlich mehr für den Schachsport getan als Carlsen.
      Etlichen Bekannten, die wie ich nie in einem Verein spielten, konnte Pfleger Interesse und Freude am Schach vermitteln.
      So etwas finde ich wesentlich wichtiger als die Allüren eines Superspielers.
    • Momentan ist die Luft bei ihm raus. Normal und okay.

      Vielleicht sehen wir nochmal seine Rückkehr auf die WM Bühne - wir werden sehen.
      Viele Weltmeister sprachen schon darüber, dass es schöner sei, der Jäger des Weltmeisters zu sein - und nicht der Weltmeister, der sich wieder und wieder verteidigen muss.
      Meiner Meinung nach wäre es sinnvoll, den Weltmeister nicht mehr im WM Kampf als gesetzt zu betrachten und diesen dem Topf mit Kandidaten hinzuzufügen. Dann spielen stets die 1 und die 2 aus dem Kandidatenturnier die WM. Wäre wohl auch für Carlsen deutlich spannender gewesen, schätze ich.
    • Völlig unabhängig davon, ob ich Carlsens Entscheidung gut oder schlecht finde, halte ich den Weltmeistertitel bei dem aktuellen Modus ohnehin für maßlos überbewertet. Seit ich etwas mit Schach zu tun habe, fand ich die Weltmeisterschaftskämpfe noch nie interessant - nur zwei Spieler, nur eine Partie pro Tag und nicht einmal Siege in den klassischen Partien notwendig, um als Sieger hervorzugehen. Vielmehr war bislang für mich immer das Kandidatenturnier das eigentliche Ereignis. Seit diesem Jahr habe ich allerdings erkannt, dass auch da etwas mit dem Qualifikationsmodus nicht stimmen kann, wenn Leute wie Aronian, So, Vachier-Lagrave und noch einige andere auf der Strecke bleiben. Ich glaube, ein Turnier nach dem Vorbild der frühen Interzonenturniere wäre ein geeignetes Format, um einen Weltmeister zu ermitteln - also z. B. Rundenturnier, klassische Bedenkzeit, 24 Teilnehmer, Qualifikation streng nach Elo. Ich denke, wer das gewinnt, darf sich wirklich Weltmeister schimpfen.
    • Gut fand ich es, wie Großmeister Wolfgang Uhlmann sich von der Schachwelt verabschiedet hat. Er spielte noch Seniorenmeisterschaften mit und lieferte sich mit GM Viktor Kortschnoj spannende Duelle.

      Weltspitze zu sein und diese zu halten, ist eben der härteste Job auf Erden. Man sieht es auch in anderen Sportarten, wie gegenwärtig bei der Tour de France. Der Beste wird von allen gejagt und psychologisch unter Druck gesetzt.

      Persönliche Entscheidungen nicht auf diesem extrem hohen Niveau weiter zu kämpfen, sollte jeder akzeptieren. Diesen persönlichen privaten Wunsch mit Presse-Rummel zu negativieren, fehlt mir das Verständnis. Jeder junge Mensch hat viele weitere Bewährungsfelder im Leben.