Schacholympiade Chennai 2022

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    • Schacholympiade Chennai 2022

      Mit der heutigen 11. Runde ging die 44. Schacholympiade der FIDE im südindischen Chennai zu Ende. Bei den Männern (aka Open) gewann Usbekistan die Goldmedaille, bei den Frauen die Ukraine. Punktgleich mit Usbekistan belegte Armenien mit 19 Matchpunkten den zweiten Rang und musste sich nur wegen des schlechteren Tiebreaks mit Silber begnügen, die Bronzemedaille holte nach sensationellem Spiel die II. Mannschaft Indiens. Bei den Frauen lag Georgien mit der Ukraine gleichauf (18 Matchpunkte), wies aber die schlechtere Feinwertung auf und bekam daher Silber, auch hier holte Indien Bronze, aber mit der ersten Garnitur.

      Die 44. Schacholympiade sollte bereits 2020 im westsibirischen Chanty-Mansijsk stattfinden, wurde aber pandemiebedingt verschoben und später nach Moskau verlegt. Wegen des Ukraine-Krieges schied die russische Hauptstadt als Ausrichterin aus; Chennai, das bereits 2013 das WM-Match zwischen Viswanathan Anand und Magnus Carlsen organisiert hatte, sprang kurzfristig ein. Mit Russland und China fehlten in beiden Wettbewerben die Hauptfavoriten: Russland ist bis auf weiteres für alle Teamwettkämpfe im Sport gesperrt, China hat wegen seiner absurden Selbstisolation als Corona-Politik auf eine Teilnahme verzichtet. Bei den Männern galt Elo-Primus USA als Anwärter auf Gold, fand sich aber nur auf dem 5. Rang wieder, bei den Frauen waren die Inderinnen mit Vorschuss-Lorbeeren dekoriert und landeten immerhin auf dem Podium. Die deutschen Herren notierten am Ende auf Platz 18 (von 188), die deutschen Damen kamen auf den 10. Rang (von 162).

      Das wohl spektakulärste Schach in der Open Section zeigte der gerade 16 Jahre alte Dommaraju Gukesh am Spitzenbrett von Indien II, der acht (!) Partien in Folge gewann und dabei etwa Alexej Shirow, Shekar Ganguly und Fabiano Caruana überspielte. In der 10. Runde stand er gegen den usbekischen Schnellschachweltmeister Nodirbek Abdusattorow zunächst überlegen und sodann auf Gewinn, verlor jedoch den Faden und verpatzte in Zeitnot mit einem vermeidbaren Figurenverlust den Sieg Indiens II in der Begegnung und wohl auch bei der Olympiade. Weltmeister Magnus Carlsen war für Norwegen mit hohen Erwartungen ins Turnier gegangen, die sich aber weder individuell noch kollektiv erfüllten (Rang 59). Schade bloß, dass Viswanathan Anand, der ja noch aktiv ist, nicht selbst am Brett saß; eine Olympia-Medaille fehlt ihm noch in seiner Palmarès.

      Die verlässlichste Spielerin in Chennai dürfte Exweltmeisterin Anna Ushenina gewesen sein, die für die Ukraine keine einzige Partie verlor und regelmäßig die entscheidenden Punkte beisteuerte. Indien zeigte in der Schlussrunde gegen die USA Nerven und ging glatt mit 1:3 unter, da nützte auch das solide Spiel ihrer Spitzenspielerin Humpy Koneru nichts. Als Geheimtipp gestartet, landete Kasachstan auf dem starken 5. Platz, am 2. Brett spielte Bibisara Assaubayeva alle elf Runden durch und verlor keine einzige Partie; der Titel einer WGM sollte ihr bald verliehen werden. Die ewig junge Pia Cramling (* 1963) gewann sieben Partien, allerdings reichte es für die schwedische Equipe nur zu Platz 40.

      Fazit nach dem aufregenden Schach in Chennai: Die eine Großmacht im Schach gibt es nicht mehr, auch wenn die postsowjetischen Staaten Usbekistan, Armenien, Georgien und die Ukraine sicher von der Infrastruktur profitieren, die noch aus den Zeiten der UdSSR stammt. Indien ist erkennbar nicht nur mit vielen starken Einzelspielerinnen und -spielern gesegnet, sondern tritt auch selbstbewusst als Team auf. Die USA als Truppe von Legionären schauen erneut nur zu, wenn es um die Vergabe der Medaillen geht. Unbedingt zu loben und zu preisen seien die Kommentare von Peter Leko und Peter Svidler; die beiden Routiniers erwiesen sich wie gehabt als stets auf der Höhe des Geschehens, analysierten genauer als die mitlaufenden Rechner und zeigten sich betreten von besonders tragischen Partieverläufen. Das nächste Treffen der globalen Schachfamilie ist für 2024 in Budapest vorgesehen, dann hoffentlich wieder mit allen starken Schachnationen.

      de.chessbase.com/post/schachol…lgold-fuer-jana-schneider
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