Skandal oder Sommerloch?

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    • Ein recht interessanter Artikel über Prof. Ken Regan:

      time.com/6227677/magnus-carlse…neth-regan-chess-scandal/

      Ein paar einzelne Punkte hieraus:

      Wie der Artikel schreibt, sind die Methoden von Regans Verfahren begutachtet, die Software selber aber nicht. (Das hatte ich hier auch schon angemerkt.) Aber das ist häufig so.

      2019 gab es demnach eine Ausschreibung der FIDE zu Anti-Cheating-Software.
      Bewerber: Prof. Regan sowie Chess.com, Lichess, ChessBase mit ihren Teams

      Der einzige, der den Zuschlag bekam, war Prof. Regan. Seine Software ist bisher die einzige, die von der FIDE offiziell zugelassen ist.

      Regan braucht 4 Spiele, um ein Cheating-Muster zu erkennen. Bei Cheating von irgendwelchen 3 Zügen braucht er i.A. etwa 9 Partien (für einen gerichtsfesten Nachweis).
      Auf längere Sicht findet er es also wahrscheinlich heraus.

      Das betrifft Nachweise durch reine Statistik. Er betont, wie wichtig im Realschach die physikalischen Kontrollen sind.

      Sowohl der Chess.com-Bericht als auch Niemanns Klage berufen sich auf Prof. Regan.

      Kürzlich wurde er (im Alter von 63 Jahren) an seiner Uni von "associate professor" zum "full professor" befördert. Dabei fanden wohl auch seine Publikationen und Arbeit im Schachbereich Anerkennung.
    • Auch wenn (wegen der Bezahlschranke) nur wenige Worte und die Überschrift zu lesen sind, offenbar gestaltet sich die FIDE-Aufklärung schwierig, weil chess.com sich (vermutlich) nicht in die Karten gucken lassen will.



      "Der geheimnisvolle Algorithmus

      Die Betrugsaffäre Carlsen/Niemann erschüttert den Schachsport - doch der Weltverband hat Mühe, das Thema angemessen zu untersuchen. Die Prüfer ärgern sich insbesondere über eine Online-Plattform."

      sueddeutsche.de/sport/schach-c…ann-betrug-fide-1.5694326
    • Der Chess.com-Bericht wurde allgemein akzeptiert. Er hat Niemann sowohl be- als auch entlastet. Seine Aussagen müssen aber unabhängig überprüft und begutachtet werden, denn die Aussagen von Niemann im Interview bzw. von Carlsen sind wesentlicher Teil des Untersuchungsauftrags der FIDE-Kommission.

      Prof. Regan, dessen Methoden die einzigen sind, die von der FIDE offiziell anerkannt werden (und die Chess.com teilweise auch verwendet??), stimmt mit den Aussagen des Chess.com-Berichts zum großen Teil überein, aber zum Teil auch nicht:

      Bei den beiden Chess.com Titled Tuesday-Turnieren vom 16. Juni und 11. Aug. 2020 (bei denen es auch um Geld ging) soll Niemann in diesen Turnieren laut Bericht in allen 2 x 10 Spielen betrogen haben. Laut der Auswertung von Prof. Regan sind Niemann's ROI-Werte in diesen beiden Turnieren mit 57,5 und 53,4 zwar beide über 50, aber unter 60 und damit "unauffällig". Siehe Skandal oder Sommerloch?
      Auch in seiner bestätigenden email an Chess.com hat Regan Wettkämpfe, aber nicht diese beiden Turniere aufgeführt. Vielleicht hat Chess.com hierfür zusätzliche Informationen.

      Chess.com möchte sicherlich die Geheimhaltung ihrer Verfahren sicher gestellt haben, aber das ist bei wissenschaftlicher Überprüfung normalerweise zugesichert. Es müssten allerdings mehrere Statistik-/Datenexperten sein, die von der FIDE-Kommission beauftragt werden (die Mitglieder der Kommission haben juristische und allgemeine Anti-Cheating-Kompetenzen, aber keine Statistik-Kompetenz). Offenbar ist Chess.com da aus Eigeninteresse sehr vorsichtig (was man auch verstehen kann).

      Wenn es aber zu keiner Einigung kommen sollte und dieser Bericht nicht unabhängig überprüft werden kann, muss die FIDE eine eigene Überprüfung vornehmen. Dafür fehlen der FIDE im Online-Bereich die Daten. Dann gäbe es nur eine Konsequenz für die FIDE:

      Da die Daten von Chess.com nicht vorliegen und nicht unabhängig überprüft wurden, gilt Niemann auch bzgl. der Belastungen von Chess.com als unschuldig.

      Das wäre eine neue Überraschung in diesem Fall und ein großer Reputationsschaden für Chess.com.

      Kann jemand den Bericht in der Süddeutschen Zeitung lesen und das Wesentliche zusammenfassen?
    • Chess.com hat bei dem Gericht, bei dem Niemanns Klage eingereicht wurde, beantragt, die Eröffnung des Klageverfahrens abzulehnen.
      Carlsens Anwälte haben offenbar einen ähnlichen Antrag gestellt.

      Begründung von Chess.com: Die Klage sei offensichtlich unbegründet.

      Danach folgt eine Begründung von 27 Seiten.

      Normalerweise dürfen derartige Anträge nur 15 Seiten umfassen, aber das Gericht ließ eine Ausnahme zu, da es ein gemeinsamer Antrag mit Carlsens Anwälten ist.

      Nun können Niemanns Anwälte antworten -- vermutlich gegen diesen Antrag --, woraufhin Chess.com dazu eine kurze Stellungnahme abgeben kann.

      chess.com/news/view/chesscom-f…o-dismiss-niemann-lawsuit
    • Der zuständige Richter Ronnie L. White hat den Fall an eine Kollegin abgegeben.


      "Das US-Gesetzbuch, auf das er sich bezieht, sieht vor, dass ein Richter oder Staatsanwalt von einem Fall abgezogen werden kann, wenn seine Unparteilichkeit in Frage gestellt ist. Meistens handelt es sich dabei um einen Interessenkonflikt, wie z. B. finanzielle Interessen an dem Fall (z. B. als Aktionär eines Unternehmens) oder andere.

      (a) Jeder Richter der Vereinigten Staaten muss sich in jedem Verfahren, in dem seine Unparteilichkeit vernünftigerweise in Frage gestellt werden könnte, selbst disqualifizieren.

      Der Fall wurde dann an die Richterin Audrey G. Fleissig weitergeleitet."

      en.chessbase.com/post/carlsen-…seek-dismissal-of-lawsuit

      Übersetzt mit DeepL.com/Translator (kostenlose Version)




      Siehe dazu auch die Bemerkung von Conrad Schormann.
      Warum es eine mögliche Befangenheit geben könnte, ist unbekannt.

      perlenvombodensee.de/2022/12/0…-niemann-bezahlen-lassen/
    • Eine Zeitlang war es recht ruhig geworden in der Niemann/Carlsen-Affäre. Jetzt hat Hans Niemann in einer erweiterten Klageschrift an das Bezirksgericht in Missouri neue Vorwürfe ins Feld geführt. Es geht u.a. um Vorfälle, die sich im Nachtleben von Mayrhofen während des Europacups zugetragen haben sollen. In der Klageschrift tauchen jetzt auch mehrere neue Namen auf: Aryan Tari, Lawrence Trent und Teimour Radjabov. Hier der Artikel bei den Perlen vom Bodensee: Hans Niemann legt nach
    • “Bis mindestens Oktober”: FIDE hält den Carlsen-Niemann-Bericht unter Verschluss


      "Der ganze Bericht bleibt vorerst geheim. Ein entscheidendes Detail, das in dieser Verschlusssache steht, ist dennoch bekannt: Es gibt keinen Beweis, der Carlsens Betrugsvorwurf gegen Niemann untermauert. Der Informatik-Professor und FIDE-Anti-Cheating-Experte Kenneth Regan hat dieses Untersuchungsergebnis mehrfach öffentlich durchblicken lassen, laut New York Times zuletzt am vergangenen Mittwoch: „Eindeutig nein“ antwortete Regan auf die Frage, ob er einen Beweis für falsches Spiel seitens Niemann gefunden hat."

      perlenvombodensee.de/2023/05/0…bericht-unter-verschluss/

      Was für ein falsches Spiel läuft da gerade ab, bei der FIDE??
    • Als Begründung für die weitere Geheimhaltung wurde der laufende Gerichtsprozess angegeben.

      Das ist aber schwer verständlich. Es wurden offenbar keine weitere Details bekannt gegeben -- haben z.B. alle Parteien um diese Geheimhaltung gebeten? Aus den Äußerungen von Niemanns Anwälten kann man schließen, dass er nicht darum gebeten hat. Hat das Gericht hierum gebeten, da es ähnliche Gutachter um ihre Beurteilung fragt? Unklar. Das Gerichtsverfahren ist ein Privat-/Zivilrechtverfahren. Wieso die FIDE sich davon abhängig macht, ist unklar. Schließlich ist für die Turniere wichtig, ob z.B. einzelne der involvierten Parteien (Niemann? Carlsen?) auf Grund ihres Verhaltens von der FIDE gesperrt werden sollen. Die FIDE lässt das offen; anscheinend ist diese Klärung doch nicht so wichtig? Für die Turniere und für Niemann, denke ich, ist es wichtig.

      Alles in Allem, finde ich, ein sehr bedenkliches Verhalten der FIDE.

      Regan's obige Beurteilung bezieht sich wahrscheinlich auf die Realpartien. Wenn dies nicht nur das Sinquefield-Turnier betrifft, sondern auch frühere Realturniere, ist das eine wichtige Aussage.
      Niemann's Betrug in einer Reihe von früheren email-Partien bei chess.com kann man wohl als nachgewiesen ansehen.
    • Das Wall Street Journal berichtete am 21. Mai über eine skurrile Wendung und Diskussion im Niemann-Carlsen Gerichtsprozess.

      Man mag es kaum glauben, aber vor Gericht ging es in Kürze um Folgendes:

      Es handelt sich um den Superschurken "Thanos" und eine Szene im Science-Fiction-Actionfilm "Avengers: Infinity War" (2018). Aus der Magnus Play Group kam offenbar ein Tweet (inzwischen gelöscht), der diese in der Popkultur bekannte Szene wie folgt abwandelt:

      Gamora: "Wie hast du Magnus Carlsen geschlagen?"
      Thanos: "Das Schachspiel spricht für sich selbst." (Original: "Chess speaks for itself.")
      Gamora: "Was hat es dich gekostet?"
      Thanos: "Alles."

      (Übersetzt mit DeepL)

      Der englische Originalsatz "Chess speaks for itself" stammt von Niemann. Niemanns Anwälte sagen nun, mit diesem Tweet setze die MagnusPlay Group Niemann dem Schurken gleich; dabei sei er Opfer.

      Die Anwälte von Carlsen und chess.com antworteten, die Verwendung derartiger Argumente zeige, dass Niemanns Klage keine vernünftige Rechtfertigung habe.

      Zum Artikel des Wall Street Journal mit einem Bild von "Thanos":

      wsj.com/sports/chess-cheating-…ans-niemann-meme-71a2f744

      Der Artikel ist leider hinter einer Bezahlschranke. Aber es gibt ihn auch auf einer Seite von Carlsen's Anwaltsbüro:

      lw.com/en/offices/admin/upload…hess-Cheating-Lawsuit.pdf

      Die Autoren des Wall Street Journals bemühten sich, wie es sich gehört, um eine objektive Klärung.
      Der Artikel schließt hierzu mit der Mitteilung:

      "Thanos, der Bösewicht, der 1973 zum ersten Mal in Marvel-Comics auftauchte, war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen."
    • "Breaking News":

      Die 100 Millionen Dollar-Klage von Niemann gegen chess.com, Carlsen, Nakamura, Magnus Play-Group und Rensch (einer der Chefs von chess.com) wurde heute abgelehnt. Siehe

      chess.com/news/view/hans-niemann-lawsuit-dismissed

      Am Ende wird ein Link angegeben, auf dem der Verlauf des gesamten Prozesses inkl. eingereichten Dokumenten usw. aufgelistet ist:

      courtlistener.com/docket/65592749/niemann-v-carlsen/

      Dort findet sich am Ende der Text des Urteils mit Begründung (31 Seiten):

      storage.courtlistener.com/reca…rts.moed.198608.149.0.pdf

      Die Seiten 18-31 enthalten die Diskussion des Gerichts. Es findet sich mehrfach die Bewertung, dass (sinngemäß) "auch dieser Teil der Klage von Niemann nicht begründet ist aus den folgenden Gründen ...".

      Wenn ich es richtig sehe, eine vollständige Abweisung.
      Darüberhinaus sind von den 4 Hauptpunkten, auf die sich Niemanns Klage bezieht, zwei endgültig abgewiesen, d.h. können auch anderen Gerichten nicht mehr vorgelegt werden.

      Die Hauptpunkte waren offenbar aus juristischer Sicht nicht genügend unterlegt.
      Eine Anfrage bei Experten wie z.B. Prof. Ken Regan fand offenbar nicht statt.
      D.h., es wurde nicht geklärt oder untersucht, ob es Täuschungsversuche von Niemann in Realpartien gab.

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von Manni5 ()

    • Na, dann könnte die FIDE jetzt ja das Ergebnis ihrer Untersuchung veröffentlichen, nicht wahr?
      Das ist ja getrennt von den Vorgängen um chess.com, und der Rechtsstreit ist abgeschlossen.

      Die FIDE hat ja untersucht, ob Niemann in FIDE-Partien betrogen habe (aus den Äußerungen von Prof. Regan kann man schießen, dass es keinen Beweis hierfür gibt) *und* ob Carlsen's Verhalten ok war.

      Möchte wetten, die FIDE lässt das unter den Tisch fallen.
    • Vor einigen Tagen wurde Vladimir Kramnik von Hans Niemann auf chess.com zu einer 3+2 Blitzpartie herausgefordert. Niemann spielte mit Schwarz die Berliner Verteidigung, gewann in glänzendem Stil und bot ein Rematch an, was Kramnik annahm. Was dann geschah, hat die Gemüter erhitzt und ist inzwischen von vielen Youtubern in Videos thematisiert worden. Die Partie verlief so:

      Hans Niemann - Vladimir Kramnik



      Was will uns das sagen? Hat Kramnik hier erneut nonverbal einen Cheating-Verdacht gegen Niemann geäußert? Kramnik hat jetzt selbst Stellung bezogen mit einer detaillierten Analyse der beiden Partien: