Skandal oder Sommerloch?

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    • Da liegt ja die Problematik der statistischen Semantik.
      Wissenschaftlich sicher bewiesen ist eine Ausage: "Betrug" nicht als wahr, wenn es eine erwiesene Möglichkeit von Irrtum/Zweifel gibt.
      Und sei die nur 0,001.
      Daher ist vor Gericht ja auch ein Richter und kein Rechner / Algorithmus der Urteilsfinder.
      Zweifel 100%ig ausräumen ist nie möglich.
      Selbst Schuldeingeständnisse haben eine recht großen Fehlerquote.
      Und Urteile werden nach menschlichem Ermessen gefällt, nicht nach wissenschaftlichem Beweis.
      Grenzwertig, wie der Fall O.J.Simpson zeigte, wenn da Zweifeln zu viel Raum gegeben wird, durch wissenschaftlich unmöglich auszuschließende Möglichkeiten ala 1:5Mio.
      Bei Betrug im Schach würde ich schon bei 1:10.000 auf "schuldig" plädieren.
      Aber andererseits ist ein Justizopfer durch Fehlbeschuldigung schon eines zu viel.
      Da lieber, aus gutem Grund, Täter laufen lassen ala O.J.Simpson.
      Maruski
    • Habe bisher sehr interessiert den fachlich/sachlich Diskurs wegen Schach verfolgt.
      Jetzt wird es aber vielleicht ein wenig zu sophisticated und entfernt sich vom eigentlichen Thema.

      Sachlich kann ich aber beitragen, dass man Statistik nicht mit Wahrscheinlichkeit verwechseln soll. - Aber, bitte, ohne jetzt darüber zu philosophieren. Nur kurz: Statistik versucht Daten zu sammeln und eine Struktur aufzubauen - Wahrscheinlichkeit will auf bekannten Fakten Vorhersagen bzw. Schlüsse treffen. (sehr grob umrissen). Das eine spiegelt sich im Studium der mathematischen Statistik wider, das andere eher im Jusstudium.

      Aber bitte lieber wieder mehr von diesem Schachproblem
    • Sicherlich eine gute Kritik.
      Aber das Studium der Statistik unterteilt sich in grob zwei Hauptbereiche.
      Deskriptive Statistik, die du anführst und eben auch schließende Statistik, die mithilfe von Wahrscheinlichkeitsrechnung Schätzrverfahren also Beurteilungen von Korrelationen, ermöglicht.
      In dem Schachbetrugs-Problem wird wohl die Zwischenform, die analytische Statistik zur Anwendung kommen.
      Ich bin aber zu lange raus, als das ich da wirklich noch nen Durchblick habe.
      In der Forschung werden spezielle Statistiker beschäftigt, um Korrelationen zu beweisen/finden.
      Und der Zusammenhang eines prinzipiell jedem möglichen, also frei möglichen Zugs mit einer vermuteten Engineunterstützung ist meiner Meinung nach wissenschaftlich unbeweisbar.
      Fide und chess.com werden da eigene Maßstäbe konstruieren müssen. Gesetze also die Grenzwerte beschreiben.
      Alles sehr komplex wie gesagt.
      Maruski
    • @maruski : womit man aber dann in der Disk steht, die vermutl. niemanden (oder sehr wenige) interessiert.
      Was Du sicherlich mit Berechnung der Korrelation meinst, ist der Korrelationskoeffizient der sich zwischen -1 (vollständig negative Beeinflussung)und +1 (vollständig positive Beeinflussung) bei 0 - Merkmale haben keine Korrelation, es sei denn es bestünde eine exponentielle Korrelation) bewegt und sehr genau darüber Auskunft gibt, inwieweit sich 2 Merkmale beeinflussen. Selbst diese Detailberechnung alleine ist nicht sehr einfach.

      Bin zwar auch schon eine Zeit lang beruflich da weg, so ein bissl reichts aber noch. - wenn Du magst können wir gerne übers Forum die Meinung privat austauschen, hat aber mit dem ursprünglichen Problem des Schachbetrugs gar nichts mehr zu tun und - wie gesagt - wird die Mehrheit gar nicht interessieren.

      Aber im kleinen Rahmen durchaus interessant sich auszutauschen.

      Dieser Beitrag wurde bereits 3 mal editiert, zuletzt von franzli ()

    • Wir hatten damals Spezialisten für alles mit SPSS.
      Ich habe Datenerhebung/Fragebogenkonstruktion gemacht und Studenten darin geschult .
      War kein Statistiker.
      Nur habe ich bei der C19 Diskussion schon gelernt, dass es im Volke, obwohl für Laien (was ich bei sowas sicherlich mittlerweile bin) undurchschaubar, solide Meinung zur Datenerhebung und daraus gewonnenen "Erkenntnissen" gibt.
      Mir ein Rätsel wie die alle so klug sein können im Volke.
      Karl Lauterbach tat und tut mir leid.
      Und alle die, die Schachbetrüger mathematisch überführen wollen auch.
      Ach ja, ich bin dezidiert kein Statistikfan, da sie für das Individuum in seinen Handlungen meist total belanglos ist.
      Maruski

      PS: Im Niemann/MC Fall ist fur mich das Drumherum viel entlarvender und ich kann MC verstehen.
      Allerdings hätte er auch stillhalten können und eine Falle konstruieren sollen, find ich.
    • Habe mir ein paar Reddit-posts angesehen, wo auch Datenexperten ihre Meinung äußern.

      Die überwiegende Meinung ist, dass die bisherigen Daten zu Niemann wie z.B. von Yosha Iglesias (das betraf die Zahl der 100 % - Spiele von Niemann) bei Weitem nicht ausreichen. Es ist nicht genau angegeben, wie sie die Daten erhalten hat. Ferner besteht die Vermutung, dass die Prozentangaben für Carlsen bzw. Niemann auf unterschiedliche Art und Weise erhoben wurden. Das reicht hinten und vorne nicht.

      Das heißt, das Ganze muss sorgfältig gemacht werden, mit einem exakten Vergleich einer Vielzahl von GM's und von Spielern vergleichbarer Spielstärke wie Niemann, möglichst im selben Zeitrahmen, sowie mit unterschiedlichen Engines. Danach müssen sich IM's oder besser GM's die evtl. verdächtigen Partien ansehen und herausfinden, was für bzw. gegen Niemann sprechen könnte. Das ist aufwändig, ja, aber durchaus machbar, da auch von Realspielen genügend viele Daten in elektronischer Form vorliegen.

      Das einzige Vernünftige, was diesen Ansprüchen genügt, ist bisher die Analyse von Prof. Regan. Und er beurteilte Niemanns Spiele und Ergebnisse als unauffällig. Evtl. gibt es aber Punkte, die er nicht betrachtet hat -- dafür muss die obige Analyse erfolgen. Und eine derartige unabhängige Kontrolle von Regan's Methoden kann sicherlich nicht schaden.
    • Die Methode, Cheating-Prüfanalysen mit Let's Check zu machen, ist m.M. zumindest fragwürdig.

      Statt,dass immer die gleiche Engine in der gesamten Partie für alle Züge Platz 1 ausweisen muß, muß nur irgendeine Engine einen Platz 1 für jeden Zug der Partie ausweisen!! In der Summe heißt das, die "100%" stammen von diversen Engine's. Somit mit unterschiedlichen Eigenschaften und Parametern,die dazu noch Userbeeinflusst sein können!

      Je mehr User (bzw. Engine's) die Partie analysieren, je höher wird auch die Wahrscheinlichkeit, dass Züge somit ungewollt zu Platz 1 Zügen werden.

      Außerdem besteht auch eine gewisse Gefahr absichtilcher Manipulation.
      Der Account "Gambit-man" taucht z.B. auch häufig bei den Analysen auf, wohl teilweise mit mehreren Engine's bei einzelnen Zügen!
      Kläger und Richter in einer Person!??

      reddit.com/r/chess/comments/xq…orrelation_value_are_not/




      Hier zeigt ein amerikanischer National Master sehr sachlich, dass eine der 100% Partie eine gewisse "innere Logik" enthält, und dadurch die Züge nachvollziehbar werden.Das Ganze basiert auf der Taktik der ungedeckten Dame auf der weißen Grundlinie.

    • Ich tippe mal, dass der Betrug, vom Wesen des Tatbestandes her, nie beweisbar sein wird, aber MC "weiß", dass er betrogen wurde.

      Klassisches Dilemma, wenn es an jedem "Beweis", ala O.J.Simpson Mordfall, Zweifel geben kann, die beim Schach aus der immer bleibenden Möglichkeit kommen, dass jeder legale Zug beim Schach von jedem Spieler spielbar ist.
      Anfänger bis Großmeister können mit e4 anfangen und dann alle möglichen Züge eben auch spielen.
      Zufällig, großmeisterlich oder aber auch engineunterstützt - jeder Zug sieht gleich aus.

      Einzig vernünftige Lösung ist dann - niemals wieder gegen Niemann spielen.
      Bingo.
      Maruski
    • dangerzone schrieb:

      Hier zeigt ein amerikanischer National Master sehr sachlich, dass eine der 100% Partie eine gewisse "innere Logik" enthält, und dadurch die Züge nachvollziehbar werden.Das Ganze basiert auf der Taktik der ungedeckten Dame auf der weißen Grundlinie.

      Gerade Zug 15 ist der entscheidende Zug, welcher eher für einen Computerzug spricht, denn ganz nüchtern betrachtet und ohne Computerhilfe denkt man doch, dass weiß nach 16. bxc3 besser steht und der Springerzug von schwarz ein Fehler war.

      Diese Partie als Beleg anführen zu wollen, dass hier kein Programm genutzt wurde trotz 0 Fehler wird daher durch den Einstiegszug in diesen Aufbau widerlegt.
    • Naja, das kommt auf das Niveau an. Man muss auf die Idee kommen, die aus nur 3 Zügen besteht. c4 zu probieren, um den weißen Läufer zu fangen, liegt nahe. Ebenso ein Springerabzug, da der Lb7 den Te4 angreift.
      Der österreichische Meister Hans Müller würde sagen, dass es die Technik des "Röntgenblicks" verwendet (die schwarze Dame zielt auf die ungedeckte weiße). Nach der Idee ist es nicht mehr schwer, die Korrektheit zu überprüfen.

      Niemann war gerade GM geworden -- da ist in einer Normalpartie diese dreizügige Idee "schön", aber für einen GM und Angriffsspieler sehr machbar. Der amerikanische Kommentator (vermutlich Meister-Niveau, aber unter IM) nennt die Idee einen "netten kleinen Trick". Der Rest könne in einer Blitzpartie von guten Spielern vorkommen.

      Die Partie wird nicht als Beleg angeführt, dass kein Programm genutzt wurde.

      Sie wurde von Anderen als "verdächtig" eingestuft und die Computeranalyse zeigt 0 Fehler. Der Kommentator erklärt, dass dies vorkommen kann und für bestimmte Partieentwicklungen und GM-Niveau nichts Besonderes ist. Es ist ein Beleg, dass man sich die Computeranalysen noch mal genauer ansehen muss. Übrigens hat auch der Weiße eine sehr hohe Genauigkeit.

      Es gibt wesentlich schwierigere Kombinationen. "Computerzüge" sind solche, bei denen mehrere Möglichkeiten bestehen und man sehr tief rechnen muss, um sie zu verstehen. Der wirkliche Grund zeigt sich erst sehr spät.

      PS Oder stammt der "Röntgenblick" von Kurt Richter?

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von Manni5 ()

    • Die FIDE hat ihr Untersuchungsgremium bestimmt, das für die Fair-Play-Kommission die Affäre Niemann - Carlsen untersuchen wird. Es besteht aus:

      - WIM Salomeja Zaksaite (Litauen) als Vorsitzende; sie ist auch Vorsitzende der Fair-Play-Kommission; Sport-Strafrechtlerin und Kriminologin, Promotion 2012 mit dem Thema "Verbreitung und Präventionsprobleme des Betrugs im Sportbereich", weitere Forschung in diesem Bereich; Elo 2194 (beste Elo 2336);
      - Vinzent Geeraets, Assistenzprofessor an der Jura-Fakultät der Freien Universität Amsterdam; Elo 1967
      - Klaus Deventer, Internationaler Schiedsrichter; Vorsitzender einer Berufungskammer beim Landesarbeitsgericht Hamm; hat sich laut Internet bei der FIDE im Bereich Cheating-Bekämpfung engagiert;
      Elo/DWZ konnte ich nicht finden

      --- bestimmt kennt ja jemand Klaus Deventer?

      Das Untersuchungsgremium kann (und wird, denke ich) weitere Experten hinzuziehen.

      Chess.com hat angekündigt, kommende Woche ihre eigenen Untersuchungsergebnisse bekannt zu geben.

      chess.com/news/view/carlsen-niemann-fide-investigatory-panel

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    • Die Twitter-Ankündigung von Chess.com (siehe auch obiger Link):

      twitter.com/chesscom/status/1576269271579365376/photo/1

      "Dear Chess Community,

      This weekend we are finalizing a thorough investigation into the events of the last few weeks.

      We will share the entirety of our findings with you next week. We know you are eager for answers, and it's important that we are meticulous in our research and conclusions. We look forward to discussing it with you in the coming days.

      Danny Rensch
      Chief Chess Officer
      Chess.com "


      "Liebe Schachgemeinschaft,

      an diesem Wochenende schließen wir eine gründliche Untersuchung der Ereignisse der letzten Wochen ab.

      Wir werden Sie nächste Woche über alle unsere Ergebnisse informieren. Wir wissen, dass Sie begierig auf Antworten sind, und es ist wichtig, dass wir bei unseren Nachforschungen und Schlussfolgerungen akribisch sind. Wir freuen uns darauf, sie in den kommenden Tagen mit Ihnen zu diskutieren.

      Danny Rensch
      Chief Chess Officer
      Chess.com "

      Übersetzt mit DeepL.com/Translator (kostenlose Version)

      *******************************************
      Chess.com hat Niemann sehr schnell gesperrt. Gewöhnlich halten sie ihre Ergebnisse geheim, auch zum Schutz der beschuldigten Spieler. Obiges erfolgt bestimmt in Absprache mit FIDE, vermutlich weil das öffentliche Interesse so groß ist, dass die Bekanntgabe gerechtfertigt erscheint. Ob es mit Niemann abgesprochen ist?

      Die "Ergebnisse" können vermutlich nur bedeuten, dass sie etwas gefunden haben ...?
      Ist Spekulation, aber dann wäre die Frage: wie viel? wie wichtig waren die online-Partien?
    • Ich vertraue da der FIDE Untersuchung.


      Auf Fairplay von chess.com sollte man wohl nicht allzuviel geben.

      "Die Schachseite hat VICE ihren E-Mail-Verkehr mit Dlugy zugespielt, nachdem der beim Betrug auf chess.com erwischt worden war. In den E-Mails gesteht Dlugy falsches Spiel und bittet um Vergebung."

      "Pikant an den E-Mails, die chess.com dem Magazin zugespielt hat, ist diese Zusicherung Renschs: „Was du gestehst, bleibt unter uns.“ "


      perlenvombodensee.de/2022/09/3…icht-gestaendnisse-durch/
      vice.com/en/article/z34qz8/che…g-on-chesscom-emails-show
    • dangerzone schrieb:

      Ich vertraue da der FIDE Untersuchung.

      hm sorry das ist dann naiv von dir gedacht.

      Die FIDE wird nie offen zugeben, dass es ein Betrugsproblem beim Schach gibt, welches man nicht beseitigen kann.
      Dies wäre der erste Verband im Sport der sowas überhaupt zugeben würde.

      Vergleich mal den Radsportverband, welcher den Betrüger Armstrong solang wie möglich in Schutz genommen hatte.
      Sie hatten eher die Laboren angegriffen die Armstrong positiv getestet hatten.

      Beim Fußballverband sieht es mit ihren Skandale eigentlich genauso aus. Der Fußballverband tut nicht mal was gegen Doping.

      Warum sollte die FIDE hier anders sein besonders wenn du auch noch Quellen bringst, die die das Problem der FIDE eindrucksvoll wiederspiegeln.
    • Besten Dank @dangerzone für den Link zu den Dlugy-emails. Es war interessant zu sehen, dass Chess.com einem überführten GM bei vollem Geständnis ein 2. Konto unter anderem Namen gibt, aber nur mit sehr eingeschränkten Nutzungsrechten (ohne Turnierteilnahme mit Geld u.Ä.).

      Es sieht nach Durchstechen von emails aus, aber ich bin mir insbes. über die angesprochene Zusicherung nicht ganz sicher. Die Zusicherung von Rensch in seiner mail vom 5. Sept. 2017 bezieht sich wohl auf die Geständnisse der Cheating-Vorfälle, die noch fehlten, d.h. die Dlugy noch nicht zugegeben hatte. Diese Vorfälle sehe ich in den emails nicht. Die emails scheinen sich auf andere Vorfälle zu beziehen. Daher sind die zusätzlichen Cheating-Vorfälle von 2017 nicht bekannt gegeben und die Zusicherung ist formal eingehalten?

      Die Bekanntgabe der emails sieht allerdings sehr seltsam aus. Vielleicht hat Dlugy vorher zu etwas Stellung bezogen. So war es zumindest bei Niemann: er sagte etwas gegen Chess.com, wieso sie ihn nach dem Sinquefield-Cup abermals gesperrt hätten, danach machte Chess.com publik, dass er offenbar mehrmals auf Chess.com gecheatet hatte, auch bei Turnieren.

      D.h., wenn ein Cheater sich über Chess.com beklagt, hat er gegen das Stillhalten verstoßen und Chess.com macht einige Aspekte publik. Knallhart aber konsequent.
    • Manni5 schrieb:

      Die wirtschaftlichen Vorgänge mit chess.com hätten auf seine Turnierrückzug-Entscheidung sicher keinen Einfluss gehabt.

      Ich frage mich, warum er (Caruana) von sich aus, das Thema (Übernahme der PMG durch chess.com) anspricht?!

      a) Er will den Focus von Carlsen auf die Cheatingbekämpfung untermauern
      b) Es gibt doch einen wirtschaftlichen Zusammenhang und der wird runtergespielt
      c) Eine Kombination aus a + b

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    • dangerzone schrieb:

      Ich vertraue da der FIDE Untersuchung.
      Wie kann man die FIDE-Untersuchungskommission (s.o. Skandal oder Sommerloch?) und den Rahmen einschätzen?

      1. Die drei Mitglieder sind anerkannte Juristen. Sie haben zusätzliche tiefe Kenntnisse im Sportrecht und im Bereich Cheating und sind gute Vereinsspieler.

      2. Sie haben offenbar keine vertieften Kenntnisse im Bereich Statistik, Informatik, Datenauswertungen.

      3. Prof. Ken Regan hat laut Webseite, neben einer Reihe von Publikationen im Bereich Theoretische Informatik, mindestens 11 wissenschaftliche Arbeiten zum Thema Schach, Evaluierung, Spielauswertung, die in anerkannten internationalen Fachtagungen nach Begutachtung publiziert wurden. In diesem Fachgebiet ist er die führende wissenschaftliche Kompetenz.
      Ferner hat er als IM eine ganz andere schachliche Klasse, wenngleich nicht das Niveau und Spielverständnis eines GM oder gar eines Top-GM.

      4. Die publizierten "Beobachtungen" zu Computerauswertungen von Niemanns Spielen haben, im Vergleich, laienhaftes Niveau. Vor Gericht sind sie in dieser Form nicht verwertbar.

      Folgerung:

      5. Die FIDE-Untersuchungskommission wird sich also an die wissenschaftlich begründete Beurteilung von Prof. Regan erhalten, und vermutlich auch an die Beurteilung von Chess.com zu Niemanns dortigen Online-Spielen. Vielleicht holen sie auch eine Stellungnahme eines GM ein.

      Prof. Regan hat für die letzten 2 Jahre auch Online-Spiele von Niemann bei Chess.com untersucht (Resultat: keine Auffälligkeit). Man kann gespannt sein, ob die angekündigte Stellungnahme von Chess.com sich damit überschneidet und ob sie zu einem anderen Resultat kommen.
    • Ich wage mal folgende Prognose:

      chess.com wird der FIDE-Kommission den gesamten eMail-Verkehr mit Niemann und die Ergebnisse ihrer Cheating-Analysen der Niemann-Partien zur Verfügung stellen. Die FIDE-Kommission wird (nach Konsultation externer Experten wie Ken Regan) konstatieren, daß diese Ergebnisse stichhaltig sind, Niemanns Betrug auf chess.com also als erwiesen anzusehen ist.

      Carlses Vorwürfe sind deshalb nicht unbegründet, und es wird keine Strafe gegen Carlsen verhängt.

      Spannend wird es eher bei der Frage, wie die Kommission Niemanns Verhalten sanktioniert. Falls es zu den OTB-Partien keine neuen Erkenntnisse gibt, wird er hier wohl trotz gewisser Auffälligkeiten (live übertragen versus nicht live übertragen, wichtig für die GM-Normen versus nicht relevant dafür) nach dem Prinzip "in dubio pro reo" freigesprochen werden, weil das Cheating ihm hier nicht nachgewiesen werden kann. Und der Betrug auf einer Online-Plattform (und nur der kann ihm nachgewiesen werden) fällt bisher nicht unter die Jurisdiktion der FIDE. Niemann wird also maximal einen Tadel für sein Cheating auf chess.com erhalten, aber keine Sperre.

      Die Kommission wird eine Empfehlung aussprechen, daß Fälle von Account-Sperrungen wegen Online-Cheating künftig von den Plattformbetreibern auch an die FIDE gemeldet werden müssen, und daß die FIDE in diesen Fällen auch Sperren für diese Spieler bei OTB-Turniere aussprechen kann.

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von Schroeder ()