Skandal oder Sommerloch?

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    • In der FAZ vom 08.09.2022 nimmt sich prominent im Feuilleton (Print und hinter der Bezahlschranke online) einer der Herausgeber des Sachverhaltes an. Der sprechende Titel des Artikels: *Auch Könige müssen Beweise vorlegen*. Wenn hier einer der Spieler in Erklärungsnot ist, dann, so die Schlussfolgerung des Artikels Jürgen Kaubes, ist es Magnus Carlsen, der die Kiebitze munter spekulieren lässt, was er denn mit seinem obskuren Tweet gemeint haben könnte. Der Vorwurf elektronischen Betruges ist im Schach die schlimmste Form der Rufschädigung, erst recht, wenn er gar nicht zutrifft. Daher sollte Carlsen, wenn er etwas Belastbares in dieser Richtung zu sagen hat, dies tun und keinesfalls eine Gerüchteküche anheizen. Als sei ein Sieg eines Spielers mit knapp 200 Elopunkten weniger gegen ihn nur über digitalen Betrug zu erklären.
    • Ob Hans Moke Niemann betrogen hat, kann ich nicht beurteilen.Das er es früher, nach eigenem Eingeständnis, im Onlineschach gemacht hat, ehrt ihn zumindest nicht gerade.

      Was für mich aber gar nicht geht, ist das Verhalten von Magnus Carlsen.
      Meiner Meinung nach, hat er zum zweiten mal in kurzer Zeit, dem Schach einen absoluten Bärendienst erwiesen!

      Wenn er einen Verdacht hat,hätte er sich diskret an die Organistoren des Turniers wenden müssen.

      Die nach der 3.Runde eingeführte strenge Verschärfung der Prüfung, auf eventuell vorhandene elektronische Geräte und das zeitversetzte Übertragen der Partien (15 Minuten Delay, richtet sich gegen eventuelle Helfer von außen),wären so viel wirksamer und überraschender im Effekt gewesen. Und somit auch aussagekräftiger!
    • Carlsen hat die Geschichte um Niemann ja vorher gewusst.

      Konsequent wäre demnach gewesen,
      wenn Carlsen erst gar nicht zu diesem Turnier angereist wäre.
      Man muss sich das doch nicht antun, gegen einen überführten Cheater,
      in so einem Turnier anzutreten.

      Selbst wenn Niemann jetzt bis zu seiner Rente ehrlich spielt... ich würde gegen so einen linken Spieler nie (wieder) spielen.

      Fern ab von Turnieren soll Niemann von mir aus spielen, aber als Veranstalter,
      würde ich Niemann von solchen Turnieren auf Lebenszeit ausschließen.

      Vor allem auch, um das Turnier wegen solch möglicher Aussetzer,
      wie bei Carlsen nicht zu gefährden.

      Es kann ja durchaus sein, das Niemann ehrlich gespielt hat, aber wer glaubt ihm das,
      nach dem was er sich früher mal geleistet hat.

      Nachdem was The Big Greek sagt, haben beide Spieler kleinere Fehler im Spiel gemacht,
      also könnte Niemann fair gespielt haben und TBK äußert das auch so.

      Trotzdem ist der Name Niemann auf Lebenszeit "verbrannt" und das hat er sich selbst zuzuschreiben.

      The post was edited 2 times, last by HO2 ().

    • @dangerzone

      Wir wissen schon auf der Arena wie schwer es ist Progger zu überführen, obwohl viele gut Schachspieler schon wesentlich früher wissen, ob die Person betrügt oder nicht.
      Sie können aber halt nur Indizien vorbringen.
      Im echten Schach ist es noch schwerer, weil du auch noch beweisen müsstest, wie er an die Infos des Programms kommt.
      Außerdem kann immer das Argument kommen, dass man sich vorbereitet hatte auf die Eröffnung.

      Das Weiß Carlsen auch, deswegen sagt es es nicht offen, weil er es nicht beweisen kann.
      Er kann nur Indizien nennen, die allerdings kein Beweis sind.
      Die aussage von Niemann nach der Partie sprechen allerdings für Betrug, denn er will ausgerechnet vor der Partie sich nochmal genau diese Variante angeschaut haben, welche so gut wie nie gespielt worden ist?
      Es kann natürlich sein, aber es ist doch sehr unglaubwürdig.

      Das Problem beim Schach ist eigentlich die fortschreitende Technik, welche irgendwann den Schachsport kaputt machen wird.

      Man kann Schach gerne mit der Tour de France vergleichen.
      Es war jahrelang eigentlich klar, dass Armstrong nur mit Doping seine Tourerfolge gewonnen hatte, aber erst sehr viel später konnte es mit neuen Techniken bewiesen werden.

      The post was edited 1 time, last by Gambitspieler ().

    • Gambitspieler wrote:

      Das Problem beim Schach ist eigentlich die fortschreitende Technik, welche irgendwann den Schachsport kaputt machen wird.

      Vergiß bitte nicht die menschliche Komponente. Wenn sich angeblich 2 GM's dazu hinreißen lassen, in ihrem Stream Mutmaßungen darüber anzustellen, dies könnte mittels xxx-Toy erfolgt sein, sind wir davon nicht mehr weit entfernt.
    • Statement von Garry Kasparov


      "Carlsen’s withdrawal was a blow to chess fans, his colleagues at the tournament, the organizers, and, as the rumors and negative publicity swirl in a vacuum, to the game. The world title has its responsibilities, and a public statement is the least of them here.
      — Garry Kasparov (@Kasparov63) September 8, 2022
      "

      twitter.com/Kasparov63/status/…83136?ref_src=twsrc%5Etfw

      indianexpress.com/article/spor…-withdrawal-saga-8140172/






      Deutsche Übersetzung mit deepl.com

      "Carlsens Rückzug war ein Schlag für die Schachfans, seine Kollegen beim Turnier, die Organisatoren und - da die Gerüchte und die negative Publicity in einem luftleeren Raum brodeln - für das Spiel. Der Weltmeistertitel hat seine Verpflichtungen, und eine öffentliche Erklärung ist hier das Mindeste davon."
    • Niemann's Interview fand ich ansprechend. Dasselbe Gefühl hatten offenbar GMs Svidler und Sareiwan (siehe Live-Übertragung aus dem St Louis Sinquefield Cup).

      Genau genommen gibt es nicht einmal Indizien dafür, dass er betrogen hätte.
      Es ist nur ein seltsames Gefühl, gepaart mit einem Fehler, als er 16 war.

      -- Erst nun gesehen: chess.com behauptet, Niemann hätte öfter auf ihrer Seite betrogen.
      Siehe oben post von @Gambitspieler . Aber chess.com möchte ihm ermöglichen, dass er weiter auf ihrer Seite spielen kann. Mal sehen, was Niemann dazu sagt. --

      Man kann auch so argumentieren: Er hat die letzten Jahre sehr viel an Schach gearbeitet. Dann erfolgt irgendwann eine meist sprunghafte Verbesserung. Auf diesem Niveau ist das selten, aber kommt mitunter vor. Gerade Newcomer wirbeln die traditionellen Turniere mit den standardmäßig eingeladenen Super-GMs mitunter durcheinander.- Es bleibt also ("nur") der Fehler als 16-jähriger auf der chess.com-Seite, zu dem er sich bekennt und sehr entschuldigt.

      Kasparows Anmerkungen finde ich treffend.

      The post was edited 1 time, last by Manni5 ().

    • Endstand des Sinquefield-Turniers, (Modus: jeder gegen jeden):

      1. Firouzja 5/8
      2. Nepomniatchi 5/8

      3. So 4,5/8
      4. Caruana 4,5/8

      5. Dominguez 4/8
      6. Niemann 3,5/8

      7. Aronian 3,5/8
      8. Mamedyarov 3/8

      9. Vachier-Lagrave 3/8

      Da Carlsen sich früh vom Turnier zurückzog, wurden seine Partien für das Turnier annulliert.

      Firouzja hatte 3 Gewinne, 4 Remis, 1 Verlust (gegen Nepo).
      Nepo hatte 2 Gewinne und 6 Remis.
      Beide spielten mit Schnellpartien einen Stichwettkampf, den Firouzja mit 1,5 : 0,5 gewann.

      Damit hat Firouzja den Sinquefield-Cup (1. Preis: 87.500 Dollar) und auch die Grand Chess Tour (1. Preis: 100.000 Dollar) gewonnen.

      Bereits unmittelbar vorher hatte er auch das Schnell- und das Blitzturnier in St. Louis gewonnen.

      Niemann erzielte 1 Gewinn, 5 Remis, 2 Verluste sowie den Gewinn gegen Carlsen. Nach dieser Partie folgten Remise bzw. die beiden Verluste.

      chess-international.com/?p=61944
    • Ich möchte noch 2 eher allgemeine Punkte zu Niemann anmerken.

      Er ist erst 19 Jahre alt.So gesehen, fand das von ihm eingeräumte Cheating (bei Onlinepartien) erst vor 3 Jahren statt.Absolut betrachtet, ist das noch nicht lange her.Andererseits ist er auch damit noch relativ jung,wo sich die Spielstärke durchaus noch stark in kurzer Zeit ändern kann.

      Zweitens, hat er auch eine Blitzspielstärke, die der allgemeinen Spielstärke etwa ähnelt.
      Die Stärke im Blitz wird in "solchen Fällen" oft als Vergleichsbasis hinzugezogen und betrachtet.

      ratings.fide.com/profile/2093596/chart
    • DrB wrote:

      Kann auch sein, dass Carlsen seinen Gegner nicht so gut kannte.

      Ich denke, dass kann man ausschließen.


      Die Spieler Magnus Carlsen und Hans Moke Niemann trafen im Jahr 2022 schon mehrmals aufeinander.

      So berichtete @Schroeder über den Charity Cup (19.-26. März 2022).Das Match ging 2,5:0,5 für Carlsen aus.
      Meltwater Champions Chess Tour (19. Februar - 20. November 2022)


      Aber auch im August 2022, also erst vor wenigen Wochen,saßen sich beide Spieler bereits gegenüber.

      Im Rahmen des FTX Crypto Cup in Miami, trafen sie sie in der Runde 2 aufeinander.
      Die 4 Partien endeten mit 3:1 für Carlsen.

      Die Partien waren 15 Minuten Schnellpartien, mit einem 10 Sekunden Inkrement nach jedem Zug.
      Sie saßen sich dabei zwar gegenüber, spielten aber dennoch "Online".
      Sie wurden in der Chess24 Playzone ausgetragen.
      app.fide.com/upload/17369/edab…3cd7576d1200465194ea8.jpg


      Die entsprechenden PGN-Dateien habe ich bei Chess.com gefunden.

      (Die dortige Ergebnisanzeige (bei Chess.com) im Browserfenster ist aber widersprüchlich zu den Angaben in den PGN-Dateien?!
      Sie werden dort mit (gegenüber den PGN) abweichenden Farben und Ergebnissen angegeben.)

      Mithilfe der Textkommentare auf der Fide-Seite konnte ich die Reihenfolge der Partien 1 und 3, jedoch zuordnen.
      Welche Partie 2 und welche Partie 4 waren, konnte ich nicht klären.




      1. Partie:

      Carlsen - Niemann 0-1
      chess.com/games/view/16232253




      Partie 2 oder 4 (?) :

      Niemann - Carlsen 0-1
      chess.com/games/view/16233017




      3. Partie:

      Carlsen - Niemann 1-0
      (Carlsen eröffnet mit 1. a3)
      chess.com/games/view/16231805




      Partie 4 oder 2 (?) :

      Niemann - Carlsen 0-1
      chess.com/games/view/16232101




      Quellen:

      chess.com/news/view/ftx-crypto-cup-2022-round-4
      chess.com/players/hans-moke-niemann

      fide.com/news/1923 (Runde 2 / Tag 2)
      fide.com/news/1922 (Runde 1 / Tag 1)

      chess24.com/en/embed-custom-to…-tour-ftx-crypto-cup-2022
      chess24.com/tour/
    • dangerzone wrote:

      (Die dortige Ergebnisanzeige (bei Chess.com) im Browserfenster ist aber widersprüchlich zu den Angaben in den PGN-Dateien?!Sie werden dort mit (gegenüber den PGN) abweichenden Farben und Ergebnissen angegeben.
      Das mag ein Detail am Rande und vielleicht auch ein Zufall sein.Wenn man aber jemand Betrug (Cheating) vorwirft, sollten in meinen Augen zumindest die gemeldeten Ergebnisse dieses Spielers korrekt sein.

      Hans Moke Niemann_vs_Magnus Carlsen_2022.08.16(1).pgn
      Hans Moke Niemann_vs_Magnus Carlsen_2022.08.16.pgn
      Magnus Carlsen_vs_Hans Moke Niemann_2022.08.16(1).pgn
      Magnus Carlsen_vs_Hans Moke Niemann_2022.08.16.pgn
    • Nun werden Niemann und seine Partien und Ergebnisse genau untersucht, und täglich gibt es neue Äußerungen.

      Das Folgende finde ich überraschend.

      Eine Twitter-Meldung von "Atlanta Kings" listet Niemanns Turniere in den USA von 2019-2020 auf, die Zeit, in der er GM wurde. Dabei wurden 9 Turniere live im Internet übertragen, 10 nicht.

      Resultate:

      Bei allen live im Internet übertragenen Turnieren war Niemanns Performance (= Turnierleistung) 2.495 oder besser (meist deutlich besser), mit Durchschnitt 2.610,
      bei allen nicht live übertragenen Turnieren war sie stets unter 2.475, mit Durchschnitt 2.404.

      Eine Konsequenz hiervon ist:

      In allen live übertragenen Turnieren verbesserte Niemann sein USCF-rating, bei den anderen verschlechterte er es.

      Siehe die Tabelle ganz am Ende von

      chessdom.com/new-allegations-w…ter-with-live-dgt-boards/

      In dieser Konstanz ist das seltsam, oder?
      Im Nachhinein ist es sehr schwer etwas nachzuweisen.
      Ich weiß nicht, ob dies alle Turniere sind, die er in dieser Zeit gespielt hat.

      *****************************************

      Der Ukrainische Fide-Meister Andrii Punin hat sich Niemanns Partien in 14 Turnieren angesehen, als er Elo zwischen 2450 und 2550 hatte, also GM werden wollte. Punin hat sich insbesondere Stellungen angesehen, in denen beide Spieler noch eine Gewinnchance haben. Er stellt fest:

      In Partien, die für sein Ziel wichtig sind, spielt er phantastisch. So habe er in mehreren Partien 20-30 Züge lang hintereinander die laut Stockfish besten Züge gespielt, also besser als der Weltmeister.
      In den anderen Turnieren spielte er entsprechend seiner Elo-Zahl.

      Vielen Top-Spielern war dies bewusst, und Top-GM Svidler hat bestätigt, dass es hierüber Diskussionen gab.

      norway.postsen.com/sports/4550…s-%E2%80%93-Crushing.html

      Vielleicht stachelt ihn die Chance und Herausforderung ja an und dadurch spielt er besser? Klingt trotzdem für mich seltsam.