Adventskalender 2022

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    • Adventskalender 2022

      Hier kommen nur eure Geschichten und Gedichte für den Kalender rein.
      Kommentare und Bemerkungen bitte hier rein: Adventskalender 2022 Kommentare und Bemerkungen

      1.Türchen
      Mit dem Herzen sehen

      Unter tausend Kleiderschichten begraben, saß er vor dem Kaufhaus. Seine schmutzige Hand umklammerte einen Pappbecher und hin und wieder klapperte eine Münze hinein, die ihm ein eiliger Passant im Vorbeihasten hinwarf.

      Sein Gesicht war von Furchen durchzogen, Spuren eines Lebens in dem es tiefe Täler gegeben hatte. Dreckig waren Kleider, Haare und Haut und wer ihm zu nahe kam, wurde von seinem Geruch schnell wieder auf Abstand gehalten. Doch allzu viele waren es nicht, die nahe genug an ihn heran traten um den Gestank wahrzunehmen.

      Es war ein kalter Dezemberabend und die Menschen hasteten auf der Suche nach Konsum und Geschenken – was im Grunde auch das Gleiche war – durch die Geschäfte der Einkaufspassage vor der er kauerte.

      Ihm war kalt und auch seine Kleiderschichten konnte die klirrende Dezemberkälte nicht davon abhalten ihm tief in die Knochen zu dringen.

      Wenn die Menschen ihn wahrnahmen sahen sie einen Bettler, einen Penner, Obdachlosen oder Verwahrlosten auf dem Boden kauern. Einen Schnorrer oder Schmarotzer wurde er gelegentlich auch genannt. Und er selbst hatte keinen besseren Namen für sich. Was er einmal gewesen war, wer er einmal gewesen war, schien unwichtig geworden zu sein.

      Wann ihn zum letzten Mal jemand mit seinem Namen angesprochen hatte, konnte er nicht mehr sagen. Was waren schon Namen, dachte er, in einem Moment der Trübsal.

      Das Leben hatte ihm übel mitgespielt und irgendwann hatte er die Kraft für die großen und kleinen Spielchen verloren und hatte aufgegeben. Langsam, Stück für Stück, war das Leben, das er einst besessen hatte weggebrochen und mit seiner Wohnung, seinen Freunden und seiner Familie war irgendwann auch sein Name und seine Würde verschwunden.

      Nun war er der Penner, der Alte, der Zottelbart der immer an dieser Stelle saß und bettelte. Vorsichtig pustete er in seine Hände um sie ein wenig aufzuwärmen. Da bemerkte er ein kleines Kind das einige Meter von ihm entfernt stand und ihn anstarrte.

      So bewusst hatte ihn schon lange niemand mehr betrachtet und plötzlich schämte er sich für den Anblick den er bieten musste. Nachdenklich legte das Kind den Kopf schief und schien intensiv nachzudenken. Dann zupfte es seine Mutter an der Hand und flüsterte ihr etwas ins Ohr. Nun starrte auch sie ihn an. Ihr Blick musterte ihn abwertend. Dann ging die geflüsterte Unterhaltung unterbrochen von gelegentlichen Seitenblicken auf ihn weiter. Die Mimik der Frau veränderte sich während des Gespräches und wurde weicher.

      Schließlich kamen die Beiden Hand in Hand zu ihm. „Weißt du,“ sprach das Kind ihn an. „Ich darf mir heute etwas aussuchen.“ Der Alte nickte und murmelte: „Lass mich raten: du hast bestimmt ganz viele Wünsche.“ Das Kind nickte. „Du auch?“ Nachdenklich sah der Alte das Kind an. Ob er Wünsche hatte? Abends eine Schlafmöglichkeit die halbwegs warm war, genug Geld um nicht zu hungern. An größere Dinge wagte er nicht zu denken. Abwartend sah das Kind ihn an. Um es nicht hinzuhalten, murmelte er: „Ein heißer Kaffee und ein warmer Ort zum Schlafen. Mehr brauche ich nicht.“

      Das Kind lächelte ihn an und warf ihm eine Münze in den Becher. Dann folgte es seiner Mutter ins Kaufhaus.

      Lange blickte der Alte dem Kind nach. Ohne es zu wissen, hatte es ihm ein Geschenk gemacht. Es hatte ihn wahrgenommen. Unter all dem Dreck hatte es einen Menschen erkannt.

      Eine Stunde mochte vergangen sein und noch immer dachte der Alte an das Kind. Da tippte ihm plötzlich jemand auf die Schulter. Da stand es wieder, voll beladen mit Einkaufstüten. „Ich habe mir was aussuchen dürfen.“ wiederholte es glücklich lächelnd. „Dann wünsche ich dir viel Spaß mit deinen Sachen,“ erwiderte der Alte und lächelte dem Kind zu. „Nein, ich wünsche dir viel Spaß mit deinen Sachen.“ Antwortete dieses und legte einen warmen Schlafsack und eine dicke Jacke vor dem Alten ab. „Weißt du, was meine Mama mir immer sagt bevor ich abends schlafen gehe?“ fragte das Kind den staunenden Alten. „Gute Nacht?“ vermutete dieser. „Das auch. Aber sie sagt noch etwas: Versuche jeden Tag die Welt ein Stückchen besser zu machen. Ein Stückchen nur für irgendjemand. Dann ist schon viel getan.“ Verlegen schaute der Alte die Mutter an. Doch diese nickte. „Ihnen heute ein wenig Wärme zu schenken, war alles, was sich mein Kind heute ausgesucht hat.“ Gerührt schaute der Alte zwischen den Beiden hin und her. Die Mutter beugte sich zu ihm herab und drückte ihm einen Schein in die Hand. „Machen Sie es gut. Und frohe Weihnachten.“ Dann verschwanden die beiden in der Menschenmenge.

      Als der Alte abends in seinem neuen Schlafsack lag, legte sich ein Lächeln auf sein Gesicht. „Anton,“ dachte er. „Ich heiße Anton und ich bin ein Mensch.“ Eine kleine Träne rann seine Wange hinab.
      Von Christine Sinnwell






    • 2. Türchen


      Von guten Mächten wunderbar geborgen

      Von guten Mächten treu und still umgeben,
      behütet und getröstet wunderbar,
      so will ich diese Tage mit euch leben
      und mit euch gehen in ein neues Jahr.

      Noch will das alte unsre Herzen quälen,
      noch drückt uns böser Tage schwere Last.
      Ach Herr, gib unsern aufgeschreckten Seelen
      das Heil, für das du uns geschaffen hast.

      Und reichst du uns den schweren Kelch, den bittern
      des Leids, gefüllt bis an den höchsten Rand,
      so nehmen wir ihn dankbar ohne Zittern
      aus deiner guten und geliebten Hand.

      Doch willst du uns noch einmal Freude schenken
      an dieser Welt und ihrer Sonne Glanz,
      dann wolln wir des Vergangenen gedenken,
      und dann gehört dir unser Leben ganz.

      Lass warm und hell die Kerzen heute flammen,
      die du in unsre Dunkelheit gebracht,
      führ, wenn es sein kann, wieder uns zusammen.
      Wir wissen es, dein Licht scheint in der Nacht.

      Wenn sich die Stille nun tief um uns breitet,
      so lass uns hören jenen vollen Klang
      der Welt, die unsichtbar sich um uns weitet,
      all deiner Kinder hohen Lobgesang.

      Von guten Mächten wunderbar geborgen,
      erwarten wir getrost, was kommen mag.
      Gott ist bei uns am Abend und am Morgen
      und ganz gewiss an jedem neuen Tag.


      Dietrich Bonhoeffer

      (1906-1945)
    • 3. Türchen

      Heute erfahrt ihr ...

      Die Weihnachtsgeschichte

      … wie Mathematiker sie erzählen

      Es begab sich zum Zeitpunkt t=0, dass ein Axiom von dem Weisen Archimedes ausging, dass alle Welt approximiert würde. Und diese Approximation war der Induktionsanfang und geschah, da Eratosthenes Bibliothekar in Alexandria war. Und alle Folgen liefen, auf dass sie konvergierten, eine jede zu ihrem Häufungspunkt.
      Da machte sich auf auch Lagrange aus Geogebra, ging monoton mit seiner Paarmenge M, die war beschränkt. Und als sie sich asymptotisch annäherten, kam die Zeit, da M eine Teilmenge bildete. Und M bildete eine einelementige Teilmenge und legte das Element in eine Topologie, denn alle anderen Räume waren vollständig oder abgeschlossen.

      Und es waren Studenten in einer hinreichend kleinen Umgebung auf dem Galoisfeld, die bewiesen des Nachts ihre Lemmas. Und ein Dreieck des Herrn Pythagoras näherte sich asymptotisch und sprach zu ihnen: "Pi ist gleich 4." Sie fürchteten sich.
      Das Dreieck aber sprach: "Fürchtet euch nicht, ich verkündige euch große Theoreme, die euch und aller Welt bewiesen werden sollen. Euch ist heute der Euklid geboren. Und solches habt zum Vorzeichen: Ihr sollt ein Epsilon finden in Papyrusrollen gewickelt in einer Intervallschachtelung liegend."
      Und auf einmal wurde die Menge aller Dreiecke erzeugt, die lobten Pythagoras in der Höhe und das Quadrat über der Hypotenuse.

      Und es erschienen auch drei Doktoranden aus dem Morgenland, die auf einem sternförmigen Gebiet einer Jordankurve gefolgt waren. Und da sie den Weg rektifiziert hatten, fanden sie das Epsilon in einem konvexen abgeschlossenen platonischen Körper liegend. Und zum Zeichen, dass sie Gutes im Sinus hatten, brachten sie dem Epsilon Geschenke dar, nämlich einen goldenen Zirkel, eine Logarithmustafel und einen Abakus.

      Noch abzählbar unendlich viele andere kamen, um dem Epsilon zu huldigen, doch ist der Rand zu schmal, um alle ihre Namen aufzuzählen.

      Was zu beweisen war.
    • 4. Türchen

      Der kleine Wichtel

      Der kleine Wichtel war schon alt, sehr alt und er hatte schon viele Weihnachten erlebt. Früher, als er noch jung war, ist er oft in der Adventszeit in das Dorf gegangen und überraschte die Menschen mit kleinen Geschenken. Er war lange nicht mehr im Dorf gewesen. Aber in diesem Jahr wollte der kleine Wichtel wieder einmal die Menschen besuchen. So machte er sich schließlich auf den Weg, setzte sich vor das große Kaufhaus der nahegelegenen Stadt und beobachtete still und leise das rege Treiben der vorbei eilenden Menschen. Die Menschen suchten Geschenke für ihre Familien und Freunde. Die meisten Menschen kamen gerade von der Arbeit und hetzten eilig durch die Straßen.

      Die Gedanken des kleinen Wichtels wanderten zurück zu jener Zeit, wo es noch keine elektrischen Weihnachtsbeleuchtungen gab und er überlegte, ob die Menschen damals auch schon mit vollen Tüten durch die Straßen geeilt sind?

      Nun, die Zeiten ändern sich, dachte der kleine Wichtel und schlich unbemerkt aus der überfüllten Stadt hinaus, zu dem alten Dorf, wo er früher immer gerne gewesen ist. Er hatte genug von hetzenden Menschen, die scheinbar keine Zeit hatten. Ist die Adventszeit nicht eine ruhige und besinnliche Zeit?

      So kam er an das alte Haus in dem schon viele Menschen gewohnt hatten. Früher war dieses Haus sein Lieblingshaus gewesen. Früher, als es noch kein elektrisches Licht gab und die Menschen ihr Haus mit Kerzen erleuchteten. Er erinnerte sich, dass sie auch keine Heizung hatten und die Menschen Holz ins Haus schafften, um es warmzuhalten. Er sah damals während der Adventszeit immer wieder durch das Fenster und beobachtete jedes Jahr dasselbe. An manchen Abenden sah er die Mutter und Großmutter Plätzchen backen. Der Duft strömte durch das ganze Haus und drang sogar zu ihm nach draußen.

      Der Vater und der Großvater machten sich auf, um im Wald einen Weihnachtsbaum zu schlagen und ihn mühevoll nach Hause zu bringen. Es war kalt und sie freuten sich beim Heimkommen auf den warmen Tee, den die Mutter gekocht hatte. Oftmals saßen die Menschen zusammen, um gemeinsam zu singen und der Großvater erzählte den Kindern spannende Geschichten. Die Kinder konnten es kaum erwarten, bis die Großmutter auf den Speicher stieg, um die Weihnachtskiste zu holen, denn das tat sie immer erst kurz vor Weihnachten. In dieser Kiste gab es viel zu entdecken. Sterne aus Stroh, Kerzen, Engel mit goldenem Haar und viele andere kostbare Dinge.

      Aber das war schon lange her und es war eine andere Zeit. Eine Zeit des gemeinsamen Tuns, eine Zeit miteinander, eine Zeit füreinander. Von seinen Gedanken noch ganz benebelt, sah der kleine Wichtel auch heute durch das Fenster des alten Hauses und entdeckte die Familie, wie sie gemeinsam um den Adventskranz saß und der Vater den Kindern eine Geschichte vorlas. Nanu, dachte der kleine Wichtel, eine Familie, die nicht durch die Straßen hetzt. Menschen die Zeit miteinander verbringen und die ihr Haus mit Kerzen erleuchten. Ja, heute ist eine andere Zeit, aber auch heute finden Menschen wieder füreinander Zeit. Dem kleinen Wichtel wurde es ganz warm ums Herz und er schlich leise und unbemerkt dorthin, woher er gekommen war.

      Von Carina Schmidt

      Allen einen schönen und gemütlichen 2. Advent

      https://kinder.wdr.de/tv/die-sendung-mit-der-maus/av/video-sachgeschichte-barbarazweige-100.html

      :) Mach HEUTE so wunderbar, dass GESTERN neidisch wird. :)
    • 5. Türchen

      Meine Topp-4 der Weihnachtswitze.
      Diese tun in solchen Zeiten ja vielleicht auch mal gut.
      Allen viel Spaß und ne schöne zankfreie Zeit!

      Josef und Maria sind in Bethlehem auf der Suche nach einer Herberge. Leicht genervt klopft Josef schon an die zwölfte Tür. Der Wirt öffnet und Josef fragt: "Habt Ihr Quartier für meine Frau und mich?" Wirt: "Nein, leider alles ausgebucht wegen der Weinmesse." Josef: "Aber seht doch, meine Frau ist hochschwanger und kommt bald darnieder!" Wirt: "Guter Mann, kann ich doch nichts dafür." Josef schreit: "Ja meinst du ich?"

      Fritzchen geht vor dem Heiligen Abend in die Kirche und macht sich dort an der Weihnachtskrippe zu schaffen. Der Pfarrer beobachtet ihn, sagt aber nichts. Nachdem Fritzchen gegangen ist, stellt der Pfarrer fest, dass die Josef-Figur fehlt. Am nächsten Tag das gleiche Spiel, nur dass Fritzchen dieses Mal die Heilige Mutter Maria mitgenommen hat. Dem Pfarrer wird es zu bunt und er beschließt, Fritzchen zur Rede zu stellen. Am nächsten Tag aber legt Fritzchen nur einen Brief in die Krippe. Als er fort ist, öffnet der Pfarrer den Brief und liest: "Christkind, letzte Warnung! Wenn du mir dieses Jahr wieder kein Smartphone zu Weihnachten schenkst, siehst du deine Eltern nie wieder!"

      Ein kleines Mädchen steht am 26.12. in Berlin mit seinem neuen Mountainbike an der Ampel. Da kommt ein Polizist zu Pferd angeritten und fragt: „Na, hast du das Fahrrad vom Christkind bekommen?“ Das Mädchen antwortet: „Ja, habe ich!“ Darauf der Polizist: „Entschuldige, aber ich muss dir leider 20 Euro abnehmen. Sag dem Christkind nächstes Jahr, es soll dir ein Bike mit Licht daran schenken, okay?“ Da fragt das Mädchen: „Hast du das Pferd auch vom Christkind bekommen?“ Der Polizist überlegt kurz und weil ihm nichts Besseres einfällt, nickt er. Darauf das Mädchen: „Na, dann sag ' du dem Christkind nächstes Jahr, dass das Arschloch bei einem Pferd hinten ist und nicht oben drauf!“

      Die Beamten bei der Post öffnen einen Brief, der an den Weihnachtsmann adressiert ist. „Lieber Weihnachtsmann. Ich bin Fritzi, 10 Jahre alt und Vollwaise. Hier im Heim bekommen immer alle Kinder nette Geschenke, nur ich nicht. Ich wünsche mir so sehr einen Fußball, ein Skateboard und eine PlayStation.“ Die Beamten sind sehr gerührt und sammeln untereinander. Leider reicht es nur für Ball und Board.
      Kurz nach dem Fest kommt wieder ein Brief von Fritzi. „Lieber Weihnachtsmann! Vielen Dank für die schönen Geschenke! Ich habe mich sehr gefreut! Leider hat die PlayStation gefehlt, die haben bestimmt die Spackos von der Post geklaut!“
    • 6. Türchen

      Es treibt der Wind

      Es treibt der Wind im Winterwalde
      Die Flockenherde wie ein Hirt,
      Und manche Tanne ahnt, wie balde
      Sie fromm und lichterheilig wird.

      Sie lauscht hinaus. Den weissen Wegen
      Streckt sie die Zweige hin bereit
      Und wehrt dem Wind und wächst entgegen
      Der einen Nacht der Herrlichkeit.

      Autor: Rainer Maria Rilke

      Euch Allen eine schöne Adventszeit
    • Tür 7


      Jule und der Weihnachtsmann



      Leise rieselte der Schnee schon den ganzen Tag. Jule saß erwartungsvoll auf dem Sofa

      in ihrem mollig warmen Kinderzimmer und wartete ungeduldig. Bald müsste er kommen,

      der Weihnachtsmann. Ein hoffnungsfrohes Lächeln umgab ihre kindlichen Züge. Sie war

      7 Jahre und besuchte die 1. Klasse der ansässigen Schule. Heute sollte ein besonderer Tag

      werden. Vielleicht würde der Weihnachtsmann ihr ja ein neues Rad bescheren.

      Das alte, welches sie zur Einschulung bekam, hatte seit dem Unfall nur noch Schrottwert. Fast 3 Wochen musste sie im Krankenhaus verweilen, um ihr gebrochenes Bein

      zu kurieren. Der blöde Anhänger eines LKWs scherte plötzlich aus und brachte sie zu Fall als

      sie die Strasse überqueren wollte.

      Aber mehr als das lädierte Bein schmerzte sie der Verlust ihres Fahrrades, das ihr ganzer Stolz war. Ihre Eltern und Großeltern waren nicht besonders reich und hatten einige Zeit gespart, um ihr diesen Wunsch zu erfüllen.

      Nahezu jeden Tag war sie mit dem neuen Gefährt unterwegs und erkundete die Umgebung.

      Bis zu jenem Unfall. Die Versicherung des LKWs war noch nicht eingesprungen. Zusammen

      mit ihren Eltern und Großeltern schrieb sie einen langen Brief an den Weihnachtsmann und

      schilderte ihr Leid und sie wünschte sich nichts seliger ein neues Fahrrad.

      Sie humpelte zwar noch ein wenig, aber der Hausarzt meinte, das gäbe sich bis Silvester.

      Einige ihrer Schulkameraden wollten ihr gar weismachen, es gäbe keinen Weihnachtsmann,

      aber Jule glaubte fest an ihn.

      In den vergangenen Jahren wurde sie stets von ihren Eltern ins Wohnzimmer gerufen,

      wenn der Weihnachtsmann die Geschenke abgeliefert hatte. In diesem Jahr jedoch wollte

      sie ihn selbst sehen und so verharrte sie in ihrem Zimmer und lauschte.

      Der späte Nachmittag brach an und plötzlich war es ihr, als höre sie das Geläut von zarten

      Glöckchen vor dem Haus. Jule schaute aus dem Fenster und staunte :“Es gibt ihn also doch!“

      Da stand er leibhaftig und eine Horde Rentiere waren vor seinen Schlitten gespannt.

      Er stapfte auf das Haus zu und legte einige große Pakete ab.

      Von einem Fahrrad jedoch sah sie nichts. Der Weihnachtsmann schwang sich in seine

      himmlische Kutsche und trieb die Rentiere an. Jule humpelte an die Haustür und zog die

      Pakete eilends in ihr Zimmer. Die Pakete waren voller Buntstife, Hefte, Bücher

      und anderen Kleinigkeiten, aber keine Spur von einem Fahrrad. Jule blickte traurig aus dem Fenster und sah den Weihnachtsmann gen Himmel entschwinden.

      Enttäuscht setzte sie sich wieder auf die Couch.

      Sie war den Tränen nahe, als sie bemerkte, dass sie jemand sanft in die Seite schubste und sie

      hörte die vertraute Stimme ihrer Mutter :“ Jule , Jule, wach auf, Du bist eingeschlafen.

      Der Weihnachtsmann war da ----- und er hat Dir ein neues Fahrrad gebracht !“

    • 8. Türchen
      Ich lag und schlief, da träumte mir
      ein wunderschöner Traum;
      es stand auf unserm Tisch vor mir
      ein hoher Weihnachtsbaum.


      Und bunte Lichter ohne Zahl,
      Die brannten ringsumher,
      Die Zweige waren allzumal
      Von goldnen Äpfeln schwer.


      Und Zuckerpuppen hingen dran:
      Das war mal eine Pracht!
      Da gab´s, was ich nur wünschen kann
      Und was mir Freude macht.


      Und als ich nach dem Baume sah
      Und ganz verwundert stand,
      Nach einem Apfel griff ich da,
      Und alles, alles schwand.


      Da wacht´ ich auf aus meinem Traum.
      Und dunkel war´s um mich:
      Du lieber, schöner Weihnachtsbaum,
      Sag an, wo find´ ich dich?


      Da war es just, als rief er mir:
      „Du darfst nur artig sein,
      Dann steh´ ich wiederum vor dir
      Jetzt aber schlaf nur ein!


      Und wenn du folgst und artig bist,
      Dann ist erfüllt dein Traum,
      Dann bringet dir der Heil´ge Christ
      Den schönsten Weihnachtsbaum.

      (Hoffmann von Fallersleben, 1798-1872)
    • 9. Türchen

      Stelle zwei Gedichte i.A. von @Armin heute ein,
      es stammt aus seinem Büchlein, das er mir beim
      Schachtreffen in Karlsruhe geschenkt hat...

      HOFFNUNG IST

      wie die letzte pflanze in der wüste
      wenn sie verdorrt bleibt nichts zurück
      zu wissen ich werde gebraucht
      wenn ich immer versage und plötzlich
      etwas besonderes leiste

      wenn DU mit mir redest
      nach dem streit DEINE hand bei mir
      das warten nach einer liebeserklärung

      eine welt ohne waffen
      eine welt ohne hunger
      wenn die macht den weinenden müttern
      gegeben wird
      wie die letzten tausend schritte
      des heimwegs
      ein gemeinsames frühstück
      ein fest mit freunden
      ein langes gespräch in der nacht

      die hoffnung ist ein neugeborenes kind

      FRIEDEN

      frieden schaffen ohne waffen
      wie wird dieser frieden aussehen
      den wir ohne gewalt und ohne waffen
      schaffen wollen
      ich glaube
      es wird weiterhin leid und trauer
      kampf und konflikt
      schmerz und tod
      geben
      aber wir helfen einander
      um damit fertig zu werden
      wir gehen konflikten nicht mehr aus dem weg
      sondern suchen gemeinsam nach lösungen
      wir werden wieder fähig sein zu trauern
      ohne durch trauer in resignation zu verfallen
      sondern durch trauern
      zum weiterkämpfen und weiterleben kommen
      wir werden trotz allem

      lieben und leben

      schaffen wir uns frieden


      Das Musikstück ist gegen Ungerechtigkeit, für Freiheit und Frieden...
      (bitte likt Armin im Adventskommentar Thread)


    • 10. Türchen


      Der alte Mann

      Er war jetzt 95 Jahre alt. Lebte noch allein. Er konnte sich helfen. Nur mit dem Kochen... das ging nicht mehr so. Er vergaß manchmal den Herd abzuschalten. Hatte einfach nicht mehr die Geduld zu schnipseln, schälen, seine Hände zitterten dabei.

      Aber er lebte sein Leben noch gut, allein, in der Wohnung, voller Erinnerungen mit ihr, seiner geliebten Frau. 60 Jahre wären es gewesen, wenn sie jetzt noch lebte. Aber sie hatte ihn allein gelassen. War verschwunden im Nebel des Vergessens und hat am Ende aufgegeben. Er fühlte sich einsam ohne sie. All das gemeinsame Erlebte.

      Aber er hatte noch sie. Die Tochter. Und ihren Mann. Sie kümmerten sich. Liebevoll. Jeden Tag fuhr er zu ihnen. Morgens stand er auf, tat das Nötigste in der Wohnung. Trank seinen Kaffee, las immer noch seine Regionalzeitung und dann machte er sich fertig.

      Es war der zweite Weihnachtstag. Alle waren eingeladen zur Tochter, Schwiegersohn und ihren Kindern. Heute fiel es ihm nicht einfach. Das Zittern, nur der Hände sonst, hatte seinen ganzen Körper ergriffen. Er fühlte sich schwach. Er könnte anrufen. Sie, die Tochter. Sie würden ihn abholen. Aber solange es ging, allein, dachte er. Es wird schon gehen. Es muß gehen. Alles andere wäre Aufgabe. Er wollte sich nicht aufgeben.

      Er zog seinen Mantel an, setzte den Hut auf, den alten, schon etwas angegriffenen von den Spuren seines Lebens, durch den er ihn getragen hatte. Der Schal, die Handschuhe. Er drehte sich nochmal um, ging noch mal zum Herd. Er war aus. Dann zog er die Tür hinter sich zu und trat auf die Straße.

      Die Wege waren vereist, er schlitterte ein wenig, suchte Halt an der Wand, an einem Laternenpfahl. Er kam langsam voran, aber es ging.

      Die Treppen. Die Treppen, die machten ihm Angst. Vorsichtig setzte er einen Fuß vor den anderen, die Hand krampfhaft am Geländer. Menschen hasteten an ihm vorbei, einige berührten ihn, sanft oder hektisch, ihn nicht beachtend, merkten nicht, das er mehr Zeit brauchte. Sie dachten nicht daran, dass sie auch mal später, wie er, tastend und ängstlich den Weg suchen mußten. Hatte er daran gedacht, früher, als er noch jung und nicht so zerbrechlich war? Er konnte sich nicht erinnern. Es war wohl so. Man denkt nicht an Morgen.

      Die Gedanken beschäftigten ihn, während er behutsam Schritt für Schritt... Er hatte keine Erinnerung mehr, später, als er, das Hinabsteigen bewältigt hatte, die Bahn sah und ein wenig schneller auf sie zugehen wollte. Er hielt Rückschau. Sah sich schwankend der Bahn nähern. Sein Körper schwächelte im Moment der Geschwindigkeit, als er schneller sein wollte. Dann war alles schwarz. Für eine lange Zeit. Er spürte nur noch Schmerz im ganzen Körper. Konnte seinen Fuß nicht mehr bewegen. Ihm war kalt. Aufstehn. Er konnte nicht aufstehn. Er lag einfach da. Still, unbeweglich und lauschte, hörte die Stimmen, die Schritte, die an ihm vorbeiliefen. Ein Durcheinander von Geräuschen und Stimmen. Er konnte nicht alles verstehen. Nur den einen Satz, von etwas weiter her, laut gerufen, zu ihm herüber.

      Diesen Satz hatte er nicht vergessen. Jetzt, wo er sicher war. In diesem Bett, weich, duftend und sauber. Wie er dahingekommen war? Er wußte es nicht mehr. Es ging alles so schnell.

      Aber diesen Satz, den hörte er immer wieder. Als er jetzt da lag in den weichen Kissen. "Der ist doch besoffen!". Und es
      liefen ihm tatsächlich Tränen über die Wangen. "Sie weinen?", fragte die Schwester ihn.

      "Ach, halb so wild....", antwortete er und schlief gleich darauf ein.


      Als er später erwachte, waren sie alle da. Die Tochter mit ihrer Familie, der Sohn mit der Familie. Er sah sie an und war glücklich in diesem Moment. Es war Weihnachten!


      ___________________________________________________________________________________________________________________________________________________
      Advent. Zeit der Besinnung so sagt man oft. Worauf besinnen? Vielleicht, sich nicht so wichtig nehmen, dass eigene Ich hinten an stellen. Verzeihen und vergeben, wo einem Schmerz zugefügt worden ist. Selber Andere um Verzeihung bitten können, wo man ihnen weh getan hat hat. Verzeihen schafft inneren Frieden und Frieden im Zusammenleben mit anderen Menschen.


      Allen einen friedlichen, gemütlichen und schönen 3. Advent.


      Lottelene :love:




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      Es war einmal ein Schiff,Befuhr die Meere alle Zeit,und unser Schiff, es hieß die Goldne Nichtigkeit.
    • 11. Türchen


      Liebe Schachfreunde ich habe mich schon oft gefragt warum auf manchen Adventskränzen 3 Rote Kerzen sind und eine Rosa Kerze, hier die Erklärung dafür.




      Vier Themen an vier Adventssonntagen

      Nach­weis­bar ist die Advents­zeit seit Ende des 4. Jahr­hunderts in Gallien und Spanien. Papst Gregor der Große (540 bis 604) legte in dieser Zeit die Zahl der Advents­sonntage von sechs auf vier fest. Die Reduktion auf vier Advents­wochen setzte sich erst seit der Jahr­tausend­wende durch. Liturgisch wurde die Rege­lung sogar erst mit den triden­tinischen Liturgie­büchern unter Papst Pius V. (†1572) verbindlich. In Mailand beginnt die Advents­zeit heute noch bereits am 6. Sonntag vor Weih­nachten, der Advent ist dort also sechs Wochen lang.

      Jeder der vier Adventssonntage steht unter einem anderen Thema:

      • Am 1. Adventssonntag steht die Wiederkunft Jesu im Mittelpunkt. Die Lesungen berichten von der Apokalypse und dem Jüngsten Gericht.
      • Am 2. Adventssonntag nehmen die Gläubigen Johannes den Täufer als Propheten in den Blick.
      • Der 3. Adventssonntag heißt „Gaudete“-Sonntag. „Gaudete“ heißt „Freut euch“ übersetzt. Erneut spielt an diesem Sonntag Johannes der Täufer eine zentrale Rolle. Die liturgische Farbe an diesem Sonntag ist Rosa.
      • Der 4. Adventssonntag ist der Gottesmutter Maria gewidmet. Das Hochfest „Mariä Empfängnis“ feiern Christen am 8. Dezember.
      Ich wünsche euch allen einen schönen 3. Advent
      Dateien
    • 13. Türchen


      Es geschah an keinem Dienstag dem 13. sondern an einem Sonntag vor einigen Jahren…
      Ganz plötzlich in einem sehr heißen Sommer verlor mein Liebster sein Leben und unser glückliches Beisammensein hatte ein jähes Ende.
      In einer Schockstarre erlebte ich die nächsten Stunden, Tage, Wochen…
      Abgekapselt von den weltlichen Dingen nahm ich kaum noch wahr wie viele Medikamente ich schluckte und was um mich herum geschah.


      Durch meine Krankenkasse und einem lieben Menschen dort, lud man mich zu einem Vorstellungsgespräch in die gelbe Villa ein. Kurz darauf wurde ich dort aufgenommen und ein neuer sehr wichtiger Abschnitt meines Lebens begann. Später erzählte man mir, dass ich die erste Zeit wie ein Roboter funktionierte und alles wie ein Automat erledigte. Zwar konnten wir uns dort frei bewegen, ins Dorf gehen, den unteren Park besuchen, doch das konnte ich lange nicht. Wenn Kirchenglocken ertönten vernahm ich sie wie Totenglocken erschreckte mich und verkroch mich.

      Doch eines Tages entdeckte ich den Wunderpark und begann danach mit dem Schreiben:

      Der Wunderpark

      Die ersten Schritte waren bleischwer und tieftraurig. Mit gesengtem Blick tapste ich einen Fuß vor dem anderen dahin ohne etwas wahrzunehmen. Ich war noch gefangen in meinem Dasein, in meiner Welt und Tränen verschleierten meine Sicht, Tag für Tag...

      Dann sah ich Sie, die Grotte und blieb beeindruckt stehen, der Ort wo ich trauern konnte war da. Ich zündete eine Kerze an, hielt Zwiesprache, betete, summte und vergaß die Zeit und alles um mich herum.
      Danach ging ich langsam den Dornenweg zurück. Die wilden Rosen waren längst verblüht und die Brombeeren an den Sträuchern vertrocknet und verdorrt. Tief atmete ich die klare Nachtluft ein und hauchte meinen Atem wieder aus. Im dunklen Licht das lange Schatten gespenstisch auf den Boden warf, schaute ich zum wolkenverhangenen Himmel, aus dem der Regen wie Tränen herunter tropfte und sich in meinem Gesicht vermischte.

      Beim nächsten Spaziergang hörte ich die Vögel zwitschern, bemerkte dass es Herbst geworden ist, sammelte einige bunte Blätter, fand Kastanien, Eicheln, kleine Tannenzäpfchen, Moos und vieles mehr. Baute damit ein kleines Nest auf dem Tisch in meinem Zimmer, womit ich mich verstärkt heimisch fühlte. So spazierte ich jeden Tag in meinen Wunderpark. Entdeckte immer wieder was Neues, sowie die verschiedenen Pilze im Gras, unter den Blättern, oder an den Bäumen.

      Dankbar nahm ich alles auf, ein mir zugewandtes Lächeln, ein liebevoller Blick, die klugen Gespräche und die großartigen Therapien. So habe ich wertvolle Menschen kennengelernt, die nicht nur ihren Beruf ausüben, sondern die Nächstenliebe.

      Auch dass ich Weihnachten zum ersten Mal nicht mit meiner Familie verbringen konnte, war an diesem Ort nicht so schlimm, denn Wunder geschehen immer wieder, so wie in meinem Wunderpark...


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      das Scheiben und Dichten
      half mir zur Verarbeitung,
      das Schach spielen
      zur erneuten Konzentration,
      die User die mich likten
      bereiteten mir Freude, merci

      eure Mohni


    • 14.Türchen‿シ

      ...es war einmal eine kleine Frau, die einen staubigen Feldweg entlanglief.
      Sie war offenbar schon sehr alt, doch ihr Gang war leicht und ihr Lächeln
      hatte den frischen Glanz eines unbekümmerten Mädchens.
      Bei einer zusammengekauerten Gestalt, die am Wegesrand saß,
      blieb sie stehen und sah hinunter.
      Das Wesen, das da im Staub des Weges saß, schien fast körperlos.
      Es erinnerte an eine graue Decke mit menschlichen Konturen.
      Die kleine Frau beugte sich zu der Gestalt hinunter und fragte: "Wer bist du?"
      Zwei fast leblose Augen blickten müde auf. "Ich? Ich bin die Traurigkeit",
      flüsterte die Stimme stockend und so leise, dass sie kaum zu hören war.
      "Ach die Traurigkeit!" rief die kleine Frau erfreut aus,
      als würde sie eine alte Bekannte begrüßen.
      "Du kennst mich?" fragte die Traurigkeit misstrauisch.
      "Natürlich kenne ich dich! Immer wieder einmal, hast du mich ein Stück des Weges begleitet."
      "Ja aber...", argwöhnte die Traurigkeit, "warum flüchtest du dann nicht vor mir?
      Hast du denn keine Angst?" "Warum sollte ich vor dir davonlaufen, meine Liebe?
      Du weißt doch selbst nur zu gut, dass du jeden Flüchtigen einholst.
      Aber, was ich dich fragen will: Warum siehst du so mutlos aus?"
      "Ich..., ich bin traurig", sagte die graue Gestalt.
      Die kleine, alte Frau setzte sich zu ihr. "Traurig bist du also",
      sagte sie und nickte verständnisvoll mit dem Kopf. "Erzähl mir doch, was dich so bedrückt."
      Die Traurigkeit seufzte tief. "Ach, weißt du", begann sie zögernd und auch verwundert darüber,
      dass ihr tatsächlich jemand zuhören wollte, "es ist so, dass mich einfach niemand mag.
      Es ist nun mal meine Bestimmung, unter die Menschen zu gehen
      und für eine gewisse Zeit bei ihnen zu verweilen. Aber wenn ich zu ihnen komme,
      schrecken sie zurück. Sie fürchten sich vor mir und meiden mich wie die Pest."
      Die Traurigkeit schluckte schwer. "Sie haben Sätze erfunden, mit denen sie mich bannen wollen.
      Sie sagen: 'Papperlapapp, das Leben ist heiter.' und ihr falsches Lachen führt zu Magenkrämpfen und Atemnot.
      Sie sagen: 'Gelobt sei, was hart macht.' und dann bekommen sie Herzschmerzen.
      Sie sagen: 'Man muss sich nur zusammenreißen.' und sie spüren das Reißen in den Schultern und im Rücken.
      Sie sagen: 'Nur Schwächlinge weinen.' und die aufgestauten Tränen sprengen fast ihre Köpfe.
      Oder aber sie betäuben sich mit Alkohol und Drogen, damit sie mich nicht fühlen müssen."
      "Oh ja", bestätigte die alte Frau, "solche Menschen sind mir auch schon oft begegnet..."
      Die Traurigkeit sank noch ein wenig mehr in sich zusammen.
      "Und dabei will ich den Menschen doch nur helfen. Wenn ich ganz nah bei ihnen bin,
      können sie sich selbst begegnen. Ich helfe ihnen, ein Nest zu bauen, um ihre Wunden zu pflegen.
      Wer traurig ist, hat eine besonders dünne Haut. Manches Leid bricht wieder auf,
      wie eine schlecht verheilte Wunde und das tut sehr weh.
      Aber nur, wer die Trauer zulässt und all die ungeweinten Tränen weint, kann seine Wunden wirklich heilen.
      Doch die Menschen wollen gar nicht, dass ich ihnen dabei helfe.
      Stattdessen schminken sie sich ein grelles Lachen über ihre Narben.
      Oder sie legen sich einen dicken Panzer aus Bitterkeit zu."
      Die Traurigkeit schwieg. Ihr Weinen war erst schwach, dann stärker und schließlich ganz verzweifelt.
      Die kleine, alte Frau nahm die zusammengesunkene Gestalt tröstend in ihre Arme.
      Wie weich und sanft sie sich anfühlt, dachte sie und streichelte zärtlich das zitternde Bündel.
      "Weine nur, Traurigkeit", flüsterte sie liebevoll, "ruh dich aus, damit du wieder Kraft sammeln kannst.
      Du sollst von nun an nicht mehr alleine wandern. Ich werde dich begleiten,
      damit die Mutlosigkeit nicht noch mehr Macht gewinnt."
      Die Traurigkeit hörte auf zu weinen. Sie richtete sich auf
      und betrachtete erstaunt ihre neue Gefährtin: "Aber..., aber – wer bist du eigentlich?"
      "Ich?" sagte die kleine, alte Frau schmunzelnd.
      "Ich bin die Hoffnung."

      @))..... gefunden bei ©‿◕)) Inge Wuttke

      Das Poem von Sebastian 23 ‿◕))
      ist auch ein wunderbares
      und sehr anschauliches Beispiel für Perspektivwechsel. :thumbup:

      Bäume sind Büsche auf Balken.
      Schrauben sind Nägel mit Falten.
      Zugfahren ist Fließen auf Gleisen.
      Flüsse sind Meere auf Reisen.
      Träume sind Schlaf mit Ideen,
      Igel Kakteen, die gehen.
      Fenster sind gläserne Mauern,
      Und Berge Wellen, die dauern.
      Pogen ist Tanzen mit Prügeln.
      Kamele sind Pferde mit Hügeln.
      Regen sind Wolken, die wenden,
      Regeln Vorschläge, die gelten.
      Netze sind Tücher mit Löchern.
      Pfaue sind Vögel mit Fächern.
      Biere sind Räusche in Bechern.
      Schnecken sind Schlangen mit Dächern.
      Säulen sind Bäume aus Steinen.
      Tische sind Böden auf Beinen.
      Schuhe sind Mützen für Füße,
      Kekse kleine Brote mit Süße.
      Beine sind Arme zum Laufen.
      Mauern sind sehr gerade Haufen.
      Sekunden sind Stunden, die rennen.
      Eier sind werdende Hennen.
      KOMA ist AMOK im Spiegel.
      Kakteen sind fußkranke Igel.
      Schränke sind Häuser für Sachen,
      Und Weinen ist trauriges Lachen.

      ...alle guten Dinge sind 3
      Zu guter letzt: ein wunderschöner Tanz <3
      .. uns allen einen
      unvergesslich guten 14. Dezember wünsche
      :love:

      Ich bleibe auf dem Teppich meiner Möglichkeiten und hoffe das er fliegen lernt.
    • 15.Türchen
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      Das perfekte Geschenk

      Es war 1 Uhr morgens am Weihnachtstag. In den Strassen Londons war es ruhig und still. Auf der anderen
      Seite der Regent Street und des Haymarket störte jedoch eine hysterische Aufregung die Atmosphäre
      der Stadt und dafür war eine der Statuen am Piccadilly Circus verantwortlich. Eros!
      Es war im Sommer dieses Jahres gewesen, als der griechische Gott der Liebe seine eigene grosse Liebe
      fand. Königin Victoria, die hoch oben direkt vor dem Buckingham-Palast thronte, hatte ihm sein Herz
      gestohlen.
      Jedes Mal, wenn er zu ihr hinsah, schmerzte sein Herz vor Sehnsucht und er konnte nichts anderes
      denken, als wie er ihr gefallen könnte. Und nun war es Weihnachten, die Zeit der Geschenke! Und ihm
      wollte einfach kein passendes Geschenk für seine Angebetete einfallen. Was sollte man jemandem
      schenken, der einem alles bedeutete. Einer Königin, die doch alles hatte.
      Eros wand sich auf seinem Podest. Er stöhnte, jammerte, redete mal leise Mal laut vor sich hin. Langsam
      erwachten die anderen Statuen und wunderten sich über die Aufregung.
      Aus der Baker Street kam eine Stimme: «Mein Name ist Sherlock Holmes. Es ist meine Aufgabe zu wissen,
      was andere Leute nicht wissen. Wonach suchen Sie?»
      «Ich suche nach dem perfekten Geschenk», antwortete Eros. «Denn in wenigen Stunden wird London
      erwachen, und mit ihm meine einzig wahre Liebe! Und ich habe kein Geschenk für sie!». Verzweifelt
      fragte er: «Können Sie mir helfen?»
      «Die Welt ist voll von offensichtlichen Tatsachen, die niemand jemals bemerkt.», kam die Antwort. Kaum
      hilfreich, dachte Eros. Wenn es offensichtlich wäre, hätte er bereits ein Geschenk!
      «GOLD!», schrie Christoph Kolumbus vom Belgrave Square. «Geht nach Westen! Geht weiter nach
      Westen! Irgendwann kommen Sie nach Indien, und Sie werden den Ganges finden, einen Fluss voller
      Gold! Alle Monarchen, die ich getroffen habe, wollen GOLD!»
      Aber Eros war nicht überzeugt. Er wollte Königin Victoria ein Geschenk machen, das mehr wert war, als
      Gold. Gold schien ihm viel zu unpersönlich.
      «Dann holt ihr Marmelade», murmelte Paddington Bear. «Der schnellste Weg zum Herzen einer Frau
      führt über Marmelade.»
      «Wenn Musik die Nahrung der Liebe ist, spielt weiter», erwiderte William Shakespeare vom Leicester
      Square.
      Bei der Erwähnung von Musik mischte sich Mozart von seinem Sitzplatz in der Ebury Street ein. «Solange
      es nicht mit einer Flöte ist! Was ist noch schlimmer als eine Flöte? Zwei Flöten! Die Musik liegt nicht in
      den Noten, sondern in der Stille dazwischen.»
      Doch Eros war immer noch nicht überzeugt. Das waren alles sehr gute Vorschläge, aber keiner schien
      seine Gefühle für Königin Victoria im vollen Masse auszudrücken.
      «Höre vielen zu, aber sprich nur mit wenigen», fuhr Shakespeare fort, und so tat Eros genau das. Er hörte
      weiterhin auf die Ratschläge der Statuen. Die Zeit drängte, denn in wenigen Stunden würde London
      erwachen, und er wollte doch nichts weiter, als Königin Victoria zu beeindrucken.
      «Unkraut», sagte Winnie the Pooh im Londoner Zoo. «Unkraut ist auch eine Blume, wenn man es erst
      einmal kennt.»
      «Feenstaub! Zweiter Stern rechts und dann immer geradeaus bis zum Morgen», rief Peter Pan aus
      Kensington Gardens.
      «Oder eine Brücke», sagte Isaac Newton. «Die Menschen bauen zu viele Mauern und zu wenig Brücken.»
      Aber die Zeit war knapp geworden! Die Sonne ging langsam auf, und Eros war nicht klüger wie zuvor.
      «Gute Nacht, gute Nacht! Abschied ist so süsses Leid, dass ich gute Nacht sagen werde, bis es morgen
      sein wird», rief Shakespeare.
      Und langsam begann London zu erwachen. Eros war verzweifelt und knapp davor zu weinen. Nun stand
      er mit leeren Händen da. Er hatte kein Geschenk für die Liebe seines Lebens. Sein Blick traf auf seine
      Mutter. Aphrodite, auch Venus genannt, lag in Broadgate und schaute in den Himmel! Da kam ihm
      die perfekte Idee.
      Eros schnappte sich seinen letzten goldenen Pfeil und zielte mit seinem Bogen in den Himmel! In diesem
      Moment begannen herzförmige Schneeflocken vom Himmel zu fallen. Langsam wurde die Stadt mit
      herzförmigem Schnee bedeckt, und Liebe erfüllte die Luft.
      «Frohe Weihnachten, meine Liebste», sagte er zu Königin Victoria.
    • das 16. Türchen


      Ein Schüleraufsatz zum Advent

      Der Advent ist die schönste Zeit im Winter. Die meisten Leute haben im Winter eine Grippe. Die ist mit Fieber. Wir haben auch eine, aber die ist mit Beleuchtung und man schreibt sie mit K.

      Drei Wochen bevor das Christkind kommt, stellt der Papa die Krippe im Wohnzimmer auf und meine kleine Schwester und ich dürfen mithelfen.
      Viele Krippen sind langweilig, aber die unsere nicht, weil wir haben mords tolle Figuren darin. Ich habe einmal den Josef und das Christkind auf den Ofen gestellt, damit sie es schön warm haben und es war ihnen heiß. Das Christkind ist schwarz geworden und den Josef hat es in lauter Trümmer zerrissen. Ein Fuß von ihm ist bis in den Plätzchenteig geflogen und es war kein schöner Anblick.
      Meine Mama hat mich geschimpft und gesagt, dass nicht einmal die Heiligen vor meiner Blödheit sicher sind.
      Wenn die Maria ohne Mann und ohne Kind rumsteht, schaut es nicht gut aus. Aber ich habe Gott sei dank viele Figuren in meiner Spielkiste und der Josef ist jetzt Donald Duck. Als Christkind wollte ich Asterix nehmen, weil der ist als einziger so klein, dass er in den Futtertrog gepasst hätte. Da hat meine Mama gesagt, man kann doch keinen Asterix als Christkind nehmen, da ist das verbrannte Christkind noch besser. Es ist zwar schwarz, aber immerhin ein Christkind.
      Hinter dem Christkind stehen zwei Ochsen, ein Esel, ein Nilpferd und ein Brontosaurier. Das Nilpferd und den Saurier habe ich hinein gestellt, weil die Ochsen und der Esel waren mir allein zu langweilig. Links neben dem Stall kommen gerade die heiligen drei Könige daher. Ein König ist dem Papa im letzten Advent beim Putzen herunter gefallen und er war total hin. Jetzt haben wir nur noch zwei heilige Könige und einen heiligen Batman als Ersatz.
      Normal haben die heiligen Könige einen Haufen Zeug für das Christkind dabei, nämlich Gold, Weihrauch und Pürree oder so ähnlich. Von den unseren hat einer anstatt Gold ein Kaugummipapier dabei, das glänzt auch schön. Der andere hat eine Malboro in der Hand, weil wir keinen Weihrauch haben. Aber die Malboro raucht auch schön, wenn man sie anzündet. Der heilige Batman hat eine Pistole in der Hand. Das ist zwar kein Geschenk für das Christkind, aber damit kann er es vor dem Saurier beschützen.
      Hinter den drei Heiligen sind ein paar rothäutige Indianer und ein Engel. Dem Engel ist ein Fuß abgebrochen, darum haben wir ihn auf ein Motorrad gesetzt, damit er sich leichter tut. Mit dem Motorrad kann er fahren, wenn er nicht gerade fliegt. Rechts neben dem Stall haben wir das Rotkäppchen hingestellt. Sie hat eine Pizza und drei Bier für die Oma dabei. Einen Wolf haben wir nicht, darum lauert hinter dem Baum ein Bär als Ersatzwolf hervor.
      Mehr steht nicht in unserer Krippe, aber das reicht voll.
      Am Abend schalten wir die Lampe an und dann ist unsere Krippe erst so richtig schön. Wir sitzen so herum und singen Lieder vom Advent. Manche gefallen mir, aber die meisten sind mir zu langweilig.
      Mein Opa hat mir ein Gedicht vom Advent gelernt und es geht so:
      "Advent, Advent, der Bärwurz brennt,
      Erst trinkst ein, dann zwei, drei, vier,
      dann haut es dich mit dem Hirn an die Tür!"
      Obwohl dieses Gedicht recht schön ist, hat Mama gesagt, dass ich es mir nicht merken darf.
      Eher es man sich versieht ist der Advent vorbei und Weihnachten auch und mit dem Jahr geht es auch dahin.
      Die Geschenke sind ausgepackt und man kriegt vor Ostern nichts mehr, höchstens man hat vorher Geburtstag.

      Aber eins ist gewiss: Der Advent kommt immer wieder.
      Autor: unbekannt

      Allen Arena-Usern wünsche ich ein frohes Weihnachtsfest und einen guten Rutsch ins neue Jahr 2023!

    • 17. Türchen

      Von
      Carina Schmidt
      Besinnliche Weihnachtsgeschichte

      Susanne saß an ihrem Schreibtisch vor dem aufgeklappten Laptop, jede Menge Papierberge stapelten sich rings herum, die alle bearbeitet werden wollten. Susanne jedoch starrte aus dem Fenster, gänzlich in Gedanken versunken und beobachtete das Zwielicht, das draußen die Landschaft beherrschte und langsam aber sicher überging in graue Dämmerung. Kahle Obstbäume reckten ihre schwarzen Äste in den tristen Himmel, eine vereinzelte Amsel hüpfte durch die herabgefallenen Blätter und suchte nach Insekten, die vielleicht noch vom Sommer übrig geblieben waren und sich unter das modrige Laub zurückgezogen hatten.
      Zu viel ging Susanne durch den Kopf, als dass sie jetzt hätte arbeiten können. Nein, es hatte jetzt einfach keinen Zweck, sie war nicht bei der Sache, konnte sich auf kein Thema wirklich konzentrieren, geschweige denn eine gute Story abliefern. Seufzend klappte sie den Laptop zu und ging in die Küche, um sich eine Kanne Tee zu kochen.
      Nach einem glanzlosen und viel zu kühlen Sommer war der Herbst schon wieder ins Land gezogen, vor fast einem Monat hatte Susanne wieder ein Kalenderblatt abgerissen und der November zeigte unerbittlich, dass das Jahr sich erneut dem Ende zuneigte und Weihnachten mehr oder weniger vor der Tür stand.
      Weihnachten…Der Sinn stand Susanne überhaupt nicht danach. In ihrem Leben gab es so viele Herausforderungen: Ihre Tochter Nina war vor drei Monaten abgeflogen in die USA und lebte jetzt für das ganze kommende Jahr bei einer Familie in New York als Au-pair. Die Zeit vor der Abreise war ausgefüllt mit Behördengängen und organisatorischen Dingen, Geduld und Gelassenheit waren gefragt, zwei Tugenden, die nicht gerade zu den herausragendsten Eigenschaften von Susanne gehörten, an denen sie aber jetzt hinlänglich arbeiten konnte. Ninas Schwestern Leonie und Sophie, Zwillinge von 14 Jahren, befanden sich mittlerweile in der Pubertät und konnten, zumindest teilweise, nicht als zurechnungsfähig eingestuft werden. Einfühlsame Gespräche und auch das kommentarlose Hinnehmen vieler Äußerungen waren gefragt und brachten Susanne sehr oft an den Rand der Verzweiflung.
      Susanne war ein Mensch, die sich alles sehr zu Herzen nahm. Und gerade in den letzten Wochen gab es immer wieder Situationen, die sie in einer bisher so nicht gekannten Weise zum Nachdenken brachten. Das Teewasser kochte, Susanne schüttete es vorsichtig in die vorgewärmte Kanne mit dem aromatischen Gewürztee, und sofort erfüllte ein wundervoll wärmender und würziger Duft die Küche. Sie holte das alte Messingstövchen hervor, tauschte das verbrauchte Teelicht gegen ein frisches aus, entzündete ein langes Streichholz und brachte Kanne und Stövchen sowie einen großen Becher ins Wohnzimmer, wo sie sich auf ihre gemütliche Couch kuschelte.
      Es war mittlerweile ganz dunkel geworden, und nachdem Susanne all die Kerzen, die auf Tisch und Fensterbank standen, auch noch angezündet hatte, erstrahlte der Raum in warmem, gemütlichen Licht. Susanne saß versonnen auf dem Sofa und fühlte eine alte, bekannte Traurigkeit in sich aufsteigen. Sie war es gewohnt, Gegebenheiten, Situationen und vor allem ihre eigenen Gefühle eingehend zu beleuchten und zu hinterfragen, denn für sie hatte alles im Leben eine Bedeutung, und Geschehnisse, ganz gleich welcher Art, waren dazu da, aus ihnen etwas zu lernen. Und Susanne hatte einiges gelernt, konnte mit vielen Dingen des Lebens schon gelassener umgehen als Jahre zuvor, sie bemühte sich immer wieder, die Sichtweise der anderen Person einzunehmen und von ihrem eigenen Schmerz auch einmal abzusehen.
      Über all die Jahre zog sich aber ein Thema wie ein roter Faden durch Susannes Leben: Das Verhältnis zwischen Susanne und ihrer Mutter. Obwohl sie sich liebten, so wurde das tägliche Leben in ihrer Kindheit bestimmt von Querelen und Unverständnis auf beiden Seiten. Als Susanne dann älter und rebellisch wurde, eskalierte so manche Situation auf unerträgliche Weise, und das ging eigentlich all die Jahre so weiter, immer wieder, auch wenn sich Mutter und Tochter auch wieder versöhnen konnten.
      Nachdenklich goss sich Susanne noch Tee ein und legte ihre Hände um den heißen Becher.
      Sie ließ das Leben mit ihrer eigenen Tochter Nina Revue passieren. Gerade in dem Jahr vor Ninas Abreise in die USA war auch ihr Verhältnis häufig unerträglich gewesen. Immer und immer wieder Diskussionen, Streit und Verletzungen auf beiden Seiten. Susanne nippte an ihrem nunmehr lauwarmen Tee und lächelte plötzlich versonnen. Wie oft hatte sie selbst in der letzten Zeit geweint über Ninas Verhalten ihr gegenüber. Aber erinnerte sie das nicht auch daran, dass sie sich genau wie ihre Mutter damals gefühlt hatte?
      Ach, Mutti! Susanne wollte von ihren Kindern immer mit Mama angesprochen werden, aber ihre eigene Mutter war eben immer ihre „Mutti“! Susanne fühlte Tränen in ihre Augen schießen. Sie blinzelte und sah nach draußen. Nein, sie täuschte sich nicht: Es hatte begonnen zu schneien, ganz leise und sanft. Der Garten war in Dunkelheit gehüllt, aber die Lampe an der Tür des Nachbarn schimmerte leicht und ließ erkennen, dass große, weiche Flocken vom Himmel fielen.
      In Susannes Traurigkeit mischten sich plötzlich Zuversicht, Klarheit und eine Form der Erkenntnis, die sie förmlich beflügelte. Es war eine Erkenntnis, die nicht nur vom Kopf her erfasst wurde, sondern die tief in ihr Herz gesunken war und von dort auch wieder aufstieg in ihr ganzes Bewusstsein.
      Susanne wurde von dem Gefühl durchdrungen, ihre eigene Mutter zum ersten Mal ganz und gar zu verstehen, zu begreifen, was immer in ihr vorgegangen war. Das, was sie sich von ihrer Tochter Nina gewünscht hatte, nämlich verständnisvolle Gespräche und ab und zu mal ein bisschen Gnade ihr gegenüber, das hatte Susanne selbst doch ihrer Mutter nie gegeben, nie. Wie oft hatte ihre „Mutti“ geweint, und Susanne war immer nur genervt gewesen. Bei aller Sensibilität – Susanne hatte sich viel zu wenig – wenn überhaupt – die Mühe gemacht, sich in die Seele ihrer Mutter hineinzufühlen.
      Aber jetzt, an diesem Sonntagabend, kurz vor Weihnachten, spielte sich in Susannes Inneren fast so etwas wie eine Erleuchtung ab, ja, das war es wohl. Sie war allein im Haus, Leonie und Sophie bei Freundinnen, Nina weit weg, jenseits des Ozeans. Und Susannes Traurigkeit und Melancholie lösten sich in diesem Moment auf und verschwanden einfach.
      Susanne faltete die Hände zu einem stillen aber jubelnden Gebet und bedankte sich bei ihrem ganz persönlichen Engel. Sie sah auf und fühlte sich geborgen in all dem Kerzenlicht und der Wärme, die sie umgab.
      Plötzlich fühlte sie sich weihnachtlich, spürte Freude und Zuversicht. Jetzt war der Zeitpunkt gekommen, wo sie die Weihnachtsdeko hervor holen und sich auf die Festtage einstimmen konnte.
      Und einem Impuls folgend, griff sie zum Telefon, um ihre „Mutti“ anzurufen und ihr vorzuschlagen, die Weihnachtsfeiertage gemeinsam mit ihr und den Zwillingen zu verbringen.

    • 18. Türchen


      Die vier Jahreszeiten

      Ich werde wach.
      Ich stehe auf, obwohl ich lieber liegen bleiben würde.
      Ich gehe duschen, obwohl ich keine Lust habe.
      Ich spiele Klavier und träume.
      Ich sehe aus dem Fenster und bemerke:
      Es ist Herbst!
      Trotz der Farbenpracht des Herbstlaubes fühle ich etwas Negatives in dieser Zeit.
      Das Jahr geht zu Ende.
      Es verabschiedet sich mit Dunkelheit, Kälte, Regen, Nebel, Wind.
      Ich werde traurig und wünsche mir, lass es Winter werden.
      Es ist Winter!
      Strahlender Sonnenschein, klare Luft.
      Viel Schnee, der die Zweige der Tannen nach unten hängen lässt.
      Viel Schnee, der die Erde mit einem weißen Tuch bedeckt und sie ruhig und zufrieden erscheinen lässt.
      Ich sehe die Spuren der Tiere.
      Ich beobachte, wie Rehe, Hasen und Vögel in der gefrorenen Erde nach Futter suchen.
      Hunger!
      Ich denke an die Menschen, die in dieser Zeit erfrieren und verhungern müssen, während wir, mit kostbaren Geschenken und Weihnachtsbraten, bei wohliger Wärme Weihnachten feiern.
      Ich werde traurig.
      Obwohl ich die Zeit mit meiner Familie am Tannenbaum geniesse, mich geborgen fühle,
      wünsche ich mir, lass es Frühling werden.
      Es ist Frühling!
      Der weisse Vorhang, der die Welt erstarren liess, ist verschwunden.
      Die Erde beginnt zu atmen und ihr Atem riecht nach Leben.
      Ich höre Vögel zwitschern, sehe Blumen blühen und bemerke, dass die Bäume ihr erstes, zartes Grün in Form von winzigen, zierlichen Blättern zeigen.
      Es herrscht geschäftiges Treiben.
      Es werden Nester gebaut, Höhlen gegraben und Dämme gehäuft.
      Die Welt bereitet sich vor. Sie bereitet sich vor auf das neue Leben, das in ihr wächst.
      Leben! Die Erde erwacht!
      Ich denke an die, die das nicht mehr erleben können.
      Die lieben Menschen, die für immer und unwiederbringlich von mir gegangen sind.
      Ich werde traurig und wünsche mir, lass es Sommer werden.
      Es ist Sommer!
      Die Sonne ist heiss.
      Ich liege am See und freue mich über die erste Bräune.
      Ich springe ins Wasser und geniesse die Abkühlung.
      Die Hitze des Tages ist vorbei und es weht ein laues Lüftchen.
      Ich gehe spazieren und höre das Zirpen der Grillen.
      Ich treffe mich mit Freunden und höre die leise Musik.
      Ich sitze mit meiner Familie gemütlich am Grill und höre das Knistern des Feuers.
      In der Stille des Abends denke ich zurück:

      Herbst, Winter, Frühling, Sommer
      Kühl, Kalt, Warm, Heiß
      Feucht, Nass, Trocken, Dürr
      Sterben, Schlafen, Erwachen, Leben

      Gäbe es das Traurige und Schlimme, das NEGATIVE, nicht,
      würden wir das Schöne und Lebenswerte, das POSITIVE, gar nicht sehen!

      ES IST GUT SO WIE ES IST!


      (2006 geschrieben von Flammy)


      Wir wünschen allen Arenamitgliedern und Angehörigen ein wunderschönes Weihnachtsfest.



    • 19. Türchen

      Gefühle nach dem Kalender

      Eigentlich ist es ja ein bißchen merkwürdig: wenn nur noch wenige dünne Kalenderblätter den Abreißer vom 24. Dezember trennen, so senkt sich jenes weihnachtliche Gefühl auf ihn hernieder, das ihr alle kennt. Er wird ein bißchen weich, er wird ein wenig träumerisch, und wenn der ganze Apparat des Einkaufs vorbeigeklappert ist, wenn all das Tosen und Wirken vorüber ist, dann saugt er doch an seiner Weihnachtszigarre und denkt sich dies und das und allerlei. Aber wie denn? Kann man denn seine Gefühle kommandieren –? Kann man denn – nach dem Kalender – seine Empfindungen regeln?

      Man kanns nicht. Der Schnurriker Mynona erzählt einmal die Geschichte vom Schauspieler Nesselgrün, dem es plötzlich einfiel, sein ihm zustehendes Weihnachten im August zu feiern – und unter unendlichem Hallo geht denn diese deplacierte Festlichkeit auch vor sich. Aber wir haben doch gelacht, als wir das lasen. Könnten wir andern das auch? Es ist wohl nicht nur die Furcht, uns lächerlich zu machen – es muß noch etwas anderes sein.

      Der Grund, dass wir wirklich – jeden Weihnachten – in jedem Jahr – immer aufs neue imstande sind, genau um den 25. Dezember herum die gleichen starken Gefühle zu hegen, liegt doch wohl darin, daß sie sich angesammelt haben. Es muß doch irgend etwas da sein, das tropfenweise anschwillt, das ganze Jahr hindurch.

      Schließlich ist doch der Kalender etwas ganz Äußerliches, Relatives, wir sind in gewisser Hinsicht mit ihm verwachsen – aber die Zeit ist nicht in uns, wir sind in der Zeit. Und das kleine Blättchen, das den Vierundzwanzigsten anzeigt, ist kein Grund, es ist ein Signal und ein Anlaß.

      Ich habe immer das Gefühl, als ob wir jede Woche im Jahr weihnachtliche Empfindungen genug aufbrächten – aber gute Kaufleute, die wir sind, legen wir sie ›in kleinen Posten‹ zurück, bis es sich einmal lohnt. Im Dezember ist dann das Maß meist voll.

      Ist es nicht schließlich mit jedem Gedenktag so –? Warum sollen wir gerade am neunzehnten an sie denken, und warum nicht einen Tag später –? ›Heute vor einem Jahr – -‹ ach Gott, entweder wir empfinden immer, dass sie auf der Welt ist – oder wir empfindens am neunzehnten auch nur konventionell. Gefühle nach dem Kalender –: das geht nur, wenn der Kalender sie ins Rollen bringt.

      Gefühle nach dem Kalender ... Wir haben alle nur keine Zeit, um gut zu sein, wie? Wir haben nur alle keine Zeit. Und müssen tausend- und tausendmal herunterschlucken und herunterdrücken und sind vielleicht im Grunde alle froh, allweihnachtlich einen Anlaß gefunden zu haben, den gestauten Sentiments freien Lauf zu lassen. Wer erst nach dem Kalenderblatt sieht, sich vor den Kopf schlägt und "Ach, richtig!" ruft – dem ist nicht zu helfen.

      Vielleicht hat diese neue – ehemals große – Zeit manches am deutschen Weihnachtsfeste geändert. Ich weiß nicht, obs innerlich geworden ist. Es täte uns so not – nicht aus Gründen der Religion, die jedermanns Privatsache ist – sondern aus Gründen der Kultur. Diesem Volk schlägt ein Herz, aber es liegen so viel Kompressen darauf.

      Reißt sie ab. Wagt einmal (was besonders dem Norddeutschen schwer und sauer fällt), wagt einmal, geradeaus zu empfinden. Und wenn euch das Fest nach all dem, was geschehen ist, doppelt lieb, aber doppelt schwierig erscheint, dann denkt daran, wie ihr es im Feld gefeiert habt, und wo – und denkt daran, wie es ein Halt gewesen ist gegen die Lasten des äußern und innern Feindes, und wie schon das Datum, wie schon der Kalender Trost war in verdammt schwarzen Tagen. Und – weil wir hier gerade alle versammelt sind – denkt schließlich und zu guter Letzt – auch an etwas anderes.

      Nach dem Kalender fühlen ... Aber habt ihr einmal geliebt ... ? Die Damen sehen in ihren Schoß, und die Herren lächeln so unmerklich, dass ich von meiner Kanzel her Mühe habe, es zu erkennen. Also ihr habt geliebt, und ihr – ich sehe keinen an – liebt noch. Nun, ihr Herren, und wenn sie Geburstag hat? Nun, ihr Herren, und wenn der Tag auf dem Kalender steht, an dem ihr sie zum erstenmal geküßt habt –? Nun?

      Ihr feiert das. Was im ganzen Jahr künstlich oder zufällig zurückgedämmt war – er bricht – wenns eine richtige Liebe ist – elementar an solchem Tage hervor aus tiefen Quellen. Der Tag, dieser dumme Tag, der doch gleich allen anderen sein sollte, ist geheiligt und festlich und feierlich und freundlich – und ihr denkt und fühlt: sie – und nur sie. Nach dem Kalender ... ?

      Nicht nach dem Kalender. Ihr tragt alle den Kalender in euch. Es ist ja nicht das Datum oder die bewußte Empfindung, heute müsse man nun ... Es ist, wenn ihr überhaupt wißt, was ein Festtag ist, was Weihnachten ist: euer Herz.

      Laßt uns einmal von dem Festtags-›Rummel‹ absehen, der in einer großen Stadt unvermeidlich ist. Laßt uns einmal daran denken, wie Weihnachten gefeiert werden kann, unter wenigen Menschen, die sich verstehen. Das ist kein Ansichtskarten-Weihnachten. Das ist nicht das Weihnachten des vierundzwanzigsten Dezembers allein – es ist das Weihnachten der Seele. Gibt es das –?

      Es soll es geben. Und gibt es auch, wenn ihr nur wollt. Grüßt, ihr Herren, die Damen, küßt ihnen leise die Hand (bitte in meinem Auftrag) und sagt ihnen, man könne sogar seine Gefühle nach dem Kalender regeln: zum Geburtstag, zum Gedenktag – und zu Weihnachten.

      Aber man muß welche haben.
      Autor: Kurt Tucholsky



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      das wünsche ich all meinen
      Schachfreunden
      eure Mohni