Gedanken eines Amateurs

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    • Gedanken eines Amateurs

      Hallo zusammen,

      ich chlorreicher Regelkundler spiele ja auch ab und zu Schach (eher schlecht als recht) und möchte hier mal meine Gedanken zu meiner Halbfinalpartie in einem Pokalkampf darlegen.
      Dies aus drei Gründen:
      Ersten arbeite ich viel Schach und möchte auch etwas auf meine Vorbereitung eingehen.
      Zweitens war diese Partie für mich so traumatisierend, dass ich gar nicht abwarten kann, wie ihr darüber herfallt und mir zeigt auf wie viele tausend Wege ich das Endspiel -das ich wie ein dreijähriger Zwergpintscher gespielt habe- gewinnen konnte.
      Und drittens ich die Stimmen und Bilder in meinem Kopf sonst nicht los werde (Termi hilf).

      Es spielten
      dfuchs (DWZ 1670) gegen Petersen (1850)
      Aus vergangenen Partien erwartete ich folgende Zugfolge, auf die ich vorbereitet war.
      1. c4 Sf6 2. g3 d5 3. cxd5 Sxd5 4. Lg2 c6 5. Sf3 g6 6. Sc3 Lg7 7.0-0 Sxc3 8. bxc3 0-0
      Nach stundenlangem in der MEGABASE, bei Hickel und Kosten entschied ich mich in der Stellung 9.Tb1 zu spielen. Die obige Zugfolge kam bisher in allen vier Partien, in denen mein Gegner schwarz hatte und weiß nicht früh d4 spielte dran. Ich war mir also sicher, dass die Stellung wie beschrieben auf's Brett kommen würde und war gut gewappnet.
      Die Partie begann so:
      1. c4 f5 Genau an dieser Stelle überkam mich zum ersten mal in der Partie ein leichter Brechreiz. Damit waren etwa vier Stunden Arbeit zum Teufel und das nur, weil sich mein Gegner auf mich vorbereitet hat, wie er mir später gestand.
      2. g3 Sf6
      3. Lg2 e5
      4. Sc3 Lc5 OK, so weit so gut, mit diesen vier Zügen eröffne ich so ziemlich jede Turnierpartie, es sei denn ich habe was spezielles vorbereitet. Es folgt nun eine Empfehlung von Kosten, ich bin also noch im Buch.
      5. e3 Sc6 Was wäre eigentlich auf e4 passiert? Naja, niedlich aussehen und winken.
      6. Sge2 e4 Achso!
      7. d4 Lb4 Mein Gegner hat exd3 einfach nicht wollen, obwohl's wohl besser wäre.
      8. a3 Lxc3+
      9. Sxc3 d5 Die Stellung wollten wir beide.
      10.cxd5 Sxd5
      11. Dh5+ Kf8 ?! (11... g6 12. Kh6 Kf7 war wohl wieder besser. Mein Gegner war wohl etwas indisponiert.)
      12. Ld2 (eine klitzekleine Falle) Sa5?? und voll rein getappt!
      13. Sxd5!! ups, den darf man ja gar nicht zurück nehmen, weil da Lb4+ mit Damengewinn oder Matt droht.
      13... Sb3 wir fischen im trüben
      14. Sxc7 ? (Das 14. Lb4+ c5 15. dxc5!! ganz einfach gewinnt habe ich in der Partie nicht gesehen, weil ich nur an 15.Lxc5 gedacht habe. Doofer Fuchs! Aber ein Bauer ist ein Bauer.)
      14... Sxd2 (mehr oder weniger erzwungen)
      15. Kxd2 Dxc7
      16. Thc1 Db6
      17. Txc8!! OK, einmal spielt er wie ein 800er und dann wie ein 1800er. Das Qualitätsopfer war in der Partie intuitiv, aber der Rechner gibt mir recht.)
      17... Txc8
      18. Dxf5+ Ke7 (erzwungen der Turm auf c8 hängt sonst)
      19. Dxe4 Kf7? (jetzt fällt auch noch der dritte Bauer!)
      20. Dxb7+ Dxb7
      21. Lxb7 Tb8
      22. Ld5+ (deswegen war 19... Kf7 falsch)
      22... Ke7 kommen wir zur Bilanz, ich habe für einen Turm einen Läufer und vier! Bauern. Dazu kommt, dass ich eigentlich meine stärkste Spielphase im Endspiel habe. Aber Ausnahmen bestätigen die Regel in dieser Partie.
      23. b3 (besser ist b4) Thf8
      24. f4 g5
      25. Tc1 Kd6 (OK, kurze Erklärung: Mein Plan war es jetzt ein Turmpaar zu tauschen, die Bauern möglichst auf dem Brett zu lassen, mit König und Läufer ein Eindringen des anderen Turms zu verhindern und dann die vier! Bauern laufen zu lassen. Klingt gut nicht? Alleine die Umsetzung gestaltete sich etwas schwierig, da ich nicht einmal mehr von zwölf bis mittag denken konnte. Die Angst vor dem Sieg gegen "bessere" Gegner begleitet mich nun schon vier Jahre. Ich muss da unbedingt mal was machen.)
      26. Tc5? gxf4
      27. gxf4 Tf5
      28. Le4 Txc5
      29. dxc5 Kxc5 (OK, Turmtausch ist geschafft, da fehlt aber ein Bauer. Die Partie ist immer noch gewonnen, aber nun muss weiß sehr präzise spielen und das schaffe ich einfach nicht mehr)
      30. b4+ ? (Das reicht schon um die Partie zu verderben. Mit dem auf der Hand liegendem Kc2 kann weiß um den Sieg spielen)
      30... Kc4!
      31. Kc2 Te8
      32. Ld3+ Kd5
      33. Kd2 h6
      34. e4+ Kd4
      35. e5 Kd5
      36. Ke3 Tc8
      37. Le4+ Ke6
      38. Kd4 Td8+
      39. Kc3?? hervorragend gespielt und tatsächlich auch noch den zweiten Bauern eingestellt.
      39... Tf8
      40. f5+ (Das auf mein nun folgendes Remisangebot eine Ablehnung erfolgt war klar. Vielleicht ist die Partie objektiv noch haltbar für weiß. Aber praktisch habe ich jetzt zwei Bauern weggestellt und muss ums Remis kämpfen)
      40... Kxe5
      41. Kd3 Td8+
      42. Ke3 Td4
      43. Lg2 Th4
      44. h3 Kxf5
      und weiß gab im 68. Zug auf. 0-1

      Den Rest poste ich später mit der nachspielbaren Version der Partie als PGN.

      Für mich war das die tragischste Partie, die ich in den letzten 4 bis 5 Jahren gespielt habe. Über aufbauende Worte oder Bemerkungen und Kommentare zur Partie wäre ich Dankbar.

      Gruß Daniel
    • Ich glaube deine Endspielstratgie den Turm zu tauschen war nicht so gut. Besser wäre es wohl gewesen zu versuchen den Laden dicht zu halten, also möglichst Linienöffnungen vermeiden (des Gegners Türme brauchen offene Linien) und den Turm hinter und den Läufer vor den Bauern zu positionieren.

      Was dein psychologisches Problem angeht: versuch mal den Gegner (mit seiner gefährlichen hohen DWZ :D ) einfach wegzudenken, nur das Schachbrett sollte deine volle Aufmerksamkeit haben - es gibt kein Gegner nur das Schachbrett. 8o

      Jetzt hab ich noch keine aufbauenden Worte gefunden, also die Eröffnung- und Mittelspielphase hast du doch ganz gut gespielt. :thumbsup:

      Gruss Amateur Ripley

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von Ripley ()

    • 14. Sc3 und Weiß hat einfach nen Klotz mehr --> Schwarz kann aufgeben. In solchen Situationen nicht das glauben was Fritz sagt. Der spielt dann meist kompliziert und erzielt ein rechnerisch höheren Gewinnvorteil, was aber ganz unnötig ist. Einfach Vereinfachen und Abwickeln. Die Pos. in der Eröffnung und im Mittelspiel beurteilst Du richtig (e4/d4-Formation +/=; Kf8? +/-). Das Endspiel leitest Du schon falsch ein. Grundsätzlich wäre der Damentausch richtig, aber aufgrund der sehr unsicheren schwarzen Königsstellung hätte ich die Dame in diesem Fall womöglich behalten. Auch der Turmtausch erscheint mir auf die Schnelle unnötig, Turm+Läufer zusammen bieten mehr Felderdeckung, die Du immer noch brauchst. Die drei Bauern gewinnen jedoch ohnehin. Wieso da zum Ende nur noch zwei Bauern waren muß ich gleich noch mal schauen, das habe ich grad nicht ganz mitbekommen. Die stellst Du dann aber einfach katastrophal ein. Da kann man eig. nicht viel zu sagen. Ich kann es mir gerne aber noch mal genau anschauen, wenn das gewünscht ist. Aber vl. hat das ja schon jmd. in Mache, der Thread ist ja schon 2 Tage alt. So weit ..

      fg

      €: Tc5 war Blödsinn. Einfach den Läufer zurück, der deckt den Damenflügel allein, das Zentrum hast Du ohnehin und der Turm verhindert ein Eindringen auf 2. Somit ist alles gesichert und die Bauern können langsam aber sicher nach vorn.

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von Cascavella ()

    • Nach 14. Sc3 kommt Sxa1.

      Gruß Daniel

      P.S: Ich habe natürlich auch schon eine fertige umfangreiche Analyse gemacht, mir geht es hier nur noch um weitere Anregungen.

      Dieser Beitrag wurde bereits 2 mal editiert, zuletzt von dfuchs ()

    • stumpf veguckt *g. Hoffentlich passiert mir das n Wo beim Vereinspokal nicht. Rest müßte aber ~stimmen. Naja, wenn Du die Analyse mit dem Rechner schon gemacht hast, was willst denn dann noch wissen? Die Kommentierung, die oben eingefügt hast, liest sich eher so, als wenn Du ohnehin schon alles weißt. Da müsstest Du schon angeben, was er ausgespuckt hat, was Du evtl. bezweifelst oÄ. Das wäre wohl unnötig wenn einer von uns das - noch mal - durch den Rechner jagt. Schreib doch mal die Bewertungen aus der Fehlersuche hinter die Züge.
    • Mir geht es eher um die Pläne. Die gibt der Rechner nämlich nicht raus.

      So habe ich jetzt schon von mehreren Leuten gehört, dass ich in dem Endspiel die Türme eher auf dem Feld hätte lassen sollen. Sowas hilft schon mal, wichtiger wäre mir dann noch, wie man das Endspiel dann tatsächlich im Gewinnsinne führt. Auch wenn es trivial aussieht (und man sich nicht anstellt, wie ein Hampelmann) ist es bei einer aktiven schwarzen Verteidigung ganz schön schwer tatsächliche Fortschritte zu erzielen.

      Andererseits interessiert mich natürlich auch die Eröffnung. Hier hat schwarz häufig gepatzt, keine Frage, aber wie spielt man so ein System richtig. Ich habe mich mit Weiß auch nicht wirklich wohl gefühlt und Schwarz hat einige Chancen ausgelassen.

      Grüße Daniel

      P.S: Wer bei einer Analyse nur den Rechner fragt, wird nie ein besserer Spieler. Er kann dir die Pläne nicht erklären.

    • Zur Eröffnung kann man nicht so ganz viel sagen, weil Schwarz sie so schwach spielt. Grundsätzlich kann man aber sagen, daß Weiß bei der gegebenen Formation (e4/d4) eine Plan hätte das Zentrum mit f3 aufzuräumen. Der Schwarze wird danach etwas schwach im Zetrum, weil er oft auf f3 tauschen muß. Und Du wirst Lachen, aber sagt Dir der Rechner im gegebenen Fall auch, wenn Du im Zusammenhang verstehst warum er diesen oder jenen Zug vorschlägt. Das wäre ein Plan für die Eröffnung im geschlossenen Sizilianisch, das hier ja mit vertauschten Farben vorliegt. Ansonsten bin ich kein besonderer Fan von 'Plänen', ehen von Eventualitäten. Wenn Dein Gegner nicht auf Verlust steht und andere Züge macht, als sie Deinem 'Plan' genehm sind, wirst Du ihn über den Haufen werfen müssen und was anderes spielen. So viel zu 'Plänen'.

      Nach 19. .. Kf7 hätte ich lange geschaut. Sicherlich kann man hier Abwickeln und gleich noch nen Bauern mitnehmen. Andererseits kann man den schwarzen König hier fast beliebig Schaukeln. Das wird ihn schwer nerven und kostet nix ;P.

      Interessant ist es ebenfalls nach 23. .. Thf8. Der Spielverlauf zeigt, daß nach f4 Schwarz iwie zu Gegenspiel kommt. Das wäre gar nicht nötig. Man könnte das mit Tf1 evtl. ganz langsam spielen. Und mit dem 'Plan' f3/e4 die Bauern nach vorne bringen ohne daß Löcher entstehen. Schwarz hat dann einfach gar nichts, was er tun könnte und solche Positionen gefallen niemandem. Hast Du Nimzowitsch schon gelesen? Der spielte so. Die Gegner waren oft bei vollem Brett stehend k.o.

      Wie man es nach 25. .. Kd6 weiterspielt, zeigt Dir der Rechner durchaus. Ich denke immer noch, daß maß man einfach mit Lc4 die Linie schliessen sollte. Nach dem Bauernverlust und 29. .. Kc5: sollte Weiß immer noch auf Gewinn stehen, aber die Figuren stehen iwie nicht gut und es erscheint mir hiernach schwierig. Der schwarze Turm kann eindringen und sich evtl. noch nen Randbauern abholen, während der schw. König die verbundenen weißen Bauern blockiert.

      Dieser Beitrag wurde bereits 2 mal editiert, zuletzt von Cascavella ()