Strukturiertes Nachdenken

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    • Strukturiertes Nachdenken

      Hey,
      seit einem Jahr nun, als ich in meinem Zivildienst zu einer Partie Schach aufgefordert wurde, spiele ich nun wieder Schach.
      Nun habe ich in dieser Zeit verschiedene Dinge ausprobiert, einiges gelesen und auch viel gespielt.
      Unter anderem auch verschiedene Formen des "Nachdenkens", ich hab zum Beispiel versucht, einfach stur alle Zugfolgen durchzugehen,
      versucht mir quasi Stichpunkte zu erstellen, die ich dann "abhake", wie erst nach gegnerischen Strategien/Fallen/Plänen gucken, dann nach
      eigenen suchen, dann einzelne Szenarien durchrechnen, usw.
      Nun würde mich mal interessieren, gerade bei denen, die auch gerne mal Partien über 4 Stunden spielen, über was ihr so nachdenkt.
      Klar, dass es da kein Zaubermittel gibt, das immer funktioniert. Auch klar, dass das bestimmt jeder anders macht und da jeder so seine eigenen
      Gedanken hat. Aber so im Großen und Ganzen, was denke ich, wenn ich seit 20 Minuten über ein oder zwei Zügen sitze.
      Macht ihr euch Gedanken über was ihr so denkt, oder denkt ihr einfach drauf los =D
      Strukturiert ihr euer Nachdenken?
      Flo =)
    • Ich machs öfters so, dass ich nach jedem zug schauen, welche felder/Figuren bedroht werden sowie danach schaue, welche anderen gegnerischen Figuren durch den Zug dann ungedeckt sind oder schwächer gedeckt sind und dann versuche ich diese Puntke anzugreifen oder durch Nachdenken irgendwelche eigene Varianten zu entdecken, die sich als für mich vorteilhaft ergeben könnten
      Gruss
    • meine längste Partie ging um 5 Std. und anfangs hatte ich nur Schachgedanken(wie über mir beschrieben)...als nach 3 1/2 Stunden alle Mannschaftskameraden zu schauten und meine Partie das Zünglein an der Waage war,hatte ich nur noch den Gedanken,du darfst nicht verlieren ...sonst ist die Mannschaftsmeisterschaft futsch.....es war grausam,weil der Gegner einen Vorteil hatte....zum Glück machte er einen Fehler und ich gewann....
    • Hi,

      dass mach ich ungefähr so:

      1)kurz in die Stellung reingucken: Was gibt es für taktische Motive, einzügige, zweizügige Einsteller und Fesselungen, Gabeln usw., alles kann man trotzdem nicht sehen. Falls etwas auffällig erscheint prüfe ich das kurz, ob die Varianten überhaupt Sinn machen ( Nicht zu oft rechne ich sieben Nebenvarianten zuerst, um dann in der Hauptvariante festzustellen: Das geht ja gar nicht )
      2) Kann ich die Stellung meiner Figuren verbessern, oder die des Gegners mit nicht zu hohem Aufwand / Risiko verschlechtern.
      3) Hab ich schon eine gute Figurenstellung, auf genaue Details eingehen: bringt das Abwickeln ins Endspiel was und kann ich die Figur gegen die tauschen und schließlich natürlich, falls alles gut aussieht direkt zum Angriff blasen.

      Das ist nur so ungefähr, aber immer kann man das nicht immer machen, z.B.: in der Najdorf-Variante im Sizilianer, usw.. Schach hat halt viele Ausnahmen.
      Ich wähle deswegen meistens positionelle Spielanfänge, in denen man das oben nutzen kann.

      Mfg
      endsp. 8)
    • wie ich denke hängt ganz von der stellung ab.ich bin ja jemand der sehr lange nachdenkt und daher oft in zeitnot komm.ich schau erstmal wa droht der gegner was könnte ich drohen und macht es sinn.dann schau ich welche figuren schlecht stehen und versuch sie besser zu stellen oder gegen gegnerische gut stehende figuren abzutauschen.dann schau ich mir die bauernstruktur an.welche bauern sind schwach und gut angreifbar und schwer zu verteidigen und welche eher nicht.dann guck ich wie ich die gegnerische bauernstruktur schwäche. usw. usf.
      falls ich irgendwann wirklich keinen plan haben sollte schau ich ob ich figuren tauschen sollte oder nicht.ansonsten versuch ich einfach meine stellung zu stabilisieren.
      Meine DWZ liegt im moment bei 2009
    • Hütchen schrieb:


      Ja, auf den Thread bin ich auch gestoßen.
      Auch hab ich hier im Forum die Bücher "Der Zauberlehrling" von Bronstein und "Die sieben Todsünden eines Schachspielers" zu dem Thema gefunden.
      Also auf Empfehlung für eben jene Fragestellungen...
      Mich interressiert aber trotzdem, wies euch da so geht, bzw. auch, wie ihr das schildert.
      Mir fällts nämlich dann manchmal auch schwer auszudrücken, wie ich denke, wenn ichs erklären soll =D
    • Immer zuerst die Kandidatenzüge anschauen, das sind a) Schachgebote, b) Schlagzüge und c) direkte Drohungen. Dann suchst du in jeder dieser Varianten die möglichen Antworten deines Gegners, wieder mit besonderem Augenmerk auf die Kandidaten. In der Stellung, die du dann vor Augen hast, nochmal das gleiche und so weiter.

      Außerdem sollte man immer an (das damit verwandte) LPDO denken: "Loose pieces drop off", also ungedeckte Figuren fallen vom Brett. Such nach ungedeckten/höchstens ausreichend gedeckten (also z.B. zweimal angegriffen und zweimal verteidigt) Stellen im gegnerischen Lager (und im eigenen, damit du nichts einstellst). Häufig kann man mit einem überraschenden Doppelangriff zwei Drohungen gleichzeitig aufstellen, und wenn diese nicht gleichzeitig pariert werden können, gewinnst du einfach Material.

      Wenn du diese beiden Punkte konsequent beherzigst, solltest du die meisten taktischen Möglichkeiten während der Partie finden. Mit etwas Übung wird deine Variantenberechnung immer besser und du wirst kaum noch simple Einsteller übersehen. Und weil neunzig Prozent vom Schach reine Taktik sind, wirst du so schnell besser.

      Wenn du die offensichtlichen Kandidatenzüge durchgerechnet hast, sind die stillen Züge an der Reihe. Falls keine unmittelbare Taktik in der Luft liegt, solltest du hier einfach nach strategischen/positionellen Richtlinien handeln. Schwäche deine Bauernstruktur, vor allem um den König herum, nie ohne guten Grund. Und eine Frage solltest du dir immer stellen: Welche meiner Figuren steht noch nicht aktiv genug, auf welchem Feld hätte sie die größtmögliche Wirkung? Oder wie mein Trainer sagte: Sprich mit deinen Figuren.
    • Ich sehe da ja Dworezki's Schachschule! :)

      noch etwas: Spiele immer mit einem Plan. Einfach nur ziehen im Sinne von gegnerische Züge beantworten führt fast zwangsläufig in die Niederlage.
      Ebenfalls ein Zitat ... ich glaube von Nimzowitsch (oder Lasker? Steinitz ... ?? dunno): "Es ist auf jeden Fall besser mit einem schlechten Plan zu spielen als ohne. Ohne Plan zu spielen wäre die strategische Blamage"
      Denn (auch laut Dworezki) es kommt weitaus seltener vor auf Grund eines schlechten Plans zu verlieren als das man verliert weil man eben keinen Plan hatte.
      Das Vorgehen bei der Planfassung:
      Analyse >>> Urteil >>> Plan.
    • Mir passierte es früher immer wieder, daß einige Varianten wieder und wieder durchgerechnet habe, weil ich mich verzettelt hab, mich habe ablenken lassen usw. Ich habe es beobachtet, daß Spieler manchmal die Züge beim Variantenrechnen (kurz und dezent) mit kleinen Handbewegungen unterstützen. Das mache ich inzwischen auch, wenn ich wieder dabei bin mich zu verzetteln. Es ist ein bischen wie Fingerrechnen und hilft die Varianten 'abzuhaken' (!).

      Es ist doch ein bischen so, daß man in eine Partie iwie 'reinkommen' muß. Ein gutes Eröfnungswissen hilft dabei. Wenn man dann 'drin' ist hat man doch ein Spektrum von Möglichkeiten (Varianten) in seine 'Planung' integriert. Sehr gefährlich wird es, wenn auf einmal ganz etwas anderes kommt, als man erwartet hat (Das passiert doch eher selten und das muß nichts korrektes sein). Dann müssen eig alle Warnleuchten angehen und man muß wirklich die, alle oben schon genannten, Elemente durchgehen. Spielt der Gegner etwas Erwartetes, dann muß man das eig nicht bei jedem Zug erneut machen.

      Heimdall70 schrieb:

      noch etwas: Spiele immer mit einem Plan. Einfach nur ziehen im Sinne von gegnerische Züge beantworten führt fast zwangsläufig in die Niederlage.

      @ Heimdall: ja, mit den Plänen .. das ist so ne Sache. Iwie stimmt das schon, ganz planlos geht das nicht gut. Aber eines kann man sicher auch sagen: Wenn man sich in der entscheidenden Situation nicht von seinem 'Plan' lösen kann, dann führt das direkt in die Katastrophe. Das sind die Situationen in denen man 'unbedingt so und so spielen wollte'. Davon muß man sich lösen.

      Grüße
    • Achso, damit man die Zeit an der richtigen Stelle verbrät gibt es noch einen Tipp:
      Man unterscheidet jede Stellung in drei Typen:

      ASM (Ausschlussmethode): Es gibt nur einen sinnvollen Zug (Schachgebote!). Hier rechnen wir lieber auf Gegnerzeit und ziehen den einzigen Zug gleich.
      PNS (persönlich neutrale Stellung): Dies sind mit großem Abstand die meisten Stellungen! Hier sind alle Stellungen darunter zu sehen, bei denen es zu viele oder gar keine Kandidatenzüge gibt. Man (und damit ist jeder persönlich gemeint, nur weil eine Stellung von einem Titelträger erfasst werden kann, heißt das nicht, dass du und ich es kann) die Varianten also unmöglich alle erfassen und korrekt berechnen kann. In diesen Stellungen und das fällt den meisten Schachspielern unendlich schwer, sollte man ebenfalls nicht ewig rechnen, sondern stattdessen einen soliden Zug machen.
      PKS (persönlich kritische Stellung): Diese Stellungen sind für mich oder dich persönlich erfassbar oder verändern die Stellung grundlegend. Hier sollte man seine Zeit investieren.

      Grüße Daniel
    • Odysseus schrieb:

      Kandidatenzüge anschauen, das sind a) Schachgebote, b) Schlagzüge und c) direkte Drohungen
      Wie unterscheidest du denn direkte Drohungen und Schlagzüge?

      Ansonsten super! Das war genau das was mich interessiert hat =)


      edit:
      Achso, was mir noch eingefallen ist,
      was denkt ihr denn, wenn der Gegner nachdenkt? Also wenn ihr auf einen Gegnerzug wartet?
      Spekuliert ihr dann, was er ziehen könnte um schneller antworten zu können?
      Oder lieber allgemein die Stellung auf sich wirken lassen und auf strategische/positionelle Merkmale achten,
      die sich mit dem nächsten Gegnerzug nicht völlig verändern werden?
    • Hi,

      ich weiß nicht ob das so hilfreich ist, aber meistens gucke ich mir die anderen Partien an und lasse die Stellungen auf mich wirken. :thumbsup:

      Nein, also meistens rechne ich eher nicht sondern schaue mir die Stellung von der Gegnerseite an. Das bringt echt was!!! Das ein oder andere Mal ist mir da schon ein Zug aufgefallen, den ich vorher nicht beachtet habe. Dann setze ich mich wieder hin und rechne den durch.
      Sonst mache ich es genauso, wie wenn ich am Zug bin.

      Mfg
      endsp.
    • hmmm...wenn ich nur noch wenig Zeit hab kommt es auf die Stellung an... dann denk ich ma über meine Pläne nach oder halt auch über die eventuellen Züge des Gegners...

      Wenn ich noch viel Zeit hab, denk ich oft über überhaupt nicht an die Partie, stehe häufig auch auf und gehe rum! Ein bisschen ablenken und dann wieder die Gedanken aufnehmen...bringt mir häufig ein neues Bild der Stellung