Paul Keres
Paul Keres wurde am 7.1.1916 in Narwa geboren. Narwa liegt ganz im Osten Estlands,
unmittelbar an der Grenze zu Russland. St.Petersburg ist nur 120 km entfernt.
Seine Eltern sind Peeter und Marie Keres. Später zog die Familie nach Pärnu, eine
Kleinstadt im Südwesten Estlands, am Rigaischen Meerbusen gelegen.
Im Alter von 4-5 Jahren lernte er zusammen mit seinem älteren Bruder Harald
das Schachspiel, indem er seinem Vater beim Spiel gegen dessen Freunde zusah.
Vater und Bruder waren anfangs die einzigen Spielpartner, später konnte er sich
mit Schulkameraden messen. Irgandwann entdeckten Paul und sein Bruder, dass
man Partien aufschreiben konnte und sie begannen Zeitungsauschnitte mit
Partien und Studien zu sammeln. Da es keine Schachliteratur gab, schrieben sie
jede Partie ab, derer sie habhaft werden konnten. Bald hatte Keres eine
"Datenbank" auf Papier von fast 1000 Partien.
Bereits mit 11-12 Jahren war Paul den Schachfreunden in Pärnu ein
gleichwertiger Gegner. Und schon im selben Alter begann er mit dem Fernschach
und spielte gegen Gegner in der ganzen Welt. Im Alter von 13 Jahren gewann er
die Blitzmeisterschaft von Pärnu. 1933 spielte er bei der estnischen
Meisterschaft in Tallinn mit und fast scheint es, als hätte sich hier schon sein
sportliches Schicksal als "ewiger Zweiter" offenbart. In Führung liegend
vergab er den Turniersieg leichtfertig, indem er in der letzten Runde mit einer
riskanten Eröffnungswahl (1.d4 e5) nicht erfolgreich war. Im folgenden Jahr
wiederholte sich die Geschichte. Diesmal spielte er in der letzten Runde zu
ängstlich und verpasste den Turniergewinn wieder um einen halben Punkt. Doch bei
der Meisterschaft 1934/35 ist es dann soweit, Keres wird estnischer Meister.
Schach war übrigens nicht der einzige Sport, bei er bei einer estnischen
Meisterschaft mitspielte. Als physisch gut trainierter Sportsmann erreichte Paul
Keres im Tennis sogar das Finale, unterlag dort aber.
Es folgt ein kometenhafter Aufstieg. Im Sommer 1935 ist der 19-jährige Paul
Keres Mannschaftsführer einer estnischen Mannschaft bei der Schacholympiade in
Warschau. Keres spielte an Brett eins gegen die besten Spieler der Welt,
darunter Aljechin, und holte 12,5 Punkte aus 19 Partien. Gegen Aljechin verlor
er. Im gleichen Jahr spielte er einen - wie Keres selbst betonte - für seine
schachliche Entwicklung wichtigen Wettkampf gegen Paul Schmidt um die estnische
Meisterschaft.
1936 wurde er in Bad Nauheim zusammen mit Aljechin geteilter Erster, spielte
aber ein Turnier in Dresden kurz danach kläglich.
Er gewann das stark besetzte Turnier in Semmering 1937 und spätestens nach
dem Gewinn des AVRO-Turniers gilt Keres als Anwärter auf den Weltmeistertitel.
Doch die Versuche, durch den Turniersieg einen Wettkampf gegen Aljechin zustande
zu bringen, misslangen. Nach dem Turnier schickte die AVRO, eine holländische
Radiostation, Aljechin eine Herausforderung, doch die vom Weltmeister
gestellten Bedingungen waren für die AVRO nicht akzeptabel.
Keres gewann in Margate vor Capablanca und Flohr. In dem 1939
organisierten Wettkampf zwischen Euwe und Keres ging es wieder um die Frage, wer
als Herausforderer von Aljechin zu gelten hat. Keres gewann, aber da inzwischen
der Zweite Weltkrieg ausgebrochen war, musste er die Hoffnungen auf einen
Titelkampf begraben.
1940, Estland ist jetzt Teil der UdSSR, spielt Keres die Sowjet-Meisterschaften und wird
Vierter.
1942, Estland nun von den Deutschen besetzt, spielt er in Salzburg und wird hinter Aljechin Zweiter.
Es folgen einige Turniere im faschistischen Teil Europas. 1946, nach dem Ende des
Zweiten Weltkrieges ist Estland wieder in die UdSSR integriert, spielt Keres
zusammen mit Mikenas außer Konkurrenz die Meisterschaften von Georgien mit. 1947
wird er Meister der UdSSR. In diesem Jahr wurde in der Schachwelt "mit viel
Polemik" (Keres) diskutiert, wie die Nachfolge des verstorbenen Weltmeisters
Aljechin zu regeln sei. Resultat dieser Diskussionen war das fünfrundige
Weltmeisterturnier in Groningen mit Botvinnik, Smyslow, Reshevsky, Keres und Euwe.
Obwohl neben Botvinnik Hauptfavorit beendet Keres das Turnier als Vorletzter,
wobei er gerade gegen Botvinnik besonders schlecht abschneidet und von den fünf
Partien vier verliert und nur eine gewinnt. Aus diesem Ergebnis nährt sich das
Gerücht, das Keres habe zurückstehen und Botvinnik zum Titelgewinn habe
verhelfen müssen. Er selbst erklärt den unglücklichen Verlauf mit einem
schlechten Start und falscher Turniertaktik: statt den zweiten Platz zu sichern,
wollte er weiter auf den Titel spielen und überzog die Partien. 1962 wurde er in
der Sowjetunion zum Sportler des Jahres gewählt, so dass es unwahrscheinlich
erscheint, dass er als Sowjetbürger zweiter Klasse angesehen wurde. Keres wurde
auch bei den den Kandidatenturnieren 1953, 1956, 1959 und 1962 stets "nur"
Zweiter.
Suetin erklärt sich Keres vergeblichen Ansturm auf den Weltemeistertitel
einmal dadurch, dass er es nicht mit noch jugendlichem Elan geschafft hatte, so
wie Tal oder Kasparow, und dass er immer auf sich alleine gestellt war und keine
Berater hatte. Oft wählte er deshalb bei Turnieren die falsche Taktik.
1969 initiierte Keres in der estnischen Hauptstadt Tallinn eine Serie von
Internationalen Turnieren, die im Zweijahresryhtmus abgehalten wurde. 1971
gewann Keres zusammen mit Tal, 1975 belegte der Keres den ungeteilten ersten
Platz vor Spassky und Olafsson.
Estland verehrte Paul Keres als Nationalheld. Nach seinem plötzlichen, frühen
Tod(† 5.Juni 1975 in Helsinki,nach einem Herzanfall) bekam er in Tallinn ein Staatsbegräbnis.
Er ist der einzige Schachspieler auf der Welt, dessen Konterfei eine Banknote ziert.
Das von ihm ins Leben gerufene Turnier wurde nun zum Keres Memorial.
Beim ersten Keres-Gedenkturnier 1977 gewann Tal. Aber auch in Vancouver, wo er sein letztes
Turnier spielte, wird ihm zu Ehren ein Memorial veranstaltet.
Keres ist damit der einzige Schachspieler mit zwei Gedenkturnieren in zwei Ländern.
Keres, von stattlicher und sportlicher Erscheinung, wird als untadeliger
"Gentleman" beschrieben. Seine höfliche Zurückhaltung abseits des Schachbrettes
stand ganz im Gegensatz zu seinem Auftreten mit den Figuren. Er liebte das
lebendige Angriffsschach, war ein brillanter Taktiker und großer Spezialist der
Offenen Spiele. Sein Hang zu scharfen, heute teils als unseriös angesehnen
Eröffnungen und Gambitvarianten hat ihn sicher manchen Punkt gekostet. In Folge
seiner frühen Praxis als Fernschachspieler war er ein hervorragender Analytiker.
Einen ausgezeichneten Ruf hat sich Keres auch als Theoretiker erworben. Neben
Abhandlungen über das Endspiel, waren besonders seine Publikationen zu den
Offenen Spielen bahnbrechend. Seine Analysen und sein Urteil ist auch heute noch
oftmals gültig und der Schlusssatz unter einer Variante, "Weiß steht besser
(Keres)" klingt in den Ohren eines Schachspielers wie der Spruch des
Bundesverfassungsgerichts.
Quellen: Suetin; Das Schachgenie Paul Keres, Berlin 1987
Chessbase-Paul Keres
Paul Keres wurde am 7.1.1916 in Narwa geboren. Narwa liegt ganz im Osten Estlands,
unmittelbar an der Grenze zu Russland. St.Petersburg ist nur 120 km entfernt.
Seine Eltern sind Peeter und Marie Keres. Später zog die Familie nach Pärnu, eine
Kleinstadt im Südwesten Estlands, am Rigaischen Meerbusen gelegen.
Im Alter von 4-5 Jahren lernte er zusammen mit seinem älteren Bruder Harald
das Schachspiel, indem er seinem Vater beim Spiel gegen dessen Freunde zusah.
Vater und Bruder waren anfangs die einzigen Spielpartner, später konnte er sich
mit Schulkameraden messen. Irgandwann entdeckten Paul und sein Bruder, dass
man Partien aufschreiben konnte und sie begannen Zeitungsauschnitte mit
Partien und Studien zu sammeln. Da es keine Schachliteratur gab, schrieben sie
jede Partie ab, derer sie habhaft werden konnten. Bald hatte Keres eine
"Datenbank" auf Papier von fast 1000 Partien.
Bereits mit 11-12 Jahren war Paul den Schachfreunden in Pärnu ein
gleichwertiger Gegner. Und schon im selben Alter begann er mit dem Fernschach
und spielte gegen Gegner in der ganzen Welt. Im Alter von 13 Jahren gewann er
die Blitzmeisterschaft von Pärnu. 1933 spielte er bei der estnischen
Meisterschaft in Tallinn mit und fast scheint es, als hätte sich hier schon sein
sportliches Schicksal als "ewiger Zweiter" offenbart. In Führung liegend
vergab er den Turniersieg leichtfertig, indem er in der letzten Runde mit einer
riskanten Eröffnungswahl (1.d4 e5) nicht erfolgreich war. Im folgenden Jahr
wiederholte sich die Geschichte. Diesmal spielte er in der letzten Runde zu
ängstlich und verpasste den Turniergewinn wieder um einen halben Punkt. Doch bei
der Meisterschaft 1934/35 ist es dann soweit, Keres wird estnischer Meister.
Schach war übrigens nicht der einzige Sport, bei er bei einer estnischen
Meisterschaft mitspielte. Als physisch gut trainierter Sportsmann erreichte Paul
Keres im Tennis sogar das Finale, unterlag dort aber.
Es folgt ein kometenhafter Aufstieg. Im Sommer 1935 ist der 19-jährige Paul
Keres Mannschaftsführer einer estnischen Mannschaft bei der Schacholympiade in
Warschau. Keres spielte an Brett eins gegen die besten Spieler der Welt,
darunter Aljechin, und holte 12,5 Punkte aus 19 Partien. Gegen Aljechin verlor
er. Im gleichen Jahr spielte er einen - wie Keres selbst betonte - für seine
schachliche Entwicklung wichtigen Wettkampf gegen Paul Schmidt um die estnische
Meisterschaft.
1936 wurde er in Bad Nauheim zusammen mit Aljechin geteilter Erster, spielte
aber ein Turnier in Dresden kurz danach kläglich.
Er gewann das stark besetzte Turnier in Semmering 1937 und spätestens nach
dem Gewinn des AVRO-Turniers gilt Keres als Anwärter auf den Weltmeistertitel.
Doch die Versuche, durch den Turniersieg einen Wettkampf gegen Aljechin zustande
zu bringen, misslangen. Nach dem Turnier schickte die AVRO, eine holländische
Radiostation, Aljechin eine Herausforderung, doch die vom Weltmeister
gestellten Bedingungen waren für die AVRO nicht akzeptabel.
Keres gewann in Margate vor Capablanca und Flohr. In dem 1939
organisierten Wettkampf zwischen Euwe und Keres ging es wieder um die Frage, wer
als Herausforderer von Aljechin zu gelten hat. Keres gewann, aber da inzwischen
der Zweite Weltkrieg ausgebrochen war, musste er die Hoffnungen auf einen
Titelkampf begraben.
1940, Estland ist jetzt Teil der UdSSR, spielt Keres die Sowjet-Meisterschaften und wird
Vierter.
1942, Estland nun von den Deutschen besetzt, spielt er in Salzburg und wird hinter Aljechin Zweiter.
Es folgen einige Turniere im faschistischen Teil Europas. 1946, nach dem Ende des
Zweiten Weltkrieges ist Estland wieder in die UdSSR integriert, spielt Keres
zusammen mit Mikenas außer Konkurrenz die Meisterschaften von Georgien mit. 1947
wird er Meister der UdSSR. In diesem Jahr wurde in der Schachwelt "mit viel
Polemik" (Keres) diskutiert, wie die Nachfolge des verstorbenen Weltmeisters
Aljechin zu regeln sei. Resultat dieser Diskussionen war das fünfrundige
Weltmeisterturnier in Groningen mit Botvinnik, Smyslow, Reshevsky, Keres und Euwe.
Obwohl neben Botvinnik Hauptfavorit beendet Keres das Turnier als Vorletzter,
wobei er gerade gegen Botvinnik besonders schlecht abschneidet und von den fünf
Partien vier verliert und nur eine gewinnt. Aus diesem Ergebnis nährt sich das
Gerücht, das Keres habe zurückstehen und Botvinnik zum Titelgewinn habe
verhelfen müssen. Er selbst erklärt den unglücklichen Verlauf mit einem
schlechten Start und falscher Turniertaktik: statt den zweiten Platz zu sichern,
wollte er weiter auf den Titel spielen und überzog die Partien. 1962 wurde er in
der Sowjetunion zum Sportler des Jahres gewählt, so dass es unwahrscheinlich
erscheint, dass er als Sowjetbürger zweiter Klasse angesehen wurde. Keres wurde
auch bei den den Kandidatenturnieren 1953, 1956, 1959 und 1962 stets "nur"
Zweiter.
Suetin erklärt sich Keres vergeblichen Ansturm auf den Weltemeistertitel
einmal dadurch, dass er es nicht mit noch jugendlichem Elan geschafft hatte, so
wie Tal oder Kasparow, und dass er immer auf sich alleine gestellt war und keine
Berater hatte. Oft wählte er deshalb bei Turnieren die falsche Taktik.
1969 initiierte Keres in der estnischen Hauptstadt Tallinn eine Serie von
Internationalen Turnieren, die im Zweijahresryhtmus abgehalten wurde. 1971
gewann Keres zusammen mit Tal, 1975 belegte der Keres den ungeteilten ersten
Platz vor Spassky und Olafsson.
Estland verehrte Paul Keres als Nationalheld. Nach seinem plötzlichen, frühen
Tod(† 5.Juni 1975 in Helsinki,nach einem Herzanfall) bekam er in Tallinn ein Staatsbegräbnis.
Er ist der einzige Schachspieler auf der Welt, dessen Konterfei eine Banknote ziert.
Das von ihm ins Leben gerufene Turnier wurde nun zum Keres Memorial.
Beim ersten Keres-Gedenkturnier 1977 gewann Tal. Aber auch in Vancouver, wo er sein letztes
Turnier spielte, wird ihm zu Ehren ein Memorial veranstaltet.
Keres ist damit der einzige Schachspieler mit zwei Gedenkturnieren in zwei Ländern.
Keres, von stattlicher und sportlicher Erscheinung, wird als untadeliger
"Gentleman" beschrieben. Seine höfliche Zurückhaltung abseits des Schachbrettes
stand ganz im Gegensatz zu seinem Auftreten mit den Figuren. Er liebte das
lebendige Angriffsschach, war ein brillanter Taktiker und großer Spezialist der
Offenen Spiele. Sein Hang zu scharfen, heute teils als unseriös angesehnen
Eröffnungen und Gambitvarianten hat ihn sicher manchen Punkt gekostet. In Folge
seiner frühen Praxis als Fernschachspieler war er ein hervorragender Analytiker.
Einen ausgezeichneten Ruf hat sich Keres auch als Theoretiker erworben. Neben
Abhandlungen über das Endspiel, waren besonders seine Publikationen zu den
Offenen Spielen bahnbrechend. Seine Analysen und sein Urteil ist auch heute noch
oftmals gültig und der Schlusssatz unter einer Variante, "Weiß steht besser
(Keres)" klingt in den Ohren eines Schachspielers wie der Spruch des
Bundesverfassungsgerichts.
Quellen: Suetin; Das Schachgenie Paul Keres, Berlin 1987
Chessbase-Paul Keres
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