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    • Milan Vidmar - Goldene Schachzeiten
      von [i]Fernando Offermann[/i]

      Milan
      Vidmar: Goldene Schachzeiten. Erinnerungen. Reprint der zweiten
      Auflage, 259 S., broschiert. Edition Mädler im Joachim Beyer Verlag,
      Hollfeld 2006.





      Schachbücher in deutscher Sprache erscheinen viel zu selten, die
      Blütezeit ist eindeutig vorbei. Bücher über Eröffnungen stellen
      teilweise eine Ausnahme dar, doch dominieren Publikationen in englischer
      Sprache.


      Manfred Mädler tut etwas dagegen. Der Schach-Händler und Verleger
      kann wahrscheinlich nicht anders. Mit der Edition Mädler im Joachim
      Beyer Verlag hat er es sich zur Aufgabe gemacht, wichtige Schachbücher
      in kleinen Auflagen noch einmal herauszubringen. Milan Vidmars "Goldene
      Schachzeiten" ist der erste Band in dieser Reihe. Weitere Titel in
      unregelmäßigen Abständen sind geplant.


      Mit der Neuauflage von Milan Vidmars "Goldene Schachzeiten", zuerst
      veröffentlicht im Walter de Gruyter Verlag 1960, wird dem Schach wieder
      etwas zurückgegeben, was dabei war, in Vergessenheit zu geraten. Über
      das goldene Zeitalter der Vorkriegszeit im Schach weiß ja heutzutage
      kaum jemand mehr etwas zu berichten. Es ist die Ära aus Stefan Zweigs
      "Schachnovelle", als es nur wenige Meister gab, und diese mit
      Ozeandampfern zu Turnieren nach New York reisten.


      Milan Vidmar, Österreicher in Ungarn, Elektroingenieur und
      Schachgroßmeister, in der Jugend im Zweispalt zwischen Schachlaufbahn
      und bürgerlicher Karriere, ist ein ehrgeiziger, weltläufiger und
      reflektierender Autor. Manche sollen ihm eine gewisse Hochnäsigkeit
      nachgesagt haben, doch das spiegelt sich in seinen Erinnerungen nicht
      wieder. Das ist die besondere Qualität dieses Titels: Man braucht den
      Autor nicht zu mögen, um Gefallen an den Schilderungen wahrlich goldener
      Zeiten zu finden. Er tritt in seiner Persönlichkeit zurück und lässt
      vor allem den Inhalt sprechen.


      Die Thesen, die Vidmar den Erinnerungen und Anekdoten über Aljechin,
      Tarrasch und Kollegen beistellt, sind immer noch sehr aktuell. Thesen
      zum möglichen Remistod im Schach, ferner die Frage, ob
      Schachprofessionalität überhaupt erstrebenswert ist und Überlegungen zur
      inflationären Abwertung des Großmeistertitels haben die Meister damals
      beschäftigt und sind auch heute noch relevant. Für heutige Leser
      spiegelt sich die gegenwärtige Situation des Schachs in diesen Punkten
      erstaunlich deutlich in der Vergangenheit.


      Wie Michail Botwinnik war auch Vidmar als Elektro-Ingenieur
      erfolgreich, doch war Vidmar auch als Techniker ein Großmeister seines
      Fachs. Flüssig und getragen, elegant und erfrischend selbstbewusst zeigt
      sein Stil eine gesetzte Haltung der Welt gegenüber. Auch Partien gibt
      der Autor zum Besten, sich kokett rechtfertigend, aber wenn sich auch
      Tarrasch und Aljechin zu seinen Partien durchaus anerkennend geäußert
      haben, wird er sie auch mit Stolz präsentieren dürfen.


      Trotz der Aktualität seiner Kernthesen stehen vor allem anderen die
      Erinnerungen im Vordergrund. "Wo sind meine Gefährten jener herrlichen
      Zeit der Schachgeschichte: Capablanca, Aljechin, Réti, Nimzowitsch,
      Bogojubow, Spielmann, Tartakower, Lasker, Tarrasch, Tschigorin,
      Schlechter, Pillsbury, Janowski, Maroczy? (…) Ich bin also allem
      Anschein nach der letzte der heutigen Schachwelt erreichbare
      Berichterstatter aus der Schachepoche, die schon weit in der
      Vergangenheit begraben liegt. Hat es überhaupt einen Sinn, dass ich
      berichte, wird mir die heutige Schachwelt zuhören wollen?


      Nun, ich glaube der Schachwelt nicht nur einen Bericht über den
      Zeitabschnitt, in dem ich im hohen Schach mitgewirkt habe, schuldig zu
      sein, ich muss sie auch warnen. Meine alten Augen sehen immer noch viel,
      sie wissen nicht nur, wie es war, sondern auch, wie es heute ist; meine
      gesammelten Erfahrungen lehren mich, dass das hohe Schach sehr lebendig
      war und noch ist, dass es als ein eigenartiges Lebewesen gesund und
      krank, blühend und verfallend sein kann, dass es seine Poesie, seine
      Philosophie hat, dass es Verführungen entwickelt, die ein menschliches
      Leben vergeuden wollen, andererseits aber unvergleichliche Genüsse
      bietet, wenn es rein genossen wird."


      In der ersten Episode über das Turnier in Nottingham 1936 heißt es:


      "Ich bin in diesen meinen Erinnerungsbildern ein wenig vom Weg
      abgewichen, und Aljechin steht immer noch in Nottingham, ein
      abgegriffenes Buch in der Hand, vor mir, vor uns, die wir etwas
      Interessantes erfahren sollten. Dass es eine Partie sein wird, war uns
      klar. Wir erwarteten eine Eröffnung, wie sie damals immer noch üblich
      war und niemand von uns dachte eigentlich an solche Eröffnungssprünge,
      wie sie Nimzowitsch erfand und vorführte. Wir sollten sehr bald
      enttäuscht bzw. überrascht werden.

      "Nun sagen Sie aber doch endlich, Aljechin, wer das gespielt hat?"
      schrien wir, als er beim 29. Zuge angelangt war. Aljechin hatte ein
      feines Lächeln aufgesetzt. Auch eine Kunstpause hatte er eingeschoben,
      aber schließlich sagte er mit seltsamer Betonung: "Das, meine Herren,
      was Sie eben vorgeführt bekamen, ist der Anfang der Partie zwischen J.
      Mason und I. H. Zukertort aus dem berühmten großen Turnier, das im Jahr
      1883 in London gespielt wurde, und Zuckertort einen unerhörten Erfolg,
      natürlich mit dem ersten Preis gekrönt, einbrachte."


      Partie nachspielen:archiv.berlinerschachverband.d…games/mason-zukertort.htm

      "Das, was ich in der Hand habe, dieses abgegriffene Buch", fuhr er
      fort, "ist das Turnierbuch aus dem Jahr 1883. Es sind noch einige
      Exemplare zu haben. Es ist eine Fundgrube großartiger Partien, es
      enthält allerdings auch einige recht minderwertige Spiele. Sie sehen,
      meine Herren, dass wir im Unrecht sind, wenn wir heute, im Jahr 1936,
      von oben herab auf die Zeit zurückschauen, die ein halbes Jahrhundert
      zurück in der Vergangenheit liegt."


      Nach dem Studium verschlägt es Vidmar zunächst von Wien aus in die
      Provinz, dann nach Budapest. Der neue Chef ist selbst Schachliebhaber,
      motiviert Vidmar aber nachdrücklich, seinen Talenten in der
      Transistoren-Technik zu folgen, und Vidmar hat Erfolg. Erstaunlich
      bildhaft spiegelt sich die Ingenieurs-Intelligenz des Fabrikbesitzers in
      dessen Vorliebe für die Komposition von Schachproblemen, deren Lösung
      viele Züge erfordern, in der Regel sind es Mattaufgaben mit ca. 250
      Zügen.


      Vidmar hatte die Probleme von seinem Arbeitgeber manchmal mit ins
      Wochenende bekommen und löste und kommentierte sie. Die ausführliche
      Lösung und Vidmars genaue Beschreibung der Mechanik dieses Rätsels sind
      auf dieser gesonderten Seite wiedergegeben ( Leseprobe).


      Wie schade, dass nicht mehr Meister ihre Erinnerungen festgehalten
      haben, aber nicht von allen hätten wir ein solches Buch erhalten. Der
      Autor hat dem Werk die Absicht vorangestellt, den nachwachsenden
      Generationen etwas weitergeben zu wollen. Es spricht auch
      Verantwortungsbewusstsein daraus, zum Glück kommt noch Humor dazu. Ein
      gutes Buch.


      (Zur Verfügung gestellt vom Schachhaus Mädler)

      Quelle : Berliner Schachverband

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von Anderssen ()

    • Läuferin schrieb:

      flugs selbst einen Beitrag zum Turnier zu schreiben
      Zur Verdeutlichung: selbst geschrieben wurde hier gar nichts. Hier wurde kopiert, 1:1 von der angegeben Quelle (na, wenigstens das).
      Darin sehe ich zum einen keine sonderliche Leistung, zum anderen solltet hier auch ein wenig auf Urheberrecht etc.. achten. Das ist wichtiger als Trotzreaktionen, wer hier wem das Schäufelchen gemopst hat.

      Gegen eine eigene kurze Beschreibung, Link-Angabe, evtl. mit ein paar Zitaten spricht nichts. Aber das kopieren kompletter Artikel ist nicht im Sinne des Erfinders / Forum.
      #up7
    • Dr. Siegbert Tarrasch:
      "Das Schachspiel - Systematisches Lehrbuch für Anfänger und Geübte"



      "Das Schachspiel" von Dr. Siegbert Tarrasch ist eines der
      populärsten und meistgelesenen deutschsprachigen Schachbücher.
      Generationen von Schachspielern haben mit diesem systematischen
      Lehrbuch für Anfänger und Geübte ein fundiertes Schachwissen erworben.
      Die neue Reihe "Schachklassiker" startet daher mit einer überarbeiteten
      Neuausgabe dieses modernen Klassikers. Wie aus dem Untertitel
      "Systematisches Lehrbuch für Anfänger und Geübte" ersichtlich ist,
      richtet es sich sowohl an Einsteiger als auch an versierte
      Vereinsspieler. Der Autor war einer der weltbesten Schachspieler. In
      seinem Lehrbuch verfolgt Tarrasch einen neuartigen Ansatz. Ausgehend von
      den einfacheren Endspielen führt er den Lernenden in die Thematik ein.
      Später erörtert er die komplexeren Mittelspiele und erst zuletzt die
      Prinzipien der Eröffnung. Das Buch wird schließlich komplettiert durch
      mehrere kommentierte Meisterpartien.

      Dieser Neuausgabe liegt das ungekürzte Original von 1931 zugrunde. Es
      wurde typografisch komplett überarbeitet und einem modernen Layout
      zugeführt.
      Quelle : Jens-Erik Rudolph Verlag (2009)


      Richard Reti:
      "Die neuen Ideen im Schachspiel"



      Das Buch "Die neuen Ideen im Schachspiel" ist ein Klassiker der
      Schachliteratur. Richard Reti war einer der bekanntesten Vertreter der
      sogenannten "Hypermodernen Schachschule", welche die Schachlehre der
      alten Meister modernisierte. In seinem Werk erläutert er die
      bahnbrechenden Ideen und Theorien dieses neuen Ansatzes anhand
      zahlreicher Beispiele. Außerdem liefert er ein lebendiges Bild der
      Schachwelt zu Beginn des 20. Jahrhunderts.

      Dieser Neuausgabe liegt das ungekürzte Original von 1922 zugrunde. Es
      wurde typografisch komplett überarbeitet und einem modernen Layout
      zugeführt. Außerdem wurden zusätzliche Informationen, Partien und
      Diagramme eingefügt.
      Quelle : Jens-Erik Rudolph Verlag (2009)
    • Das Buch von David Bronstein : Sternstunden des Schachs-Zürich 1953,ein
      hervorragendes Turnierbuch,welches ich hiermit allen Schachbegeisterten empfehlen möchte.


      Das Kandidatenturnier zur Schach-WM von 1953
      ist zweifellos als eine der Sternstunden in die Schachgeschichte
      eingegangen. 15 Großmeister der absoluten Spitzenklasse ermittelten
      seinerzeit in Zürich in einem wahrhaft gigantischen Wettkampf über 30
      Runden den Herausforderer für die Schachkrone. Ein Glücksfall war, daß
      zu den Kandidaten dieses Schachmarathons auch der Autor dieses Buches
      gehörte. Dem exzellenten Analytiker David Bronstein, der damals den
      ehrenvollen zweiten Platz belegte, verdanken wir so ein einmaliges
      Turnierbuch. In einer Umfrage der populären Zeitschrift "The British
      Chess Magazine" nach dem besten Schachbuch, das je geschrieben wurde,
      kam der Titel des sowjetischen Großmeisters unter 101 Bewerbern auf
      Rang zwei.

    • Alexander Aljechin: Das Grossmeisterturnier-New York 1924;Verlag Beyer/deGruyter ,378 Seiten, 235 Diagramme, gebunden, 5. Auflage 1997.



      Rezension:

      Bestes Turnierbuch

      Viele Kenner halten das Buch vom New Yorker Turnier für das
      Turnierbuch mit den besten Partiekommentaren. Der spätere Weltmeister
      Alexander Aljechin setzte sich mit den Partien des Weltmeisters
      Capablanca und seiner Konkurrenten gründlich auseinander. Das Schreiben
      betrieb er nicht allein zum Gelderwerb (übrigens verdienten spätere
      Weltmeister mit ihren Werken ein Mehrfaches), sondern auch als
      ernsthaftes schachliches Studium. Er rüstete sich für einen Kampf um die
      Weltmeisterschaft gegen Capablanca (der 1927 zustande kam und
      sensationell mit Aljechins Sieg endete).

      Bei dem aufwendigen Turnier in New York spielten elf Teilnehmer
      je zwei Partien gegeneinander. Die Großveranstaltung war reich an
      berichtenswerten Geschehnissen. Der 1921 entthronte Weltmeister Emanuel
      Lasker siegte vor seinem Bezwinger Capablanca, und Aljechin wurde
      Dritter. Réti spielte seine eigene Eröffnung, Tartakower stand ihm nicht
      nach, behandelte das Königsgambit modern mit 3. Le2 und erfand nach
      einem Zoobesuch die Orang-Utan-Eröffnung 1. b4.

      Dem Klassiker wurde vom Verlag ab der 3. Auflage ein 17seitiger
      Artikel Max Euwes aus dem Jahre 1962 vorangestellt, der "im Lichte der
      heutigen Eröffnungstheorie" einen kundigen Rückblick auf das New Yorker
      Turnier hält. Da ist zu 1. e4 g6 etwa zu lesen: "Dieser von Aljechin als
      Eröffnungsscherz bezeichnete Zug wird heute ganz ernst genommen. ...
      Erst seit 1945 hat man den Wert der Beherrschung des Zentrums durch
      Figuren richtig erkannt. ... Die Entwicklung der Zentrumsauffassungen
      seit 1945 darf man als endgültigen Sieg der von Réti und Nimzowitsch
      vertretenen Ideen ansehen."

      Stefan Bücker
    • Spannendes Schachbuch ohne Partien .

      Gibt es nicht ?!? - DOCH !!


      Carl Haffners Liebe zum Unentschieden [Taschenbuch] / Thomas Glavinic


      Hier geht es um das Flair und die magische Anziehungskraft des Schachspiels in der Atmosphäre des beginnenden 20. Jahrhunderts. Und ganz nebenbei wird das Leben des Schachspielers Carl Haffner ( Pseudonym für den großen Karl Schlechter ) analysiert , der es in seiner fast demütigen Bescheidenheit nicht über sich bringt, 1910 den Weltmeister Emanuel Lasker zu schlagen , weil er den Ruhm und die Anerkennung fürchtet.

      Sehr empfehlenswert - auch für Nichtschachspieler !

      Gruß

      GG

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von GustavGamble ()

    • Habe das Buch gerade in den Händen.

      Auf dem Schutzumschlag steht:"Carl Haffner hat sein Leben auf ein Spiel gesetzt.Zu gewinnen aber widerstrebte ihm.Spannender als jede Schachpartie ist,erzählt Thomas Glavinic einen WM-Kampf und die Lebensgeschichte eines Mannes,der sich bis in den Tod hinein treu blieb."

      Mir hat das Buch auch gefallen, ist ein Roman,mit biographischen Zügen.

      Kurz-Biographie und einige Hinweise auf veröffentlichte Biographien über Schlechter:deutsche-biographie.de/sfz112628.html
    • Dr. Max Lange:
      "Paul Morphy - Sein Leben und Schaffen"



      Der Amerikaner Paul Morphy (1837-1884) war einer der
      außergewöhnlichsten Schachspieler des 19. Jhdt. Bereits bei seinem
      ersten öffentlichen Auftreten errang der jugendliche Meister in
      spektakulärer Weise die amerikanische Schachkrone. Nur kurze Zeit später
      eroberte er auch Europa. Auf seiner legendären Reise nach London und
      Paris in den Jahren 1858/1859 besiegte er zahlreiche der angesehensten
      Spieler der alten Welt. Er galt danach allgemein als stärkster Spieler
      seiner Zeit. Doch so schnell er den Olymp erklommen hatte, so schnell
      verschwand er auch wieder von der Schachbühne. Nach seiner Rückkehr nach
      Amerika spielte er nur noch wenige Partien und wandte sich schließlich
      gänzlich von dem Spiel ab, welches er so meisterhaft beherrschte. Neben
      seinem ungewöhnlichen Werdegang, faszinierte Paul Morphy insbesondere
      durch seine attraktive Spielweise. Er bemühte sich immer um eine
      schnelle Figurenentwicklung und suchte stets die Initiative, zu deren
      Erlangung er auch materielle Nachteile nicht scheute. Außerdem
      beeindruckte er sein Publikum durch außergewöhnliche Leistungen im
      Blind-, Simultan- und Vorgabespiel.


      Dieser Neuausgabe liegt das ungekürzte Original von 1894 zugrunde. Es
      wurde typografisch komplett überarbeitet und einem modernen Layout
      zugeführt.


      Über den Autor:

      Dr. Max Lange (1832-1899) war ein Zeitgenosse von Morphy. Er war einer
      der stärksten deutschen Schachspieler. Darüber hinaus publizierte er
      mehrere erfolgreiche Schachbücher und war langjähriger Herausgeber der
      Deutschen Schachzeitung.

      Quelle:Jens-Erik Rudolph Verlag
      Der Verlag wurde 2008 gegründet und seine Buchreihe "Schachklassiker" gefällt mir ausgezeichnet.
      Hatte schon immer ein Faible für die alten Meister.
    • Ludwig Bachmann: "Schachmeister Pillsbury"



      Der Amerikaner Harry Nelson Pillsbury (1872-1906) war einer der
      stärksten und zugleich außergewöhnlichsten Schachspieler seiner Zeit.
      Seinen größten Erfolg erreichte er bereits bei der Teilnahme an seinem
      ersten internationalen Turnier in dem englischen Ort Hastings im Jahre
      1895. Es war eines der am stärksten besetzten Turniere aller Zeiten,
      denn damals war dort die komplette Weltspitze versammelt. Dem bis dahin
      weitgehend unbekannten Pillsbury gelang ein sensationeller
      Überraschungssieg, bei dem er den amtierenden Weltmeister Lasker, dessen
      Vorgänger Steinitz und u.a. die Meisterspieler Blackburne, Gunsberg,
      Janowski, Schlechter, Tarrasch und Tschigorin hinter sich lassen konnte.
      Es folgten weitere schöne Turniererfolge, welche kurzzeitig sogar
      Erwartungen an einen Weltmeisterschaftskampf für Pillsbury aufkommen
      ließen, doch zu einem Duell um die Schachkrone sollte es für ihn - auch
      aus gesundheitlichen Gründen - niemals kommen.



      Pillsbury ist der Schachwelt aber auch wegen seiner herausragenden
      Leistungen im Blindsimultanspiel in Erinnerung geblieben. Bis zu 22
      Blindpartien absolvierte er gleichzeitig und übertraf damit alle
      früheren Rekorde auf diesem Gebiet. Seine Höchstleistungen sollten für
      längere Zeit bestehen bleiben. Pillsburys gesundheitliche Probleme und
      sein früher Tod mit 33 Jahren wurden gelegentlich mit diesen
      kraftraubenden Spitzenleistungen in Verbindung gebracht. Die
      tatsächliche Todesursache war aber vermutlich Syphilis.



      Der Schachhistoriker Ludwig Bachmann (1856-1937), ein Zeitgenosse
      Pillsburys, schildert in diesem Buch das Leben des Meisters und
      präsentiert zahlreiche Kostproben seines Schaffens.



      Die hier vorliegende Neuausgabe basiert auf der 1930 erschienenen
      Originalausgabe, deren Text ungekürzt und unverändert - inklusive der
      traditionellen Zeichensetzung und Rechtschreibung - übernommen wurde.
      Lediglich offensichtliche Fehler (z.B. in den Partienotationen) wurden
      bereinigt. Im Buch wurde außerdem durchgängig eine vereinheitlichte
      figurine Notation verwendet (Hauptvarianten in Fettdruck und
      Langnotation bzw. Nebenvarianten in Kurznotation) und zahlreiche
      zusätzliche Schachdiagramme hinzugefügt, um die Lesbarkeit des Textes zu
      verbessern.



      “Pillsbury war zweifellos ein Genie, wie sie auch dem Schach nur von
      Zeit zu Zeit erstehen. Der Partiestil seiner besten Jahre atmete eine
      entzückende Frische und kraftvolle Schönheit, der seine Schachgenossen
      mit Bewunderung erfüllte. Er hat Glanzpartien von wahrhafter Schönheit
      geschaffen.” (Ludwig Bachmann)









      • Überarbeitete Neuausgabe des Originals von 1930
      • 192 Seiten
      • Hardcover: 24,90 EUR
        ISBN: 978-3-941670-21-1
      • Jens-Erik Rudolph Verlag (Dezember 2011)
      Quelle: Jens-Erik Rudolph Verlag
    • SnoopyDog schrieb:

      Läuferin schrieb:

      flugs selbst einen Beitrag zum Turnier zu schreiben
      Zur Verdeutlichung: selbst geschrieben wurde hier gar nichts. Hier wurde kopiert, 1:1 von der angegeben Quelle (na, wenigstens das).
      Darin sehe ich zum einen keine sonderliche Leistung, zum anderen solltet hier auch ein wenig auf Urheberrecht etc.. achten. Das ist wichtiger als Trotzreaktionen, wer hier wem das Schäufelchen gemopst hat.

      Gegen eine eigene kurze Beschreibung, Link-Angabe, evtl. mit ein paar Zitaten spricht nichts. Aber das kopieren kompletter Artikel ist nicht im Sinne des Erfinders / Forum.


      Es ist doch eine Quelle angegeben, damit wurde kein Urheberrecht verletzt und lediglich einen Link posten bringt es ja nun auch nich, warum also nicht kopieren?
    • Mikhail Tal: Tal-Botvinnik 1960

      Moskau, 15. März 1960. Auf der Bühne des Puschkin-Theaters beginnt das Match um die Weltmeisterschaft. Der Kontrast zwischen den beiden Kontrahenten könnte kaum größer sein: Auf der einen Seite der Titelverteidiger Mikhail Botvinnik, Russe, 48 Jahre, der Patriarch der Sowjetischen Schachschule und Liebling des Politbüros der KPdSU, ein asketischer Analytiker, ein unnahbarer Mann eisernen Willens, Ingenieur und linientreuer Kommunist stalinistischer Prägung. Auf der anderen Seite der Herausforderer Mikhail Tal, Lette, 23 Jahre, ein sprühender Taktiker, der Opfer um ihrer frappierenden Wirkung einsetzt, Literaturwissenschaftler mit flamboyantem Lebensstil, der für viele Zeitgenossen das kurze Tauwetter in der UdSSR unter Nikita Chruschtschow verkörpert. Für Botvinnik ist es bereits der fünfte Wettkampf um die Schachkrone, Tal hat sich das Recht auf das Match im Handstreich beim Kandidatenturnier im Jahr zuvor erstritten. Sein Sieg über Botvinnik fällt mit 12,5 zu 8,5 Punkten nach 21 Partien überzeugend aus. Als er im Mai 1960 zurück in seine Heimatstadt Riga kommt, bereiten ihm die Menschen einen überschwänglichen Empfang am Bahnhof.

      Über dieses Match hat Mikhail Tal ein Buch verfasst mit dem schlichten Titel Tal-Botvinnik 1960, das in mehrfacher Hinsicht lesenswert ist. So wird jede einzelne Partie über mehrere Seiten detailliert kommentiert, mit Variantentrauben, Diagrammen, Zeitangaben pro gemachtem Zug und nicht zuletzt mit ausführlich begründeten Stellungseinschätzungen. Es ist beinahe so, als säße die Leserin mit am Brett bei der post-mortem-Analyse. Es ist dem hohen literarischen Niveau Tals zu verdanken, dass seine Abhandlung sich fesselnd liest wie eine prickelnde Reportage, dabei ohne die notorischen Kriegsmetaphern auskommend, hingegen musikalische und poetische Bilder einsetzend. Darüber hinaus gibt Tal erschöpfend Auskunft, wie sein Sekundant Alexander Koblentz und er sich auf das Match vorbereitet haben, wie sie den Gegner im Vorfeld psychologisch einschätzen, wo sie seine Stärken und Schwächen sehen und wie sie ihnen auf dem Brett zu begegnen gedenken. Der einzige, allerdings gravierende Fehler dieses Buches ist sein Erscheinen bereits im September 1960: Botvinnik bekommt quasi eine erstklassige Fehleranalyse frei Haus geliefert und kann sich mit heimlicher Hilfe seines Bezwingers auf das Revanchematch vorbereiten, das im Frühjahr 1961 ebenfalls in Moskau stattfindet. Zwar ist Tal ernsthaft krank und tritt gegen den Rat seiner Ärzte an; vor allem aber hat er Botvinnik unfreiwillig erlaubt, seine Strategie nachzuvollziehen. In der Folge verliert der Magier aus Riga das Revanchematch deutlich mit 8 zu 13 aus 21 Partien und wird, in eigenen Worten, der jüngste Exweltmeister der Schachgeschichte.

      Vermutlich lassen sich heute mit Rybka und Co. in Sekundenschnelle Ungenauigkeiten und Fehler in Tals Analysen aufzeigen. Der bleibende Wert von Tal-Botvinnik 1960 liegt auch nach über 50 Jahren vielmehr darin, dass die Schönheit des Schachspiels auf jeder Seite des Buches aufleuchtet. Und um eine weitere Polarität zu bemühen: während Mikhail Botvinnik daran arbeitet, ein unfehlbares Schachprogramm zu entwickeln, das emotionslos stets den einen besten Zug findet, erzählen die Partien und Texte Mikhail Tals von einer Passion für das Schach. Vermutlich sind in bester Dialektik beide Zugänge zum Schach notwendig, um die Entwicklung voran zu treiben und die Freude am Spiel an kommende Generationen weiter zu geben. Mikhail Tal ist der seltene Fall eines begnadeten Spielers, der zugleich ein blendender Autor ist. Von seiner Hingabe an das Spiel der Könige künden seine 21 Oden an die 21 Partien. Er nimmt die Leserin mit auf eine Reise auf den Schacholymp, an deren Ende sie zwar nicht so spielen wird wie Mikhail Tal, durch seine Lyrik aber eine Ahnung von Glanz und Tiefe des ewigen Spieles bekommt.

      Mikhail Tal: Tal-Botvinnik 1960, englischsprachige Erstausgabe Milford1970, sechste Auflage 2003. Das Buch ist entweder im sehr gut sortierten stationären Schachbuchhandel erhältlich oder online unter chesscafe.com resp. niggemann.com.
    • Jan Hein Donner: The King

      „Am 24. August 1983 erlitt ich einen Hirnschlag, gerade rechtzeitig, denn wenn Sie 56 Jahre alt sind, spielen Sie Schach nicht mehr so gut wie mit 26.“ Mit diesen mokanten Worten leitet Jan Hein Donner sein Buch De Koning ein, das die Journalisten Tim Krabbé und Max Pam im August 1987 herausgeben. Zu diesem Zeitpunkt ist der Autor ein Pflegefall und kann nur noch unter Mühen mit einem Finger tippen. Jan Hein Donner, Jahrgang 1927, ist der stärkste Großmeister der Niederlande zwischen Max Euwe und Jan Timman. Vor allem aber schreibt er über Schach, auf eine bis dahin unerhörte Art. Seine Texte erscheinen im Schaakbulletin, der Vorläuferin der New in Chess, aber auch in der Publikumspresse wie De Volkskrant, De Tijd, der Avenue, Elseviers Weekblad und dem NRC Handelsblad. Im Jahr des Erscheinens von De Koning, einer Sammlung seiner besten Texte aus 30 Jahren, wird Jan Hein Donner für seine literarische Arbeit mit dem renommierten Henriette-Roland-Holst-Preis ausgezeichnet. 1997, neun Jahre nach seinem Tod, erscheint die englischsprachige Erstausgabe unter dem Titel The King, übersetzt von Richard de Weger.

      Donner beginnt seine publizistische Tätigkeit als Reporter bei Turnieren, bei denen er selbst mitspielt. Seine teilnehmende Beobachtung hängt stark von seiner Performance am Brett ab: Spielt er gut, schreibt er viel, spielt er schlecht, bleibt er stumm. Diese Subjektivität zeichnet seine Texte aus, oft wird er polemisch und ausfallend, immer aber ist er satirisch und hintersinnig. Seine bevorzugten Themen sind Robert James Fischer, Schach als Glücksspiel, die Unfähigkeit der Frauen, Schach zu spielen und der Irrsinn am Brett. Sein langjähriger Rivale Lodewijk Prins wird zum dankbaren Ziel so mancher Schmähschrift. Donner interpretiert den Begriff der Schachliteratur neu: In seinen Miniaturen kommen Diagramme, Notationen, Analysen und Kommentare nur gelegentlich vor; Schach ist ihm eine spezielle Kulturtechnik, über die auf der Metaebene zu reflektieren sehr viel interessanter ist. Dabei wird er auch lyrisch, wie in seiner berühmten Ode an den entfernten Freibauern: „Du hast lange gewartet, Du ungezogener Junge. Du wolltest nicht weitergehen, weil Du die ganze Zeit wusstest, dass ich nur an Dich dachte und dass Du nichts weiter zu tun hattest, weil ich selbst zu Dir kommen würde. Kleiner Turmbauer, nun bist Du frei. Gehe weiter, unaussprechliche Glückseligkeit erwartet Dich und mich auf a8. Ich danke Dir, Du süßes kleines Ding. Ich liebe Dich, Dein König.“ Und bei aller sexistischen Herablassung gegenüber Schach spielenden Frauen, kann er die Endspieltechnik Nona Gaprindaschwilis loben, als sie 1977 das Turnier in Lone Pine gewinnt. Allerdings nicht ohne bissige Replik: „Für überzeugte Maskulinisten und für all jene, die mit witzigen Stückchen ihren Lebensunterhalt verdienen, ist dies ein herber Rückschlag, der uns aber nicht im Mindesten davon abhalten wird, unseren mutigen Kampf fortzusetzen.“ Solche Sätze klingen heute überholt, aber Donners Selbstironie hat einen gewissen Charme.

      Donners Meinungsfrechheit bar jeder politischen Korrektheit ist sein Alleinstellungsmerkmal. Der Freigeist mit dem Hintergrund eines Bourgeois (sein Vater war niederländischer Justizminister) und dem Habitus eines Bohemien (sein Preisgeld nach dem Sieg in Venedig 1967 vermachte er dem Vietcong) kommt in seinen psychologisch und historisch ausgefeilten Essays zu frappierenden Einsichten: So erklärt er die schüttere Tradition des Schachs in den USA vor Fischer mit dem unamerikanischen intellektuellen Geschmack des Spiels. Mit seinen Chess Pieces ist Jan Hein Donner, der von einem schreibenden Spieler zu einem spielenden Autor wurde, ein Platz auf dem Podium der Schachliteratur neben Savielly Tartakower und Mikhail Tal sicher. Auch den Heutigen seien seine Provokationen und Meditationen ans Herz gelegt; nach intensivem Eröffnungsstudium am Rechner tut es gut, The King zur Hand zu nehmen, das knapp 400 Seiten starke Buch irgendwo aufzuschlagen und einfach reinzulesen. Es wird garantiert nicht lange dauern und ein Schmunzeln des Lesers und auch der Leserin wird in ein Lachen aus vollem Hals übergehen. Schach ist mit nichts zu vergleichen, so Jan Hein Donner, aber auch: Spiele sind das Gegenteil menschlichen Kontaktes. Aber immerhin können sie helfen, ein kindlich heiteres Gemüt zu bewahren.

      Jan Hein Donner: The King. Chess Pieces, Zweite Auflage Alkmaar 2008. Das Buch ist entweder beim lokalen Schachbuchhändler Ihres Vertrauens zu erwerben oder aber im Netz etwa bei niggemann.com sowie bei newinchess.com.
    • Bobby Fischer: Meine 60 denkwürdigen Partien

      Der vorliegende Titel dürfte das meistverkaufte Schachbuch der Geschichte sein, keine Schachbibliothek wäre auch nur halbwegs ausgestattet ohne My 60 Memorable Games von Robert James „Bobby“ Fischer, 1943 in Chicago geboren, 2008 in Reykjavik gestorben. Das Buch erschien 1969 und wurde seitdem vielfach übersetzt und neu aufgelegt. Ein Klassiker der Schachliteratur, der trotz aller Patina und unvermeidlichen Nostalgie eine jugendliche Frische ausstrahlt.

      Das Buch ist weder ein Best-of-Fischer noch eine schachliche Autobiographie. Die eigenhändig ausgewählten und kommentierten Partien, darunter drei Niederlagen, wurden zwischen 1957 und 1967 gespielt. Es fehlen neben der sogenannten Partie des Jahrhunderts gegen Donald Byrne von 1956 auch Fischers Perlen aus seinen goldenen Jahren 1970 bis 72, als er alle Gegner im Kampf um die Weltmeisterschaft deklassierte. Des weiteren beschränkt sich Fischer in seinen engagierten Anmerkungen auf das jeweilige Turnier, die näheren Umstände bleiben unbenannt und unreflektiert, erst recht jene, die er selbst zu verantworten hat: von der Empörung über das kollektive Verhalten der Sowjets beim Kandidatenturnier auf Curacao 1962 über Fischers peinliche Kapriolen gegenüber Journalisten, Funktionären und Sponsoren bis hin zu seinem absurden Rückzug vom Interzonenturnier in Sousse 1967. Ganz so, als nähme Fischer Caissa beim Wort: Vergesst meinen Charakter, liebt mich für mein Schach.

      Letzteres erscheint bei der Lektüre seiner 60 denkwürdigen Partien als leichte Übung. Beim Nachspielen der Partien, die mit einleitenden Glossen seines Freundes Larry Evans versehen wurden, bekommen die Lesenden eine Ahnung von Fischers schachlichem Selbstbewusstsein auf seinem Wege zum stärksten Spieler der Welt. Seinen ersten Sieg gegen Mikhail Tal aus dem Jahre 1961 kommentiert er triumphierend: „Endlich ist er mir einmal nicht entkommen!“ Bent Larsen wird kurzerhand als „Dickschädel“ bezeichnet, weil er an der Drachenvariante der Sizilianerin festhält. Gegen Paul Keres kommt es 1959 zu einem unvergänglichen Endspiel mit einem Läufer und zwei Bauern gegen einen Läufer, dessen Gewinnmechanismus im Jahr 2012 kein Geringerer als Magnus Carlsen gegen Fabiano Caruana aktualisiert hat. In den letzten fünf Jahrzehnten hat sich auf dem Gebiet der Eröffnungen Umwälzendes getan, sodass Fischers Analysen und Varianten zur Spanischen, Sizilianischen oder Königsindischen Partie überholt erscheinen und eher historisch-kontextuellen Wert haben. Auf dem Feld des Endspiels aber behalten seine früh vollendete Technik und seine objektiv-kritischen Kommentare ihren Rang; siehe etwa die Partien gegen Svetozar Gligoric von 1959, Max Euwe, Mikhail Botvinnik oder Wassili Smyslow.

      Über Fischers Faszination ist viel geschrieben worden, ebenso über seine Unzulänglichkeiten. Seine Partiesammlung lässt ihn, der sich wie kaum ein Spieler der Geschichte dem Schach hingab, selbst zu Wort kommen. Er nimmt die Lernwilligen mit auf eine Zeitreise in die 1960er Jahre zwischen Kaltem Krieg, Beatmusik und Flower Power, als er binnen weniger Jahre der erste Profi am Brett wurde und dem königlichen Spiel zu einer bis dato unbekannten Aufmerksamkeit verhalf. Die Schachzentrale Rattmann hat Fischers 60 denkwürdige Partien in einer überarbeiteten Ausgabe neu vorgelegt, die es einfach macht, sich am puren Spiel des ersten Popstars des Schachs zu erfreuen und gleichzeitig gnädig über seine gravierenden menschlichen Schwächen und seine traurige Odyssee nach Aberkennung des WM-Titels 1975 hinweg zu sehen. Geradezu visionär ist seine Einschätzung des Potentials des Schachs als Event, wie ein Kommentar zur Partie gegen Mikhail Tal von 1959 offenbart: „Die Menge schrie und pfiff bei jedem Zug. Später erfuhr ich, daß unter den Zuschauern zahlreiche Sportfans waren. Vielleicht war ein Fußballspiel ausgefallen. Daher war Schach an diesem Tag die Hauptattraktion in Belgrad.“ So kann es ruhig weiter gehen.

      Bobby Fischer: Meine 60 denkwürdigen Partien, Neuauflage Ginsheim-Gustavsburg 2002, Schachzentrale Rattmann
    • Aaron Nimzowitsch: Mein System

      Das Los der Klassiker? Alle Welt führt sie beredt im Munde, kaum jemand hat sie gelesen. Mein System von Aaron Nimzowitsch, 1925/27 erstmals veröffentlicht, schlägt aus der Art: der Titel ist ein viel zitierter Klassiker der Schachliteratur, dessen Themen längst von Theorie und Praxis integriert wurden. Für den Schachdichter Jan Hein Donner enthält das System gar das Beste, was jemals über Schach geschrieben wurde. Was macht den bald 90 Jahre alten Text so verführerisch?

      Bereits im Vorwort hebt des Autors Liebe zu Caissa an: „Es dürfte beinahe komisch klingen, aber ich versichere Sie, meine lieben Leser, der Freibauer hat für mich eine Seele, genau wie der Mensch, Wünsche, die unerkannt in ihm schlummern, und Befürchtungen, von deren Existenz ,er selbst kaum ahnt’“. Liegt hier ein Werk der Psychoanalyse vor, oder sieht sich der Autor gar in geistiger Nachbarschaft zum schwefligen Wiener Spötter Karl Kraus? „Man pflegt Lehrbücher in einem trockenen, lehrhaften Ton zu schreiben. Man glaubt, man würde sich etwas dadurch vergeben, wenn man einer humoristischen Wendung Einlaß gäbe, denn was hätte der Humor in einem Schachlehrbuch zu suchen! Diese Ansicht kann ich keineswegs teilen, ich gehe noch weiter, ich halte sie für ganz und gar unrichtig: der wahre Humor enthält oft mehr an innerer Wahrheit, als der ernsthafteste Ernst.“ Ganz so, als ob im Witz unweigerlich das Verborgene ans Licht käme. Aaron Nimzowitsch, 1886 in Riga in eine assimilierte jüdische Familie geboren und mit der deutschen Sprache aufgewachsen, spricht in einer blumenreichen, verwinkelten Weise über sein Sujet. Dabei inszeniert er sich als einsamer Rufer in der Wüste, der gegen alle Widerstände an seine Vision glaubt.

      „Das Zentrum ist der Balkan des Schachbrettes; Kriegshandlungen daselbst liegen stets und immerdar in der Luft.“ konstatiert Nimzowitsch, aber auch: Es sei nicht erstrebenswert, das Zentrum sofort und dauerhaft mit Bauern zu besetzen, vielmehr solle es von den Flanken her kontrolliert werden. Es sind Richard Réti, Savielly Tartakower, Gyula Breyer, Ernst Grünfeld und eben Aaron Nimzowitsch, die in den 1920er Jahren den Paradigmenwechsel vollziehen und im so genannten hypermodernen Geist ihre Eröffnungen anlegen. Nimzowitsch ist der Chefideologe, der den offenen Streit mit Siegbert Tarrasch, dem Repräsentanten des Establishments sucht. Dabei formuliert Nimzowitsch seine Thesen mit einer dogmatischen Unnachgiebigkeit, als laute sein Credo „Jede Regel ohne Ausnahme!“ So dekretiert er kurzerhand, dass in der Französischen Verteidigung nach den Zügen 1. e4 e6, 2. d4 d5 die einzig richtige Fortsetzung für Weiß 3. e5 sei. Heute behandelt man diese Eröffnung flexibler, gerade die Winawer-Variante, die sich nach 3. Sc3 Lb4 ergibt, offeriert Chancen für beide Seiten und ist viel eher im Geiste Nimzowitschs anzusiedeln. Auch seine „Widerlegung“ der Tarrasch-Verteidigung des Damengambits mutet verkürzt an: Sicher fängt sich Schwarz nach 1. d4 d5, 2. c4 e6, 3 Sc3 c5 einen Isolanie auf der d-Linie ein, bekommt aber als Kompensation ein freies Figurenspiel.

      Nimzowitschs schachliches Vermächtnis besteht in der Analyse so genannter Stratageme wie der Hemmung, der Blockade, der Prophylaxe und der Überdeckung. Sein die wahren Absichten verschleiernder, auf Konter angelegter Stil fand u. a. in Tigran Petrosian, Wassily Smyslow und Bent Larsen virtuose Interpreten, seine Eröffnungsideen, allen voran die Nimzo-Indische Verteidigung (1. d4 Sf6 2. c4 e6 3. Sc3 Lb4) gehören bis heute zum Repertoire der Weltspitze. Ganz im Gegensatz zu seinem vermessenen Anspruch, „das erste wirkliche Lehrbuch des Schachspiels, nicht bloß der Eröffnungen geschrieben zu haben“, liefert Nimzowitsch doch viel mehr: er verdichtet Geheimnis und Faszination des Schachspiels, er offenbart seine tiefe Schönheit abseits ellenlanger Varianten und computergenerierter Analysen, er schenkt den gedanklich beweglichen Spielenden das Gefühl für die Poesie der Position. Hier stößt die Sprache an ihre Grenze, aber gottlob sind im System zahlreiche Beispiele abgedruckt. Man spiele etwa die Partien gegen Sämisch, Kopenhagen 1923, gegen Rosselli, Baden-Baden 1925 oder gegen Johner, Dresden 1926 nach und erfreue sich an dieser hintersinnigen Kunst und des Autors verschrobenen Kommentaren. Mein System sollte in Reichweite eines jeden Schachbrettes stehen, um neben lauter Konkretion und exakter Berechnung ausreichend Raum für Spieltrieb, Ironie und Intuition zu reservieren.

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      Aaron Nimzowitsch: Mein System. Ein Lehrbuch des Schachspiels auf ganz neuartiger Grundlage, Neuauflage Ludwigshafen 2009, Schachzentrale Rattmann (Leider ist der Verlag zwischenzeitlich eingegangen, das System wurde in gleicher Aufmachung vom Schachversand Niggemann nachgedruckt und ist im Buchhandel erhältlich)