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    • Johannes Krause
      mit Thomas Trappe
      DIE REISE UNSERER GENE
      Eine Geschichte über uns und unsere Vorfahren.
      Unsere Vergangenheit steckt uns in den Knochen.
      Modernste Genanalysen zeugen von spektakulären Einwanderungen,
      ohne die Europa nicht denkbar wäre.
      Die Gene erzählen aber auch von Konflikten, Kriegen
      und Krankheiten, die seit Urzeiten auf Migration zurückzuführen sind.
      Als einer der führenden Wissenschaftler hat Johannes Krause
      die Geschichte unserer Vorfahren erforscht.
      Zusammen mit Thomas Trappe erzählt er vom unbändigen Drang
      des Menschen, die Welt zu erobern und Grenzen,
      gleich welcher Art, nicht zu akzeptieren.
      Dank des neuen Wissenschaftszweigs der Archäogenetik
      können wir aus alter DNA die Geschichte unserer Vorfahren rekonstruieren.
      Wir bekommen damit nicht nur einen völlig neuen Blick
      auf unserer Herkunft,sondern auch auf unserer Gegenwart.
      Die DNA jedes Europäers zeugt davon,
      wie sich unsere Ahnen einst den Kontinent erschlossen
      und welch weite Wege sie dafür zurücklegen mussten......
      Ich bleibe auf dem Teppich meiner Möglichkeiten und hoffe das er fliegen lernt.
    • Genevieve Cogman - Die unsichtbare Bibliothek

      da es mich schon immer fasziniert hat Mystik in Büchern an sich zu sehen, spricht mich der Rahmen- Gedanke diese Reihe sehr an.
      Nichts ist wahr und doch alles vorstellbar eben Phantastik, so kann man seine eigenen Gedanken freien Lauf lassen.
      Kurzweilig geschrieben ist es zudem auch noch, also viel Spaß beim lesen.
    • Die Buchrezension von @lottelenia ist beeindruckend und ergreifend, auch wenn mir Autor und Werk unbekannt sind. Vielen Dank dafür.

      Sie erinnert mich beispielhaft wieder daran, wie Macht immer und immer wieder dazu mißbraucht wird, sogenannte "Kritiker" (oder einfach nur Menschen, die Einem nicht nach dem Mund reden) loszuwerden-sei es durch Tod,Gefängnis,Vertreibung oder auch "nur" Ausschluß von Beruf,Ämtern oder gesellschaftlichem Leben. Dabei sind es eigentlich nicht einzeln agierende Verursacher dieser Vorgänge, sondern Mehrere, die (teilweise auch unter Druck gesetzt) dazu beitragen, Mißliebige "zu entfernen".
      Und die große Mehrheit sieht dabei nur zu oder besser ganz weg.

      Auf internationaler Ebene leisten die bereits erwähnten "Reporter ohne Grenzen" und "Amnesty International" hervorragende Arbeit, auch wenn sie Vieles nicht verhindern können. Wenn man deren Newsletter verfolgt,bekommt man einen kleinen "Einblick", was und wieviel diebzgl. in der Welt so abgeht. Ergänzend dazu gibt es noch den internationalen Verband P.E.N., der sich für die Freilassung oder Ausreise von Autoren einsetzt.
    • John Burnside ...Über Liebe und Magie - I PUT A SPELL ON YOU

      Noch nie habe ich ein so sperriges Buch gelesen, wie dieses von John Burnside, das ich heute gerne vorstellen möchte. Und obwohl es so sperrig ist, hab ich es in mein Herz geschlossen, mag es unendlich gern und freue mich, dass dieses Buch zu mir gefunden hat. Wie auch die Menschen, die sperrigen, schwer zugänglichen, schrägen und widerspenstigen, die ich im Laufe meines Lebens gefunden und manchmal auch wieder verloren habe. Der Hang zum Sperrigen, Nichtangepassten und Widerspenstigen liegt mir inne, wie mir einmal nachgesagt wurde. Warum? Ich weiß es nicht. Vielleicht weil es auch ein wenig in meiner Natur liegt.

      John Burnside wurde 1955 in Schottland in eine Arbeiterfamilie hineingeboren. Mir war er bisher nicht bekannt, obwohl er einer der profiliertesten Autoren der europäischen Gegenwartsliteratur ist. Seine Lyriken und Romane wurden vielfach ausgezeichnet u.a. auch mit dem Corinne-Belletristikpreis des Zeit-Verlages, dem Petrarca-Preis und dem Spycher-Literaturpreis. Gefunden hab ich ihn im Literarischen Quartett, in der Matthias Brandt vom tollsten Buch sprach, dass er seit langer Zeit gelesen hätte. War für mich klar. Am anderen Tag lief meine Bestellung.

      Es ist der dritte Band seiner autobiografischen Erzählung, in der er Fiktion mit der Wirklichkeit seines Lebens in Verbindung bringt. Fast ein wenig Knausgardisch, dessen Bücher ich alle gelesen habe, jedoch weitaus tiefergehend in seinen philosophischen und gesellschaftskritischen Betrachtungen der Welt, in die er hinein gewachsen ist und diese seine Sichtweisen sich auch nicht im Wesentlichen beim Älterwerden verändert haben.

      Es geht um Liebe, Magie, Begehren, Wildheit und Glamourösität, nicht nur bei den Menschen, sondern auch in den Dingen, denen er begegnet, Musik, Filme, Malereien, die ihm etwas bedeuten oder einfach ein Land, in das er sich verliebt hat und ihn magisch anzieht, wie Finnland, das er immer wieder besucht, weil er dort das Gefühl hat, zu Hause anzukommen, um dort seiner Einsamkeit und seinem Alleinsein bei langen Wanderungen, in denen er sich gar einmal im tiefsten Winter verlaufen hatte und in seinem Buch vom großen Glück erzählt, wieder zurückgefunden zu haben.

      So erzählt er von seiner ersten Verliebtheit in seine zwanzigjährige Cousine Madeleine, er gerade mal 10 Jahre alt. Die erste Verliebtheit daran erinnert sich der Mensch immer gern. So eine erste Verliebtheit ist mir wohl verloren gegangen, jedenfalls kann ich mich nicht erinnern, in diesem Alter mich an irgendeinen Jungen verloren zu haben. Freundschaft ja, aber Verliebtheit? Aber vielleicht fehlt mir diese Erinnerung ja auch. Oder irgendwann ist sie einfach da, unerwartet, wie oft Erinnerungen an das Vergangene einen ganz plötzlich überfallen können.

      Diese Madeleine verzaubert nicht nur seinen ersten Blick auf eine Frau, ausgenommen seiner Mutter, von der er sehr anrührend erzählt, sondern auch auf die Musik. Seine Mutter war Radiohörerin. Sie sang zu allen Zeiten die Songs der Radiohits bei ihrer Arbeit. Er nahm das zwar zur Notiz, aber diese Songs machten auch nicht viel mit ihm. Bis Madeleine eines Tages mit einer Schallplatte zu Besuch kam, sie auflegte und er vom ersten Augenblick wie erstarrt war. So etwas hatte er noch nicht gehört bisher. Und dieser Song, der da im Raum erklang, gesungen von Nina Simone *I put a Spell on you war das Schönste, was er je gehört hatte. Die gesamte versammelte Familie verstummte, um zuzuhören und als es vorbei war, saßen sie sprachlos am Tisch, bis sie ein zweites Mal abgespielt wurde.

      Wie Burnside erst später entdeckt, hat Nina Simone den Titel nur übernommen. Wie so viele andere Künstler dann, CCR, The Who, Joe Cocker, Annie Lennox u.a.. Das Original stammt von Sreamin Jay Hawkins, über dessen schräges Leben, ein Unikum und Magier mit Wildheit ausgestattet, man dann erfahren kann.
      Alle Kapitel des Buches sind mit dem Titel eines Songs einer Band verknüpft und es macht Spaß sich den alten Songs und Bands zuzuwenden und begleitend zum Buch die Titel zu hören. Habe da auch ein uraltes Schmankerl, dass in wilden Zeiten gehört wurde, wie Pere Ubu, wieder entdeckt, was jetzt nicht so nebenher zu hören ist und sich bisserl Zeit genommen werden muss um sich in diese schräge Band und ihre Musik hineinzuhören. Lohnt sich aber.

      Aber vor allen Dingen lesen wir, wie er aufgewachsen ist, was ihn bewegt hat, wie er über Menschen und das Leben in der Gesellschaft, in der wir leben, denkt. Ich habe mir während des Lesens immer mal wieder sein Antlitz auf dem Buchdeckel angeschaut, das sich im übrigen, wie ich dann auf der Rezensionsseite des Deutschlandfunkes gesehen habe, sehr verändert hat, nicht nur sein Antlitz sondern auch seine ganze Gestalt. Dabei hab ich das Gefühl gehabt, dass die Dinge, über die er schreibt, die ihn selber betreffen oder wie er denkt, authentisch sind. Man kann ihm seine Störrig- und Widerspenstigkeit, seine Zweifel und Zerrissenheit einfach ablesen. Für eine Zeit hat ihn das sogar in eine psychiatrische Anstalt gebracht. Lange Zeit hat er sich dem Alkohol und den Drogen zugewendet, was wohl damit zusammengehangen hat.

      Dabei ist ihm klar geworden, dass die vermeintlich Verrückten doch die richtigen Menschen sind. Richtig in dem Sinne, dass sie weder angepasst sind und den Mut haben, zu sagen, was sie denken. So schreibt Burnside, dass das offensichtliche Charakteristikum von Geisteskranken ihre völlige Missachtung dessen, was andere Leuten wichtig ist oder notwendig finden, während Außenstehenden ihr Gespür für das, was Geisteskranke wichtig finden - das Foto auf der Rückseite einer Müslischachtel, der reale oder nur eingebildete Moment eines fernen Sommermorgens, eine Redewendung aus einem Radiobericht, die sich wie ein Virus ins Gehirn drängt, um sich dort auszubreiten, bis kaum mehr Platz für irgendetwas anderes ist-, völlig rätselhaft bleibt.

      Wie denkt er also über die Möglichkeit der Liebe zwischen zwei Menschen, die in so vielen Songs wildromantisch besungen und sehnsüchtig gewünscht wird. Das erfahren wir in dem Buch. Gibt es sie, die Möglichkeit der romantischen Liebe, von der die meisten Menschen träumen und kann sie wirklich ein Leben lang halten. Oder ist es so, falls wir sie finden, dass sie zu dem wird, was Ambrose Briece, amerikanischer Journalist und Schriftsteller einmal sagte:" Liebe - ein vorübergehender, durch die Ehe heilbarer Wahn"? Ist das, was der Mensch als Liebe empfindet oft nur ein kurzzeitiges sexuelles Verlangen, welches schnell erlischt, wenn die Gewohnheit eintritt. Oder müssen wir sie gar, wenn wir sie gefunden haben, loslassen, damit sie auf ewig Liebe bleiben kann?

      Sollte dem Menschen eine ewig währende Liebe nicht vergönnt sein, so sei es doch wichtig, dass er nicht gänzlich allein durchs Leben geht. Denn um wirklich allein sein zu können, braucht es eine wahre Gemeinschaft, der man vertrauen kann. Ohne die bist du nicht wirklich allein, du versteckst dich nur. Das konnte ich für mich nur bestätigen. Es braucht ein paar Menschen, denen du dich nahe fühlst, auch wenn du immer ein Stück reserviert bleibst. Letzten Endes kann Niemand den anderen gänzlich verstehen.
      Es ist wirklich ein tolles (Matthias Brandt) Buch, mit dem sich eingehender beschäftigt werden muss, weil es so vielschichtig ist, über das es nachzudenken sich lohnt.

      Zum Vergleich der Song von Nina Simone und Sreamin Jay Hawkins

      youtube.com/watch?v=7kGPhpvqtOc
      youtube.com/watch?v=ua2k52n_Bvw
      deutschlandfunk.de/john-burnsi…ml?dram:article_id=464951

      John Burnside
      Über Liebe und Magie - I Put A SPELL ON YOU
      Penguin Verlag
      ISBN:978-3328600893
      20,00 Euro

      Viel Freude beim Lesen!
      Lottelene :P
    • Hallo, liebe Schachfreunde! Ich bin ja eigentlich nicht gross im Posten, aber wenn ich schon mal ein spannendes Buch finde, in dem der Held 'Nero Freibauer' heisst, dann muss ich es einfach anderen Schachspielern weiterempfehlen.
      Eine Freundin hat mir das Buch geschenkt, weil sie natuerlich mein Hobbies kennt (Schach und Lesen), und ich habe es tatsaechlich an zwei Abenden gelesen. Spannende Handlung, schraege Charaktere und oft muss man auch grinsen. Konnte nicht aufhoeren, bis ich wusste, was mit Mia passiert ist... aber mehr will ich nicht verraten.

      Lasst Euch nicht von dem Cover abschrecken, der Inhalt mach alles wett!

      Viel Spass!





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    • Jürgen Todenhöfer
      DIE GROSSE HEUCHELEI
      Wie Politik und Medien unsere Werte verraten

      Jürgen Todenhöfers Buch ist eine schonungslose Reportage
      über das wahre Gesicht unserer Zivilisation.
      Die Außenpolitik des Westens beruht auf einer zentralen Lüge:
      Seine oft terroristischen Militärinventionen
      dienen nie der Freiheit und und Demokratie,
      sondern stets ökonomischen und geostrategischen Interessen.
      Der Westen muss die Menschenrechte vorleben.
      statt sie nur vorzuheucheln,
      Ich bleibe auf dem Teppich meiner Möglichkeiten und hoffe das er fliegen lernt.
    • Hier für Alle die ein wenig mehr Zeit haben.

      Mark Anthony: "Die letzte Rune"
      Da die 12 Bücher, zumindest mit etwas gutem Willen in sich geschlossene Teile sind, kann man getrost auch mal aussetzen.

      Wieder Mystik zwischendurch mal etwas zäh, aber eigentlich viel Handlung mit mehreren Protagonisten.
      Und darin liegt für mich die Würze in dieser Geschichte, mal die Protagonisten laufen lassen und dann spannungsgeladen wieder zusammenführen.

      Alles in allem auch ein Märchen für Gutmenschen :saint:
    • triebie schrieb:

      @Sirrdatha

      Johannes Krause ist übrigens der Direktor des Max-Planck-Instituts hier in Jena und einer der Verfasser der Jenaer Erklärung. :)
      Das Buch von Johannes Krause
      mit Thomas Trappe
      DIE REISE UNSERER GENE
      ist sowas von spannend.
      Schwerstens zu empfehlen !!!

      Beschreibung siehe Post 441
      Ich bleibe auf dem Teppich meiner Möglichkeiten und hoffe das er fliegen lernt.
    • Drei, Dror Mishani

      Drei. Merkwürdiger Buchtitel dachte ich, als ich das Buch aus meinem Geburtstagspäckchen auspackte. Dror Mishani heißt der Autor. Kannte ich nicht. Wieder mal ein Autor, ein Buch, dass ich unter den vielen Neuerscheinungen des Jahres nicht bemerkt hatte. Es sind einfach zu viele.

      Mishani, 1975 geboren ist israelischer Schriftsteller. Bekannt durch eine Reihe Kriminalromane um den Ermittler Avi Avraham. Mishani beschreibt seine Krimiwerke eher als literarische Krimiserie. Er lebt in Tel Aviv, arbeitet als Übersetzer und Literaturdozent. Sein Spezialgebiet ist die Geschichte der Kriminalliteratur. Sein Anliegen war und ist es, über das Verbrechen an sich hinauszugehen. Aber das kann ja alles bei wiki: de.wikipedia.org/wiki/Dror_Mishani nachgelesen werden. Will mich damit nicht aufhalten.
      Drei. Da lag es also vor mir. Auf meine Anfrage an den Schenkenden, warum dieses Buch, bekam ich die Antwort, sorry, ich hab es selber nicht gelesen, aber mich informiert im Netz. Soll sehr gut sein. Und der Buchhändler bei dem er es besorgt hatte meinte, gute Wahl.

      Auf dem Klappentext stand: Eine Frau sucht ein wenig Trost, nachdem ihr Mann sie und ihren Sohn verlassen hatte.
      Eine zweite Frau sucht nach einem Zuhause und nach einem Zeichen von Gott, dass sie auf dem richtigen Weg ist.
      Eine dritte Frau sucht etwas ganz anderes.
      Sie alle finden denselben Mann. Es gibt vieles, was sie nicht über ihn wissen, denn er sagt ihnen nicht die Wahrheit. Aber auch er weiß nicht alles über sie.

      So begann ich an einem gemütlichen Nachmittag nach einer schönen Radtour zur Entspannung auf meinem Balkon mit der Lektüre und wurde sogleich hineingesogen in die erste Geschichte einer Frau namens Orna. Orna, die von ihrem Mann zurückgelassenen wurde. Ein neues Leben wollte er. Weit weg, in Nepal mit einer anderen Frau, einer Deutschen, die schon vier Kinder hatte und deren Vater er jetzt wurde und das Vatersein des eigenen Sohnes vergaß. Erstmal.

      Mir gefiel wie Mishani das Gefühlsleben von Orna einfühlsam beschrieb, ihre Lage, wie sie damit umging, dass sie nicht akzeptieren konnte, dass sie mit ihrer Wut kämpfte, allein gelassen worden zu sein und wie sie darum kämpfte, dass auch ihr Sohn mit dem Zurückgelassen worden sein vom Vater mit Hilfe eines Psychologen zurecht kam, sie ihren Alltag versuchte zu bewältigen, ihrer Arbeit als Lehrerin an einem Gymnasium.

      Wie so oft wird den verlassenen Partnern, egal ob weiblich oder männlich nach einer gewissen Zeit angeraten wieder ins Leben zurückzukehren, nicht allein zu bleiben, sich wieder einem anderen Menschen/Partner zuzuwenden. Kenne das selber auch. Nach drei Jahren sagten meine Kinder mal, meld dich doch mal in einem Singleportal an. Sie würden einige ihrer eigenen Altersklasse kennen, die das täten und das ein oder andere Mal das große Los gezogen hätten. Jösses antwortete ich ihnen, zum einen bin ich ganz zufrieden mit meinem Leben, zum anderen, selbst wenn ich das nicht und auf der Suche wäre, niemals nie würde ich eine solche Fleischbeschauung praktizieren. Und überhaupt, hallo, wer weiß an wen man da geraten würde. Das Lesen von Thrillern über Serienmördern schafft einem da doch wohl auch ein gewisses Unbehagen,-)
      Nein Scherz beiseite, so was mag für Einige ein guter Weg sein, für mich nicht. Da fröne ich lieber meinem Alleinsein, bewusst schreibe ich Alleinsein, denn *einsam* fühle ich mich seltenst .

      Orna jedoch wählt am Ende dann doch diesen Weg. Sie ist trotz ihrer Traurigkeit über das Scheitern ihrer Ehe lebenshungrig. Sie meldet sich auf einem Portal für Geschiedene an und studiert die Avatare der in Frage kommenden Möglichkeiten. Sucht, schaut und findet Gil, der Anwalt ist und sich im mittleren Lebensalterstadium befindet.
      Nähe aufbauen fällt ihr dennoch schwer. Es bleibt eine lange Zeit bei einem Chatkontakt. Gil erweist sich als fürsorglicher Zuhörer, er wirkt nicht aufdringlich und überlässt es ihr, wann es zum ersten realen Treffen kommt. All zu viel wird er nicht von sich preisgeben, und dass was er ihr erzählt ist auf einem Lügenkonzept aufgebaut. Sie wagt jedoch den Schritt und sie treffen sich.

      Während des Lesens der ersten Begegnung mit Gil gehen meine Gedanken in die Richtung, wie schwer so etwas sein muss. Sich bewusst mit einem Fremden an einen Tisch zu setzen und mit ihm ein Gespräch zu beginnen. Nicht, dass ich nicht kommunizierfähig wäre. Viele spontane Begegnungen mit Menschen erinnern mich daran. Aber mich gewollt mit einem Unbekannten zu treffen würde mir Scheu und Unbehagen bereiten, weil es doch auf ein Ziel hinausgeht. Spontane Begegnungen sind damit nicht verknüpft, da fühle ich mich freier.
      Mishani beschreibt treffend die Unsicherheiten und Ängste die Menschen in ihrem Lebensalltag beschleichen in schwierigen Situationen oder des Scheiterns, wenn danach ein neuer Lebensweg gefunden werden will. Das hat mich für ihn eingenommen.
      Und ohne nun weiter darauf einzugehen, was sich bei Orna und Gil entwickelt, da ich nichts vorwegnehmen möchte, kann ich aber schon anmerken, dass ich nach fast dem Ende des ersten Teils der Geschichte zwischen den Beiden so etwas wie einen kleinen Schock beim Lesen habe. Doch ein Krimi, denke ich. Oha. Hätte ich nicht gedacht. Weil das Buch im Klappentext auch nicht als *Krimi* oder Thriller* ausgewiesen ist. Auch habe ich zuvor nicht recherchiert. Die Spannung stieg also.

      Der zweite Teil beschreibt die Begegnung Emilias mit Gil. Emilia stammt aus Lettland und ist über eine Personalvermittlungsagentur als Pflegerin für den kranken Vater Gils, was sie jedoch lange nicht wusste, da er ihr so gut wie nie im Hause begegnet ist. Als der Vater starb musste sie aus dem Zimmer im Hause des Verstorbenen ausziehen und wurde von ihrer Agentur an eine andere alte Dame in einem Seniorenheim vermittelt. Drei Tage die Woche. Was jetzt aber leider nicht zum Unterhalt ihres Lebens ausreichte. Sie war gezwungen sich einen Zusatzjob zu sichern, der sie einigermaßen über die Runden brachte. Und da kam Gil ins Spiel. Emilia ist eine Frau Mitte 40, allein in einem fremden Land, scheu und zurückgezogen von allem. Sie ist einsam. Auch hier sehr einfühlsam der Lebensalltag von Mishani beschrieben und nachvollziehbar. Zumal, wenn man selber mal in einer solchen Situation gelebt hat. Weg von Zuhause, in einer fremden Stadt, einem fremden Land. Drei lange Jahre hatte auch ich das schon erlebt. Und es hat mich so manches mal in einige verzweifelte Stimmungen gebracht, die überwunden werden mussten. Am Ende hat das Starke gesiegt und ein Weg zurück wurde gefunden. Das wird bei Emilia nicht geschehen. Sie ist zwar auf der Suche nach sich selber und dem richtigen Weg, aber Gil wird sich nicht als diese Zuflucht, neue Heimat oder wie immer man das nennen möchte, erweisen.

      Dann kommt Ella. Sie trifft Gil in einem Cafe, in dem sie jeden Morgen für einige Stunden an ihrem Laptop arbeitet. Sie kommt mit ihm ins Gespräch während ihrer kleinen Rauchpausen vor der Tür, bei der er sie ebenfalls um eine Zigarette bittet.
      Ella ist die dritte Frau dieses Buches. *DREI* und sie ist die große Überraschung. Mehr verrate ich nicht. Spannend bis zum letzten Satz und ja es ist ein Krimi vom Feinsten. Tatsächlich ein literarischer Krimi, in dem das Verbrechen gar nicht unbedingt im Mittelpunkt steht.

      Lesen darf man das feinfühlige Eintauchen in das Leben dreier Frauen in ihren unterschiedlichen Lebenssituationen und in der Begegnung mit diesem großen Unbekannten namens Gil, bei dem es dabei bleibt, dass man bis zum Ende wenig über ihn, sein Leben, seine Antriebe *warum* nichts erfahren wird. Es bleibt im Ungewissen, so dass der Leser sich gedanklich selber damit auseinandersetzen kann, warum wieso das alles so geschehen ist in den Beziehungen mit diesen Frauen. Das machte das Buch am Ende so interessant und lesenswert auch.

      Was auf jeden Fall bleibt ist das Nachdenken über die eigene Lebenssituation über Vertrauen das selber in Menschen gesetzt wird und vielleicht sogar der Rückblick auf eigene damals scheinbar unüberwindliche Situationen und das Geschaffthaben.
      Mein Resümee ist, Vertrauen braucht der Mensch um in dieser Welt zu bestehen, jedoch sollte auch ein Misstrauen vorzufinden sein, was auch nicht schwer fällt, mir jedenfalls, wenn man die Heuchelei, das sich Anbiedern, die unter den Seilschaften schwelenden Urteile übereinander beobachtet. Ein gesundes Misstrauen schützt den Menschen vor all zu viel Enttäuschungen. Das Leben ist und bleibt halt ein Menschenzoo, ein Aquarium, in dem sich alles tummelt und es ist gut, das Ziel nie vor den Augen zu verlieren, immer man selber zu bleiben und sich nicht verbiegen zu lassen, auch wenn man alleiner bleibt wie die Anderen.

      Viel Vergnügen!

      Dror Mishani
      Drei
      Diogenes Verlag
      isbn: 978-3-257-07084-2
      24,00 Euro
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      Es war einmal ein Schiff,Befuhr die Meere alle Zeit,und unser Schiff, es hieß die Goldne Nichtigkeit.
    • Patti Smith *Im Jahr des Affen*

      Und da hat sie wieder eins geschrieben meine Patti. Im Jahr des Affen der Buchtitel. Sie schreibt über ihr erlebtes Jahr 2016, dass im chinesischen Horoskop als das Jahr des Affen bezeichnet ist.

      Und sie schreibt genauso, wie sie es immer getan hat. Sie lässt sie fließen, ihre Gedanken, Eindrücke von Orten, durch die sie ziellos streift, immer einem kurzen Impuls folgend, Träume und Visionen der Zukunft und von ihrer Traurigkeit, die ständig in ihr webt über den Verlust der Menschen, die ihr etwas bedeuteten und ihrer Angst vor Krankenhäusern aber auch über das Älterwerden, ohne Angst und in Sentimentalität zu verfallen. Sie steht vor ihrem 70.ten Geburtstag.

      Der Spiegel bezeichnet sie in einer Rezension ihres neues Buch als eine *Heilige* des Internationalen Kulturbetriebes, die überall wo sie erscheint die Aura einer mit Zorn und Weisheit gesegneten verströmt. Mit dem Wort *heilig* kann ich mich nicht so recht anfreunden, dennoch stimme ich dem zu, was ihre Aura betrifft, die auch mich, seitdem ich ihr musikalisch, lyrisch und sonst schreibend folge, nur zustimmen kann. Meine Verbundenheit ihr gegenüber hat sich gehalten über die Jahre. Wenn man sie nicht persönlich kennt, kennt man sie dennoch, weil sie unendlich viel durch ihre Musik und das Schreiben über sich erzählt und man darf sich sicher sein, dass alles, was sie hervorgebracht hat und noch bringen wird, authentisch ist.

      Das Jahr 2016 war für sie ein sich Treiben lassen zu Reisen an die Westküste der USA, nach Portugal und nach Belgien. Sie erzählt von dem, was sie unterwegs erlebt, ihren Begegnungen mit Menschen, Dingen, die sie merkwürdig berühren und sie nachhaltig verfolgen, wie etwa der Strand in Santa Cruz, der am Neujahrsmorgen über und über mit kleinen leeren Bonbonhüllen überfüllt war. Immer wieder kehren ihre Gedanken dahin, welche Bewandtnis das wohl hatte. Oder einfach das Schild des Hotels, in dem sie sich dort aufgehalten hat mit dem Namen *Dream in* , mit dem sie sich imaginär unterhält. Vielleicht denkt der ein oder andere, befremdlich mit Dingen zu kommunizieren.
      Ist es aber nicht so, dass es so unendlich viele Dinge im Leben eines Menschen gibt, die sogar etwas wie ein Trost erscheinen können und mit denen dann gesprochen wird. Die Dinge erzählen oder erinnern einen an etwas und plötzlich hat man einen Dialog, der Vergangenheit oder auch auf etwas Hinweisendes für die Zukunft. Mir ergeht es manchmal ähnlich.

      Zwei für sie wichtige Menschen in ihrem Leben liegen im Sterben. Sandy Pearlman, dem US-amerikanischen Musikproduzenten und Songschreiber , der nach einem gemeinsamen Auftritt plötzlich einen Schlaganfall erlitt und danach im Koma lag. Er starb am 26. Juli 2016 an einer Lungenentzündung.

      Sam Shepard, dem US_amerikanischen Dramatiker und Schauspieler, der einer ihrer engsten Vertrauten aus den wilden 70er Jahren war. Er starb einen Tag später, am 27. Juli 2017 an den Komplikationen und Folgen seiner ALS-Erkrankung. Sie stand ihm noch zur Seite in seinen Letzten Tagen, an dem er sein letztes Buch vollendete.

      Der Verlust lebensbegleitender alter Freunde, den kann man nie verwinden, so habe ich es selber im letzten Jahr erfahren. Und wer mir etwas anderes sagt oder gar ist vorbei, Leben geht weiter (was natürlich stimmt, aber anders) an dem zweifele ich an der Gefühlswelt. Mir ist es schleierhaft wie man Gefühle der Freude ausdrückt, aber Gefühle der Traurigkeit über den Verlust von liebgewordenen Menschen negiert. Ich bin jedoch kein Psychologe, der das deuten kann und will.

      Ihre Reisen in diesem Jahr waren eher spontane Ausflüge, Sie hat sich treiben lassen. Ist es nicht etwas Wunderbares, wenn man, weil man die finanziellen Mittel dazu hat, sich einfach so seinen spontanen Ideen und Einfällen überlassen kann und durch die Welt herumstreunen kann?

      Ich muss gestehen, wenn es so etwas wie *Neid* in meinem Leben geben könnte, dann würde er sich darauf abzielen. Es ist einfach wunderbar, ohne einen Druck der Aufgabenpflicht einmal eine Zeit haben zu können, in dem einem das möglich ist. Manchmal genügen ja schon 1, 2 Tage um aus dem alltäglichen Pflichtprogramm sich herauszuwinden. Habe das früher immer mal gemacht und es war eine Erfahrung des Loslassens und manchmal auch das Gefühl wie das eines kleinen Urlaubes. Jetzt hab ich selber ja auch die Zeit und kann mich oft so durch den Alltag treiben lassen und einfach spontan das tun, was ich gerade möchte.

      In diesem Jahr exerzierte sie das regelrecht, das sich dem Überlassen des Impulsiven, welches sie dann auch an die Ziele der Reisen brachte, die sie in diesem Jahr machte. Und auch die Zeiten, die sie an den Orten verbrachte waren oft ein zielloses Herumstreifen durch die Strassen, das Sitzen in Cafes, langen Spaziergängen an Stränden, auch in der Nacht und unverhofften Gesprächen mit Fremden, die ihr manchmal vertrauter vorkamen als jene, die sie länger kannte.

      Sie hat ihr kleines Notizbuch immer dabei, ansonsten reist sie mit wenig und trotz ihrer finanziellen Unabhängigkeit wählt sie oft einfache Möglichkeiten des Weiterkommens, wie etwa Mitfahrgelegenheiten, bei denen sie sich einfach am Benzingeld beteiligt. Gepäck hat sie so gut wie keines. Sie braucht nicht viel. Das Geld hat keinen anderen Menschen aus ihr gemacht, wie man es oft bei Anderen erleben kann. Sie kennt auch Armut in der Vergangenheit, das von der Hand in den Mund leben.

      Das kleine Notizbuch beinhaltet all das, was ihr wichtig erscheint, festzuhalten, um es später zu reflektieren oder einfach für das Schreiben ihrer Gedichte und biografischen Erzählungen, auch ihre Träume, die sie nicht nur nachts erlebt, sondern auch ihre Tagträume, die sie manchmal einfach so von jetzt auf gleich hinwegziehen aus der Realität. *Unsere Träume sind ein zweites Leben, der erste Satz in Gerard de Nervals Buch *Aurelia*, dass sie spontan in einem kleinen Secondhandladen ersteht.

      Das Lesen ist auch im Unterwegssein für sie unerlässlich. Im Hotel, auf einer Bank oder einem Cafe, in dem sie zum Frühstück Spiegeleier mit Bohnen speist, ihre kulinarischen Genüsse beschreibt sie immer ausführlich und sie erscheinen mir genauso eigenbröderlisch wie sie eben auch selbst ist, sitzt sie lesend bei Martin Becks Krimi *Und die Großen lässt man laufen* Ihre Leidenschaft für Kaffee und Krimis, seien es Bücher oder Filme, ist bekannt.

      Ihre Zukunftsvisionen beziehen sich nicht nur auf ihr eigenes Leben im Älterwerden, sondern auch auf die Gesellschaft. 2016 befinden wir uns im Wahljahr Trumps. Und mit Zorn schreibt sie über die vielen Gelder, die während dieses Walhkampfes verschleudert werden, mit dem man so viel Vernünftiges tun könnte, wie die Krankenhäuser besser auszustatten, die medizinische Versorgung für alle gewährleisten könnte oder einfach für das Überleben der Obdachlosen sorgen können. Und dann diese Tatsachen. Sie schreibt:
      *Es war der letzte Tag im Jahr des Affen, und der goldene Hahn krähte, denn der unerträgliche gelbhaarige Hochstapler war vereidigt worden, und das auch noch auf eine Bibel - Moses, Jesus, Buddha, Mohammed waren offenbar woanders*

      Man könnte das kleine Zitat am Anfang ihres Buches darauf beziehen: Eine tödliche Torheit kommt über die Welt -. Antonin Artaud -
      Ihre eigene Niedergeschlagenheit über die Wahl Trumps beschreibt sie folgend:
      *Am Wahlabend schloss ich mich einem Treffen mit guten Freunden an, und wir sahen uns die schreckliche Seifenoper namens amerikanische Wahl auf einem Großbildfernseher an. Im Morgengrauen stolperten wir einer nach dem anderen von dannen. Der Grobian pöbelte. Schweigen regierte. Ich konnte nicht schlafen und machte einen Spaziergang nach Hells Kitchen*

      Wie wahr und wohl die einzige Möglichkeit nach Ereignissen des Unfassbaren, Unerklärlichem und Furchtbaren in Schweigen zu verfallen. Was anderes bleibt einem auch nicht übrig. Alles Lamentieren und Zerreden bringt nichts. Sie ist wohl auch eine große Stoikerin. *Wir sprachen nicht über die Amtseinführung, aber wir hatten die gleichen Ängste, sie hingen schwer in der Luft.*

      Es ist doch nie anders gewesen, dass während sich unsere Welt in ihrer verlässlichen Dummheit weiterdreht.

      Die Bilanz des Jahres 2016 war für sie: Es passierte viel Schlimmes, aus dem noch Schrecklicheres entstand!

      Und wenn wir die Welt um uns herum mit all den aktuellen Ereignissen betrachten, kann dem nur zugestimmt werden. Und wir sitzen da und betrachten die Katastrophen, Kriege,Unmenschlichkeiten im Fernseher oder auf unseren Smarthphones, ohne scheinbar etwas zu lernen, als wenn das, was passiert, nichts mit uns zu tun hat.

      Es gibt viel zu entdecken in ihrem kleinen Büchlein, von dem ich hier nicht erzählt habe. Es würde den Rahmen sprengen.
      Für Patti Smith Liebhaber ein Muss, für die anderen ein Kennenlernen und sich Beschäftigten mit ihr.

      Viel Vergnügen
      Patti Smith
      Im Jahr des Affen
      Kiepenheuer & Witsch
      20,00 Euro
      Isbn: 978-3-462-o5384-5
      Dateien
      Es war einmal ein Schiff,Befuhr die Meere alle Zeit,und unser Schiff, es hieß die Goldne Nichtigkeit.

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    • Das Glück der anderen - Stewart O´Nan -

      Einem Kind kann man verzeihen, wenn es glaubt, dass da oben irgendwo im Himmel, wie es ihm gesagt wird, einen Gott gibt, der ihm helfen kann, ihn von seinem täglichen Unglück, dass es erleidet, zu befreien, er ihm zur Hilfe zu kommt. Einem Kind kann man das verzeihen. Es weiß noch nichts.

      Einem Erwachsenen kann man das nicht verzeihen. Eine solch törichte Dummheit. Dass der Mensch von einem Gott, einem höheren Wesen, oder wie auch immer man das nennen möchte, vom Elend, dass er erleidet, sei es einem Elend das ihn durch eine Krankheit oder eine psychische Störung befallen hat, oder durch äußere Einwirkungen, wie Kriege, Epedemien, Hungersnöte etc. befreit wird. Nein, einem erwachsenen Menschen kann man eine solche Torheit eines unsinnigen Hoffnungsglaubens nicht verzeihen. Man kann nur Mitgefühl mit ihm haben, ob dem, in dem er sich zu flüchten versucht. Allenfalls kann ein Glaube an einen solchen Gott Ruhe und Gelassenheit schenken, auszuhalten. Manchmal gibt es Rettung, das kann man dann einfach nur Glück nennen.

      Diese Gedanken gingen mir immer wieder beim Lesen des Buches, das ich heute vorstellen möchte durch den Kopf. Meine Gedanken waren verbunden mit immer wieder regelrechtem Wütendwerden über den Protagonisten, obwohl der doch auch ein wenig ein guter Mensch war. Jedenfalls hatte er gute Absichten und musste dennoch auch an sich erfahren, dass selbst die guten Absichten oft das böse tun mit einschließt.

      Dennoch hab ich dieses Büchlein von Stewart O`Nan, einem US-amerikanischen Schriftsteller, von dem ich zuvor schon einige andere Bücher gelesen hatte, verschlungen. Er ist einfach ein großartiger Erzähler und es ist merkwürdig, dass er es, soviel ich jedenfalls weiß, noch zu keinem Preis eines seiner Werke gebracht hat.

      Das Glück der Anderen ist der Titel seines Buches und erzählt die Geschichte über eine kleine amerikanische Stadt, die von einer doppelten Katastrophe heimgesucht wird. Zum einen einer Krankheit, die sich in eine Epedemie ausweitet, zum anderen durch ein Großfeuer, dass sich rasend schnell auf diese kleine Stadt zubewegt.

      O´Nan beschreibt dieses Szenario ohne großes Melodrama. Für den Hauptprotagonisten, Jacob Hansen, der in der kleinen Stadt Friendship gleichzeitig Sheriff, Prediger und Leichenbestatter zugleich ist, bedient er sich der zweiten Person Singular, was bedeutet, dass man beim Lesen den Gesprächen mit sich selbst Hansens lauscht.

      Jacob Hansen ist von großer Gottesfurcht und einem starken Glauben an einen seinen Gott verfallen, auf den er trotz fortschreitender Katastrophe nicht wagt, seine Hoffnung auf ihn fallen zu lassen. Auch nicht, als er sein eigenes Kind und seine Frau verliert.

      Hansen ist ein rechtschaffener Mensch, so beschreibt er sich selber, der vor allem die Sicherheit und das Überleben der wenig verbliebenen Menschen in der kleinen Stadt gewährleisten will. Die goldenen Zeiten der Stadt liegen lange hinter ihr. Diese Rechtschaffenheit, sein Pflichtbewusstsein seinem Dienst als Sheriff gegenüber, seine Stadt zu beschützen, bringt ihn am Ende sogar dazu, seine eigene kleine Familie, um die er sich sonst liebevoll gekümmert hat, im Stich zu lassen und sich der großen Aufgabe zur Rettung der Gemeinschaft ganz hinzugeben.

      Immer wieder sagt er sich vor, dass es seine Pflicht ist, dass er in Kauf nehmen muss dabei Opfer bringen zu müssen und immer wieder gerät er in seinem Zwiegespräch über all das in einen inneren Streitdialog mit seinem Gott, vor dem er sich rechtfertigen will, wo ist das, was er tut, noch Liebe und wo fängt das Böse an.

      Er legt ein so überaus großes ich-bin- und will-gut-sein-und bleiben an den Tag, dass es mir stellenweise so erging, es nicht mehr ertragen zu können, davon zu lesen. Natürlich wollen wir das doch alle. Dennoch stoßen wir immer wieder an unsere Grenzen und müssen uns selber eingestehen, dass es das nicht gibt, das absolute Gutsein, das immer Rechtschaffende. Dass wir auch böse sein können. Das einzige was zählt bzw. wenn es uns möglich ist und in unserer Verantwortung liegt, dass das Böse in uns keinen all zu großen Schaden anrichtet. Sollte das passieren, wir nur auf eines hoffen können, nämlich um die Vergebung derer, denen wir etwas angetan haben, so wie wir auch denen vergeben möchten, die uns Schaden angerichtet haben. Und diese Vergebung bezieht sich nicht auf einen Gott, dem wir etwas beweisen wollen, sondern allein auf unsere Menschlichkeit.

      Wenn Hansen an einer Stelle sagt, er will keine vorgefertigte Meinung zu anderen Menschen haben, will alle Seiten hören, versuchen sie zu verstehen, kann ich das nachvollziehen, das kann man versuchen. Aber wenn er weiter ausführt, er will *alle* mögen, dann muss ich passen. Da habe ich meine Grenzen. Ich will den hinter ihrer biederen Bürgerlichkeit versteckten rechten Gesinnungsgenossen, Ausbeutern, Kinderschändern, Gierhälsen und sonstigen Dummköpfen weder zuhören noch möchte ich sie mögen.
      Hansen wird dem sich selber Vorgesagten, ewig gut zu sein untreu zu werden. Die Idylle des alltäglichen Lebens in der kleinen Stadt Friendship wird mehr und mehr auseinander brechen, je größer die Anzahl der Toten wird und das Feuer sich rasend schnell auf die Stadt zubewegt. Panik bricht aus. Jeder will sich selbst der Nächste sein. Das Glück der Anderen zählt nicht. Und wenn es gar nicht anders geht, wird das Eigene mit einem Gewehr verteidigt. Die Quarantänebestimmungen durchbrochen und versucht, nachts aus der Stadt zu fliehen, ohne einen Gedanken daran zu verschwenden, dass man möglicherweise die Seuche mitnimmt und sie weitere Kreise zieht in der nächsten und übernächsten Stadt.

      Und so versucht Hansen das alles in den Griff zu bekommen, wird angefeindet, muss selber seine Waffe benutzen, um das Unmögliche vielleicht noch möglich zu machen, viele Menschen zu retten. Am Ende steht er vor den Trümmern seiner Rechtschaffenheit aber auch vor einer unerwarteten plötzlich sich vor seinen Augen auftuenden Erkenntnis. Die will ich Euch aber nicht verraten.

      O´Nan hat sein Buch im übrigen durch Anregung eines anderen Buches, nämlich das von von Michael Lesy über einen Tatsachenbericht einer Epidemie in Wisconsin mit dem Titel: Death in Wisconsin* geschrieben.

      Wo wir gerade alle selber in einer Situation einer über uns hereingebrochenen Seuche, ausgelöst durch einen Virus, steckten oder immer noch stecken, denn so recht wissen wir noch nicht, ob wir es hier in unseren Gefilden in den Griff bekommen haben und wie es insgesamt auf der Welt damit weitergeht und den Folgen, die damit verbunden sind, zwischenmenschlich, gesellschaftlich und wirtschaftlich, ist das Buch O`Nans hoch aktuell und beim Lesen entdecken wir Mechanismen, die dort in der kleinen Stadt Friendship zwischen den Menschen entstanden sind, die wir nun selber all zu gut kennengelernt haben. Und jeder darf sich glücklich schätzen, wenn er selber und so viel Menschen wie möglich, nicht nur die, die einem selber nahe stehen, davon verschont geblieben sind.

      Es zählt nicht nur das eigene Glück sondern auch das der Anderen.

      Und wenn es, egal wie und was uns heimsucht, hilft auch kein Glaube an eine Rettung von irgendwo da oben im Universum, sondern einzig und allein zählt unsere eigene Verantwortlichkeit und Vernunft im Umgang mit dem, was ist. Wie mit allem im Leben, was einen Glauben jedoch an einen Gott nicht ausschließen muss.

      *In Zeiten der Pest gibt es kein Entrinnen. Uns bleibt nur die Wahl, Gott zu hassen oder zu lieben*

      Stewart O`Nan
      Das Glück der anderen
      Rowohl-Taschenbuch
      11,00 Euro
      Isbn: 978-3-499-23430-9
      Dateien
      Es war einmal ein Schiff,Befuhr die Meere alle Zeit,und unser Schiff, es hieß die Goldne Nichtigkeit.
    • lottelenia schrieb:

      Das Glück der anderen - Stewart O´Nan -

      Einem Kind kann man verzeihen, wenn es glaubt, dass da oben irgendwo im Himmel, wie es ihm gesagt wird, einen Gott gibt, der ihm helfen kann, ihn von seinem täglichen Unglück, dass es erleidet, zu befreien, er ihm zur Hilfe zu kommt. Einem Kind kann man das verzeihen. Es weiß noch nichts.

      Einem Erwachsenen kann man das nicht verzeihen. Eine solch törichte Dummheit. Dass der Mensch von einem Gott, einem höheren Wesen, oder wie auch immer man das nennen möchte, vom Elend, dass er erleidet, sei es einem Elend das ihn durch eine Krankheit oder eine psychische Störung befallen hat, oder durch äußere Einwirkungen, wie Kriege, Epedemien, Hungersnöte etc. befreit wird. Nein, einem erwachsenen Menschen kann man eine solche Torheit eines unsinnigen Hoffnungsglaubens nicht verzeihen. Man kann nur Mitgefühl mit ihm haben, ob dem, in dem er sich zu flüchten versucht. Allenfalls kann ein Glaube an einen solchen Gott Ruhe und Gelassenheit schenken, auszuhalten. Manchmal gibt es Rettung, das kann man dann einfach nur Glück nennen.

      Diese Gedanken gingen mir immer wieder beim Lesen des Buches, das ich heute vorstellen möchte durch den Kopf. Meine Gedanken waren verbunden mit immer wieder regelrechtem Wütendwerden über den Protagonisten, obwohl der doch auch ein wenig ein guter Mensch war. Jedenfalls hatte er gute Absichten und musste dennoch auch an sich erfahren, dass selbst die guten Absichten oft das böse tun mit einschließt.

      Dennoch hab ich dieses Büchlein von Stewart O`Nan, einem US-amerikanischen Schriftsteller, von dem ich zuvor schon einige andere Bücher gelesen hatte, verschlungen. Er ist einfach ein großartiger Erzähler und es ist merkwürdig, dass er es, soviel ich jedenfalls weiß, noch zu keinem Preis eines seiner Werke gebracht hat.

      Das Glück der Anderen ist der Titel seines Buches und erzählt die Geschichte über eine kleine amerikanische Stadt, die von einer doppelten Katastrophe heimgesucht wird. Zum einen einer Krankheit, die sich in eine Epedemie ausweitet, zum anderen durch ein Großfeuer, dass sich rasend schnell auf diese kleine Stadt zubewegt.

      O´Nan beschreibt dieses Szenario ohne großes Melodrama. Für den Hauptprotagonisten, Jacob Hansen, der in der kleinen Stadt Friendship gleichzeitig Sheriff, Prediger und Leichenbestatter zugleich ist, bedient er sich der zweiten Person Singular, was bedeutet, dass man beim Lesen den Gesprächen mit sich selbst Hansens lauscht.

      Jacob Hansen ist von großer Gottesfurcht und einem starken Glauben an einen seinen Gott verfallen, auf den er trotz fortschreitender Katastrophe nicht wagt, seine Hoffnung auf ihn fallen zu lassen. Auch nicht, als er sein eigenes Kind und seine Frau verliert.

      Hansen ist ein rechtschaffener Mensch, so beschreibt er sich selber, der vor allem die Sicherheit und das Überleben der wenig verbliebenen Menschen in der kleinen Stadt gewährleisten will. Die goldenen Zeiten der Stadt liegen lange hinter ihr. Diese Rechtschaffenheit, sein Pflichtbewusstsein seinem Dienst als Sheriff gegenüber, seine Stadt zu beschützen, bringt ihn am Ende sogar dazu, seine eigene kleine Familie, um die er sich sonst liebevoll gekümmert hat, im Stich zu lassen und sich der großen Aufgabe zur Rettung der Gemeinschaft ganz hinzugeben.

      Immer wieder sagt er sich vor, dass es seine Pflicht ist, dass er in Kauf nehmen muss dabei Opfer bringen zu müssen und immer wieder gerät er in seinem Zwiegespräch über all das in einen inneren Streitdialog mit seinem Gott, vor dem er sich rechtfertigen will, wo ist das, was er tut, noch Liebe und wo fängt das Böse an.

      Er legt ein so überaus großes ich-bin- und will-gut-sein-und bleiben an den Tag, dass es mir stellenweise so erging, es nicht mehr ertragen zu können, davon zu lesen. Natürlich wollen wir das doch alle. Dennoch stoßen wir immer wieder an unsere Grenzen und müssen uns selber eingestehen, dass es das nicht gibt, das absolute Gutsein, das immer Rechtschaffende. Dass wir auch böse sein können. Das einzige was zählt bzw. wenn es uns möglich ist und in unserer Verantwortung liegt, dass das Böse in uns keinen all zu großen Schaden anrichtet. Sollte das passieren, wir nur auf eines hoffen können, nämlich um die Vergebung derer, denen wir etwas angetan haben, so wie wir auch denen vergeben möchten, die uns Schaden angerichtet haben. Und diese Vergebung bezieht sich nicht auf einen Gott, dem wir etwas beweisen wollen, sondern allein auf unsere Menschlichkeit.

      Wenn Hansen an einer Stelle sagt, er will keine vorgefertigte Meinung zu anderen Menschen haben, will alle Seiten hören, versuchen sie zu verstehen, kann ich das nachvollziehen, das kann man versuchen. Aber wenn er weiter ausführt, er will *alle* mögen, dann muss ich passen. Da habe ich meine Grenzen. Ich will den hinter ihrer biederen Bürgerlichkeit versteckten rechten Gesinnungsgenossen, Ausbeutern, Kinderschändern, Gierhälsen und sonstigen Dummköpfen weder zuhören noch möchte ich sie mögen.
      Hansen wird dem sich selber Vorgesagten, ewig gut zu sein untreu zu werden. Die Idylle des alltäglichen Lebens in der kleinen Stadt Friendship wird mehr und mehr auseinander brechen, je größer die Anzahl der Toten wird und das Feuer sich rasend schnell auf die Stadt zubewegt. Panik bricht aus. Jeder will sich selbst der Nächste sein. Das Glück der Anderen zählt nicht. Und wenn es gar nicht anders geht, wird das Eigene mit einem Gewehr verteidigt. Die Quarantänebestimmungen durchbrochen und versucht, nachts aus der Stadt zu fliehen, ohne einen Gedanken daran zu verschwenden, dass man möglicherweise die Seuche mitnimmt und sie weitere Kreise zieht in der nächsten und übernächsten Stadt.

      Und so versucht Hansen das alles in den Griff zu bekommen, wird angefeindet, muss selber seine Waffe benutzen, um das Unmögliche vielleicht noch möglich zu machen, viele Menschen zu retten. Am Ende steht er vor den Trümmern seiner Rechtschaffenheit aber auch vor einer unerwarteten plötzlich sich vor seinen Augen auftuenden Erkenntnis. Die will ich Euch aber nicht verraten.

      O´Nan hat sein Buch im übrigen durch Anregung eines anderen Buches, nämlich das von von Michael Lesy über einen Tatsachenbericht einer Epidemie in Wisconsin mit dem Titel: Death in Wisconsin* geschrieben.

      Wo wir gerade alle selber in einer Situation einer über uns hereingebrochenen Seuche, ausgelöst durch einen Virus, steckten oder immer noch stecken, denn so recht wissen wir noch nicht, ob wir es hier in unseren Gefilden in den Griff bekommen haben und wie es insgesamt auf der Welt damit weitergeht und den Folgen, die damit verbunden sind, zwischenmenschlich, gesellschaftlich und wirtschaftlich, ist das Buch O`Nans hoch aktuell und beim Lesen entdecken wir Mechanismen, die dort in der kleinen Stadt Friendship zwischen den Menschen entstanden sind, die wir nun selber all zu gut kennengelernt haben. Und jeder darf sich glücklich schätzen, wenn er selber und so viel Menschen wie möglich, nicht nur die, die einem selber nahe stehen, davon verschont geblieben sind.

      Es zählt nicht nur das eigene Glück sondern auch das der Anderen.

      Und wenn es, egal wie und was uns heimsucht, hilft auch kein Glaube an eine Rettung von irgendwo da oben im Universum, sondern einzig und allein zählt unsere eigene Verantwortlichkeit und Vernunft im Umgang mit dem, was ist. Wie mit allem im Leben, was einen Glauben jedoch an einen Gott nicht ausschließen muss.

      *In Zeiten der Pest gibt es kein Entrinnen. Uns bleibt nur die Wahl, Gott zu hassen oder zu lieben*

      Stewart O`Nan
      Das Glück der anderen
      Rowohl-Taschenbuch
      11,00 Euro
      Isbn: 978-3-499-23430-9
      o, das ist ja eine tolle Rezension:)