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    • „Elena Ferrante“ hat eine zu Herzen gehende Geschichte zweier Frauen geschrieben, nach der sich das Publikum grenzüberschreitend verzehrt. Lila und Elena sind von klein auf beste Freundinnen, Ende des II. Weltkriegs in einem armen Viertel Neapels geboren. Ihr Leben ist bestimmt durch Enge, Gewalt, Kriminalität und die Sehnsucht, zu Geld und Freiheit zu kommen. Die Mädchen entwickeln eine spielerische Konkurrenz: Welche hat die seidigeren Haare, welche menstruiert zuerst, welche ist in der Schule besser? Diese Coming-of-Age-Geschichte wird an dem Punkt brutal, als Lilas Vater seine Tochter nach der Grundschule, wo sie beste Leistungen bringt und zu kühnen Hoffnungen Anlass gibt, in der familiären Schusterei zur Arbeit zwingt. Von nun an ist Lila, „meine geniale Freundin“, vom Lesen, Schreiben, Denken abgeschnitten und muss sich andere Wege überlegen, dem Elend des Rione zu entkommen. Sie heiratet, gerade 16 Jahre alt, einen Lebensmittelhändler, während sie die Bildungslaufbahn ihrer Freundin Elena neidisch-spöttisch verfolgt.

      Die ersten beiden Bände der auf vier Titel angelegten Geschichte sind 2016/17 auf Deutsch erschienen und stehen seit Monaten auf den Bestsellerlisten. Die Autorin, die unter dem Pseudonym Elena Ferrante schreibt, kreiert mit ihren Texten einen Sog, den Büchern Karl Ove Knausgårds vergleichbar. Nur ist ihr Milieu nicht die liberale Mittelschicht Norwegens in den 1970er und 80er Jahren, sondern das Proletariat im Italien der Nachkriegsjahre, das so gar nichts mit den Phantasien der Toskana-Fraktion zu tun hat. Hier ist die Gesellschaft ständisch geprägt, der Mezzogiorno abgehängt, die Camorra bestimmt über den sozialen Rang, die katholische Kirche ist eine erbarmungslose Ordnungsmacht, Heilung durch Bildung ist nur eine vage Ahnung. Und doch gelingt Elena genau das, mit unbändiger Disziplin erreicht sie exzellente schulische Leistungen, hat eine sensible Lehrerin, die ihre Begabung fördert, und einen Vater, der ihr nicht im Weg steht, wenn auch die kranke analphabetische Mutter eifersüchtig zu werden beginnt auf den sich weitenden Horizont der Tochter.

      Eine schmerzende Dualität: Lila kommt mit der Ehe zu Geld, sitzt aber im sprichwörtlich goldenen Käfig. Ihr Mann schlägt und betrügt sie, ist abhängig von den Camorristi; der Traum von der weiten Welt der Bücher bleibt für sie Fiktion. Elena hingegen macht mit Bravour ihr Abitur und bekommt dank der Fürsprache einer Lehrerin ein Stipendium für Pisa. Sie lässt den verdreckten Rione hinter sich, während die talentierte Lila autodidaktisch zu lernen versucht. Beide Frauen umwerben denselben Mann, Nino, einen schlaksigen Studenten; Elena ist intellektuell, zögernd, schwärmend, Lila geht sinnlich, fordernd und direkt vor. Am Ende verlässt sie ihren Mann für Nino, von dem sie schwanger ist, doch das Glück währt nur ein paar Wochen; sie fällt tief, während Elena langsam, aber zielstrebig in die richtige Richtung geht und vor einer Karriere als Schriftstellerin steht.

      Dieser Entwicklungsroman platzt vor Krach und Wucht, die Figuren bis auf die Nebenränge sind scharf gezeichnet, das unbarmherzige Milieu der Armut und Verzweiflung wird wie in einer soziologischen Studie entfaltet, das Gewirr der engen Gassen und armseligen Häuser bleibt düster und stumpf. Speziell dem zweiten Band der „Geschichte eines neuen Namens“ hätte ein straffendes Lektorat gut getan; ellenlang werden Ferien auf Ischia beschrieben, wo die realistische Diktion der Autorin nicht ausreicht, das Dolce Far Niente und die Liebeshändel aufreizend zu beschreiben. Sie protokolliert nüchtern aus der Perspektive Elenas, die als reife Frau ihrer beider Leben über die Jahrzehnte aufhebt. Die Grenzen der Klassen werden à la Pierre Bourdieu subtil markiert durch die Sprache, Kleidung, Feste und Geschmack, was der aufstiegsorientierten Elena in Form einer sozialen Scham in den Räumen des gehobenen Bürgertums, wo sie sich stolpernd bewegt, peinlich bewusst wird. Ihr fehlt die Selbstsicherheit der reich Geborenen, während an ihr der Rione in seiner Härte klebt wie die Farbe ihrer Augen.

      Gelegentlich wünscht sich die Leserin mehr reflexive denn deskriptive Passagen der Ich-Erzählerin, die als eine Frau mit Mitte 60 auf ihr Leben zurückblickt. Es ist die Nähe zum Geschehen, die das Märchen der Cinderella des Alltags so fesselnd macht, einer konventionellen Sprache zum Trotz. Der weltweite Erfolg der Romane liegt in der Konsequenz der Autorin, gewöhnliche Dinge im Prozess des Erwachsenwerdens zu Literatur zu machen, Identifikationen anzubieten in der weiblichen Rivalität zwischen Elena und Lila. Die deutsche Leserin hat noch zwei Bände vor sich – und keinerlei Interesse zu erfahren, welche reale Schriftstellerin sich hinter „Elena Ferrante“ verbirgt. Das Ich ist ein/e Andere/r, längst bekannt seit Roland Barthes. Die Erzählung entsteht zweimal, beim Schreiben und beim Lesen. So wirkt das Buch als Verbindung, welch ein Versprechen auf weitere Spannung.
    • ...wieder mal Zerstreuung,
      mit einem historischen Roman aus dem Mittelalter.
      Der 2. Teil vom Barbarossa-Epos von Sabine Ebert ist da.
      Schwert und Krone - der junge Falke.
      Dateien
      Ich bleibe auf dem Teppich meiner Möglichkeiten und hoffe das er fliegen lernt.
    • Wenn ich nicht gerade Chile oder mit Schach spielen beschäftigt bin, lese ich gerade
      "Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band" des is-amerikanischen Physikers
      Douglas R. Hofstadter.
      Des Werk ist schon etwas älteren Datums, das mir vorliegende Buch ist eine deutsche Ausgabe aus dem Jahre 1985. Trotzdem ist dieses interessant gestaltete Buch immer noch sehr lesenswert. In einer Reihe von Essays verbindet der Autor Gödels Unvollständigkeitssatz mit der Fugenkunst eines J. S. Bach und den surrealistischen Bildern eines M. C. Escher.
      Worum es dabei mathematisch geht und worin der Autor die Zusammenhänge sieht, mag der geneigte und geduldige Leser selbst herausfinden.
      Trivia: Der Vater des Autors fungierte als Namensgeber für Lennard, eine Hauptfigur einer bekannten Sitcom.
    • Die Ermordung des Glücks

      Ja das ist mal einTitel von meinem Lieblingskrimiautor Friedrich Ani. Ich muss vorwegnehmen, ich bin kein großer Krimileser. Aber von Ani habe ich alle gelesen.

      Friedrich Ani ist deutscher Schriftsteller. Sohn eines Syriers und einer Schlesierin, geboren 1959 in Kochel am See. Schon kurz nach seinem Abitur hat er Hörspiele und Theaterstücke geschrieben. Geprägt hat ihn sicher auch seine zivildienstliche Arbeit in einem Heim für schwer erziehbare Jungen, als auch seine Arbeit als Polizeireporter, die beide sicherlich einige Abgründe des menschlichen Seins vor ihm aufgetan haben und derer er sich in seinen Büchern bedienen konnte.

      Bekannt und erfolgreich wurde er durch seine Krimireihe um den Ermittler Tabor Süden, der als Ermittler bei der Kriminalpolizei nach vermissten Personen forschte, später dann als Privatdedektiv diese Arbeit weiter verfolgte. Nach dem Abschluß seiner Süden-Reihe entwickelte er die Figur des Polonius Fischer, ein ehemaliger Mönch und einen blinden Kommissar namens Jonas Vogel und dessen Sohn Max, der in der Mordkommission arbeitete. Dass er ausgerechnet eine Figur, der einst ein Mönch war, spricht dafür, dass seine Texte in diesem Fall auch auf philosophische und zutiefst menschliche Erkenntniswelten zurückgreifen. Das macht seine Bücher für mich jedenfalls so interessant.

      Hervorzuheben ist vor allen Dingen, dass seine Romane sich immer um die Gegenwart drehen, Ani greift Themenwelten auf, die unsere Zeit im Heute aufzeigen. Er beschäftigt sich mit aktuellen Geschehnissen, vor allen Dingen wird das deutlich in seinem Roman *German Angst, für den er 2001 den Deutschen Krimipreis erhielt. Kein deutschsprachiger Autor ist so oft wie Ani mit dem Deutschen Krimipreis ausgezeichnet worden. Und der Deutschlandfunk meinte in seiner Besprechung seines neusten Buches, dass ich heute empfehlen möchte *Die Ermordung des Glücks* dass auch dieses ebenfalls wieder preisverdächtig sei.

      In *Ermordung des Glücks* sein zweiter Roman um den pensionierten Kriminalkommissar Jakob Frank wird das Glück ermordet aufgefunden. Das Glück ist der fröhliche Sohn einer Familie, der nicht nur ein großes Fußballtalent ist, sonern auch über eine musikalische Begabung verfügt namens Lennard. Lennard kommt an einem stürmisch-regnerischen Nachmittag von der Schule nicht heim und wird 34 Tage danach ermordet aufgefunden.

      Jakob Frank, der ins einer Dienstzeit schon die Aufgabe innehatte, die Nachricht vom Tod eines Menschen an die Hinterbliebenen zu überbringen, geht dieser Aufgabe auch nach seiner Pensionierung nach. So auch hier im Falle des kleinen ermordeten Lennard. Frank ist ein zutiefst sensibler, nachdenklicher und reflektierender Mensch. Er weiß nicht nur um die Abgründe des Menschen sondern auch um erlittenen Schmerz. Und es geht ihm um so mehr darum, Menschen zu helfen, das Erlittene irgendwie ertragen zu können. Und er kann nicht von seiner Arbeit lassen, so scheint es mir. Er hat sie gern getan. Das Aufklären von Morden. Vier seiner Fälle sind im Unaufgeklärten verblieben. Bei diesem Mord möchte er auch seinen Kollegen helfen, dass der Mörder gefunden wird. Und so mischt er sich in der Ermittlungen ein. Die Ermordung des Glücks nenne ich einen Ermittlerkrimi. Es geht nicht um thrillerartigen Blutrausch, Morde am Stück, sondern um feinfühliges Hinterfragen der möglicherweise in Frage kommenden Täter, aber auch um Empathie mit den Hinterbliebenen. Aus dem Buch heraus kann gelesen werden, wie geht eine Familie, in diesem Fall mit dem Verlust des einzigen Sohnes, um. Diese Frage kann auf jedwede andere Lebenssituation angewandt werden. Wie gehen Menschen mit Verlust und Trauer um. Können sie sich herausholen aus der schwarzen Nacht des Schmerzes? Und wie kann das gehen?

      Wortgewaltig empfinde ich diesen Roman, wortgewaltig in dem Sinne, dass er Worte findet für das Unaussprechliche, im Geheimen Verborgene. Er sieht was andere nicht sehen. Das ist seine Gabe oder Begabung, wohl herauskristallisiert aus seinen eigenen Lebensverlusten. Er weiß einfach, was Menschen empfinden und was Leid mit ihnen anrichtet.

      Und so versucht er diesen Fall, der scheinbar bei der Spurensuche unlösbar auszusehen scheint, aufzudecken, den Mörder zu finden. Er kniet sich fast schon zwanghaft in Aussagen, Protokolle und Tatortsbesichtigungen hinein, um nach und nach dem Geschehen auf die Spur zu kommen.

      Ob er am Ende den Mörder gefunden hat? Und ob das den Eltern des ermordeten Lennard hilft? Gibt es einen Frieden nach dem Schmerz im Menschen?

      Aber lest selbst. Es lohnt sich. Die Ermordung des Glücks ist nicht nur ein Sofakrimibuch für schmuddelige Novembertage, sondern auch eine Anregung über wichtige Dinge des Lebens nachzudenken.

      Eins ist sicher, es ist nicht immer der Tod, der dem Menschen das Glück raubt, es gibt sehr viele Dinge im Leben eines Menschen, die einem gestohlen werden können und somit das Glück vernichten. Es ist vor allen Dingen zu seinen Lebzeiten immer die Würde des Einzelnen, die ihm auf vielfältige Weise im Miteinander gestohlen wird und somit unmöglich macht, dass der Einzelne Zutrauen zu sich selber findet. Ich habe mich beim Lesen des Buches jedenfalls daran erinnert, in welchen Lebenssituationen mir das Glück für eine Weile gestohlen wurde.

      Friedrich Ani
      Die Ermordung des Glücks
      Suhrkamp-Verlag
      20,00 Euro
      isbn: 978-3-518-42755-2

      Viel Vergnügen :thumbsup:
      Es war einmal ein Schiff,Befuhr die Meere alle Zeit,und unser Schiff, es hieß die Goldne Nichtigkeit.
    • 09Arual schrieb:


      1. Und sie fliegt doch - Eine kurze Geschichte der Hummel von Dave Goulson

      Dave Goulson ist ein englischer Hummelforscher, der in dem Buch wunderschöne Geschichten über seine Erfahrungen und Forschungen mit Hummeln schreibt. Es ist so schön und humorvoll geschrieben, dass man es nur schwer weglegen kann und ich habe total viel gelernt, über Hummeln, andere Insekten, Gärten, die Evolution etc.
      Es hat 311 Seiten und die Taschenbuchversion kostet nur 10€. Mittlerweile ist auch schon ein zweiter Band "Die seltensten Bienen der Welt" erschienen, der auch schon in meinem Regal steht und darauf wartet, dass ich endlich Zeit habe ihn zu lesen ;).
      Klasse Buch!
      Ich lese es gerade......
      Ich bleibe auf dem Teppich meiner Möglichkeiten und hoffe das er fliegen lernt.
    • Mit der Oktoberrevolution 1917 und der Machtübernahme der Bolschewiki beginnt in Russland die Ära des Sozialismus. 1922 kommt es zur Gründung der Union der sozialistischen Sowjetrepubliken (UdSSR), die sich 1991 wieder auflöst. Was dieses größte je gesehene Imperium aus seinen Untertanen gemacht hat, lässt sich in den Büchern der weißrussischen Autorin Swetlana Alexijewitsch nachlesen.

      Swetlana Alexijewitsch wurde 1948 in der Ukraine geboren. Nach dem Studium der Journalistik in Minsk arbeitete sie als Redakteurin und Lehrerin. In ihren Büchern – etwa zur Rolle der Soldatinnen in der Roten Armee, über den Einmarsch der Sowjetunion in Afghanistan oder über die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl – verbindet sie Protokolle des Alltags mit soziologischen Theorien und einem dramaturgischen Erzählen zu einer stimmungsvollen Collage. 2015 erhielt sie für ihr Werk den Literaturnobelpreis. Obwohl ihre Bücher, in über 30 Sprachen übersetzt, in Weißrussland nicht erscheinen dürfen, lebt sie bis heute in Minsk.

      In ihrem Buch „Secondhand-Zeit“, im russischen Original 2013 in Moskau publiziert, spürt sie dem „Leben auf den Trümmern des Sozialismus“ nach. In der UdSSR geboren zu sein, ist für die Autorin eine Diagnose, die es den Menschen erlaube, einander zielsicher und über die Sprachgrenzen hinweg als Post-Genossen zu erkennen, auch über 25 Jahre nach dem Ende der Sowjetunion. Ihnen ist gemein, dass sie in den 1990er Jahren zwar vom Joch des Sozialismus befreit waren, aber von einem besonders brutalen Kapitalismus überrollt wurden.

      Alexijewitsch hat für die „Secondhand-Zeit“ jahrelang Interviews geführt: Mit ehemaligen Offizieren und Funktionären, mit Überlebenden des Gulag und Müttern getöteter Soldaten, mit erfolgreichen Wissenschaftlerinnen und einfachen Bäuerinnen. Sie alle mussten erleben, teils erwachsen, teils als Kinder, dass die von Mikhail Gorbatschow in den 1980er Jahren eingeleitete Perestroika keineswegs zu einem besseren Leben für das Volk führte, sondern in den Jahren 1991ff. zu einem Zusammenbruch der staatlichen Ordnung und einem veritablen Raubrittertum.

      In jenem gesetzlosen Jahrzehnt wurden gewaltige Staatskonzerne zerschlagen und privatisiert; einige wenige Oligarchen wurden märchenhaft reich und setzten sich nach Zürich oder London ab, viele Namenlose verloren ihre bescheidene Arbeit und die Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Die Ideale der klassenlosen Gesellschaft wirkten gespenstisch über das Ende der Sowjetunion hinaus, während die Starken hemmungslos Vermögen anhäuften und dabei über Leichen gingen.

      Der jetzige Präsident Russlands Wladimir Putin ist für Swetlana Alexijewitsch ein schierer Repräsentant der Clique von Verbrechern, die das Riesenreich in der Phase des Zerfalls gekapert haben. An die Stelle des allgegenwärtigen Zwangs der Partei ist die Macht des ungebremst zirkulierenden Kapitals getreten; das Leben einer Einzelnen ist in der Diktatur des 21. Jahrhunderts nicht mehr wert als unter Josef Stalin, der Objekt einer nostalgischen Verklärung geworden ist.

      Über ihre Gespräche mit vielen verschiedenen Personen, sich selbst dabei nicht ausklammernd, schreibt Alexijewitsch bilanzierend: „Die Menschen möchten einfach nur leben, ohne große Idee. So etwas hat es in der russischen Geschichte noch nie gegeben, so etwas kennt auch die russische Literatur nicht. Im Grunde sind wir Menschen des Krieges. Immer haben wir entweder gekämpft oder uns auf einen Krieg vorbereitet.“ Diese Enttäuschung, so die Autorin, wirke bis heute nach; es fehle die Einübung in Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit.

      Als Literatin fahndet Alexijewitsch in der Sprache nach der Deformation der Psyche: „Wir alle, die Menschen aus dem Sozialismus, ähneln einander und sind anders als andere Menschen – wir haben unsere eigenen Begriffe, unsere eigenen Vorstellungen von Gut und Böse, von Helden und Märtyrern.“ Nur, so die Autorin, tauge dieses utopische Vokabular in nackten Zeiten der Börse, des Egoismus und der Konkurrenz nicht recht, es wirke abgetragen, eben secondhand. Was an seine Stelle treten wird, muss die Zeit erweisen.

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      Swetlana Alexijewitsch: Secondhand-Zeit. Leben auf den Trümmern des Sozialismus, Berlin 2015, Suhrkamp Taschenbuch (deutsche Erstveröffentlichung München 2013, Hanser; russisches Original Moskau 2013, Vremja)
    • Ich lese zur Zeit
      "Le Grand Meaulnes" der einzige Roman von Alain-Fournier und vor kurzem beendet "Autres Rivages" von Vladimir Nabokov. Einem Roman den Nabokov selbst in 3 Sprachen übersetzt bzw. verfasst hat. Eine unglaubliche sprachliche Leistung eines Schriftstellers. Autres Rivages schildert die Kindheit Nabokovs im alten Russland, und die Flucht über die Krim nach Deutschland und England. Geendet hat die Odyssee in den USA.

      Nabokov dürfte den meisten bekannt sein durch sein Jahrhundertwerk "Lolita".
    • Ich habe gerade "So auf Erden" von Kathrin Liebelt verschlungen. Der Roman ist in einem kleinen Verlag erschienen und gar nicht so leicht zu bekommen, aber doch ein echter Geheimtipp! Anschaulich wird der lange Weg in´s Leben 3er sehr unterschiedlicher Geschwister erzählt, die kurz nach dem Krieg zu Vollwaisen werden. Wie in einem Film laufen die dramatischen und sehr unterschiedlichen Lebenswege der Geschwister beim lesen vor dem geistigen Auge ab, die Autorin schafft immer wieder eindrucksvolle Bilder. Da der Roman im Sauer- und Münsterland spielt, hat er mich natürlich sehr interessiert. Stellenweise ist es vielleicht eher ein Frauenroman aber auch die zweifelhafte Rolle der katholischen Kirche wird sehr anschaulich. Für die 320 Seiten habe ich nur 5 Stunden gebraucht, war selten so gefesselt!
    • ...ich habe gerade 50% der Bibliotheksbestände von Noam Chomsky ausgeliehen. Das Buch heißt
      amazon.de/Profit-Over-People-N…2246524#reader_B00GRWQJO6

      Kann man ganz gut als Antithese zu Ulrich van Suntum

      Die unsichtbare Hand: Ökonomisches Denken gestern und heute
      lesen...

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    • Ausgerüstet mit den neusten Erkenntnissen
      der Kognitionswissenschaft und Evolutionswissenschaften
      haben sich Carel van Schaik - Anthropologe und Evolutionswissenschaftler
      und Kai Michael - Historiker und Literaturwissenschaftler
      an die Bibellektüre gemacht, um zu erkunden
      welche Einblicke das Buch der Bücher
      in die Natur und Kultur des Homo sapiens gewährt.
      Herausgekommen ist dabei ein sehr interessantes Buch
      DAS TAGEBUCH DER MENSCHHEIT
      Was die Bibel über unsere Evolution verrät.
      Auf der evolutionär inspirierten Erkundungstour,
      die von Adam und Eva bis zur letzten Schlacht der Apokalypse führt
      erkennt man rasch: Aus einer biologisch- anthropologischen Perspektive
      funkeln viele Geschichten der Bibel in neuem Licht.
      Ich lese es gerade.Hier sind keine religiösen Eiferer am Werk
      und niemandem wird die Ewigkeit streitig gemacht.
      Von daher darf ich es für einen geistig erweiterten Horizont getrost empfehlen. :thumbup:
      Ich bleibe auf dem Teppich meiner Möglichkeiten und hoffe das er fliegen lernt.
    • Sport ist Mord. So soll ja der olle Winston Churchill gesagt haben. Diese Erkenntnis, warum auch immer, hat sich aber dann erst in seinen späteren Jahren wohl in ihm manifestiert. In jungen Jahren war er sportlich doch auch sehr aktiv. Im Fechten zum Beispiel, der Sportart der Trojanow, dessen Buch ich heute empfehlen möchte, als einer der edelsten Sportarten bezeichnet, konnte er recht gute Erfolge erzielen. Später im Dienst als Husarenleutnant dann auch beim Polo. Nebenbei bemerkt, ein besonders guter Schüler war Churchill nie gewesen. Was wiederum einmal deutlich aufzeigt, Schule ist ein Muß, aber letzten Endes nicht alles, will sagen, auch ohne großartige Abschlüsse kann der Mensch im Leben sein sich gesetztes Ziel, welches immer das auch sein mag, erreichen.

      Zu einem guten Leben hat für mich immer schon sportliche Betätigung dazu gehört. Obwohl mich meine sportlichen Aktivitäten nicht immer vor körperlichen Beschwernissen bewahrt haben, bin ich doch immer am Ball geblieben.

      Meine Vorliebe sind die Bewegungssportarten. Joggen, Walken, Radeln, Schwimmen, Wandern, Rollschuh- und Schlittschuhlaufen. Zum Skifahren hats nie gereicht. Vielleicht deswegen, weil diese Sportarten mir immer ermöglicht haben, mich von einem Ort fortzubewegen und an einem anderen anzukommen, mit eigener Kraft.

      Wer Sport mag, sollte sich unbedingt das Buch von Ilija Trojanow *Meine Olympiade ...Ein Amateur, vier Jahre, 8o Disziplinen zu Gemüte führen. Mir hats ungeheuer Spaß gemacht einen Einblick in diese vielfältigen Sportarten, die er hier in diesen Jahren trainiert hat, zu bekommen.

      Direkt zu anfangs erzählt er, wie er sich im Sommer 2012 wie viele Milliarden anderer Zuschauer vor dem Fernseher auf seinem Sofa herumlümmelte und sich die Wettkämpfe von diversen Sportarten anschaute, von deren Existenz er bislang nicht mal wußte. Und je länger er zuschaute, um so mehr wuchs seine innere Unzufriedenheit. Was er sah, erschien ihm entweder zu schwer oder zu einfach. Vor allen Dingen konnte er die erzielten Leistungen überhaupt nicht einschätzen. Aber wer kann das schon. Richtige Sofafussballprofis wissen natürlich immer, wie der Schuß richtig hätte ausgeführt und platziert werden müssen. Das kennen wir ja. Trojanow fragte sich, wie wird ein Schlag, Stoß oder Wurf perfekt ausgeführt. Wie kommt der Sportler, der da vor unseren Augen unvorstellbare Ergebnisse in jedweder Sportart erzielt, überhaupt dahin. Wie ist seine Lebensgeschichte verlaufen, die ihn dahin gebracht hat, welche Mühen und Resignationen, wiederaufkeimender Ehrgeiz, Wille und Stärke mussten da wohl zum tragen gekommen sein. Natürlich geht er auch auf die Geschichte des Dopings im Sport ein. Aber vorranging begegnen wir der Entstehung der olympischen Sportwettkämpfe im alten Griechenland. Ein wenig wußte ich schon aus meinem Besuch im Sportmuseum hier in Köln, klein aber fein, die einen Querschnitt aus der Vergangenheit bis ins heutige Zeitalter über die Entwicklung des Sports zeigt. Ein empfehlenswerter Besuch, wer einmal in Köln verweilt.

      Ein schönes Zitat zu anfang des ersten Kapitels von Diogenes führt in die fast 400 Seiten lange Erzählung über seine Erfahrungen mit den Disziplinen ein.

      *Worüber freust du dich, fragt Diogenes einen jungen Mann.
      Ich habe bei Olympia den Sieg davongetragen, antwortete dieser voller Stolz,
      ich habe alle besiegt.
      Was für eine Ehre ist es, versetzte Diogenes, Schwächere zu besiegen!*

      Pierre de Coubertin sagte 1908 in London, das Wichtige bei den Olympischen Spielen ist nicht das Siegen, sondern das Teilnehmen. Und das Wichtige im Leben ist nicht der Triumph, sondern der Kampf. Das Wesentliche ist nicht, gesiegt, sondern gut gekämpft zu haben. Welche wahre Worte, die nicht nur für das sportliche gilt, sondern auch für das gesamte geführte Leben.

      Und dass, wie auch immer, von sportlichen Aktivitäten auf Verhaltensweisen des Lebens abgeleitet werden kann, begenen wir natürlich noch oft in seinem Buch, wenn er von den eigenen Erfahrungen erzählt, die er mit seinen Trainingseinheiten in diesen vielfältigen olympischen Disziplinen hat machen können.

      Er beginnt mit dem Schwimmsport, Freistil, Rückenschwimmen, Brustschwimmen, Schmetterling, Freiwasserschwimmen. Dabei stellt er z.B. fest, dass Schwimmer nicht ins Wasser eintauchen, sondern sich ins eigene Ich vertiefen. Wer jahrelang drei, viermal die Woche morgens einen Kilometer in einem Schwimmbad seine Bahnen gezogen hat, kann das nur bestätigen.

      Danach geht es auf dem Wasser weiter, Kanuslalom im Wildwasser, Kanurennsport, Kanadier, Rudern, Segeln, Windsurfen.

      Ballsportdisziplinen, Tischtennis, Tennis, Badminton.

      Schießdisziplinen, Bogenschießen, Luftgewehr, Luftpistole, Kleinkalibergewehr, freie Pistole, Schnellfeuerpistole, Wurfscheibenschießen, Skeet.

      Ich wußte echt nicht, dass diese letzteren olympische Disziplinen sind. Noch nie gesehen. Zumeist bleib ich an der Leichtathletik hängen. Umso interessanter gerade diesen Ausführungen zu folgen.

      Weiter gehts mit Hauen und Stechen, Boxen, Fechten (Fechten ist Schach auf zwei Beinen), Ringen, Judo, Taekwondo.

      Mit Begeisterung hab ich interessiert den Ausführungen zu den Satteldisziplinen gelesen, Radfahren auf der Bahn, auf der Straße, mit dem Mountainbike, auf dem BMX, dem Sattel auf dem Pferd, Springreiten, Vielseitigkeitsreiten.

      Es folgen Gewichtheben, Turnen an den Ringen, am Reck, auf dem Boden, dme Barren, dem Pauschenpferd und dem Sprungbrett, dem Trampolin.

      Warum er das Wasserspringen nicht dem Schwimmen zugeordnet hatte, hab ich am Ende nicht verstanden. Denn dieses Kapitel kommt tatsächlich erst nach dem Turnabschnitt.

      Am Ende nun die Leichtathletik, Diskuswurf, Speerwurf, Kugelstoßen, Hammerwurf, Weitsprung, Hochsprung, Stabhochsprung, Laufen, 100m, 200m, 400 m, 800m, 1500m, 5000m, 10000m110 m Hürden, 400 m Hürden, 3000 m Hindernis, 20, 50 km Gehen, Marathon.

      Eine Fülle, die mir insgesamt nicht bewußt war. Eine Fülle auch an Erfahrungen, die Trojanow hier über seine Traininsgerlebnisse erzählt, die jedem Laien alle diese Sportarten nicht nur näher bringt, sondern ein neues Interesse für die eine oder andere Disziplin weckt.

      Wie arm die Berichterstattung von Sportveranstaltungen in unserer Zeit in den Medien publiziert wird, wird einem beim Lesen des Buches noch deutlicher vor Augen geführt. Und der Mensch ist nunmal ein Herdentier, was ihm vorgeworfen wird, das frißt er eben.

      Also wie immer, ich könnt hier noch tausende Dinge erzählen, die mir beim Lesen durch den Kopf gegangen sind. Will aber nicht den Rahmen sprengen, sondern einfach Lust auf dieses Buch und den Sport machen. Und vielleicht wirft der ein oder andere ja nach dem Lesen das Buch sofort in die Ecke, zieht sich seine Laufschuhe an und rennt und rennt und rennt,-)

      Das ein oder andere Mal konnte ich den Gedanken nicht verwehren, obwohl ich das sonst nie tue, mir zu wünschen, ich wäre noch einmal ein Stückchen jünger, um die ein oder andere Sportart zu erlernen, trainieren, wie auch immer. Aber wie mit allem beim Älterwerden, es muss viel verabschiedet werden.

      Trojanow selber war übrigens schon Ende 40 als er mit diesem vier Jahre währenden Training all dieser Sportdisziplinen verbrachte. Sein starker Wille hat ihm verholfen, alle durchzuziehen. Und ehrlich hat er seine Wettkampfergebnisse natürlich in jeder Sportart gegenüber dem Olympiasieger aufgezeigt. Manche waren nicht mal so schlecht und bei manchem konnte dann schon erkannt werden, welches Maß an langem und hartem Training eine Sportart wohl gebraucht hat, um dorthin zu gelangen, wie der Rekordhalter.

      Zum Schluß noch ein kleines Zitat von Bill Bowermann, Trainer und Mitbegründer von *Nike*

      Laufen, könnte man sagen, ist ein absurder Zeitvertreib. Aber wer einen Sinn im Laufen findet, der wird auch einen Sinn in einem anderen absurden Zeitvertreib finden: Dem Leben*

      Und ja, nicht zu vergessen: Am 9. Februar beginnt die Winterolympiade in Südkorea. Da werd ich sicherlich das eine oder andere Mal hingucken.

      Viel Spaß! :thumbsup: :saint:

      Ilija Trojanow
      Meine Olympiade
      Ein Amateur, vier Jahre, 80 Disziplinen
      Fischer-Verlag
      isbn: 978-3.596-19805-4
      10,99 Euro
      Es war einmal ein Schiff,Befuhr die Meere alle Zeit,und unser Schiff, es hieß die Goldne Nichtigkeit.
    • Mehr Schein als Sein? Für einen Hochstapler stellt sich die Frage nach der Wahrheit nicht, er gibt dem Publikum genau das, was es sehen will. Die US-amerikanische Autorin Patricia Highsmith (1921 – 1995) hat mit ihrem Roman „Der talentierte Mr. Ripley“ einen charmanten Mörder geschaffen, der kaltschnäuzig die Identität seines Opfers annimmt, um ein Leben im Luxus zu führen. Highsmith missachtet die Konventionen des Krimigenres, indem sie unverhohlen die Sehnsüchte und Motive des Verbrechers von nebenan schildert und sich für eine Wiederherstellung der gesellschaftlichen Ordnung durch seine Bestrafung partout nicht interessiert.

      Patricia Highsmith wurde 1921 im texanischen Fort Worth geboren und wuchs in New York City auf. Die Mutter arbeitete als Graphikerin, ihren leiblichen Vater lernte sie erst mit zwölf Jahren kennen. Sie studierte Englische Literaturwissenschaft am Barnard College, schrieb Texte für die Superman-Comics und konnte 1945 eine erste Kurzgeschichte an das Magazin Harper’s Bazaar verkaufen. 1948 bekam sie ein Stipendium für die Künstlerkolonie Yaddo in Saratoga, die sie Jahrzehnte später testamentarisch als Haupterbin ihres Vermögens bedenken sollte. Sie feierte mit ihrem Debüt „Zwei Fremde im Zug“ von 1950 ihren literarischen Durchbruch; Alfred Hitchcock kaufte die Filmrechte am Buch, in der Folge wurde sie weltberühmt. Den Roman „The price of salt“ über eine lesbische Liebe, von dem allein im Erscheinungsjahr 1952 über eine Million Exemplare verkauft wurden, schrieb sie unter dem Pseudonym Claire Morgan. 1963 siedelte Highsmith nach Europa über; sie lebte einige Monate im italienischen Positano, dann bis 1967 in London und Suffolk, in der Folge bis 1981 in der Île-de-France und schließlich aus steuerlichen Motiven im Tessin.

      Mit dem Buch „Der talentierte Mr. Ripley“ schuf sie ihren bekanntesten Charakter: Der junge Mann schlägt sich mit Gelegenheitsjobs durch, als er von einem New Yorker Geschäftsmann den Auftrag bekommt, dessen Sohn im sonnigen Italien aufzuspüren und ihn zur Rückkehr in die USA zu bewegen. Vor Ort im Golf von Neapel nimmt Tom Ripley mit Dickie Greenleaf Kontakt auf, der an der Seite seiner Freundin Marge Sherwood seine Zeit mit Malen verbringt, und findet Gefallen an dessen Leben als Playboy zwischen Strand, Bar und Bett. Tom schafft eine Gelegenheit, mit Dickie allein einen Bootsausflug zu unternehmen, währenddem er diesen kaltblütig erschlägt und im Meer vor San Remo versenkt. Er beschließt, Dickies Identität anzunehmen und dessen Leben des dolce far niente weiterzuführen. Keine große Schwierigkeit, wie Highsmith kommentiert: „Wenn man die Vorstellung nur früh genug übt, wird sie bald zum wahren Charakter. Und das Eigenartige im Wesen des Menschen ist, dass die Falschheit am Ende zur Wahrheit wird.“

      Tom kann nur dort als Greenleaf auftreten, wo man diesen nicht kennt; Ripley muss er gegenüber jenen bleiben, die ihn als solchen getroffen haben. Er imitiert Dickies Schreibstil, verfasst in seinem Namen Briefe an die Eltern in den USA sowie an Marge Sherwood und löst mit seiner gefälschten Unterschrift plus gestohlenem Pass Schecks bei der Bank ein. Seine Travestie hat Erfolg, er ist der italienischen Polizei immer einen Schritt voraus, dabei vor einem weiteren Mord nicht zurückschreckend und Dickies Verschwinden als Selbstmord inszenierend. Am Ende gelingt es ihm gar, sich mit einem fingierten Testament Greenleafs auskömmliches Erbe zu sichern. Ripleys „Talent“ besteht in der konsequent ausgeführten Täuschung seiner Umgebung über seine Absichten und sein Vergehen, begleitet von chronischer Taubheit der Stimme des Gewissens gegenüber.

      In einer Welt der Oberflächenreize erfährt Tom, dass Kleider Leute machen, Dickies feine Textilien schenken ihm buchstäblich eine andere Haut. Nach Vollzug des Mordes verliert er nicht die Nerven, sondern legt mit erstaunlicher Souveränität Spuren ins Nichts; seine Hochstapelei nimmt er geradezu sportlich, er trainiert das Fälschen der Unterschrift Dickies ebenso sorgfältig wie das Erfinden einleuchtender Lügen: „Unter der Oberfläche wäre er so ruhig und selbstsicher gewesen, wie er es nach dem Mord an Freddie gewesen war, weil seine Geschichte unwiderlegbar war. Wie die Geschichte über San Remo. Seine Geschichten waren gut, weil er sie sich intensiv vergegenwärtigte, so intensiv, dass er sie fast selbst glaubte.“

      Schließlich gelingt es Ripley, die Verfolger abzuschütteln und Dickies Nachfolge anzutreten. Die geschilderten Verbrechen wirken als konsequente Fortsetzung des destruktiven Umgangs der Menschen miteinander und rücken Patricia Highsmith in die Nähe des französischen Existenzialismus. Sie machte Ripley später zu einer Serienfigur, wobei die weiteren Romane mit diesem Charakter (1970, 1974, 1980 und 1991 erschienen) nicht die kalte Lust der Premiere erreichten. Hintersinnig der Name seines Anwesens nahe Fontainebleau: Der Belle Ombre, der Schöne Schatten, legt sich hegend über Toms Geheimnis; Ripley wirkt wie ein Repräsentant einer Welt des Scheins, in der er sich systemkonform verhält. Oder in den Worten Felix Krulls, einem anderen Hochstapler aus dem zeitgleich verfassten gleichnamigen Roman Thomas Manns: „Die Welt will betrogen sein, sie wird sogar ernsthaft böse, wenn Du es nicht tust.“

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      Patricia Highsmith: Der talentierte Mr. Ripley, Zürich 2003, Diogenes Taschenbuch (US-Original New York 1955, Coward-McCann, deutschsprachige Erstveröffentlichung Reinbek bei Hamburg 1961, Rowohlt). Der Roman wurde zweimal verfilmt, 1960 mit Alain Delon und 1999 mit Matt Damon in der Titelrolle.
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      Dies ist der Link zum Originalartikel ... den Du ohne Quellenangabe abgekupfert hast. Dies ist eine grobe Verletzung der Copyrights. Du hast den Artikel Wort für Wort hier reinkopiert. Kannst Du das Buch nicht selbst zusammenfassen?
      A. ist eine ein hervorragende Texterin von der ich schon viel gelesen habe und diese Verletzung Ihres Copyrights ist rechtlich unzulässig. Es wäre sehr anzuraten, diesen Artikel zu löschen und ein eigenes Résumé zu verfassen. Bzw. die Quelle anzugeben.

      Dieser Beitrag wurde bereits 2 mal editiert, zuletzt von pangloss ()

    • Eine direkte Antwort an pangloss (Beitrag 378):

      Es freut mich, dass Dir der Text zum Ripley-Roman von Patricia Highsmith (Beitrag 377) gefällt. Doch warum sollte ich darauf hinweisen, dass ich die Rezension bereits in einer längeren Fassung auf meiner eigenen Webseite veröffentlicht habe? Natürlich bleibt das Urheberrecht bei mir - ist Dir nie in den Sinn gekommen, dass die Läuferin mit A. identisch sein könnte? Doch genauso ist es.

      Dein sei der Tag!

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von Läuferin ()

    • Es hat sich herausgestellt, dass die Angaben von "Läuferin" der Wahrheit entsprechen und aus diesem Grund nehme ich den Vorwurf der Copyrightverletzung bedauernd zurück und bitte um Nachsicht dass ich in dieser Form reagiert habe. Da ich selbst beruflich mit Literatur zu tun habe (die französische Literatur von der Renaissance bis zum Nouveau Roman) reagiere ich allergisch auf jede Form vermuteter Copyrightsverletzungen, denen ich leider allzu of begegne. In diesem Fall jedoch habe ich mich geirrt, es tut mir leid.