Wolga-Gambit

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    • Hallo Schroeder,

      Danke für Deine Hilfestellung. Ich hatte seit Jahren kein Theoriebuch mehr in der Hand und habe seit 4 Jahren auch keine Turnierpartie mehr gespielt.
      "Zu meiner Zeit" war es noch nicht so beliebt.... Man man man, wo die Zeit geblieben ist :)

      Aber ich werde versuchen, mir das zu merken mit Sbd7. Bin immer offen für Hinweise und Tipps

      LG
    • TheTimotheus schrieb:

      Ich hab mir bei Shredder(Datenbank mit Großmeisterpartien) und auf der Schacharena mal angeguckt, wie viel % der Punkte weiß gegen einige der hier genannten Eröffnungen geholt hat. Hier ist das Ergebnis:
      Der erstgenannte Wert ist immer der von Shredder.
      • Damengambit (d4 d5 c4): 57,7%; 56,8%
      • Nimzoindisch (d4 Sf6 c4 e6 Sc3 Lb4): 54,3%; 50,2%
      • Modernes Benoni (d4 Sf6 c4 c5 d5): 58,2%; 46,1%
      • Grünfeldindisch (d4 Sf6 c4 g6 Sc3 d5): 55,7%; 53,8%
      • Königsindisch (d4 Sf6 c4 g6 Sc3 Lg7): 58,0%; 51,9%
      • Wolga-Benkö-Gambit (d4 Sf6 c4 c5 d5 b5):57,3%; 55,5%
      Das Wolga-Benkö sticht von den Werten jetzt nicht unbedingt heraus. Das sind zwar alles nur Statistiken, aber ich denke, sie zeigen, dass man den Kram nach heutigem Stand der Theorie durchaus spielen kann.

      Vorsicht mit der Aussagekraft von Stratistiken. Ich glaube nicht daran. Was sagen die Zahlen? Dass das Damengambit erfolgreicher ist als der Nimzoinder? Dass wenn Schwarz der schwächere Spieler ist, er lieber das klare Damengambit als den Dschungelkampf des Inders aufbaut? Und Schwarz den Inder wählt, wenn er gegen einen schwächeren gewinnen möchte? Dass beide Eröffnungen gleich stark sind und die beiden Zahlen innerhalb der statistischen Streuung liegen?

      Es ist statistisch signifikant, dass Regenschirme kaufen krank macht. Den statistischen Zusammenhang kann man jedes Jahr im November nachweisen. Ich warne vor diesen Statistiken. Das Zusammenfallen zweier Ereignisse bedeutet *nicht*, dass eine Ursache-Wirkungs-Beziehung vorliegt.

      Zur eigentlichen Frage: Ich finde nicht, dass das Wolga-Gambit ein scharfes Spiel nach sich zieht. Das Bauernopfer ist strategischer Natur, a- und b-Linie sowie die starke Diagonale a1-h8 mit den Schnittpunkte a1 und b2 sind der Preis für den Bauern. Aber das ist kein Gambit wie ein Königsgambit, bei dem nach ein paar Zügen das Brett in Flammen steht und der Fokus auf taktischen Möglichkeiten liegt. Wenn Du scharfes Spiel suchst, würde ich mal den Grünfeld-Inder anschauen. Da öffnen sich nach c5 schnell mehrere Linien und Diagonalen, es gibt Varianten mit Qualitätsopfer und das kann schon ein sehr scharfer Kampf werden. Für Weiß ist es nciht ganz einfach, das Spiel geschlossen zu halten.
    • Wolgagambit: Firouzjas tiefgründiger Plan

      Der FTX Crypto Cup endete vor wenigen Tagen mit einem Sieg von Magnus Carlsen in einem dramatischen Finale gegen Wesley So. Carlsen bekam dafür nicht nur 60.000 $, sondern auch 0,6 Bitcoins in seine Wallet eingebucht. Damit allein dürfte die Altersvorsorge gesichert sein.

      Einer der Teilnehmer war der 18-jährige Alireza Firouzja. Dieser spielt nicht mehr für sein Heimatland Iran, weil dies seinen Sportlern (also auch den Schachspielern) verbietet, zu Partien gegen israelische Spieler anzutreten. Derzeit spielt er unter der Flagge der FIDE, aber ein Wechsel nach Frankreich oder in die USA ist wohl geplant. Hier ein SPIEGEL-Bericht aus dem Dezember 2019: Alireza Firouzja, Irans größtes Schachtalent, spielt nicht mehr für sein Land

      Beim Krypto-Cup kam Firouzja nicht über die Vorrunde hinaus, aber es gelang ihm ein sehenswerter Sieg gegen Hikaru Nakamura - und zwar mit Schwarz im Wolgagambit. Bemerkenswert an dieser Partie ist, daß der Wolgabauer auf a6 erst im 12. Zug (!) geschlagen wird, aber nicht wie üblich vom Läufer, sondern von der schwarzen Dame. Das ist allem Anschein nach ein sehr tiefgründiger Plan von Firouzja, den wir vielleicht demnächst öfter in Wolgapartien sehen werden.


      Nakamura, Hikaru (2736) - Firouzja, Alireza (2759)
      FTX Crypto Cup, Vorrunde 13, 25.5.2021



      Eine überragende Partie von Firouzja, dessen Eröffnungsbehandlung sicher Nachahmer finden wird. Erstaunlicherweise ist diese Perle bisher weder von Daniel King noch von anderen Kommentatoren / Streamern entdeckt worden.

      Die aktuellste DVD zum Wolgagambit ist übrigens "The Benko Gambit explained" von GM Ervin L'Ami. Die habe ich mir von meinem Chessbase-Gutschein gegönnt, den ich beim Schnellturnier "Bremen Helau" gewonnen hatte. Wie alle DVDs von Ervin L'Ami uneingeschränkt empfehlenswert.
    • Coole Ausarbeitungen von Schroeder, vielen Dank dafür!
      Aber zur Ausgangsfrage nach einer scharfen Eröffnungswahl für Schwarz: Die Kompensation für Schwarz im Benkö sind die Diagonale a1-h8 und die Linien a und b, aber nicht unbedingt forcierte taktische Varianten. Wenn Du die Schärfe suchst, guck Dir mal Königsinder, Grünfeld oder Benoni an.
    • Wolgagambit: 5.-g6 und 6.-Lg7 (Firouzja-Variante)

      Alireza Firouzja wiederholte heute seine Variante, bei der er auf das Rückschlagen des Wolgabauern a6 verzichtet, und zeigte, daß er auch auf den prinzipiellen Zug 7.e4 bestens präpariert ist. Das Resultat: Nach nur 9 Zügen (!) war die weiße Stellung aufgabereif.

      Gukesh D (2578) - Firouzja, Alireza (2759)
      Goldmoney Asian Rapid, Prelims, 8. Runde, 27.6.2021

    • Wolgagambit mit 5.Sc3 (Saizew-Variante)

      In den 1970er Jahren wurde die Saizew-Variante 5.Sc3 gegen das Wolgagambit recht populär. Weiß gibt den Gambitbauern sofort zurück und installiert im Gegenzug einen Springer auf b5, der für einige Unruhe im schwarzen Lager sorgt. Die Variante hält einige Fallen für den Nachziehenden bereit und erfordert präzise Kenntnis der Zugfolge. Eine der beiden wichtigsten Eröffnungsneuerungen des Jahres 1975 (laut einer Großmeisterjury) wurde im Zonenturnier in Vilnius in eben dieser Variante gespielt:

      Tseshkovsky, Vitaly (2555) - Alburt, Lev (2420)
      Zonenturnier Vilnius, 9. Runde, 1975



      Ginger GM erläutert auf unterhaltsame Art (mit kleinen Anekdoten aus britischen Pubs) die Feinheiten dieser Partie:

    • Wolgagambit, Saizew-Variante mit 8.Lc4 (Nescafé-Frappe-Angriff)

      Anna Cramling, die Tochter von GM Pia Cramling und GM Juan Manuel Bellon Lopez, schwört auf den Zug 8.Lc4 in der Saizew-Variante - den sogenannten Nescafé-Frappe-Angriff. Darüber hat sie mehrere Videos gemacht. Hier ein recht aktuelles:



      In der folgenden Partie demonstriert sie einen der teuflischen Fallstricke, die den Schwarzen in dieser Variante erwarten:

      Anna Cramling (2057) - NN (2300)
      Stockholm, 8.12.2021



      In der Folge verwertet Anna Cramling den Vorteil in großem Stil. Wie man sieht, wird in Stockholmer Restaurants Schach auf sehr hohem Niveau gespielt.

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    • Wolgagambit: Klassische Hauptvariante

      In der letzten Runde des Hamburger Osteropen kam es zu einem Bruderkampf. Die beiden Brüder Ashot (Jahrgang 2001, SK Doppelbauer Kiel) und Alfred (Jahrgang 1996, SK Norderstedt) Parvanyan trafen aufeinander. Beide hatten zu diesem Zeitpunkt 5 Punkte aus 6 Partien, und es war klar, daß nur der Sieger dieser Partie eine Chance haben würde, den mit einem halben Punkt Vorsprung führenden FM Tom-Frederik Woelk einzuholen - vorausgesetzt, daß dieser gegen IM Frank Bracker nicht über ein Remis hinauskommt. In dieser spannungsgeladenen Situation führten die Brüder ein Theorieduell in der "klassischen Hauptvariante" des Wolgagambits.

      IM Parvanyan, Ashot (2429) - Parvanyan, Alfred (2125)
      HSK Osteropen, Hamburg, 7. Runde, 10.4.2023



      Eine sehr starke Demonstation der weißen Möglichkeiten im Wolgagambit! Die Partie zeigt, wie leicht Schwarz in der klassischen Hauptvariante in eine vollkommen trostlose Stellung geraten kann - auch wenn er wie hier kaum erkennbare Fehler macht.

      Die Partie FM Woelk - IM Bracker am Nachbarbrett endete remis, und damit waren Ashot Parvanyan und Tom-Frederik Woelk punktgleich mit 6 aus 7. So mußte die Buchholz-Wertung die Entscheidung über den Turniersieg liefern. Und hier hatte IM Ashot Parvanyan die Nase vorn und wurde somit Sieger des Osteropen.
    • Wolgagambit: 5.-g6 und 6.-Lg7 (Firouzja/Perunovic-Variante)

      IM Miodrag Perunovic ist ein Befürworter des flexiblen Aufbaus mit 5.-g6 und 6.-Lg7, der nach den Erfolgen von Alireza Firouzja (siehe Posting 23 und 25) in den letzten Jahren viele Anhänger gefunden hat. Der Aufbau ist - im Gegensatz zu der traditionellen Wolga-Spielweise mit 5.-Lxa6 - durch zweierlei gekennzeichnet:

      1. Schwarz läßt den Wolgabauern a6 sehr lange am Leben und entscheidet erst sehr spät, mit welcher Figur er ihn schlagen will. Es gibt durchaus Fälle, in denen es sich als günstig erweist, daß der Springer oder die Dame auf a6 nehmen können.

      2. Schwarz beeilt sich nicht mit dem Zug d7-d6 und gestattet dem Weißen so den Vorstoß e4-e5, in der Hoffung, daß Weiß damit seine Front überdehnt.

      Die Hauptvariante, zu der Perunovic viele Analysen und Partiebeispiele liefert, sieht so aus:





      Perunovic stellt in seinem Video unter anderem die Partien von Firouzja vor, spricht dabei aber von Perunovic-Variante, wobei er diese Bezeichnung nicht auf sich selbst, sondern auf den serbischen GM Milos Perunovic bezieht, der diesen Aufbau schon seit 2013 mit neuen Ideen bereichert hat und mit Erfolg spielt. Es hat also durchaus eine gewisse Berechtigung, diese Variante nach Perunovic zu benennen.


    • verzögertes Wolgagambit

      In der Original-Zugfolge des Wolgagambits (1.d4 Sf6 2.c4 c5 3.d5 b5) erfolgt das Bauernopfer b7-b5 schon im dritten Zug. Es gibt jedoch viele Fälle, in denen dieser Zug erst später aufs Brett kommt.

      In der 4. Runde der Oberliga Ost (Staffel A) traf der Tabellenführer Eiche Reichenbrand auf das abstiegsgefährdete Team der SG leipzig II. Am Spitzenbrett brachte der als "Fritzi" bekannte Youtuber Marvin Henning dieses verzögerte Wolgagambit aufs Brett.

      IM Bures, Jaroslav (2415) - Henning, Marvin (2091)
      Oberliga Ost A, 4. Runde, 13.1.2024
      SV Eiche Reichenbrand - SG Leipzig II, Brett 1