Aron Nimzowitsch zum Gedächtnis

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    • Aron Nimzowitsch zum Gedächtnis

      Am 16. März 1935 verstarb in Kopenhagen Aron Nimzowitsch, ein enorm wirkmächtiger Schachtheoretiker, der in den 1920er Jahren zur Weltspitze zählte. Nimzowitsch wurde 1886 im lettischen Riga geboren und zog zum Studium nach Berlin, wo von ihm die Mär ging, er spiele Philosophie und studiere Schach. Nach seinem Sieg beim Turnier in Karlsbad 1929, wo er José Raul Capablanca, Efim Bogoljubow und Max Euwe auf die Plätze verwies, konnte er sich als legitimen Herausforderer des amtierenden Weltmeisters Alexander Aljechin betrachten. Allerdings gebrach es ihm an diplomatischem Geschick, um die notwendige Börse für ein Match aufzutreiben. Nimzowitsch lebte von 1920 an in Skandinavien, zunächst in Schweden, später in Dänemark; seinen Lebensunterhalt bestritt er, neben der Teilnahme an Turnieren, durch Simultanauftritte und Vorträge vor Amateuren. Nimzowitsch propagierte neben Richard Réti, Savielly Tartakower und Gyula Breyer die so genannten hypermodernen Ideen, die in den 1920er Jahren das Schach vom Kopf auf die Füße stellten: Es war nicht mehr entscheidend, wo die Figuren standen, sondern wie sie wirkten; es galt nicht länger als erstrebenswert, das Zentrum sofort mit Bauern zu besetzen, sondern es von den Flanken her zu kontrollieren; Raumvorteil des Gegners wurde zugelassen, solange die eigene Bauernstruktur intakt blieb. Nimzowitsch lieferte sich um diese Fragen bereits 1913 in der „Wiener Schachzeitung“ einen erbitterten Streit mit Siegbert Tarrasch, der seinerseits Nimzowitsch eine „Vorliebe für hässliche Eröffnungszüge“ bescheinigte. Der von überhöhtem Sendungsbewusstsein beseelte Nimzowitsch nannte sein 1925 erschienenes Hauptwerk schlicht „Mein System“, ein in Teilen überholter, aber auch dank des feinen Tons der Selbstironie weiterhin lesenswerter Klassiker der Schachliteratur. Seine Gedanken haben die Entwicklung der Eröffnungstheorie nachhaltig beeinflusst, am prominentesten in der Nimzowitsch-Indischen Verteidigung (1. d4 Sf6, 2. c4 e6, 3. Sc3 Lb4).

      Zur Illustration der zentralen Theoreme Aron Nimzowitschs – Blockade, Hemmung, Prophylaxe, Überdeckung – sein Sieg über Paul Johner, Dresden 1926, bei dem Weiß bei vollem Brett unweigerlich in Zugzwang gerät:

      chessgames.com/perl/chessgame?gid=1007465
    • HAllo Läuferin:



      Ich finde Deine kleinen Hinweise an noch lebende oder verblichene Schachgrößen eine richtige Freude hier im Forum. Hatte mich immer schon gewundert, seitdem ich diese Seite kenne, dass so was gar nicht vorkommt auf einer Schachseite. Sehr schön und einen



      lieben Gruß

      Lottelenia
      Es war einmal ein Schiff,Befuhr die Meere alle Zeit,und unser Schiff, es hieß die Goldne Nichtigkeit.
    • Danke @Schroeder für diesen genialen Link!

      Viel schon habe ich ÜBER diesen "Disput" gehört und gelesen - diesen jetzt selbst studieren zu können, finde ich grandios!
      Die zugehörende Seite bietet ausserdem noch weitere Kostbarkeiten - z.B. den Onlineinhalt des Meilensteins "Mein System" der Schachliteratur.
    • Der Ursprung des Nimzowitsch-Tarrasch-Konfliktes

      Die Ausgabe 26 der Zeitschrift Kaissiber enthält einen 6-seitigen Artikel von Peter Anderberg mit dem Titel "Neues zum Nimzowitsch-Tarrasch-Konflikt". Der Artikel enthält u.a. interessante Erkenntnisse zum Ursprung des Konfliktes:

      Anläßlich einer gemeinsamen Analyse seiner Partie gegen Hilse aus dem Coburger Hauptturnier 1904 erkannte Nimzowitsch in Tarrasch einen Widersacher, dessen dogmatischer Spielauffassung er fortan entgegenzutreten bestrebt war. Zwei Monate später spielten beide im Nürnberger Schachklub eine freie Partie. Obwohl die Partie einen privaten Charakter hatte, fand sie vor einem großen Kreis von Zuschauern statt.

      Nimzowitsch wählte eine ungewöhnliche Eröffnung, nach der Tarrasch plötzlich sagte: "Noch nie in meinem Leben stand ich nach dem 10. Zuge so gewaltig auf Gewinn wie in diesem Fall." Das empfand Nimzowitsch als Beleidigung, welche er Tarrasch lange nicht verzeihen konnte. Gleichwohl endete die Partie remis. Ohne Nimzowitschs Wissen wurde die Partie bald darauf in den Münchner Neuesten Nachrichten veröffentlich, was Tarrasch fast als Verbrechen ansah. Besser als Tarrasch zu spielen, ihn als "Erbfeind" vom Sockel zu stürzen, um ihn zu bestrafen, das war fortan für Nimzowitsch der Antrieb, ohne den er niemals wirklich Schach spielen gelernt hätte.


      Tarrasch, Siegbert - Nimzowitsch, Aaron
      Nürnberg 1904



      Die Partie findet sich in der Megabase mit ausführlichen Originalkommentaren von Rudolf Spielmann aus den Münchner Neuesten Nachrichten vom 6. November 1904.