Der beste Torwart im Schach

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    • Der beste Torwart im Schach

      Geboren am 17. Juni 1929 im kaukasischen Tiflis, von 1963 bis 69 der neunte Weltmeister im Schach, zählt Tigran Petrosian zu den tendenziell unterschätzten Spielern der Schachgeschichte. Das liegt sicher an seinem friedfertigen Habitus am Brett und seiner übergroßen Bereitschaft, kurze farblose Remisen anzusteuern. Allerdings geht vor diesem Hintergrund seine phänomenale Verteidigungsfähigkeit unter, die in seinen besten Jahren jede seiner seltenen Verlustpartien zur Sensation machte und ihm den sprechenden Beinamen „Bester Torwart im Schach“ einbrachte. Petrosian wurde als Jugendlicher zum Vollwaisen und musste früh für seinen Lebensunterhalt sorgen. Das Schachspiel lernte er erst mit zwölf Jahren, machte jedoch rasch Fortschritte. Zu den prägenden Einflüssen zählten die Partien José Raoul Capablancas und Aron Nimzowitschs, deren positionelles Spiel Petrosian später vervollkommnen sollte, ergänzt um ein ausgeprägtes Gefühl für Gefahren und deren Abwehr bereits im Entstehen. Der vormalige Weltmeister Max Euwe charakterisierte seinen Stil wie folgt: „Petrosian ist kein Tiger, der sich auf seine Beute stürzt, sondern eher eine Python, die ihr Opfer würgt oder ein Krokodil, das Stunden auf den geeigneten Moment wartet, um den entscheidenden Schlag anzubringen.“ Mit 20 Jahren ging Petrosian nach Moskau, um dort seine viel versprechende Karriere zu starten. Hier lernte er seine spätere Frau Rona kennen, die ihn zu konzentriertem Arbeiten am Schach nötigte und ihn resolut drängte, nach der WK-Krone zu greifen. 1952 erhielt er den Großmeistertitel, in der Weltspitze etablierte er sich beim WM-Kandidatenturnier in Zürich 1953, das er als Fünfter abschloss. Das sagenumwobene letzte Kandidatenturnier auf der niederländischen Antilleninsel Curacao 1962 gewann er ohne eine Niederlage. Der bei diesem Anlass gescheiterte Robert James Fischer warf den „Russians“ Tigran Petrosian, Efim Geller und Paul Keres vor, untereinander schale Remisen geschoben zu haben, um gegen ihn mit aller Kraft spielen zu können. Petrosian holte beim WM-Kampf gegen Mikhail Botwinnik in Moskau 1963 den Titel, verteidigte ihn 1966 gegen Boris Spasski und verlor ihn 1969 gegen eben jenen. Nach der Katastrophe im Kandidatenzyklus 1971 gegen Robert James Fischer war Petrosian der einzige sowjetische Spieler, der keine Sanktionen der Partei zu erleiden hatte – angeblich wegen bester Beziehungen seiner Frau in die höchsten Ränge der politischen Führung. Petrosian leitete ein Jahrzehnt das populäre Schachmagazin „64“, holte viermal den Landesmeistertitel der UdSSR und vertrat die Sowjetunion bei zehn Schacholympiaden. 1984, bereits schwer krebskrank, sekundierte er Garri Kasparow bei dessen Vorbereitung auf das (erste) Titelmatch gegen Anatoli Karpow. Am 13. August 1984 starb Tigran Petrosian in Moskau. Ein System der Damenindischen Verteidigung mit ausgesprochen prophylaktischem Charakter (1. d4 Sf6, 2. c4 e6, 3. Sf3 b6, 4. a3) trägt seinen Namen. In Armenien wird er als Nationalheld verehrt.

      Die zitierte Partie gegen Vlastimil Hort, Mannschaftseuropameisterschaft Kapfenberg 1970, präsentiert mit einem positionellen Qualitätsopfer und der souverän-verspielten Handhabung der Springer gleich zwei Markenzeichen Tigran Petrosians.

      chessgames.com/perl/chessgame?gid=1057392
    • Daß Petrosian auch ein exzellenter Angriffsspieler war, wenn die Situation auf dem Brett es erforderte, wird in der von Andrew Martin hier kommentierten Partie Petrosian - Stean (Moskau 1975) deutlich.


      1-0

      Ich glaube, es gibt nicht viele Spieler, die die Kaltblütigkeit haben, einen Zug wie 15.0-0-0! zu spielen.

      ... und hier noch ein Filmausschnitt aus dem 1963er WM-Kampf gegen Botwinnik: Petrosian-Botvinnik championship 1963 live film footage

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von Schroeder ()