Französisch: Winawer-Variante

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    • Französisch: Winawer-Variante mit 7.Dg4 cxd4

      Bei der Europameisterschaft in Skopje wurde hart um die 23 Plätze gekämpft, die zur Teilnahme am nächsten FIDE Weltcup berechtigen. Sieger wurde der Russe Artemiev mit 8,5 Punkten aus 11 Partien. de.chessbase.com/post/vladisla…winnt-europameisterschaft

      Nur 2 deutschen Spielern gelang es, einen der begehrten Qualifikationsplätze zu belegen: Liviu-Dieter Nisipeanu und Niclas Huschenbeth. Beide kamen auf hervorragende 8 Punkte aus 11 Partien und belegten damit Platz 7 bzw. 9. Niclas hat einige seiner Partien aus Skopje in Videos kommentiert. Den Anfang macht seine Partie aus der 4. Runde gegen einen israelischen IM, die eröffnungstheoretische Bedeutung für die "Leben-und-Tod-Variante" hat:

      GM Huschenbeth, Niclas (2594) - IM Flom, Gabriel (2457)
      20. Europameisterschaft, Skopje, 4. Runde, 21.3.2019



      Hier der Kommentar von Niclas:

    • Ich schwanke im Winawer Franzosen derzeit noch ein wenig zwischen dem "echten" Winkelmann-Reimer Gambit



      und der anderen Variante mit Dg4



      Die Crux beim klassischen Gambit mit f3 ist natürlich, dass schwarz, wenn er sich ein wenig auskennt, in der Regel NICHT auf f3 schlägt. Würde er das immer tun, wäre die Entscheidung für mich sehr leicht zu treffen.
      Leider gibt es aber eben Züge wie 6...c5 oder das fast noch unangenehmere 6...b6!. Die ständige Gefahr, wenn man selbst auf e4 zurücknimmt, eines gefährlichen Damenschachs auf h4 lassen selbst mich, der für praktische Chancen und scharfe Stellungen gerne bereit ist, auch mal leicht schlechtere Stellungen zu riskieren, am "echten" WRG zweifeln. Sind diese Zweifel übertrieben, oder sollte ich wirklich was anderes gegen Winawer spielen? 6.Dg4 wäre eine Alternative oder, bereits im vierten Zug, das nicht so schlechte 4.Sge2.
      Ich wäre dankbar um die Meinung einiger französisch-Spezialisten.
    • Die Antwort einer Französisch-Spezialistin vermag ich nicht zu geben, wohl aber eine einer Französisch-Liebhaberin (mit Schwarz). Ich freue mich, wenn Weiß nicht im dritten Zug auf d5 abtauscht, sondern mit 3. Sc3 die Winawer-Variante nach 3. ..Lb4 zulässt. Mit diesem Zug kämpft Schwarz von Beginn an um eigene Initiative und nimmt eine Schwächung der eigenen schwarzen Felder in Kauf, um am Damenflügel zu spielen. Zöge Weiß 4. a3, setzte ich im Geiste der Variante mit 4. ..Lxc3 fort, ohne danach den Bauern auf e4 zu nehmen. Ich halte dann 5. ..Se7 für eine gute Fortsetzung, um 6.e5 zu provozieren und durch Zugumstellung in der Hauptlinie der Winawer-Variante zu landen (6. ..c5 7. Dg4 Dc7).

      John Watson gibt in seinem Buch Play the French (4. Auflage, London 2012, Everyman Chess) folgende Antworten auf Deine Fragen unter Beitrag 22:

      Nach 6. f3 (Winckelmann-Reimer-Gambit) hält er 6. ..c5 für Schwarz für spielbar, sieht aber zu viele Optionen danach für Weiß und setzt daher auf 6. ..Sd7 oder auch 6. ..e5. Im ersten Fall (6. ..Sd7) könnte es wie folgt weitergehen: 7. Sh3 Sgf6 8. fxe4 Sxe4 9. Dg4 Sdf6 10. Dh4 - das Schlagen auf g7 führte zu einem wachsenden Entwicklungsvorsprung für Schwarz. Im zweiten Fall (6. ..e5) gibt Watson folgende Haupt-Fortsetzung an: 7. Le3 Sc6 8. Lb5 Ld7 9. d5 Sce7 10. Lxd7+ Dxd7, wonach Weiß mit beschädigter Bauernstruktur ohne Entwicklung nichts erreicht hätte.

      Die Tabiya nach 6. Dg4 Sf6 7. Dxg7 Tg8 8. Dh6 kommentiert Watson wie folgt: Die komplexe Position begünstigt die weißen Läufer im Spiel gegen die schwarzen Schwächen auf den dunklen Feldern, Schwwarz hingegen ist besser entwickelt, spielt auf den hellen Feldern und kann die weißen Bauernschwächen eher ausnutzen (fast schon eine prinzipielle Interpretation der ganzen Winawer-Idee, Läuferin). Watson empfiehlt 8. ..c5 mit folgender möglicher Fortsetzung: 9. Se2 Ld7 10. Lg5 Tg6 11. Dh4 Lc6 12. d5 exd5 13. Sf4 Txg5 14. Dxg5 Sbd7 15. Le2 Da5. Diese Stellung bewertet er so: Schwarz hat einen Bauern für die Qualität, ein mächtiges Zentrum und gute Aussichten, von des Weißen Bauernschwächen zu profitieren. Das reicht für Ausgleich, aber nicht für mehr, da die aktiven weißen Figuren die Balance halten.

      Viel Vergnügen und Erfolg bei den Versuchen, diese scharfe Eröffnung am Brett mit Weiß zu probieren!
    • tom_turbo schrieb:

      ...selbst mich, der für praktische Chancen und scharfe Stellungen gerne bereit ist, auch mal leicht schlechtere Stellungen zu riskieren....

      ....6.Dg4 wäre eine Alternative ....

      Hallo Turbo-Tommy ;)


      ich spiele kein Französisch, habe aber auch mal ein bissel geblättert für Dich.

      Mit 4. Dg4 hatte Alexander Aljechin bei der WM 1935 Max Euwe überrascht.
      Laut Paul Keres führt dies zu äußerst verwickelten Varianten.Er räumt aber ein, dass diese Variante positionell kaum begründet ist und nur bei Fehlern von Schwarz erfolgreich ist.

      Aljechin - Euwe
      WM (Runde 9) ,1935

      1:0




      Gruß
      dangerzone
    • Französisch: Winawer-Variante mit 6.-Da5 7. Ld2 Da4

      In Posting 21 wurde der (in meinen Augen fragwürdige) schwarze Aufbau mit 6.-Da5 / 7.-Da4 diskutiert. Dort war in der Partie Caruana - Lenderman zu sehen, daß Schwarz eine Öffnung des Zentrums mit cxd4 tunlichst vermeiden sollte, weil das zu einer schnellen Katastrophe führen kann. Aber auch wenn Schwarz das Zentrum mit c5-c4 abschließt, ist er seiner Sorgen nicht ledig. Das zeigte FM Marco Dobrikov vom SV Hockenheim heute in der 3. Runde der badischen Meisterschaft auf überzeugende Weise:

      FM Dobrikov, Marco (2269) - FM Buecker, Stefan (2290)
      91. Badische Meisterschaft, Niefern, 3. Runde, 26.7.2019

    • Beim FIDE Worldcup in Khanty-Mansiysk schaltete Niclas Huschenbeth in der ersten Runde den ehemaligen deutschen Spitzenspieler Arkadij Naiditsch, der seit einigen Jahren unter aserbeidschanischer Flagge antritt, auf sehr überzeugende Art und Weise mit 2 : 0 aus. Mittlerweile hat er die erste Partie kommentiert, in der er sich von Alpha Zero und Jorden van Foreest inspirieren ließ:

      Huschenbeth, Niclas (2620) - Naiditsch, Arkadij (2643)
      Khanty-Mansiysk FIDE World Cup, 1. Runde, 10.9.2019




    • Französisch: Winawer-Variante mit 7.h4

      Ian Nepomniachtchi - hauptberuflich Najdorf-Spieler - griff beim Kandidatenturnier überraschenderweise als Schwarzer gleich zweimal zur Winawer-Variante. In der dritten Runde reichte es gegen Alekseenko zu einem Remis - da konnte Nepo vielleicht noch auf den Überraschungseffekt verweisen. Aber in der so wichtigen 7. Runde (der letzten vor Abbruch des Turnieres) gegen seinen direkten Konkurrenten wiederholte er diese strategisch riskante Variante und wurde von MVL, der jetzt natürlich bestens vorbereitet war, streng bestraft:

      Vachier-Lagrave, Maxime (2767) - Nepomniachtchi, Ian (2774)
      Kandidatenrurnier Jekaterinenburg, 7. Runde, 25.3.2020



      Damit hat MVL mit Nepo gleichgezogen. Beide haben mit 4,5 aus 7 einen Punkt Vorsprung vor dem Verfolgerfeld. Bleibt zu hoffen, daß das Turnier noch in diesem Jahr fortgesetzt werden kann.

      Diverse Kommentatoren (Huschenbeth, Souleidis, agadmator etc.) haben sich mit dieser Partie beschäftigt. Am besten gefällt mir die Analyse von Daniel King:

    • Auch beim Magnus Carlsen Invitational beharrt Ian Nepomniachtchi in seinen Schwarzpartien auf der Winawer-Variante. Und seine Gegner beharren darauf, ihn dafür zu bestrafen. In der 4. Runde wurde die Strafe exekutiert von Hikaru Nakamura. Und das tat er mittels der modernen Behandlung mit 10.Dd3, die in Posting 28 gezeigt wurde.

      Nakamura, Hikaru (2829) - Nepomniachtchi, Ian (2778)
      MCI, 4. Runde, 25.4.2020



      Partieanalyse von Klaus Besenthal: Magnus Carlsen Invitational: Nakamura Zweiter - erster Punkt für Giri

      Und hier betrachtet GM Pascal Charbonneau die Partie:

    • Eine hier im Thread bereits angesprochene Möglichkeit, den scharfen Hauptvarianten aus der Winawer Variante aus dem Weg zu gehen besteht in der verzögerten Abtauschvariante, in der Weiß im 4. Zug exd5 spielt. Gerade in niedrigen Eloklassen (wie zum Beispiel meiner) dürfte diese Variante häufig auf das Brett kommen und man sollte sich daher als Französisch-Spieler gut darin auskennen. Allerdings ist 4. exd5 auch auf Topniveau der am zweithäufigsten gespielte Zug.

      Eine Musterpartie mit Weiß zeigte Magnus Carlsen 2012 in Bilbao, als er den Spanier Francisco Vallejo-Pons vom Brett fegte und die französische Verteidigung "demontierte". Diese Partie hatte Schroeder bereits in Beitrag #6 mit entsprechenden Links zur Partieanalyse hervorgehoben.

      Aber auch aktuell wird die verzögerte Abtauschvariante noch angewendet, so spielte zum Beispiel Pentala Harikrishna allein im Jahr 2019 drei Partien mit Weiß in dieser Variante. In einer davon gewann er in überzeugender Manier gegen Richard Rapport.

      Harikrishna, Pentala (2723) - Rapport, Richard (2726)
      3rd Du Te Cup, Shenzhen, 17.04.2019



      Ich persönlich werde mir diese interessante Variante aufjedenfall weiter vertieft anschauen, um sie sowohl auf weißer Seite anzuwenden als auch auf schwarzer Seite dagegen gewappnet zu sein.

      Beste Grüße

      MailChess
    • Französisch: Winawer-Variante mit 6.-Da5 7. Ld2 Da4

      In Posting 21 und 27 habe ich zwei Partien gezeigt zu der Variante 6.-Da5 7.Ld2 Da4, in der Schwarz seine Dame als Blockadefigur am Damenflügel einsetzt, und die vor allem im Amateurbereich recht beliebt ist. Beim Anschauen der 8. Runde des German Masters (Sieger: GM Luis Engel) war ich sehr überrascht, daß GM Georg Meier, dessen Leib- und Magenvariante die solide Rubinsteinvariante ist, sich ebanfalls dieser Verteidigung bediente. Da war ich natürlich sehr gespannt und habe mir die Partie genauer angesehen:


      GM Kollars, Dmitrij (2607) - GM Meier, Georg (2628)
      German Masters, Magdeburg, 8. Runde, 30.7.2021



      Eine Partie, die die Risiken und Nebenwirkungen dieser Variante sehr gut demonstriert. Jeder, der das mit Weiß oder Schwarz spielen will, sollte sich die Partie unbedingt in seine Repertoiredatei aufnehmen.
    • Französisch: Winawer/Warschauer Variante

      In Posting 9 bis 11 wurde die Warschauer Variante (7.-0-0) erwähnt, bei der Schwarz "in den weißen Angriff hinein" rochiert. Die Variante war am vergangenen Wochenende beim letzten Spieltag der Bundesliga auf dem Brett. Der Eröffnungsexperte Rustam Kasimdzhanov erreichte als Weißer schnell großen Vorteil und beendete die Partie mit einer sehenswerten Königstreibjagd.


      Kasimdzhanov, Rustam (2670) - Dgebuadze, Alexandre (2430)
      Bundesliga, 15. Runde, Viernheim, 30.4.2023
      OSG Baden-Baden - SC Remagen Sinzig, Brett 2



      Oliver Reeh und Andre Schulz zeigen diese Partie in der heutigen Ausgabe von TV Chessbase:

    • Französisch: Winawer-Variante mit 4.Sge2 (Aljechin-Maroczy-Gambit)

      In Posting 18 hat @tom_turbo die Gambitfortsetzung 4.Sge2 vorgestellt. Die wurde zuerst in der Partie Maroczy - Seitz, Gyor 1924 und später auch in mehreren Partien von Alexander Aljechin gespielt und firmiert deshalb unter der Bezeichnung Aljechin-Maroczy-Gambit.

      Sie ist die Empfehlung des großen Griechen in seinem 1.e4-Weißrepertoire, der damit in der letzten Woche beim Titled Tuesday erfolgreich war:

      IM Souleidis, Georgios (2414) - GM Rustemov, Alexander (2525)
      Titled Tue (Early), 5. Runde, 16.1.2024



      Der große Grieche demonstriert hier lehrbuchmäßig die Verwertung der überlegenen Leichtfigur im Endspiel. Er kommentiert die Partie und berichtet auch von einem unschönen Nachspiel, das diese Partie hatte:

      Dieser Beitrag wurde bereits 3 mal editiert, zuletzt von Schroeder ()

    • Aljechin-Maroczy-Gambit: Ablehnung mit 4.-Sf6

      TBG hat natürlich auch die folgende Partie, die gestern im Tata Steel Challengers in Wijk aan Zee gespielt wurde, unter die Lupe genommen.

      Eline Roebers wurde vom dem Aljechin-Maroczy-Gambit ihrer Gegnerin Divya Deshmukh offenbar überrascht und entschied sich für die Ablehnung mit 4.-Sf6. Damit vermied sie möglicherweise vorbereitete Varianten, aber objektiv ist das weniger gut und führt zu einem für Weiß recht attraktiven Stellungstyp. In der Folge gelang ihrer indischen Gegnerin eine Glanzpartie!

      IM Divya Deshmukh (2420) - IM Roebers, Eline (2381)
      Tata Steel Challengers, Wijk aan Zee, 8. Runde, 21.1.2024