WM 2013: Kandidatenturnier in London

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    • Bin mir recht sicher, dass es noch ca. 5 Züge waren bei 11 Sekunden bis zur 1. Zeitkontrolle wohlgemerkt und dann noch ca. 2 Züge bei 4 Sekunden, wie Du geschrieben hattest. Die Stellung wurde allgemein allerdings als verloren bezeichnet, das ist richtig.

      Es wurde gesagt, entweder ihm geht die Zeit aus - oder er verliert es so oder so eben später...
    • Wenngleich das Turnier nur der Ermittlung des Herausforders diente, zeigte es uns doch die stärksten Spieler der Welt, mit Ausnahme des Weltmeisters. Für mich ein großer Fortschritt von dem remislastigen Ausscheidungssystem zum Rundenturnier. Beide Systeme bieten gewisse Vorzüge, die Spannung aber ist beim Rundenturnier höher. Trotzdem möchte ich das Match nicht wissen.

      Das Turnier hat auch gezeigt, dass sie Weltspitzze sehr dicht beieinander ist, denn selbst Carlsen und Kramnik mussten Niederlagen hinnehmen. Carlsen ist nun der verdiente Herausforderer, der als Favorit gestartet ist und in der letzten Runde mit etwas Glück das Turnier gewonnen hat. Überraschend für mich war die sehr gute Leistung Kramniks. Mit nur einer Niederlage erwies er sich als sehr stabil und wäre ebenfalls ein verdienter Herausforderer. Kramnik hat seinen Platz in der Weltspitzemit der Rückrunde souverän behauptet. Aronjan hatte man im Vorfeld Siegchancen eingeräumt, richtigerweise, wie ich finde. Ihm würde ich auch Chancen zu einer späteren Herausforderung einräumen. Swidler zeigte ebenfalls, dass er vorne mithalten kann – ihn hätte ich nicht auf dem dritten Platz erwartet. Nach diesen ersten vier gint es einen leichten Bruch, Gelfand erzielte –1, was eine erneute Herausforderung nicht gerechtfertigt hätte. Im nachhinein könnte man sagen, dass er 2012 vielleichtnicht der stärkste Spieler war, wenngleich er mit Anand bis ins Tie-Break gefochten hat. Grischuk bleib mit elf Unentschieden etwas farblos, gehört aber ebenfalls zu solchem hochkarätigem Turnier. Radjabov ist wohl der tragische Verlierer mit sieben Niederlagen. Statt seiner hätte ich mir Caruana gewünscht. Zu Iwantschuk kann ich nichts mehr sagen, seine Resultate sprechen für sich, denn wer Carlsen und Kramnik, die beiden Favoriten besiegt, der kann wohl auch Sieger eines soclhen Turnieres sein, aber dann landet er doch weit abgeschlagen im hinteren Feld – tragisch, der Gute!

      Nun kann man sich auf die Weltmeisterschaft freuen. Das March verspricht sehr spannend zu werden, weil zwei sehr vielseitige Spieler aufeinander treffen. Zwölf Partien sind für meinen Geschmack zu wenig, denn bei mehr Partien wäre die Risikobereitschaft und die Experimentierfreude höher. Doch bei diesen faszinierenden Größen sollten trotzdem großartige Partien entstehen!
      Alles ist relativ und paradox.
      Honi soit qui mal y pense.
      Y Ddraig Goch ddyry cychwyn.

      http://chesswiki.ch.funpic.de
    • Rundenbericht deutsch (mit Daniel King's Video): Carlsen verliert letzte Partie und gewinnt London
      Videos: Londoner Zitterpartien
      Rundenbericht englisch (mit von GM Ramirez kommentierten Partien): Candidates R14 – leaders lose, Carlsen qualifies
      Videos: Candidates recap: press conferences, postmortems

      Der Turniersieger am Tage danach: Sightseeing und Interview mit Magnus Carlsen

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    • Es ist also vorbei , eines der größten Turniere der letzten 20 Jahre ist zu Ende.Ich muss sagen , dass ich irgendwie stolz darauf bin Zeitzeuge eines solchen Ereignisses gewesen zu sein.Man hat wahrhaft großes und manchmal für den einfachen Schachspieler nicht mehr verständliches Schach gesehen , es gab Glück und Leid für die Spieler.Meines Erachtens nach fehlt die Dramaturigie in dieser Schachkomposition auch nicht ... Umso mehr möchte ich jemand loben , der versucht hat für den einfachen Schachspieler das Spiel deutlicher zu machen , nämlich IM Laurence Trent , mir scheint irgendwie , dass er hier größtenteils unterschlagen wurde , wo doch eigentlich von Anfang bis Ende mit dabei war , natürlich ist er neben den Legenden , die neben ihm kommentierten ein bisschen in den Hintergrund getreten , aber ich finde , dass er als Anwalt der Patzer , des kleinen Schachspielers ebenso großen Respekt verdient.Natürlich darf man auch nicht die Leute vergessen , die mehr im Hintergrund waren wie z.B. Macauley .Und selbstverständlich sollte man die Helden der Schlacht würdigen , sie haben gekämpft bis zum Ende und faszinierendes Schach geboten.In diesem Sinne möchte ich schließen , vielleicht eins noch : Kann Magnus Carlsen nun auch den Thron des Schachs besteigen ?

      Gruß Chessok
    • War meinerseits erstaunt, obwohl natürlich mein Niveau nicht das Höchste ist - dass ich manchmal gar nicht gecheckt habe, worum es gerade geht auf dem Brett. Wenn Trent und Co, dies dann erklärt haben, wurde es schon klarer, wobei das ständige Hin- und Herzappen in den Stellungen: " Takes, bishop; E5 takes......" Usw. Dies hatte oft mit ser Ausgangsstellung faktisch nichts mehr zu tun und verwirrte mich eher.....Das hat mich eher genervt. Zudem finde ich, hat Trent das Zeug zum Popstar im Schach, weil er sich witzig und zugleich auch sachverständig gezeigt hat. Ganz oft war es in den entscheidenden Situationen allerdings so, dass die Kommentatoren weit danebengelegen haben mit ihren Prognosen, bzw. Selbst trotz minutenlanger Analyse vom Zug der Kandidaten regelrecht überrascht wurden. Es wurde auch ganz wenig geschlagen, lieber hat man sich nochmal 3 mal im Kreis gedreht, was ja z. B. Bei Carlsen dazu führte, dass er gegen Radjabov einen Bauern und die Partie gewinnen konnte. Ich kann aber sagen, es hat meinen Horizont erweitert, dass ich mir das ein paar Mal reingezogen habe.... :)
    • AlBundy schrieb:

      Wenn Trent und Co, dies dann erklärt haben, wurde es schon klarer, wobei das ständige Hin- und Herzappen in den Stellungen: " Takes, bishop; E5 takes......" Usw. Dies hatte oft mit ser Ausgangsstellung faktisch nichts mehr zu tun und verwirrte mich eher.....


      Doch, das "Zappen" war einfach nur ein Durchrechnen verschiedener Möglichkeiten, wie es auch die Spieler in ihren Partien machen. Sie sehen einen Zug, der ihnen gut erscheint und prüfen, ob er auch gut ist oder nicht. Manchmal erkennen sie dann, dass er nicht gut war und springen zur Ausgangsstellung zurück, um nochmal zu überlegen usw..

      AlBundy schrieb:

      Ganz oft war es in den entscheidenden Situationen allerdings so, dass die Kommentatoren weit danebengelegen haben mit ihren Prognosen, bzw. Selbst trotz minutenlanger Analyse vom Zug der Kandidaten regelrecht überrascht wurden.

      Das kann man ihnen nicht übel nehmen, finde ich, wenn selbst hochkonzentrierte 2800-Spieler minutenlang überlegen müssen und teilweise doch nicht den besten Zug finden.
      Wobei es ab und zu sogar der Fall war, dass die Kommentatoren den besseren Zug gefunden haben, die Kandidaten ihn aber nicht gespielt haben. Ich erinnere mich an einige "I'm shocked." von Trent, in den meisten Fällen gingen dem Fehler der Spieler voraus.


      Alles in allem kann ich mich Chessok nur anschließen. Ich hoffe für den WM-Kampf, dass dieselben Kommentatoren verfügbar sind und wir auch Svidler bei ein, zwei Partien als Gastkommentator erleben werden (wie es ihm angeboten wurde, ich glaube, er war einverstanden?). Für mich der sympathischste Teilnehmer, der zudem mit Witz und sehr gutem Englisch punkten kann.

      Carlsen-Anand: Pro Magnus, ich glaube, das wäre gut für den Schachsport.
    • Da hast Du natürlich recht, ich wollte hier nur meine Eindrücke schildern. Svidler ist sehr sympathisch, dennoch hat er z. B. Über Ivanchuck etwas negatives gesagt - es war witzig, aber wohl nicht ganz fair:

      Auf die Frage, wie er mit Ivanchucks Spiel zurechtkäme - sagte Svidler sinngemäss, er habe mal in einem früheren Spiel gegen Ivanchuck nur noch 5 Sekunden für 3 Züge bis zur Zeitkontrolle gehabt und habe dann unter diesem Zeitdruck schlechte Züge gemacht, weil er eine Falle Ivanchucks vermutet habe. Daraufhin habe ihn Kasparow gefragt, was er da gemacht habe und er erzählte ihm von der Falle, die er wohl nicht gesehen habe - aber darauf reagieren wollte. Dann sagte Kasparow, er solle nicht so viel denken, er spiele schliesslich nur gegen Ivanchuck. Dies wurde zwar mit viel Gelächter seitens der Presseleute quitiiert, ist auch witzig, ,man darf aber auch nicht vegessen, dass der Mann einen Tag vorher Carlsen geschlagen hatte.

      Ansonsten finde ich Svidler wäre ein guter Co-Kommentator, aber der Witz auf Ivanchucks Kosten hat mir persönlich nicht so gefallen....
    • Diese Story hast Du meiner Meinung nicht ganz richtig verstanden.
      Der Clou war auch nicht, dass er "nur" gegen Ivanchuk spielen würde. Im Gegenteil ging es eher in die Richtung, dass man
      Ivanchuk nie unterschätzen sollte, denn die Falle geriet zum Eigentor.

      Svidler erzählte von einer früheren Partie in einem anderen Turnier gegen Ivanchuk.
      Svidler hatte nun in hoher Zeitnot Ivanchuks zwei mögliche Züge zur Auswahl.
      Einen guten, der aber keine Optionen für den Gegner ließ (also in den zu verbleibenden Sekunden leicht zu beantworten) und
      einen zweiten Zug, der die Drohung/Falle noch offen ließ.
      Svidler hoffte, dass Ivanchuk mit der verbleibenden Restzeit nicht klarkommen würde und entschied sich für den zweiten Zug.
      Ivanchuk spielte die nächsten Züge trotzdem rasend schnell und gewann die Partie. :D
      Später erzählte Svidler dann Kasparow von der Situation, der völlig verwundert fragte:
      "What trap? You are playing Ivanchuk!"
    • London, eine kleine Rückschau...

      Nach 14 spannenden Runden sind die Herren Carlsen, Kramnik (je 8,5 Punkte), Svidler und Aronian (je 8 Punkte) also gerade mal durch einen halben Zähler getrennt.
      Wenn man die ganzen Partien gesehen hat, weiß man, dass Fortuna dem jungen Norweger ihr schönstes Lächeln gezeigt hat. Er sollte sich glücklich schätzen, denn sehr leicht wäre da auch ein anderes Endergebnis möglich gewesen.
      Allerdings haben wir mit Anand - Carlsen ja nun das Finale bekommen, das die meisten sehen wollten.
      Somit ein kleiner Gruß an die freundliche Glücksgöttin. :thumbup:

      In der letzten Runde gab es sogar das besondere Ereignis, dass beide Kandidaten verloren haben.
      Es hat ihnen offensichtlich nicht gut getan, dass sie nicht wussten, ob ein Remis reicht, oder ein Sieg notwendig ist.
      Wenn man ein Spiel so lange offen halten muss, steigt eben die Chance, dass die Sache nach hinten losgeht.

      Kramnik tut mir etwas leid. Er hat ein blitzsauberes Turnier gespielt, kaum Fehler gemacht und verliert ausgerechnet nur eine, die letzte Partie. Er war für die Eröffnungsphase stets bestens präpariert und hätte auch in der Hinrunde durch sein starkes und mutiges Spiel den einen oder anderen Sieg verdient gehabt.
      Svidler hat in der Tat ein sehr gutes und solides Turnier gespielt und bestach zudem durch sympathisches Auftreten und eloquente Analysen. Dass der Engländer Lawrence Trent (nach eigener Aussage) bei Svidler Schach- und/oder Englisch-Lektionen nehmen würde, sagt wohl alles.
      Aronian zeigte, dass er das Brett jederzeit in Brand setzen kann, hat aber in der Rückrunde ein paar Mal zu sehr überzogen und so seine Chancen für ganz oben eingebüßt.
      Gelfand und Grischuk haben mit je 6,5 Punkten ordentlich abgeschnitten. Mit so vielen Remisen war aber einfach nicht mehr drin als ein Platz im Mittelfeld.
      Ivanchuk war die (!) launische Diva des Turniers! Ein echtes Vergnügen den Mann am Brett zu sehen.
      Er brachte das Kunststück fertig sowohl Carlsen als auch Kramnik nahezu mühelos zu besiegen und erzielte mit 3 aus 4 das beste Resultat gegen die beiden Spitzenreiter. Er hätte insgesamt etwas mehr verdient gehabt, aber fünf Niederlagen auf Zeit und 6 Punkte ergeben eben nur den 7. Platz.
      Eigentlich ist sein "Zeitchaos" überhaupt nicht zu verstehen, denn gerade er als zweitältester Teilnehmer (nach Gelfand) sollte die klassische Bedenkzeit ohne Inkrement noch am besten kennen.
      Letzter wurde Radjabov (4 Punkte), der als einziger auf der ganzen Linie enttäuscht hat. Das hätte wohl keiner geglaubt, dass nach seinem einzigen Sieg noch sieben Niederlagen folgen sollten.

      Eines der, wenn nicht gar das beste Turnier aller Zeiten ist zu Ende gegangen!
      Dass man per Internet die Chance hatte dabei zu sein, oder auch zeitversetzt später alles anzuschauen, war eine ganz hervorragende Sache.
      Natürlich hat da auch der Moderator Lawrence Trent einen guten Anteil. Ich denke, dass er sich als spielstarker IM (mit Elo über 2400) manchmal auch absichtlich etwas bei den Analysen „klein“ gemacht hat. Aber als Stichwortgeber und „Joker“ war er bestens besetzt. Er sagte es ja selbst…

      Short: How on earth should black win, when I put my king on g5??
      Trent: Well, I don’t know. That’s why we brought you in Nigel. Me for the jokes and you for the analysis.


      Unschlagbar trocken, witzig und in den Analysen treffsicher war stets Nigel Short; der ideale Gesprächspartner für Trent.
      Diesen beiden sollen auch die Schlussworte gehören:

      Sie führten eine nette Diskussion, was Großmeister alles nicht können, wie z.B. Auto fahren oder Krawatten binden…
      Trent: There’s 78 ways to tie a tie.
      Short: I think even one is beyond most of these people.

      Short: Lawrence, you can drive cars. You can tie a tie. That’s probably why you are not a grandmaster.
      Trent: No that’s definitely not the reason. But I will be.
      Short: Once you stop losing to these Georgian women, you become a grandmaster.

      (Ein paar Tage zuvor hatte Trent von seiner Niederlage gegen Nana Dzagnidze berichtet.
      Wer diese Partie mal sehen will: chessgames.com/perl/chessgame?gid=1705560 )

      Trent: This knight d4 move is like a punch to the ribs.
      Short (besonders trocken und beiläufig): Or somewhere lower.
    • Das 14-rundige Turnier war enorm kräftezehrend, in den letzten Runden waren die meisten Spieler stehend ko. Im Interview mit Daniel King erzählte Magnus nach Turnierende, daß er in der 13. Runde seine allerletzten Kräfte mobilisieren mußte, um Radjabov niederzuringen. Vorher hatte er (nach der Niederlage gegen Ivanchuk) eine ganze Nacht nicht geschlafen. In der letzten Runde gegen Svidler ging dann nichts mehr. Sightseeing und Interview mit Magnus Carlsen.

      Magnus Carlsen hat in den letzten Jahren fast alle Turniere, an denen er teilgenommen hat, mit einer Eleganz und Dominanz gewonnen, die es in der Schachwelt schon sehr lange nicht mehr in dieser Weise gegeben hat. Wir können deshalb heilfroh sein (und Chucky für seinen Sieg gegen Kramnik danken), daß der weltbeste Spieler nun das Recht auf einen Titelkampf bekommen hat.
    • Die russische Journalistin Marina Makarycheva versteht es, Schachspieler zum Reden zu bringen. Nach dem Kandidatenturnier in London führte sie ein langes Interview mit Vladimir Kramnik, in dem der Ex-Weltmeister über die letzte Runde in London, Carlsen, Anand, den kommenden WM-Kampf, Garry Kasparovs Eröffnungsvorbereitung und seine eigenen Chancen, noch einmal Weltmeister zu werden, sprach. Zum Interview...