Das Seekadettenmatt: Original und Fälschung

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    • Das Seekadettenmatt: Original und Fälschung

      Die "offizielle", von vielen Buchautoren ungeprüft übernommene, Version des Seekadettenmatts sieht so aus:

      Weiß: Legall de Kermeur
      Schwarz: Saint Brie
      Paris, angeblich 1750
      Philidor-Verteidigung [C41]



      Was sich in Wahrheit im Café de la Régence zugetragen hat und in welchem Jahr, das hat der Schachhistoriker Stefan Maaß recherchiert. Dabei hat er herausgefunden, daß bei obiger Zugfolge erheblich getürkt worden ist (ja, auch die Schachszene hat ihre Guttenbergs!) und das tatsächliche Geschehen auf dem Brett weitaus weniger elegant war. Hier ein Interview mit Stephan Maaß, in dem er seine Ergebnisse präsentiert.

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    • Ja, köstlich ist z.B. die folgende Stelle:
      Dabei hätte der hartnäckig kolportierte schwarze Zug 4. … g6 (?!?) doch stutzig machen sollen. Schließlich scheint das Vorrücken des g-Bauern ein Fianchetto des schwarzfeldrigen Lf8 vorzubereiten, aber das wäre ein Motiv, das vielleicht zu den hypermodernen Revoluzzern im 20. Jahrhundert gepasst hätte, nicht jedoch zu den müden Salonlöwen im Rokoko.


      Hier der laut Stephan Maaß historisch korrekte Partieverlauf:

      Weiß: Legall de Kermeur
      Schwarz: Saint Brie
      Paris, wahrscheinlich 1787
      Läuferspiel mit Übergang ins Dreispringerspiel [C46]




      Interessant finde ich die von einem Augenzeugen berichtete Vorgeschichte zum 5. Zug von Weiß, die zeigt, wie abgezockt und mit allen psychologischen Tricks die Jungs schon im 18. Jahrhundert zu Werke gingen. Sir Legall, ein Berufsspieler, der sich mit Zocken im Cafe dé la Régence seinen Lebensunterhalt verdiente, war sich natürlich im Klaren darüber, daß seine beabsichtigte Kombination mit 5.Sxe5 ein Loch hatte (nach der Antwort 5.-Sxe5 anstelle von 5.-Lxd1?? hätte Schwarz einfach eine Figur mehr gehabt). Deshalb berührte er, scheinbar aus Versehen, seinen Springer f3, ließ ihn wieder los und wurde dann von seinem Gegner an die Berührt-geführt-Regel erinnert. Dann führte er den Zug 5.Sxe5 aus, woraufhin sein Gegner ohne großes Nachdenken die Dame schlug.
    • Die Stelle fand ich auch klasse, ja. Sie veranlasste mich allerdings, mal nachzusuchen, wann in der Schachgeschichte zuerst fianchettiert wurde.

      Also Rubinstein, Nimzowitsch, Capablanca (selten) .... haben fianchettiert. Aber findet jemand eine Partie des 19, Jhdts.? Ich war bislang erfolglos.
    • Ich habe exemplarisch mal nach der ersten Spanisch-Partie mit 3.-g6 gesucht und habe folgendes gefunden:

      [Event "Paris"]
      [Site "Paris"]
      [Date "1867.06.18"]
      [Round "?"]
      [White "Loyd, Samuel"]
      [Black "From, Martin Severin"]
      [Result "0-1"]
      [ECO "C60"]
      [PlyCount "80"]
      [EventDate "1867.06.04"]
      [Source "ChessBase"]
      [SourceDate "2001.11.25"]


      0-1

      Es wird mit Sicherheit noch früher gespielte Fianchettos geben als dieses.