Zweispringerspiel im Nachzug/klassische Variante

    Diese Seite verwendet Cookies. Durch die Nutzung unserer Seite erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Cookies setzen. Weitere Informationen

    • Zweispringerspiel: Polerio-Variante mit 6.Lb5+ Ld7

      Anstelle von 6.-c6 kann Schwarz das Läuferschach in der Polerio-Variante auch mit 6.-Ld7 bedienen. Diese Möglichkeit wurde in Posting 25 - 27 angesprochen.
      Oleg Romanishin wird nächstes Jahr 70 Jahre alt, schlägt aber nach wie vor eine scharfe Klinge. Beim Turnier in Sharjah (Vereinigte Arabische Emirate) zeigte er, daß 6.-Ld7 eine ernstzunehmende Alternative zu dem Hauptzug 6.-c6 und in den Händen eines Angriffsspülers eine gefährliche Waffe ist:

      IM Baskin, Robert (2392) - GM Romanishin, Oleg (2403)

      Sharjah Open, 7. Runde, 23.9.2021



      Wie es weiterging, kann man in einem interaktiven von Oliver Reeh erstellten Taktiktest selbst herausfinden: Romanishin, der Romantiker. Wer sich der Herausforderung stellt, den erwarten herrliche taktische Motive und eine Königstreibjagd nach a5, wo der weiße König mattiert wird.
    • Zweispringerspiel: Polerio-Variante mit 8.Ld3 Sd5 9.Sf3

      In Posting 39 wurde die im November 2019 gespielte Bundesligapartie IM Norbert Coenen - GM Rainer Buhmann gezeigt, in der Schwarz in der Polerio-Variante mit einem zweiten Bauernopfer einen starken Angriff entfachte. Dieselbe Variante war vorgestern - also zweieinhalb Jahre später - wieder in der Bundesliga auf dem Brett. Der Weißspieler war in diesem Fall FM Michael Coenen vom Düsseldorfer SK, die schwarzen Steine wurden von dem Eröffnungsexperten Jan Gustafsson geführt. Das Eröffnungsduell endete klar zugunsten des Hamburgers in Baden-Badener Diensten.

      FM Coenen, Michael (2326) - GM Gustafsson, Jan (2643)
      Bundesliga 2021-22, 4. Runde, Aachen, 10.4.22
      Düsseldorfer SK - OSG Baden-Baden, Brett 3



      Conrad Schormann erläutert die Partie:

    • Bei der Schacholympiade in Chennai hat Jana Schneider mit 8,5 aus 9 ein herausragendes Ergebnis erzielt und damit erheblichen Anteil daran, daß die deutschen Frauen derzeit auf dem 8. Platz liegen - nur einen Punkt hinter der Spitze!
      Bericht von Klaus Besenthal: Schacholympiade: Zweimal Führungswechsel - bei Gukesh reißt die Serie

      In dem heutigen Match gegen England (3,5 : 0,5) war Jana Schneider in einem langen Theorieduell in der Polerio-Variante erfolgreich:

      Varney, Zoe (2045) - WGM Schneider, Jana (2342)
      Chennai Women's Chess Olympiad, 9. Runde, 7.8.2022
      England - Deutschland, Brett 4



      Conrad Schormann erläutert die Feinheiten dieser Partie:



      Noch 2 Runden sind zu spielen. Morgen um 11:30 Uhr spielen die deutschen Frauen in der 10. Runde gegen die Ukraine.
    • Zweispringerspiel: Fegatello-Variante

      Das Zweispringerspiel im Nachzuge wurde schon im Jahr 1560 von Giulio Cesare Polerio, einem der prominentesten Vertreter des "Goldenen Zeitalters" des italienischen Schachs, untersucht. Polerio spielte auch die erste überlieferte Partie mit der "Fegatello-Variante", über die zu Anfang dieses Threads ausgiebig diskutiert wurde. Über den theoretischen Wert dieser Variante läßt sich sicherlich streiten, aber aus praktischer Sicht ist klar, daß Schwarz in einer Partie unter Menschen am Rande des Abgrundes balanciert und extrem präzise spielen muß, um nicht abzustürzen. Dem Gegner von Polerio gelang dies in der Stammpartie der Fegatello-Variante (Italienisch: "tot wie ein Stück Leber") nicht:


      Polerio, Giulio Cesare - D'Arminio, Domenico
      Rom 1610

    • Zweispringerspiel: Lolli-Variante

      Erst im Jahre 1760, also 150 Jahre nach der oben gezeigten Fegatello-Stammpartie, kam Giambattista Lolli auf die Idee, daß Weiß den Springereinschlag auf f7 auch mit 6.d4 vorbereiten kann, wonach er mit gesteigerter Wucht droht. Beispielsweise könnte Schwarz nach 6.-exd4? 7.0-0! den Einschlag, der jetzt mit tödlicher Wirkung droht, nicht mehr abwenden.

      Im Detail ausgearbeitet wurde die Variante nicht von Lolli, sondern erst im Jahre 1842 von Carl Ferdinand Jänisch. Seitdem ist es eine offene Frage, welcher der beiden Züge (6.Sxf7 oder 6.d4) besser ist.

      Schwarz hat mehrere brauchbare Antworten gegen den Lolli-Zug 6.d4:

      a) 6.-Le6 (siehe den umfangreichen Artikel von FM Stefan Bücker in Kaissiber 29)
      b) 6.-Lb4+ 7.c3 Le7
      c) 6.-Sxd4 7.c3 b5! (Heisman-Variante)


      Bobby Fischer war ein Anhänger des Lolli-Zuges, den er für so stark hielt, daß er annahm, der Zug 5.-Sxd5 werde deswegen ganz aus der Turnierpraxis verschwinden. Er wandte die Lolli-Variante in vielen Simultanpartien an, und diese dauerten meist nur noch wenige Züge. Ein Beispiel:


      Fischer, Robert James - Redman, L.
      Chicago Simultan, 1964



      Daniel King ist ebenfalls ein Befürworter der Lolli-Variante, die er für "tastier than the Fegatello" hält. Er kommentiert diese und andere Fischer-Partien mit 6.d4:

    • Zweispringerspiel: Polerio-Variante mit 8.Ld3 Sd5 9.Sf3

      In der Polerio-Variante entstehen häufig völlig irre Stellungen, wie schon in einigen Partien dieses Threads zu sehen war. Hier muß man in einem weitverzweigten und überwiegend unmenschlichen Varientengestrüpp oft weit über den 20. Zug hinaus sattelfest sein, um nicht unterzugehen. Also sowohl auf der weißen wie auf der schwarzen Seite eine Eröffnung nur für absolute Nerds - allen anderen sei davon dringendst abgeraten!

      Ein solcher Nerd im positiven Sinne ist Niclas Huschenbeth, dessen Markenzeichen messerscharfe und ultratiefe Vorbereitung in genau solchen Varianten ist. Hier ein Beispiel, wie man mit großmeisterlicher Vorbereitung den Wahnsinn meistern und zum Erfolg kommen kann:

      GM Huschenbeth, Niclas (2607) - GM Nasuta, Grzegorz (2579)
      Polnische Ekstraliga, Lublin, 9. Runde, 26.9.2023
      KSz Silesia Raciborz - KSz Miedz Legnica, 3. Brett



      Niclas analysiert diese Partie nach 3 anderen seiner Partien aus der polnischen Ekstraliga im folgenden Video ab 1 Stunde 33 Minuten: Polnische Ekstraliga - Analyse